Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 5 U 212/92
Tenor
1
T a t b e s t a n d :
2##blob##nbsp;
3Der Kläger begehrt von der Beklagten aus der für sein Fahrzeug der Marke -------, Typ ---, amtli-ches Kennzeichen ----- ---, abgeschlossenen Fahr-zeugversicherung Entschädigungsleistungen.
4##blob##nbsp;
5Nach seinen Angaben bei der Polizei ist das Fahr-zeug, das er im April 1990 als Neuwagen gekauft hatte, am 13. November 1990 in der Zeit zwischen 5.45 Uhr und 17.45 Uhr von einem Parkplatz in E. entwendet worden.
6##blob##nbsp;
7Bereits Ende Juni/Anfang Juli 1990 waren der auch in der Fahrzeugdiebstahlssache ermittelnden Kri-minalpolizei in E. von einem Herrn Sch. zwei Ton-bänder über Telefongespräche zwischen dem Kläger und der Ehefrau des Herrn Sch. übergeben worden, die er ohne deren Wissen aufgezeichnet hatte und in denen der Kläger davon spricht, er wolle sein Fahrzeug entwenden lassen (wegen der weiteren Ein-zelheiten der Gespräche wird auf Blatt 5 - 9 der Beiakte Bezug genommen). Zu diesen Telefongesprä-chen nach der Anzeige des Fahrzeugdiebstahls vom 13. November 1990 vernommen, räumten der Kläger und die Zeugin Sch. nach anfänglichem Leugnen ein, daß die ihnen vorgespielten Telefonate tatsächlich stattgefunden hätten; der Plan, das Fahrzeug ent-wenden zu lassen, sei aber nicht ernst gemeint ge-wesen.
8##blob##nbsp;
9Mit Schreiben vom 27. Juni 1991 lehnte die Beklag-te Entschädigungsleistungen aus der Fahrzeugver-sicherung mit der Begründung ab, der Kläger habe den Eintritt des Versicherungsfalles nicht nachge-wiesen.
10##blob##nbsp;
11Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter. Er hat daran festgehalten, daß die in den Telefongesprächen mit der Zeugin Sch. erwähnte Absicht, das Fahrzeug entwenden zu lassen, nicht ernst gemeint gewesen sei; das Fahr-zeug sei auch tatsächlich ohne seine Beteiligung gestohlen worden. Er habe inzwischen von einem Zeugen erfahren, daß der mittlerweile verstorbene Ehemann der Zeugin Sch. diesem gegenüber geäußert habe, er, Sch., wüßte, wo der Pkw ist und wer ihn gestohlen hat.
12##blob##nbsp;
13Der Kläger hat beantragt,
14##blob##nbsp;
15##blob##nbsp;
16##blob##nbsp;
17die Beklagte zu verurteilen, zur Frei-stellung des Klägers an die V. GmbH, G.-straße, ---- B. , 39.171,40 DM zu Ver-tragsnummer 324 639 602 368 zu zahlen,
18##blob##nbsp;
19##blob##nbsp;
20##blob##nbsp;
21die Beklagte weiter zu verurteilen, an ihn 24.161,60 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 27. Juni 1991 zu zahlen,
22##blob##nbsp;
23##blob##nbsp;
24##blob##nbsp;
25sowie festzustellen, daß die Beklag-te verpflichtet ist, ihm aufgrund des Pkw-Diebstahls vom 13. November 1990 (Pkw ------- ---, amtliches Kennzeichen --- ---) Versicherungsschutz zu erteilen.
26##blob##nbsp;
27Die Beklagte hat beantragt,
28##blob##nbsp;
29##blob##nbsp;
30##blob##nbsp;
31die Klage abzuweisen.
32##blob##nbsp;
33Sie hat vorgetragen, es spreche nach den Umständen eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Kläger den Fahrzeugdiebstahl vorgetäuscht habe. Nachdem er den Wagen nicht zu einem angemessenen Preis habe veräußern können, jedoch Geldmittel benötigt habe, um mit der Zeugin Sch. in eine gemeinsame Wohnung ziehen zu können, habe er sich entschlossen, das Fahrzeug entwenden zu lassen. Im übrigen, so hat die Beklagte weiter vorgebracht, habe der Kläger nicht einmal einen für das äußere Bild einer echten Fahrzeugentwendung erforderlichen Sachverhalt vorgetragen und unter Beweis gestellt.
