Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 27 U 105/91
Tenor
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die nach §§ 511, 511a ZPO statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet wor-den (§§ 516, 518, 519 ZPO) und damit zulässig. In der Sache führt sie zu einer Verurteilung unter dem Vorbehalt der Beschränkung der Haftung des Beklag-ten auf den Nachlaß. Im übrigen ist das Rechtsmit-tel unbegründet.
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Der Beklagte haftet gemäß § 1967 Abs. 1 BGB als Miterbe neben seinem Bruder für die Erblasserschul-den seiner verstorbenen Mutter. Hierzu zählen die Honorarforderungen des Klägers, denn diese sind von der Erblasserin zu deren Lebzeiten begründet worden.
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Infolge Versäumung der 6-wöchigen Ausschlagungs-frist (§ 1944 Abs. 1 BGB), gilt zu Lasten des Be-klagten die Erbschaft als angenommen (§§ 1943 BGB). Der Beklagte hat die Ausschlagung nicht mittels Anfechtung der Fristversäumung wirksam nachgeholt (§§ 1956, 1957 BGB), Er hat einen Anfechtungsgrund nicht substantiiert dargelegt. Auf eine Unkenntnis oder einen Irrtum über Bestehen, Lauf oder die Rechtsfolge des Ablaufs der Ausschlagungsfrist hat er seine Anfechtung nicht gestützt. Er behauptet vielmehr, nicht gewußt zu haben, daß der Nachlaß überschuldet gewesen sei, macht also geltend, sich darüber geirrt zu haben, daß der Nachlaß zur Deckung der Schulden ausreiche. Darin kann grund-sätzlich ein beachtlicher Eigenschaftsirrtum liegen (vgl. Palandt/Edenhofer, 50.Aufl., § 1954 Rdn. 4). Es fehlt freilich an der notwendigen Darlegung, daß der Nachlaß überschuldet war.
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Die Honorarforderungen des Klägers waren durch den Anspruch auf Beihilfe gedeckt, jedenfalls ist nicht dargetan, daß die dann auch tatsächlich geleistete Beihilfe hierzu nicht ausgereicht hätte. Daß der Bruder des Beklagten das Geld möglicherweise zweck-widrig für sich verwendet hat, wie der Beklagte behauptet, führt nicht zu einer Überschuldung des Nachlasses. Der Beklagte mag sich an seinen Bruder halten, damit dem Nachlaß das wieder zufließt, was ihm zu Unrecht entzogen worden ist. Wieso die Beerdigungskosten als Erbfallschulden nicht durch Beihilfe, Versicherungs- oder sonstige Kassenlei-stungen oder die Verwertung der der Erblasserin gehörenden Habe gedeckt waren, ist nicht nachvoll-ziehbar dargelegt. Schließlich ist nicht einmal der Kontostand der Erblasserin z. Zt. des Erbfalles nä-her dargelegt.
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Soweit der Beklagte die notwendige Substantiierung der Nachlaßüberschuldung mit Schriftsatz vom 6. No-vember 1991 teilweise nachgeholt hat, ist dieser Vortrag als verspätet zurückzuweisen (§§ 523, 282 Abs. 1 ZPO). Die Zulassung würde die Erledigung des Rechtssteits verzögern, weil eine Beweisaufnahme erforderlich wäre, die im Termin vom 13. November nicht hätte durchgeführt werden können. Die Ver-spätung beruht ferner nach der freien Überzeugung des Senats auch auf grober Nachlässigkeit, denn der Beklagte hatte allen Anlaß, bereits mit der Berufungsbegründung substantiiert vorzutragen, je-denfalls aber sofort nach Erhalt der Berufungserwi-derung vom 30. September 1991. Gründe, warum dies nicht geschehen ist, sind nicht dargetan.
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Die Klagefordrung ist auch wirksam begründet worden. Daran besteht nach den vorliegenden, vom Beklagten selbst als Vertreter seiner Mutter un-terzeichneten Vertragsurkunden kein Zweifel. Eine Anfechtung wegen Irrtums oder gar arglistiger Täu-schung ist weder erklärt noch ausreichend dargetan. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum die Er-blasserin als Beihilfe Berechtigte von einer Inan-spruchnahme von Wahlleistungen mit Chefarztliquida-tion Abstand genommen haben sollte.
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Auf den Hilfsantrag ist allerdings gemäß §§ 1990 BGB, 780 ZPO die Haftung des Beklagten auf den Nachlaß zu beschränken, ohne daß es einer sachli-chen Überprüfung dieser Einrede bedarf. Dies mag dem Vollstreckungsverfahren überlassen bleiben. Ob der Nachlaß, wie behauptet dürftig ist, bedarf weiterer Feststellungen, die die Erledigung des Erkenntnisverfahrens verzögern würden (vgl. zur Zu-lässigkeit des Verweises auf das Vollstreckungsver-fahren: BGH NJW 1983, 2379).
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Der Beklagte ist mit der Dürftigkeitseinrede nicht deshalb ausgeschlossen, weil er das Erbe zunächst unbeschränkt angetreten hat. Ein Verlust des Be-schränkungsrechts nach §§ 1994 Abs. 1 Satz 2 oder 2005 Abs. 1 BGB ist nicht eingetreten.
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Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß entgegen der Auffassung des Klägers eine Zahlungspflicht des Beklagten gemäß §§ 1601, 1603 BGB nicht besteht. Der Kläger ist nicht Unterhaltsgläubiger des Be-klagten. Daß die verstorbene Mutter des Beklagten ihr etwa gegen den Beklagten zustehende Unterhalts-ansprüche an den Kläger abgetreten haben könnte, ist nicht behauptet.
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Der Beklagte hat trotz des Teilerfolges die Kosten des Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1, 2 ZPO).
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbar-keit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Wert der Beschwer: unter 60.000 DM.
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