Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 13 U 7/93
Tenor
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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5Die zulässige Berufung der Beklagten ist be-gründet.
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7Dem Kläger steht wegen der durchgeführten um-fangreichen Renovierungsarbeiten an dem Altbau der Beklagten A. in A., die ein Gesamtvolumen von 290.711,04 DM hatten, unter Berücksichtigung der geleisteten a-Konto-Zahlungen kein Restwerk-lohnanspruch gemäß § 631 BGB in der geltend gemachten Höhe von 21.286,29 DM mehr zu. Denn eine solche Forderung des Klägers ist im Ver-rechnungswege infolge der von der Beklagten gel-tend gemachten "Aufrechnung" mit Schadensersatz-ansprüchen in gleicher Höhe aus dem Werkvertrag vom 05.04./08.04.1988 betreffend die Fassaden- Schlämm- bzw. Anstricharbeiten aus diesem Bauvor-haben erloschen. Das zur Verrechnung gestellte Schadensersatzbegehren der Beklagten ist nach § 13 Nr. 7 VOB/B gerechtfertigt - die VOB wurde wirksam zur Vertragsgrundlage gemacht -, weil die Fassa-denanstricharbeiten des Klägers mit einem wesent-lichen Mangel behaftet sind, der die Gebrauchsfä-higkeit erheblich beeinträchtigt und dieser Mangel auf ein Verschulden des Klägers zurückzuführen ist. Der von ihm aufgebrachte Sumpfkalkanstrich ist jedenfalls auf dem steinsichtig geschlämmten Mauerwerk aus Feldbrandsteinen in einer Gesamtgrö-ßenordnung von 301,14 qm (vgl. die entsprechende Massenberechnung des Klägers in seiner Rechnung vom 04.07.1988, Anlage BB 4) als in diesem Sinne mangelhaft zu bezeichnen, weil er bereits wenige Wochen nach Abschluß der Anstricharbeiten (Zeit-punkt: 09.07.1988) abzuplatzen begonnen hat und sich dies anschließend in massiver Form in der Folgezeit (so schon im Ortstermin der Parteien im Herbst 1988) fortgesetzt hat. Abgesehen davon, daß nach den überzeugenden Ausführungen des Sachver-ständigen Grün in seinem schriftlichen Gutachten vom 02.04.1991 wie auch in seiner mündlichen Erläuterung ein Sumpfkalkanstrich auf einer Fas-sade schon seit langem - so auch im Zeitpunkt der Ausführung - nicht mehr den allgemein aner-kannten Regeln der Technik für Fassadenanstriche entsprach, sind die aufgetretenen Schäden hier insbesondere auf eine unzureichende Untergrundvor-behandlung seitens des Klägers jedenfalls im Be-reich des Feldbrandmauerwerks zurückzuführen. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständi-gen G. ist die Problematik bzw. Ungeeignetheit von Sumpfkalkanstrichen gerade auch in Verbindung mit steinsichtigem Feldbrandmauerwerk seit langem bekannt, weil erfahrungsgemäß die Salze aus dem alten Mauerwerk in kürzester Zeit direkt auf den Anstrich einwirken und infolge chemischer Reaktio-nen zu den hier auch aufgetretenen Anstrichabplat-zungen führen. Nicht zuletzt wegen der seit länge-rem bekannten Wirkungszusammenhänge wurden bereits Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre Sanierputze und Sanierschlämmen entwickelt, die eine Abpuf-ferung der Salze aus dem Untergrund gegenüber der Wandoberfläche und zusätzlich einen Schutz des Wandinneren vor eindringendem Regenwasser be-wirken, weil sie - so jedenfalls die Schlämmen - eine Hydrophobierung bewirken. Dies ist unmittel-bar einsichtig, folgt im übrigen auch aus der Tatsache, daß die Wandflächen mit Putzuntergrund hier in weitaus geringerem Maße von den aufgetre-tenen Schäden betroffen sind. Der Kläger hat das Unterlassen der Aufbringung einer Sanierschlämme auf den Feldbrandmauerwerksflächen