Beschluss vom Oberlandesgericht Köln - 2 Ws 475/91
Tenor
1
2
G r ü n d e
34
5
6
I.
78
Der Untergebrachte Helmut S. befindet sich im Maß-regelvollzug in der R. L. D. aufgrund Urteils des Landgerichts Duisburg vom 16. Juli 1976, durch das er wegen versuchten Mordes zu 10 Jahren Freiheits-strafe verurteilt worden und in dem gegen ihn die Unterbringung in einem psyschiatrischen Kranken-haus angeordnet worden ist.
910
Für das Verfahren auf Prüfung der Aussetzung der weiteren Unterbringung hat der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aa-chen dem Untergebrachten mit Beschluß vom 4. Ok-tober 1989 Rechtsanwalt P. als Pflichtverteidiger beigeordnet.
1112
In der Folgezeit kam es dreimal zur Mitwirkung des Beschwerdeführers in Verfahren nach § 67 e StGB, in denen jeweils eine Entlassung abgelehnt wurde. Dies beruhte auf Anhörungsterminen, an denen Rechtsanwalt P. jedesmal teilnahm, und zwar am 6. November 1989 (Bl. 299 Vollstreckungsheft I), am 7. Mai 1990 (Bl. 267 Hauptakte, Band II) am 7. Januar 1991 undanschließend erneut am 4. März 1991 Bl. 14, 20 Vollstreckungsheft II).
1314
Die Tätigkeit in Zusammenhang mit dem Anhörungs-termin vom 6. November 1989 ist bereits abgerech-net und nicht Gegenstand des vorliegenden Verfah-rens.
1516
Für die Tätigkeit in Zusammenhang mit dem Termin vom 7. Mai 1990 beantragte der Beschwerdeführer am selben Tage eine Vergütung von 307,80 DM (ausge-richtet an Gebühren nach § 112 BRAGO), die unter dem 19. Juni 1990 antragsgemäß festgesetzt worden ist.
1718
Für die Tätigkeit in Zusammenhang mit dem Termin am 5. März 1991 vom 4. März 1991 beantragte der Beschwerdeführer eine Vergütung von 314,64 DM (wiederum ausgerichtet an § 112 BRAGO); nach Berichtigung eines Schreib- oder Rechenfehlers hat der Rechtspfleger unter dem 20. März 1991 auch insoweit 307,80 DM festgesetzt. Ein weite-res Festsetzungsgesuch des Beschwerdeführers über 157,32 DM, welches sich auf den Termin vom 7. Ja-nuar 1991 beziehen sollte, befindet sich nicht bei den dem Senat vorgelegten Akten.
1920
Durch Beschluß vom 14. Juni 1991 hat der Rechts-pfleger bei dem Landgericht Aachen die anRechts-anwalt P. auf seinen Antrag vom 5. März 1991 zu zahlende Vergütung in Abänderung der Festsetzung vom 20. März 1991 auf 239,40 DM festgesetzt und den weiteren Antrag vom 5. März 1991 auf Festset-zung zusätzlicher 157,32 DM zurückgewiesen. In den Gründen dieses Beschlusses ist für die Termine vom 7. Mai 1990, 7. Januar 1991 und 4. März 1991 die Vergütung jeweils nach §§ 97, 91 Ziffer 2 BRA-GO auf 160,00 DM festgesetzt worden; die Auslagen-pauschale von jeweils 30 DM ist dem Beschwerdefüh-rer in diesem Beschluß aberkannt worden mit der Begründung, sie sei bereits durch Festsetzungsbe-schluß vom 27. November 1990 festgesetzt worden und es liege nur eine Angelegenheit im Sinne von § 13 BRAGO vor.
2122
Auf die hiergegen gerichtete Erinnerung des Rechtsanwalts P. hin hat der Vorsitzende der Fe-rienstrafvollstreckungskammer des Landgerichts Aa-chen durch Beschluß mit 30. Juli 1991 in teilwei-ser Abänderung des Beschlusses des Rechtspflegers für die Mitwirkung des Beschwerdeführers bei den mündlichen Anhörungen vom 7. Mai 1990, 7. Janu-ar 1991 und 4. März 1991 eine Vergütung von insge-samt 615,60 DM festgesetzt.
