Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 18 U 137/92
Tenor
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kammer ist nämlich darin beizupf-lichten, daß die Beklagte mit der Herstellung der zum vorliegenden Rechtsstreit von der Klägerin herausverlangten Eisenformen deren Eigentümerin geworden und auch geblieben ist und daß sie auch aus einem sonstigen Rechtsgrunde nicht zur Heraus-gabe der Formen verpflichtet ist, wenn diese nicht mehr benötigt werden und/oder die Geschäftsbezie-hungen der Parteien beendet sind.
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Es ist der Berufung gewiß einzuräumen und auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt worden, daß die Klägerin zur Herstellung dieser Formen jeweils einen erheblichen finanziellen Beitrag geleistet hat. Das entsprach jedoch den Vereinbarungen der Parteien und kann allein nicht genügen, um der Klägerin - gleichsam wie selbstverständlich - ei-
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nen Anspruch auf Herausgabe zu gewähren. Vielmehr würde es dazu ebenfalls einer dahingenden Abspra-che der Parteien bedürfen. Eine solche ist jedoch unstreitig nie getroffen worden. Die Klägerin hat bei der Beklagten nicht die Herstellung und Lieferung der Formen, sondern diejenige bestimm-ter Glaskörper für Leuchten bestellt (§ 631 BGB - Werklieferungsvertrag), die sie dann auch erhal-ten hat. Die Formen waren lediglich ein besonderes Werkzeug, um mit ihnen das bestellte Produkt zu fertigen (Mittel zum Zweck der Vertragserfüllung). Eine diesbezügliche Vereinbarung des Inhalts, daß die Beklagte die Formen - zu welchem Zeitpunkt und aus welchem Anlaß auch immer - an die Klägerin herauszugeben (zu übereignen) hat, haben die Par-teien nicht getroffen. Sie läßt sich auch nicht, jedenfalls nicht generell aus Treu und Glauben (§§ 157, 242 BGB) herleiten (abweichend für den Fall lithographischer Druckvorlagen OLG Köln, 24. Zivilsenat, NJW-RR 1989, 1274). Die Tatsache, daß die Werkbestellerin wie hier die Klägerin die Kosten für ein derartiges Werkzeug ganz oder teil-weise zu tragen hat, ist an sich nichts Besonde-res. Kosten für Werkzeuge, Maschinen und sonstigen technischen Aufwand sind - was keiner weiteren Be-gründung bedarf - in aller Regel in dem Preis des Produktes mit einkalkuliert. Es ist also die Frage nach der Art sowie, worauf sogleich noch einzuge-hen sein wird, der Zweckmäßigkeit dieser Kalkula-tion, ob der Preis für das Werkzeug, hier also die Form, gesondert ausgewiesen (und bezahlt) wird
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oder ob er in den Preis der zu liefernden Ware, hier also der Glaskörper, mit einfließt. Würde et-wa der Aufwand für die Herstellung des Werkzeuges im Preis mit einberechnet, die Form also derart mittelbar vom Besteller auch mitbezahlt, so dürfte aus diesem Blickwinkel die Annahme fernliegen, daß dem Besteller nach Abschluß der Werklieferungen auch noch ein Anspruch auf Herausgabe der Form zustünde (etwa vergleichbar die Gußform für eine größere Zahl bestellter kunstgewerblicher Stand-bilder).