als Verstoß ge-gen die anerkannten Regeln der Technik auch ohne weiteres zu vertreten. Seine Einlassung, er habe die Möglichkeit der Verarbeitung einer derartigen Sanierschlämme nicht gekannt, weil ein derartiges Verfahren seinerzeit noch nicht allgemein üblich gewesen sei, ist durch die überzeugenden Ausfüh-rungen des Sachverständigen widerlegt. Die weiter-gehende Einlassung, er unterhalte eine Bauunter-nehmung und kein Maler- und Anstreichergeschäft, so daß spezielle Kenntnisse auf dem Gebiet von Ma-lergewerken von ihm nicht erwartet werden könnten, geht ebenfalls fehl. Unstreitig bezeichnet sich der Kläger als Fachmann auf dem Gebiet der Reno-vierung und Sanierung alter Kirchen und Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen - wie das der Be-klagten auch -. Als solcher ist er unstreitig vor-liegend gegenüber der Beklagten auch aufgetreten; dann aber muß er sich auch als Fachmann mit Spe-zialkenntnissen der Fassadenrenovierung, die typi-scherweise zu denen des Malerhandwerks gehören, behandeln lassen. Entscheidendes Gewicht kommt in diesem Zusammenhang auch dem Umstand zu, daß der Kläger nicht etwa aufgrund des vom Architekten der Beklagten erstellten Leistungsverzeichnisses un-mittelbar tätig geworden ist, sondern seinerseits ein eigenes Angebot mit Leistungsverzeichnis vom 05.04.1988 (Bl. 30 f d.A.) erstellt hat, aufgrund dessen ihm dann der Auftrag durch den Zeugen Z. unter dem 08.04.1988 (vgl. Anlage BB 3) erteilt worden ist. Für die Fachgerechtheit seiner Lei-stung, insbesondere die Ordnungsgemäßheit des von ihm selbst aufgestellten Leistungsverzeichnisses und dessen Übereinstimmung mit den anerkannten Re-geln der Technik, ist der Kläger als Auftragnehmer bereits nach § 4 Nr. 2 VOB/B selbst verantwort-lich. Das grobe Verschulden des Klägers wird aber auch daran deutlich, daß er auf Befragung durch den Senat erklärt hat, er habe den Untergrund des zu bearbeitenden Mauerwerks überhaupt nicht geprüft, weil er dafür nicht zuständig sei, dies sei vielmehr Sache des Architekten. Daß der Klä-ger bei Fassadenbeschichtungsarbeiten den Unter-grund in eigener Verantwortlichkeit zu prüfen hat - zumal wenn er selbst das maßgebliche Angebot mit Leistungsverzeichnis erstellt - ist eine derart grundlegende Selbstverständlichkeit, daß es weite-rer Ausführungen hierzu nicht bedarf; im übrigen ergab sich dies auch aus den vorvertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien, da ausweislich der technischen Vorbemerkungen des Leistungsver-zeichnisses des Zeugen Z. der Anbieter verpflich-tet war, sich vor Ort ein genaues Bild über die Oberflächenbeschaffenheit der vorhandenen Fas-sadenflächen zu verschaffen. Entgegen der Ansicht des Klägers besteht auch keine Veranlassung dazu, das Schadensrisiko hinsichtlich der mangelnden Un-tergrundvorbereitung des Feldbrandsteinmauerwerks gemäß § 254 BGB oder § 242 BGB auf die Beklagte als Auftraggeberin zu verlagern. Nach der Anhörung des Klägers durch den Senat ist unstreitig, daß er selbst weder der Beklagten noch deren Archi-tekten gegenüber einen Hinweis auf die an sich erforderliche Untergrundvorbereitung mit Sanier-schlämme gemacht hat. Ferner ist unstreitig, daß die Beklagte auch nicht etwa durch ihren Architek-ten über eine derartige Notwendigkeit informiert worden ist; wie auf Befragen klargestellt worden ist, bezog sich die Behauptung einer Information der Beklagten durch ihren Architekten lediglich auf die angebliche allgemeine Witterungsempfind-lichkeit des Sumpfkalkanstrichs und die