Beschluss vom Oberlandesgericht Köln - 19 W 60/91
Tenor
1
G r ü n d e
2Im April 1990 reichte der Kläger beim Landgericht eine Klage gegen die Beklagte ein mit dem Antrag fest-zustellen, daß die Ansprüche der Beklagten aus der Abtretung der Forderung des Klägers gegenüber der B., Bauspar-Nr. , durch den Kläger an die Beklagte erlo-schen sind. Zu diesem Zeitpunkt war dem Kläger ledig-lich bekannt, daß die Beklagte 1986 ins Ausland gezo-gen sei. Eine Anfrage bei der Stadt R. hatte ergeben, daß die Beklagte ihr Gewerbe am 26.02.1986 abgemel-det habe und sich unbefristet im Ausland aufhalte. Aufgrund dessen beantragte der Kläger die öffentliche Zustellung der Klage, die vom Landgericht Köln durch Beschluß vom 07.03.1991 bewilligt wurde, nachdem An-fragen beim Einwohnermeldeamt W. ergeben hatten, daß die Beklagte nach I. verzogen sei, und weitere Nach-forschungen ergebnislos verlaufen waren.
3Auf Antrag des Klägers erließ das Landgericht am 11.07.1991 ein Versäumnisurteil gegen die Beklagte entsprechend dem Feststellungsantrag des Klägers.
4Gegen dieses Urteil, das der Beklagten am 15.07.1991 unter der alten Anschrift N. in W. zugestellt worden ist, hat sie am 26.07.1991 Einspruch eingelegt und sodann nach Einsichtnahme in die Gerichtsakten den Anspruch des Klägers unter Verwahrung gegen die Kostenlast mit Schriftsatz vom 08.08.1991 anerkannt. Daraufhin hat das Landgericht am 07.11.1991 ein Aner-kenntnisurteil gegen die Beklagte erlassen, mit dem das Versäumnisurteil vom 11.07.1991 aufrechterhalten worden ist und der Beklagten die weiteren Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 ZPO auferlegt worden sind. Gegen diese Kostenentscheidung des Landgerichts hat die Beklagte am 13.12.1991 sofortige Beschwerde eingelegt, nachdem ihr das Anerkenntnisurteil am 04.12.1991 zugestellt worden war.
5Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 99 Abs. 2, 577 ZPO); der Kläger hat Gelegenheit gehabt, sich zu der Beschwerde zu äußern (gemäß § 99 Abs. 2 Satz 2 ZPO), hat davon aber keinen Gebrauch gemacht.
6Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits hat gemäß § 93 ZPO der Kläger zu tragen, weil die Beklagte ihm keine Veranlassung zur Klage gegeben und den Anspruch sofort anerkannt hat.
7Das Landgericht hat mit Recht angenommen, daß die Beklagte durch ihr Verhalten keine Veranlassung zur Klage gegeben hat. Unter den gegebenen Umständen durfte der Kläger nicht ohne weiteres annehmen, er werde, ohne den Prozeßweg zu beschreiten, nicht zu seinem Recht gelangen. Denn die Beklagte hat ihm gegenüber nie zu erkennen gegeben, daß sie weiterhin auf Rechten aus der Abtretung bestehen werde. Es kann dahinstehen, ob sie, wie sie behauptet, einem Bekannten Postvollmacht zur Entgegennahme der an die Anschrift N. in W. gesandten Sendungen erteilt hatte; denn jedenfalls hat der Kläger, bevor er seine Klage im April 1990 beim Landgericht einreichte, nicht einmal versucht, die Beklagte unter der ihm bekannten letzten Anschrift zu erreichen. Aus dem Umstand allein, daß die Beklagte sich im Ausland aufhielt, konnte der Kläger nicht schließen, daß sie sich einer Anerkennung des geltend gemachten Anspruchs entziehen werde. Es mag Fälle geben, in denen ein Auslandsauf-enthalt Veranlassung zur Klage bietet, wenn etwa der Anspruchsgegner sich damit dem Zugriff des Gläubigers entziehen will. Solche Umstände sind im vorliegenden Falle jedoch nicht zu erkennen und werden auch vom Kläger nicht vorgetragen. Weil der Kläger auch nicht einmal versucht hat, an der bisherigen Anschrift der Beklagten Erkundigungen über deren Aufenthalt einzu-ziehen, kann auch nicht angenommen werden, daß ihm allein wegen des Wegzugs der Beklagten nichts anderes übrig blieb, als Klage zu erheben.