2324
Hiergegen richtet sich das als "sofortige " Beschwerde bezeichnete Rechtsmittel des Rechtsan-walts P. vom 16. August 1991. Der Beschwerdefüh-rer hat auf Befragen klargestellt, daß mit der Beschwerde weiterhin die Festsetzung von 923,40 DM gemäß dem Schriftsatz vom 12. Juni 1991 begehrt wird.
2526
II.
2728
Das Rechtsmittel ist als Beschwerde nach § 98 Abs. 3 BRAGO zulässig. In der Sache ist die Beschwerde nicht begründet.
2930
1.)
3132
Zutreffend gehen der angefochtene Beschluß wie auch schon der Beschluß des Rechtspflegers vom 14. Juni 1991 davon aus, daß entgegen den ur-sprünglichen Kostenfestsetzungen vom 19. Juni 1990 und vom 20. März 1991 sich die Vergütung des Rechtsanwalts im Verfahren über eine vorzeitige Entlassung - hier: über eine Aussetzung der Unter-bringung zur Bewährung - nach § 91 BRAGO und nicht nach § 112 BRAGO richtet (vgl. hierzu BayOLG NJW 62, 358; OLG Oldenburg NJW 63, 170; OLG Hamburg MDR 74, 139; OLG Koblenz JurBüro 80, 87 m. zust. Anm. Mümmler; OLG München, Rechtspfleger 77, 377; Göttlich/Mümmler, BRAGO, 17. Aufl., Stichwort "Strafsachen"Anm. 8, 2 b; Hartmann, Kostengeset-ze, 24. Aufl., § 91 BRAGO, Anm. 1; Madert in: Gerold-Schmidt-van Eicken-Madert, BRAGO, 11.Aufl., § 91 Rdn. 7; Fraunholz in: Riedel/Sußbauer, BRA-GO, 6.Aufl., § 91 Rdn. 4 und 9; Schmidt Anwalts-blatt 77, 500; Madert, Anwaltsblatt 82, 176; ebenso Senatsentscheidung vom 14. April 1989 - 2 Ws 525/88-).
3334
Das gilt auch, wie die Verweisung in § 97 Abs. 1 BRAGO zeigt, für den beigeordneten Pflichtver-teidiger.
3536
2.)
3738
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers fallen für die Vertretung in dem Verfahren auf bedingte Entlassung die Gebühren nach § 91 Ziffer 1 und Ziffer 2 BRAGO nicht kumulativ an.
3940
Stellt der zum Pflichtverteidiger bestellte Anwalt den Antrag auf vorzeitige Entlassung, so erhält er die Gebühr des § 91 Ziffer 1 BRAGO (vgl. OLG Ol-denburg, a.a.O.; Madert in Gerold-Schmidt-van-Ei-chen- Madert, a.a.O., § 91 Rdn.2; Frauenholz, a.a.O.). Wird er hingegen im Rahmen eines be-schränkten Auftrages nur als Beistand bei der An-hörung tätig, so fällt die Gebühr des § 91 Ziffer 2 BRAGO an (vgl. dazu OLG Hamburg, MDR 74, 1039). Stellt der Pflichtverteidiger hingegen den Ausset-zungsantrag und nimmt er auch an der mündlichen Anhörung teil, so erwachsen dennoch nicht zwei Gebühren nach § 91 Ziffer 1 und Ziffer 2 BRAGO. Vielmehr wird die Tätigkeit des Verteidigers dann insgesamt durch eine Gebühr nach § 91 BRAGO, hier: nach Ziffer 2, abgegolten.
4142
Die Gebühren des § 91 BRAGO sind Pauschge-bühren im Sinne des § 13 Abs. 1 BRAGO (vgl. Madert a.a.O., § 92 Rdn. 4; Fraunholz a.a.O., § 9,21 Rdn. 4. Sie decken die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Anfang bis zur Erledigung der Angelegenheit ab; dabei sind auch alle Nebentätigkeiten (etwa für eine Besprechung, die der in Frage kommenden Tätigkeit vorausgeht) mit umfaßt (Madert a.a.O.).Es geht vorliegend um Einzelgebühren für das - jeweilige - Verfahren nach § 67 e StGB. Dabei entsteht die Gebühr zwar mit der ersten anwaltlichen Tätigkeit, die dem Handlungskomplex gehört; sie entgilt aber zugleich alle weiteren Tätigkeiten (vgl. Fraunholz a.a.O.; ähnlich Hartmann, § 92 BRAGO Anm. 2: Die Einzelgebühr nach § 91 gibt die gesamte zugehörige Angelegenheit im Sinne von § 13 Abs. 1 BRAGO ab). Anders wäre es nur dann, wenn der Anwalt nach Erledigung des ersten Auftrags (etwa bloße Beistandsleistung im Sinne des § 91 Ziffer 1 BRAGO) einen neuen Auftrag erhielte (Hartmann a.a.O.). Ein solcher Fall liegt indessen nicht vor.