34##blob##nbsp;
35Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf dessen Einzelheiten in vollem Umfang Bezug ge-nommen wird, nach Anhörung des Klägers und Verneh-mung der Zeugin Sch. die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe Umstände bewiesen, aus denen die erhebliche Wahrscheinlich-keit der Vortäuschung einer Entwendung durch den Kläger folge, so daß nicht angenommen werden könne, daß das Fahrzeug des Klägers am 13. November 1990 ohne sein Wissen entwendet wurde.
36##blob##nbsp;
37Gegen das am 8. Mai 1992 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. Juni 1992 Berufung eingelegt, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 7. Oktober 1992 am 6. Oktober 1992 begründet hat.
38##blob##nbsp;
39Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vor-bringen und ist der Ansicht, die vom verstorbenen Ehemann der Zeugin Sch. heimlich aufgenommenen Telefongespräche dürften nicht verwertet werden, auch nicht durch Beiziehung und Verwertung der po-lizeilichen Ermittlungsakten. Daran ändere auch die Tatsache nichts, daß er gegenüber der Polizei und dem Landgericht den Inhalt der Telefonate bestätigt habe.
40##blob##nbsp;
41Sodann hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat behauptet und durch Zeugnis der Frau Sch. unter Beweis gestellt, es existiere ein Tonband, in dem der verstorbene Herr Sch. Dritten gegenüber mitgeteilt habe, er wisse, wo der ------- stehe. Ferner, so der Kläger, ergebe sich aus dem Tonband, daß es sich bei dem Diebstahl des ------- um einen von Herrn Sch. inszenierten Diebstahl handele.
42##blob##nbsp;
43Der Kläger beantragt,
44##blob##nbsp;
45##blob##nbsp;
46##blob##nbsp;
47das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 63.333,00 DM nebst 4 % Zinsen aus 24.161,60 DM seit dem 27. Juni 1991 und aus weiteren 39.171,40 DM 4 % Zinsen ab Zustellung der Berufungsbegründung zu zahlen, davon einen Teilbetrag in Höhe von 16.463,37 DM an die V.;
48##blob##nbsp;
49##blob##nbsp;
50##blob##nbsp;
51hilfsweise, festzustellen, daß die Be-klagte verpflichtet ist, ihm bedingungs-gemäß Versicherungsschutz zu gewähren;
52##blob##nbsp;
53##blob##nbsp;
54##blob##nbsp;
55weiter hilfsweise, ihm im Unterliegens-falle nachzulassen, die Zwangsvollstrek-kung durch Sicherheitsleistung abzuwen-den, die auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden kann.
56##blob##nbsp;
57Die Beklagte beantragt,
58##blob##nbsp;
59##blob##nbsp;
60##blob##nbsp;
61die Berufung zurückzuweisen.
62##blob##nbsp;
63Sie ist der Meinung, bezüglich der mitgeschnittenen Telefongespräche zwischen dem Kläger und der Zeugin Sch. liege keine unzulässige Beweisverwertung vor. Entscheidend sei, daß der Inhalt der Telefongesprä-che sowohl vom Kläger als auch von der Zeugin Sch. eingeräumt und bestätigt worden seien.
64##blob##nbsp;
65Wegen weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
66##blob##nbsp;
67Die Ermittlungsakte 32 Js 821/90 STA Aachen war Ge-genstand der mündlichen Verhandlung.
68##blob##nbsp;
69E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
70##blob##nbsp;
71Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung ist nicht begründet.