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Außerdem rechtfertigt die Tatsache, daß die Formen für die Beklagte mit Beendigung der Werkliefe-rungsverträge als solche wertlos geworden sind, nicht die Annahme, daß dem Werkbesteller aus dem Gedanken von Treu und Glauben oder gar einer zu seinen Gunsten ausschlagenden Interessenabwä-gung, ein Herausgabeanspruch zuzubilligen ist. Es ist sicher richtig, - und hier auch die erklärte Absicht der Klägerin -, daß der Werkbesteller mittels der herausgegebenen Formen instandgesetzt wird, einen anderen Fabrikanten mit der Herstel-lung des Produktes zu beauftragen und die Kosten für neue Formen einzusparen. Das wäre jedoch eine einseitige Betrachtungsweise. Denn gerade die Möglichkeit eines solchen Vorgehens des Bestellers läuft dem ebenso achtenswerten Interesse des Her-stellers zuwider. Dabei kann sogar, was vorliegend umstritten ist, dahinstehen, ob der Aufwand des
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Herstellers für die von ihm geschaffene Form - so-wohl der finanzielle als auch der des sogenannten know-how - durch den dafür gezahlten Preis voll ausgeglichen ist. Denn den eigentlichen Verdienst an dem gesamten Geschäft erwirtschaftet der Her-steller aus der Zahl der mittels der jeweiligen Form geschaffenen Produkte. Damit aber gilt: je mehr Ware der Besteller in Auftrag gibt, desto lohnender die Einnahmen für den Hersteller. Dieses Geschäft aber würde zu seinen Lasten geschmälert, müßte er die Formen - beispielsweise schon nach kurzer Anlaufzeit - dem Besteller herausgeben, der sie seinerseits einem anderen Hersteller weitergibt, der mit ihnen nun seinerseits für den Besteller produziert und den Gewinn zieht, der andererseits dem Hersteller der Form zugleich entgeht. Daß die Beklagte aber mit ihrem Schaffen auf einen Gewinn abzielt, hat nichts Anstößiges an sich. Steht mithin der Klägerin kein Anspruch auf Herausgabe der Formen zu, so kommt es auf Nummer 7 ihrer Allgemeinen Verkaufs- und Lieferungsbedin-gungen (Blatt 9 GA) nicht mehr an, wonach - aus-zugsweise - der "Käufer" die "Kosten für die Her-stellung von Formen und Werkzeugen trägt", diese "Formen und Werkzeuge" aber "auch nach Bezahlung unser Eigentum" bleiben. Dieser Teil der Klausel findet seine Berechtigung schon allein in einer Klarstellung des Vertragsinhalts, wonach die Be-klagte die Ware (Glaskörper) zu produzieren und zu liefern hat, nicht jedoch auch das Werkzeug, das sie zur Erfüllung des Werklieferungsvertrages ge-
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schaffen hat und - wie zugleich in jener AGB gere-gelt - fortan auch nicht mehr benutzen darf, womit dem Schutzbedürfnis nunmehr auch des Bestellers vor lästiger Konkurrenz Genüge getan ist.
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Selbst wenn man aber die Auffassung vertreten wollte, der Klägerin stünde an sich ein Herausga-beanspruch zu, so ist er doch durch die vorzitier-te Klausel in den AGB ausgeschlossen. Sie hält auch einer Überprüfung nach den Grundsätzen des hier maßgeblichen § 9 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AGBG stand. Danach sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner (Klägerin) des Ver-wenders (Beklagte) entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, was im Zweifel dann anzunehmen ist, wenn dieses AGB mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Rege-lung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinba-ren ist. Eine gesetzliche Regelung, von der diese AGB abweicht, gibt es nicht. Wie bereits ausge-führt, ist der Vertrag zwischen den Parteien als Werklieferungsvertrag zu werten, nämlich auf Lie-ferung eines Glasproduktes gegen Bezahlung. Hier-gegen verstößt die umstrittene Regelung der AGB nicht. Es widerspricht diesem Austauschverhältnis auch nicht, daß die Beklagte sich zwecks Herstel-lung des Werkes ein besonders Werkzeug schafft und sich diese Leistung bezahlen läßt, ohne das Werk-zeug herauszugeben. In aller Regel wird - wie be-reits ausgeführt - der Aufwand zur Herstellung ei-