8Auch daraus, daß die Beklagte den Feststellungsanspruch erst nach Einspruch gegen das Versäumnisurteil anerkannt hat, kann nicht gefolgert werden, sie habe dem Kläger Veranlassung zur Klage gegeben. Aus einem solchen Verhalten mag im Einzelfall ein entsprechen-der Rückschluß gezogen werden können (vgl. Stein/Jo-nas/Leipold, ZPO 20. Aufl., § 93 Rndr. 7), das gilt jedoch nicht für den hier zu entscheidenden Sachver-halt. Denn zu dem Versäumnisurteil gegen die Beklagte ist es nur gekommen, weil diese, bedingt durch die öffentliche Zustellung der Klage, tatsächlich keine Kenntnis von der Klageerhebung hatte. Erst als sie durch Zustellung des Versäumnisurteils unter ihrer zuletzt bekannten Anschrift von der Klage Kenntnis erhalten und sich über den ihr bis dahin unbekannten Akteninhalt informiert hatte, war es ihr möglich und zumutbar, den Anspruch des Klägers anzuerkennen.
9Entgegen der Ansicht des Landgerichts hat die Beklagte den Anspruch auch sofort anerkannt.
10Anerkenntnis im Sinne der §§ 93, 307 Abs. 1 ZPO ist die Erklärung an das Gericht, daß der vom Kläger geltend gemachte Anspruch bestehe. Mit ihrem Schriftsatz vom 08.08.1991 und der anschließenden Erklärung im Verhandlungstermin vom 31.10.1991 hat die Beklagte ein Anerkenntnis in diesem Sinne abgegeben. Dem steht nicht entgegen, daß sie in dem erwähnten Schriftsatz nicht "die geforderte Erklärung" abgegeben habe, wie das Landgericht meint. Abgesehen davon, daß die Beklagte zur Begründung des Anerkenntnisses ausgeführt hat, wie vom Kläger richtig vorgetragen, bestehe ihrerseits kein Anspruch aus der abgetretenen Forderung mehr, was als Abgabe der "geforderten Erklärung" hätte gedeutet werden können, hat die Beklagte allein durch den Schriftsatz vom 08.08.1991 bereits das ihrerseits Erforderliche zu einem sofortigen Anerkenntnis getan. Denn zur Abgabe einer weitergehenden Erklärung bestand weder Verpflichtung noch Anlaß. An eine solche Verpflichtung könnte man allenfalls denken, wenn es sich um eine Leistungsklage auf Abgabe einer bestimmten Willenserklärung gehandelt hätte. Darum ging es jedoch hier nicht. Bei einem Feststellungsbegehren, wie es der Kläger erhoben hat, konnte die Beklagte nicht mehr tun, als diesen Anspruch wie geschehen ausdrücklich anzuerkennen.
11Einem wirksamen Anerkenntnis steht auch nicht die Verwahrung gegen die Kostenlast entgegen. Damit wollte die Beklagte nur die Regelung in § 93 ZPO für sich in Anspruch nehmen.
12Auch der Umstand, daß gegen die Beklagte zunächst ein Versäumnisurteil ergangen ist, und sie den Anspruch erst nach Einspruchseinlegung anerkannt hat, steht einem sofortigen Anerkenntnis nicht entgegen. Denn nach § 342 ZPO wird der Prozeß durch den zulässigen Einspruch in die Lage zurückversetzt, in die er sich vor Eintritt der Säumnis befand (vgl. Thomas/Putzo, ZPO 17. Aufl., § 93 Anm. 3 c bb; Zöller/Schneider, ZPO 16. Aufl., § 93 Rdnr. 6, Stichwort "Versäumnisur-teil").
13Da die Beschwerde der Beklagten Erfolg hatte, hat der Kläger die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 91 ZPO zu tragen.
14Beschwerdewert: die im Anschluß an das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 11.07.1991 entstandenen Kosten 1. Instanz.
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