72##blob##nbsp;
73Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Es hat mit zutreffender Begründung eine Vortäu-schung einer Fahrzeugentwendung seitens des Klägers für erheblich wahrscheinlich erachtet und demgemäß entsprechend den in Diebstahlsfällen der vorliegen-den Art geltenden Beweisgrundsätzen den sogenannten Vollbeweis für den behaupteten Fahrzeugdiebstahl für notwendig angesehen, den der Kläger jedoch nicht erbracht hat. Der Senat folgt den diesbezüg-lichen Ausführungen im angefochtenen Urteil und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen in erster Linie auf diese Bezug (§ 543 Abs. 1 ZPO).
74##blob##nbsp;
75Es trifft zwar zu, daß heimlich aufgezeichnete Telefongespräche grundsätzlich einem Beweisverwer-tungsverbot unterliegen, sei es durch unmittelbare Verwertung oder durch Vernehmung eines Zeugen über den Inhalt der Gespräche, sofern nicht eine Güter-abwägung zum Ergebnis führt, daß die Verwertbarkeit gegenüber der Beeinträchtigung der Persönlichkeits-rechte der Gesprächspartner vorrangig ist (vgl. BVerfG NJW 1992, 815 f.; BGH JZ 1988, 304 ff.); auch würde im Streitfall eine solche Güterabwägung nicht zu einer Verwertungsmöglichkeit der Tonband-aufnahmen führen, da der Schutz der Versicherten-gemeinschaft vor Versicherungsbetrügereien allein noch kein Rechtfertigungsgrund für die heimlichen Aufnahmen darstellt (vgl. dazu insbesondere BayObLG NJW 1990, 197 f., wo Fälle schwerer Kriminalität, insbesondere Taten gegen Leib und Leben, genannt sind); zulässig muß es aber sein, heimlich aufge-nommene Telefongespräche dann zu verwerten, wenn die durch das grundsätzliche Verwertungsverbot in ihren Grundrechten nach Artikel 1 und 2 GG ge-schützten Betroffenen den Inhalt ihrer Gespräche selbst offenbaren und sich freiwillig des Schutzes ihres Rechts am eigenen Wort begeben. Dies muß auch für Vernehmungen der Betroffenen gelten, sofern sie zuvor ordnungsgemäß über bestehende Aussageverwei-gerungsrechte belehrt worden sind und bereit waren, auszusagen (vgl. nochmals BayObLG, a.a.O. Seite 198 oben rechts, wo von der Zulässigkeit einer Verneh-mung des Betroffenen über das heimlich mitgeschnit-tene Gespräch ohne weiteres ausgegangen wird. Die vom Kläger zitierte Entscheidung des BGH NJW 1991, 1180 ist dagegen nicht einschlägig, da sie die Zulässigkeit der Vernehmung eines Zeugen betrifft, der ein Gespräch dritter Personen heimlich be-lauscht hat).
76##blob##nbsp;
77Für den Streitfall bedeutet das, daß sowohl die Aussagen des Klägers und der Zeugin Sch. bei der Polizei als auch die Äußerungen beider vor dem Landgericht verwertet werden können, vor denen sie jeweils über ihr Aussageverweigerungsrecht ord-nungsgemäß belehrt worden sind (vgl. Blatt 14 und 20 oben der Beiakte sowie Blatt 70 und 73 d. A.) und in denen sie den Inhalt der Tonbandaufzeichnun-gen als richtig bestätigt haben. Die Telefongesprä-che legen aber auch nach Auffassung des Senats eine erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Versicherungsfalles nahe. Der Einwand des Klägers und der Zeugin Sch., sie hätten das alles nicht ernst genommen, überzeugt nicht. Dazu sind die vom Kläger geschilderten Einzelheiten der geplanten Tat zu konkret und präzise. Auch der Umstand, daß das Fahrzeug nicht, wie ursprünglich geplant, nach Rückkehr des Zeugen S. aus dem Urlaub im Juli verschwunden ist, sondern erst im November, spricht nicht gegen die tatsächliche Umsetzung des Plans. Es mag sein, daß der Kläger, nachdem der Zeuge S. eine Mitwirkung abgelehnt hatte (vgl. dessen Anga-ben auf Blatt 37 der Beiakte), erst einen anderen Komplizen ausfindig machen mußte. Die Ernsthaftig-keit der Absicht des Klägers, das Fahrzeug entwen-den zu lassen, folgt auch daraus, daß es unbedingt "versilbert" werden mußte, weil es zu teuer war und nicht zu einem angemessenen Preis verkauft werden konnte. Dies haben sowohl die Zeugin Sch. als auch der Kläger selbst im Ermittlungsverfahren gegenüber der Polizei eingeräumt (vgl. Blatt 16 und 25 der Beiakte). Soweit der Kläger vor dem Landgericht abgestritten hat, dies bei der Polizei so gesagt zu haben (Blatt 71 d. A.), muß er sich an dem von ihm selbst nach vorherigem Durchlesen unterschriebenen Vernehmungsprotokoll festhalten lassen (vgl. dazu Blatt 27 der Beiakte).