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nes für die Fertigung des zu liefernden Produktes notwendigen Werkzeuges in den Preis des Produktes mit einkalkuliert, ohne daß alsdann auch das Werkzeug ausgeliefert wird. Die Zweckbestimmung des Werkzeuges, dem Produktionsprozeß zu dienen und ihn gar erst überhaupt zu ermöglichen, steht auch die Annahme entgegen, die Abrede über die Herstellung dieses Werkzeuges als einen zusätzli-chen zweiten Werkvertrag zu verstehen, wie dies offenbar das Landgericht in dem oben erwähnten Verfahren vor dem 24. Zivilsenat angenommen und der Senat es dann offengelassen hat. Bliebe also als gesetzliche Regelung allenfalls noch eine sol-che allgemein aus §§ 157, 242 BGB, womit als an-spruchsbegründend die selben Voraussetzungen (Ver-stoß gegen Treu und Glauben) vorliegen müßten, die gemäß § 9 Abs. 1 AGBG für die Unwirksamkeit einer AGB-Regelung bestimmend sind. Daß die beanstandete Regelung in Nummer 7 der AGB der Beklagten keinen Verstoß gegen Treu und Glauben, also das Anstands-gefühl aller billig und gerecht Denkenden enthält, ist oben bereits dargelegt worden. Das scheinbar besondere dieser Klausel besteht schlicht in der Art der Kalkulation, indem der Preis für das Werkzeug "Form" nicht in den Preis des bestellten Produktes einkalkuliert, sondern gesondert ausge-wiesen ist. Das entspricht zudem der Besonderheit dieses Geschäftes. Ob und in welchem Umfang näm-lich das Endprodukt der Klägerin auf dem Markt geht, ist ungewiß und muß sich erst erweisen. Geht es gut, so liegen Nachbestellungen des Teilpro-
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dukts Glaskörper bei der Beklagten nahe, und umge-kehrt. Je mehr End- und damit zugleich auch Teil-produkte hergestellt werden, desto besser macht sich auch der Aufwand für die Form bezahlt. Dieses Ergebnis hängt weniger von der Beklagten als von der Klägerin ab, denn ihr steht der umsatzbestim-mende vielfältige Einfluß auf den Vertrieb zu Ge-bote, der der Beklagten abgeht. Andererseits liegt der Vorteil bei der Beklagten in einer umsatzunab-hängigen festen Kalkulation. Die Regelung, daß die Beklagte die Formen schließlich behält, räumt fer-ner von vornherein Streitigkeiten über Grund und Höhe etwaiger Urheberrechte der Beklagten aus und verhindert zugleich Einblicke der Konkurrenz in die Fertigungsweise und etwaige sonstige Betriebs-geheimnisse der Beklagten; dieser Gedanke findet seinen Ausdruck in der weiteren Regelung dieser Geschäftsbedingung, daß Formen, die die Klägerin der Beklagten zur Verfügung gestellt hat, insoweit ebenfalls bei der Beklagten verbleiben sollen, als sie von der Beklagten bearbeitet worden sind. Schließlich findet die Regelung über den Verbleib der Formen bei der Beklagten und damit der Aus-schluß der Klägerin von einer weiteren Nutzung der Formen ihre Entsprechung in der in derselben Geschäftsbedingung enthaltenen Regelung, daß auch die Beklagte die Formen nicht mehr benutzen darf, mithin auch der Klägerin keine Konkurrenz erwach-sen darf. Auch auf diese Weise will also diese AGB nicht gerade fernliegende Streitigkeiten verhin-dern und so dem Rechtsfrieden unter den Parteien
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dienen. Selbst wenn man diese Regelung trotz allem noch nicht als eine völlig ausgewogene Anpassung an die wechselseitigen Interessen ansehen wollte, so ist mit jener Geschäftsbedingung doch keines-falls eine Rechtslage geschaffen worden, die nach dem Maßstab von Treu und Glauben insbesondere im Geschäftsverkehr als unerträglich empfunden werden könnte.
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Die Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Streitwert und Beschwer der Klägerin: 53.360,00 DM.
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Referenzen
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