Beschluss vom Oberlandesgericht Köln - 13 W 63/91
G r ü n d e
2Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluß ist begründet.
3Die beabsichtigte Rechtsverteidigung bietet nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), denn die Klage ist unzulässig, da der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht gegeben ist (§ 13 GVG); vielmehr ist für die Rechtsstreitigkeit ein Verwaltungsgericht zuständig (§ 40 VwGO).
4Der Senat ist an der Überprüfung der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nicht durch § 17 a Abs.5 GVG in der Form des Art. 2 Ziffer 1 des 4. VwGO ÄndG vom 17. Dezember 1990 gehindert, denn das Landgericht hat in der Hauptsache noch nicht bindend entschieden. Zwar hat es durch das am 4. Juni 1991 verkündete Versäumnisurteil (zunächst) konkludent die Zulässigkeit des Rechtsweges bejaht. Auf den zulässigen Einspruch des Beklagten kann jedoch die Zuständigkeitsrüge noch erhoben werden (§§ 340 Abs. 3, 282 Abs. 3 ZPO); ebenso kann das Landgericht bei der in erster Instanz auch nach der Gesetzesänderung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsweges (vgl. BT-Drucks. 11/7030, S. 37) die Zuständigkeit abweichend beurteilen. Es ist mithin - abweichend von § 318 ZPO - an seine Entscheidung zur Zulässigkeit im Versäumnisurteil gem. § 343 ZPO nicht gebunden, sondern kann noch eine Entscheidung gem. § 17 a Abs. 2 GVG treffen, falls es sich folgender Rechtsauffassung des Senats anschließt:
5Der Kläger hat mit dem Bescheid vom 8. September 1989 dem Beklagten die Übernahme der Heimpflegekosten als Darlehen bewilligt. Diese Bewilligung stellt nach ganz herrschender Meinung einen Verwaltungsakt dar, der auch die Sicherung des Aufwendungsersatzes regelt. Wenn zwischen den Parteien - wie das Landgericht annimmt - in Vollzug des Bewilligungsbescheides konkludent ein Darlehensvertrag abgeschlossen worden ist, handelt es sich dabei um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Der Senat schließt sich der - inzwischen wohl herrschenden - Meinung an, daß Darlehensverträge gemäß § 89 BSHG - abweichend von der sogenannten Zweistufentheorie - wirksam nur öffentlich-rechtlich ausgestaltet werden können (vgl. OLG Schleswig, NVwZ, 1988, 761, 762 m.w.N.; OVG Lüneburg, FEVS 36, 297, zitiert bei Östreicher-Schelter-Kunz, BSHG, Rdn. 6 zu § 15 b; OLG Bremen, zitiert bei OVG Bremen, NVwZ 1987, 250). Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht im wesentlichen folgendes:
6Maßgeblich für die Abgrenzung zwischen öffentlichrechtlichem und privat-rechtlichem Vertrag ist, ob sich der Vertragsinhalt auf einen von der Rechtsordnung öffentlich-rechtlich oder privat-rechtlich geregelten Gegenstand bezieht (vgl. Palandt/Heinrichs, 50. Afl. 1991, Rdn. 36 Einführung vor § 305). Das Recht der Sozialhilfe ist grundsätzlich öffentlich-rechtlich ausgestaltet. Dementsprechend kann auch ein Darlehensvertrag zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Hilfsbedürftigen nicht frei vereinbart werden, sondern muß den sozialhilferechtlichen Maximen entsprechen und unterliegt den allgemeinen Rechtsstaatsgeboten. Die Darlehensgewährung gemäß § 89 BSHG ist nämlich nichts anderes als eine spezielle nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässige Form der nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften des BSHG gebotenen Sozialleistungen, über die der Träger der Sozialhilfe gemäß § 4 Abs. 2 BSHG nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat. Die Gebundenheit an die öffentlich-rechtlich geregelten sozialhilferechtlichen Maxime wirkt sich auch auf die dem Träger der Sozialhilfe zustehenden Rechte und Ansprüche aus dem Darlehensvertrag aus; diese können nicht (nur, vgl. §§ 62 VwVfG, 61 SGB - X) nach den Vorschriften der §§ 607 ff BGB beurteilt werden, sondern erfahren Einschränkungen, die sich aus dem Sinn und Zweck der Sozialhilfe ergeben. Weil sich Darlehensverträge im Sinne von § 89 BSHG durch ihren Bezug zur öffentlich-rechtlich geregelten Sozialhilfe von üblichen Darlehensverträgen unterscheiden, ist die Berücksichtigung dieser Besonderheiten Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Rückzahlungsverlangens (vgl. OVG Bremen NVwZ 1987, 250, 251). Hieraus ergibt sich, daß - unabhängig davon, daß der Wille des Klägers, in privatrechtlicher Form zu handeln, nicht hervorgetreten ist - die rechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien auch hinsichtlich der Darlehensvereinbarung öffentlich-rechtlich geregelt sind. Für Rechtsstreitigkeiten aus öffentlichrechtlichen Verträgen ist gemäß § 40 Abs. 1 VGwO der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
7Beschwerdewert: 3.800,00 DM.
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