78##blob##nbsp;
79Der von der Zeugin Sch. bei ihrer landgerichtlichen Vernehmung geäußerte Verdacht, daß das Verschwinden des Fahrzeugs mit ihrem verstorbenen Ehemann zusam-menhängen könnte (Blatt 75 d. A.), ist nach Meinung des Senats zu vage, um aus diesem Grunde die er-hebliche Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung des Versicherungsfalles zu verneinen. Auch die vom Klä-ger behauptete Äußerung des verstorbenen Ehemannes der Zeugin Sch. gegenüber dem Zeugen N., er wisse, wo der Pkw sei und wer ihn gestohlen habe (vgl. Blatt 44 und 118 d. A.), gibt keinen Anlaß, die erhebliche Wahrscheinlichkeit in Abrede zu stellen. Diese Äußerung kann sich gerade auf die abgehörten Telefongespräche bezogen haben und so zu verstehen sein, daß der Ehemann der Zeugin Sch. wisse, daß der Diebstahl des Pkw durch den Kläger selbst ver-anlaßt worden war und der Wagen sich bei einem "H." befinde, der ihn auseinandernehmen sollte. Soweit der Behauptung des Klägers hinzugefügt ist, aus der Äußerung des Ehemannes gegenüber dem Zeugen N. sei auch klar gewesen, daß der Ehemann der Zeugin Sch. eine Beteiligung des Klägers ausgeschlossen habe (Blatt 118 d. A.), ist nicht nachvollziehbar, inwiefern dieser Eindruck berechtigt war; der Zeuge N. mag dies subjektiv so verstanden haben. Ob die Äußerung des Ehemannes tatsächlich so gemeint war, könnte nur dieser selbst bestätigen, der jedoch, da er verstorben ist, nicht mehr befragt werden kann.
80##blob##nbsp;
81Entsprechendes gilt auch für die in der mündlichen Verhandlung aufgestellte Behauptung des Klägers, es existiere ein Tonband über ein Telefonat des Ehe-mannes der Zeugin Sch., in dem er Dritten gegenüber mitteile, er wisse, wo der ------- stehe. Soweit zusätzlich vorgetragen wird, es ergebe sich aus dem Tonband, daß es sich bei dem Diebstahl des ------- um einen von Herrn Sch. inszenierten Diebstahl han-dele, ist nicht erkennbar, aus welchen Äußerungen des Herrn Sch. und/oder seines Gesprächspartners sich dies ergeben sollte. Mangels genügender Sub-stantiierung des betreffenden Vorbringens besteht kein Anlaß, hierzu die Zeugin Sch. zu vernehmen.
82##blob##nbsp;
83Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus §§ 97 Abs. 1, 515 Abs. 3 ZPO zurückzuweisen (soweit der Kläger seinen Berufungsantrag in der mündlichen Verhandlung reduziert hat, liegt darin eine teilweise Rücknahme der Berufung).
84##blob##nbsp;
85Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbar-keit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
86##blob##nbsp;
87Streitwert für das Berufungsverfahren: bis zur Antragstellung im Termin vom 14. Januar 1993: 83.789,29 DM; ab Antragstellung: 63.333,00 DM.
88##blob##nbsp;
89Wert der Beschwer für den Kläger: 63.333,00 DM.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.