Beschluss vom Oberlandesgericht Köln - 6 W 13/93
Tenor
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2G r ü n d e :
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4Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist zuläs-sig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
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6Die Ordnungsgeldanträge der Gläubigerin vom 19. März 1992 und vom 5. August 1992 sind be-gründet.
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8Die mit diesen Anträgen beanstandeten Werbungen der Schuldnerin sind zwar nicht identisch mit der Anzeige, die Gegenstand der Beschlußverfügung des Landgerichts vom 7. Oktober 1991 ist. Sie stellen dennoch jeweils einen Verstoß gegen das Unterlas-sungsverbot dieser Beschlußverfügung dar, denn im Kern sind sie mit der am 7. Oktober 1991 untersag-ten Werbung gleichartig und werden damit vom Ver-botsumfang der Beschlußverfügung erfaßt.
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10Zutreffend geht das Landgericht davon aus, daß sich nach ständiger Rechtsprechung der Verbots- bzw. Schutzumfang eines Unterlassungsgebots nicht nur auf die mit der verbotenen Form identischen Verlet-zungsfälle beschränkt, sondern auch solche Handlun-gen erfaßt, die von der Verbotsform nur unbedeutend abweichen oder deren Abweichungen den "Kern der Verletzungshandlung" unberührt lassen und die damit ihrerseits schon (implizit) Gegenstand der Prü-fung im Erkenntnisverfahren waren (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 6. Aufl., Kap. 57 Rnr. 12 m.w.N.).
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12Diese Grundsätze gelten ebenfalls für das mit der Beschlußverfügung vom 7. Oktober 1991 ausge-sprochene Unterlassungsgebot. Der Tenor dieser Ent-scheidung bietet für eine Einschränkung des Gebots ausschließlich auf die konkret untersagte Werbung keine Handhabe. Aber auch die Antragsschrift des Gläubigers vom 27.09.1991, die zu dem Erlaß der Beschlußverfügung geführt hat, läßt sich nicht in einem den Verbotsumfang des Unterlassungsgebots einschränkenden Sinne verstehen. Zwar ist diese An-tragsschrift der Gläubigerin bei der Bestimmung des Schutzumfangs der Beschlußverfügung zu berücksich-tigen, denn das Landgericht hat ausweislich Zif-fer 3. der einstweiligen Verfügung deren Wirksam-keit ausdrücklich von der gleichzeitigen Zustellung der Antragsschrift abhängig gemacht. Der Antrags-schrift kann aber entgegen der Ansicht der Schuld-nerin nicht entnommen werden, daß die Gläubigerin die Bewerbung der Aussage "Zum Europapreis" mit Sternchenvermerk, wie sie auch mit den Ordnungsmit-telanträgen beanstandet wird, nicht zum Gegenstand der beantragten einstweiligen Verfügung machen und dementsprechend diese Werbung vom Schutzumfang der einstweiligen Verfügung gerade ausnehmen wollte. Dagegen spricht schon der ausdrückliche Hinweis der Gläubigerin auf Blatt 5 der Antragsschrift, wonach der sogenannte Sternchenvermerk der Aussage "Zum Europapreis" nicht den Charakter der Irre-führung nehme. Wenn die Gläubigerin auf Blatt 6 der Antragsschrift erklärt, diese Frage könne aber dahinstehen, weil nur die dann vom Landgericht auch untersagte Werbung "zur Debatte stehe", läßt sich dies aus der Sicht des Schuldners lediglich dahin verstehen, daß es im Erkenntnisverfahren für den Erlaß der einstweiligen Verfügung nicht erforder-lich sei, sich mit der Werbung mit dem Sternchen-vermerk auseinanderzusetzen, weil Grundlage des An-trags auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung eine Anzeige ohne Sternchenvermerk sei. Eine weiterge-hende Interpretation dieser Erklärung der Gläubige-rin läßt die Antragsschrift - auch aus der Sicht der Schuldnerin - nicht zu.
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14Sind somit die Grundsätze der sogenannten Kernlehre vorliegend uneingeschränkt anwendbar, sind jedoch die mit den Ordnungsgeldanträgen beanstandeten Wer-bungen der Schuldnerin als objektive Verstöße gegen das Unterlassungsgebot vom 7. Oktober 1991 anzu-sehen.