4344
Dem Umfang der Tätigkeit, der bei einem Wahlverteidiger bei der Bemessung der angemessenen Gebühr innerhalb des Gebührenrahmens zu berücksichtigen wäre - kann im Falle einer Pflichtverteidigung nur durch einen Antrag nach § 99 Abs. 1 BRAGO entsprochen werden, wenn im Einzelfall die nach § 91 (hier: Ziffer 2) BRAGO angefallene gesetzliche Vergütung keinen angemessenen Ausgleich für eine besonders umfangreiche oder schwierige Tätigkeit darstellt.
4546
3.)
4748
Die Beiordnung des Beschwerdeführers erfolgt vor-liegend jeweils für das Verfahren auf Prüfung nach § 67 e StGB. Der Umfang seiner Tätigkeit war deshalb durch den Beiordnungsbeschluß vorgezeich-net und umgrenzt. Zu dem Verfahren auf Prüfung einer vorzeitigen Entlassung gehörte wegen der in § 454 Abs.1 Satz 3 StPO getroffenen Regelung auch die mündliche Anhörung des Verurteilten und für den beigeordneten Pflichtverteidiger die Teilnahme an dem mündlichen Anhörungstermin. Die Tätigkeit des Antragstellers stellte deshalb jeweils eine Einheit dar und wird durch eine Gebühr abgegolten. Diese richtet sich nach §§ 97, 91 Ziffer 2 BRAGO und ist daher zutreffend mit jeweils 160 DM festgesetzt worden. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist für eine zusätzliche Gebühr nach § 91 Ziffer 1 BRAGO wegen Beistandstätigkeit in Form von Vorbereitungsgesprächen pp. kein Raum, weil die Gebühren des § 91 BRAGO - wie ausgeführt und auch in dem Beschluß vom 30. Juli 1991 zutref-fend angenommen - Pauschgebühren sind.
4950
4.)
5152
Die geltend gemachten Postgebühren nach § 26 BRAGO in Höhe des Pauschalbetrages von 30 DM hat der angefochtene Beschluß - entgegen der Ansicht des Bezirksrevisors und des Rechtspflegers in dem Be-schluß vom 14. Juni 1991 - zutreffend auch für die Anhörungsverfahren 63 StVK 133/90 und 16/91 b festgesetzt, in denen es zu einer Entscheidung nach § 67 e StGB gekommen ist. Jedes Anhörungs-verfahren nach § 67 e StGB ist eine Angelegenheit im Sinne des § 13 BRAGO.
5354
Die Gebühr nach § 26 BRAGO entfällt lediglich für die Anhörung vom 7. Januar 1991, weil es seiner-zeit nicht zu einer Sachentscheidung nach § 67 e StGB gekommen ist. Der Termin vom 7. Janu-ar 1991 bildet mit dem Termin vom 4. März 1991 kostenmäßig einen einheitlichen Vorgang.
5556
5.)
5758
Insgesamt steht somit dem Beschwerdeführer für seine hier abzurechnende Tätigkeit folgende Vergü-tung zu:
5960
- Termin 7. Mai 1990 160,00 DM
6162
Pauschsatz 30,00 DM
6364
Termin 7.Januar 1991 160,00 DM
6566
Pauschsatz ------
6768
Termin 4. März 1991 160,00 DM
6970
Pauschsatz 30,00 DM
7172
540,00 DM
7374
14 % Mehrwertsteuer 75,60 DM
7576
Summe 615,60 DM
7778
6.)
7980
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebühren-frei; Kosten werden nicht erstattet (§ 98 Abs. 4 BRAGO).
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