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16Bei der Bestimmung des Schutzumfangs dieses Unter-lassungsgebots ist in erster Linie auf den Tenor der Beschlußverfügung abzustellen, aus dem sich un-mißverständlich ergibt, daß die Werbung mit der An-gabe "Zum Europapreis" gemäß § 3 UWG, somit als ir-reführende Werbeaussage, untersagt wird. Weiterhin ist die Antragsschrift des Gläubigers vom 27. Sep-tember 1991 zu berücksichtigen. Wie schon erwähnt war die Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung vom Landgericht in Ziff. 3 der Beschlußverfügung ausdrücklich von der gleichzeitigen Zustellung dieser Antragsschrift abhängig gemacht worden; das Landgericht hat damit zum Ausdruck gebracht, daß es die in der Antragsschrift von der Gläubigerin ver-tretene Rechtsauffassung teilt. Die Gläubigerin hat durch Vorlage einer Kopie der Zustellungsurkunde auch nachgewiesen, daß die Antragsschrift zusammen mit der einstweiligen Verfügung der Schuldnerin zugestellt worden ist (wie von der Schuldnerin mit Schriftsatz vom 22. Juni 1992 zunächst auch bestä-tigt und erst im Schriftsatz vom 3. Februar 1993 in Frage gestellt). Bei Einbeziehung der Antrags-schrift der Gläubigerin ist danach Kern des Verbots vom 7. Oktober 1991 u.a. die Untersagung der Wer-bung mit der Angabe "Zum Europapreis" als irrefüh-rend gemäß § 3 UWG, weil durch diese Angabe der un-richtige Eindruck erweckt werde, "C." werde in ganz Europa, zumindest aber in allen Ländern der Euro-päischen Gemeinschaft vertrieben, weiterhin, weil zudem der irreführende Eindruck erweckt werde, "C." werde zu einem besonders günstigen Preis angeboten, wie er auch in anderen Ländern Europas - im Gegen-satz zu den in der Bundesrepublik Deutschland höher liegenden Arzneimittelpreisen - gefordert werde.
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18Die den Ordnungsmittelanträgen der Gläubigerin zu-grundeliegenden Werbungen der Schuldnerin sind aber gerade in dieser Weise irreführend.
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20Zwar läßt sich nicht allgemein sagen, daß ein soge-nannter Sternchenvermerk stets ungeeignet sei, ei-ner Blickfangwerbung die Irreführung zu nehmen. Es kommt vielmehr - wie auch sonst - auf die konkrete Gestaltung dieses Vermerks an, insbesondere also darauf, ob er ausreichend groß und deutlich ist, um eine Irreführung des Verkehrs auszuschließen.
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22Bei der Werbung in der "P." vom März 1992, die dem ersten Ordnungsmittelantrag der Gläubigerin zugrun-deliegt, mag es zweifelhaft sein, ob der dortige Sternchenvermerk diesen Anforderungen genügt. Zwar ist er in sehr kleinen Buchstaben gehalten; er befindet sich aber unmittelbar unterhalb der Angabe "Zum Europapreis", die er näher erläutern soll. Dennoch ist er nicht geeignet, die Irreführung durch die Werbeaussage "Zum Europapreis" zu verhin-dern. Auch wenn C. in Österreich, Spanien, England, Frankreich, Italien, Belgien und Portugal auf dem Markt sein und der in Deutschland geforderte Preis dem Durchschnitt der in diesen Ländern geforderten Preisen entsprechen sollte, was die Gläubigerin bestreitet, stellen diese im Sternchenvermerk der Schuldnerin genannten Länder nicht Europa dar. Die mit der Beschlußverfügung untersagte Irreführung des Verkehrs durch die Angabe "Zum Europapreis" darüber, daß "C." nicht in ganz Europa oder zumin-dest nicht in allen Ländern der Europäischen Ge-meinschaft angeboten werde, wird somit auch bei den Verkehrskreisen nicht beseitigt, die den Sternchen-vermerk wahrnehmen und lesen.
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24Dies vermögen die Mitglieder des Senats als Mit-glieder eines Fachsenats für gewerblichen Rechts-schutz aus eigener Sachkunde ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens festzustellen. Zwar ge-hören die Mitglieder des Senats nicht zu den von den Werbungen der Schuldnerin angesprochenen Ver-kehrskreisen, in erster Linie den Ärzten. Es geht vorliegend jedoch nicht um Fragen, die eine beson-dere - z.B. medizinische - Fachkunde voraussetzen, sondern um die Beurteilung allgemeiner Begriffe. Es sind aber keine Umstände ersichtlich und auch dem Sachvortrag der Schuldnerin nicht zu entnehmen, aus denen sich ergibt, daß diese Begriffe wie die Wer-beangabe "Zum Europapreis" sowie die im Sternchen-vermerk enthaltenen Hinweise von den Ärzten auf-grund ihrer besonderen Fachkunde anders als vorste-hend ausgeführt beurteilt werden.
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26Danach steht fest, daß die mit dem Ordnungsmit-telantrag der Gläubigerin vom 19. März 1992 be-anstandete Werbung der Schuldnerin in der "P. " von März 1992 gegen das Unterlassungsgebot der Be-schlußverfügung vom 7. Oktober 1991 verstößt.
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28Dies gilt jedoch ebenfalls für die mit dem zweiten Ordnungsmittelantrag der Gläubigerin beanstandete Werbung der Schuldnerin in der Ärztezeitung vom 27. Juli 1992.
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30Diese Werbung wird schon deshalb von dem Schutzum-fang des Unterlassungsgebots vom 7. Oktober 1991 erfaßt, weil das Sternchen und die dazu gehörende Erläuterung derart unauffällig gestaltet sind, daß sie zumindest von einem nicht unbeachtlichen Teil der von der Werbung angesprochenen Ärzte nicht bemerkt werden, die Werbung damit letztlich der von der Beschlußverfügung untersagten Werbeangabe "Zum Europapreis" ohne Sternchenvermerk entspricht. Das hinter der Angabe "Zum Europapreis" angebrachte Sternchen wirkt - zumal bei flüchtigter Betrach-tungsweise - nicht als Hinweis auf eine an anderer Stelle in der Werbeanzeige befindliche Aufklärung, sondern eher wie ein weiteres Sternchen zu den unübersehbaren 12 Europa-Sterne der Anzeige. Hinzu kommt, daß sich die zu diesem Sternchen gehörende Erläuterung nicht gut sichtbar in nächster Nähe zu dem Sternchen befindet. Sie ist vielmehr nahezu un-leserlich unmittelbar über dem Fließtext angebracht und - wenn überhaupt - nur bei mühsamen Suchen zu finden. Schon deshalb kann sie ihre aufklärende Wirkung zu der blickfangmäßig herausgestellten An-gabe "Zum Europapreis" insbesondere bei dem flüch-tigen Betrachter nicht entfalten. Davon abgesehen ist die Erläuterung in dem Sternchenvermerk auch inhaltlich aus den vorstehend zu der Werbung der Schuldnerin in der "P." vom März 1992 ungeeignet, eine Irreführung der angesprochenen Ärzte über die Werbeaussage "Zum Europapreis" auszuschließen. Somit ist auch bei dieser Werbung ebenfalls ein objektiver Verstoß der Schuldnerin gegen das Unter-lassungsgebot vom 7. Oktober 1991 gegeben.
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32In Übereinstimmung mit der angefochtenen Entschei-dung ist weiterhin davon auszugehen, daß die Schuldnerin jeweils auch schuldhaft (fahrlässig) in der vom Landgericht dargestellten Weise gehandelt hat und deshalb gegen sie dievom Landgericht ver-hängten Ordnungsgelder (nebst der jeweils ersatz-weise verhängten Ordnungshaft) festzusetzen waren. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen. Das Beschwerdevorbrin-gen der Schuldnerin gibt keinen Anlaß zu einer ab-weichenden Beurteilung des Verschuldens der Schuld-nerin und der Höhe der vom Landgericht festgesetz-ten Ordnungsgelder.
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34Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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36Beschwerdewert: 25.000,-- DM.
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