angeblich nötigen Wartungsintervalle. In diesem Zusammenhang kommt eine Risikoverlagerung auf die Beklagte auch nicht etwa deswegen in Betracht, weil ihr Archi-tekt möglicherweise den Mangel der Ausschreibung des Klägers hätte erkennen und in einem solchen Falle die Beklagte als Auftraggeberin unterrichten können. Wie bereits dargelegt, besteht die Beson-derheit des vorliegenden Falles darin, daß der Kläger nicht auf der Grundlage des Leistungsver-zeichnisses des Architekten der Beklagten, sondern aufgrund eines eigenen Angebots beauftragt und tätig geworden ist. Gemäß § 4 Nr. 2 VOB/B trifft ihn die primäre Verantwortlichkeit für die Ord-nungsgemäßheit dieses Angebots und seiner auf die-ser Grundlage durchgeführten Arbeiten. Eines Rück-griffs auf die zu § 4 Nr. 3 VOB/B ergangene neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. hier-zu BGH Baurecht 1991, 79, 80) bedarf es nicht, abgesehen davon, daß auch in jenem Bereich die Verantwortlichkeit in erster Linie bei dem Auf-tragnehmer liegt und nur ausnahmsweise eine Mit-verantwortlichkeit des Auftraggebers in Betracht kommt. Ausgehend davon, daß die Frage der Risiko-verteilung Ausdruck des Prinzips der Vertrauens-haftung ist, hält der Senat die alleinige Haftung des Klägers für den von ihm schuldhaft verursach-ten Schaden für geboten. Bereits das grundlegende Leistungsverzeichnis des Architekten der Beklagten hätte dem Kläger über die allgemeinen technischen Vorbemerkungen hinaus Veranlassung zu einer be-sonders sorgfältigen Überprüfung des Untergrundes bzw. der Möglichkeiten der Abpufferung durch eine Sanierschlämme oder dergleichen geben müssen, zu-mal dort bei der Alternative der ausgeschriebenen Mineralfarben ausdrücklich von einer Behandlung mit Keim-Silangrund als Schutzgrundierung bei Schlagregenbeanspruchung (die hier teilweise auch gegeben war) sowie mit dem Material Keim-Fixativ oder Keim-Kontakt die Rede war. Bei der völligen Unkenntnis des Klägers von der Notwendigkeit ei-ner Untergrundvorbehandlung und seiner besonders leichtfertigen Nichtüberprüfung des vorhandenen Anstrichuntergrundes kommt eine Risikoentlastung nicht in Betracht, zumal der Kläger sich als Spe-zialist ausgegeben und damit besonderes Vertrauen in Anspruch genommen und enttäuscht hat.
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9Der Beklagten ist bereits bezüglich der schadhaf-ten Mauerwerksflächen aus Feldbrandsteinen ein Schaden mindestens in Höhe der vom Kläger noch geltend gemachten Restwerklohnforderung ent-standen. Der Sachverständige G. hat in seinem schriftlichen Gutachten mit hinreichender Genau-igkeit die gesamten Sanierungskosten unter Ein-schluß der Mehrwertsteuer auf ca. 60.000,00 DM und die schadensbedingten Kosten unter Abzug der Sowiesokosten auf ca. 40.000,00 DM geschätzt; auf die entsprechenden Berechnungen in dem Gutachten wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Da ausweislich der geprüften und korrigierten Schlußrechnung Nr. 40 des Klägers vom 4. Juli 1988 (Anlage BB 4) der Anteil des Feldbrandmauerwerks im Verhältnis zur Gesamtfläche 56,33 % (301,14 qm zu 534,64 qm) beträgt, hat der Senat - soweit geboten - einen entsprechenden Flächenanteil rech-nerisch aus der Gesamtberechnung herausgezogen und ist zu einem Betrag von insgesamt 25.225,93 DM unter Einschluß der Mehrwertsteuer gelangt (Sand-strahlen: 7.604,55 DM; Beiarbeiten: 2.433,46 DM; Sanierschlämme zu 100 %: 4.800,00 DM; Anstrich: 3.041,82 DM; Einrüsten: 4.055,76 DM; Mehrwertsteu-er: 3.290,34 DM). Darauf, daß auch die übrigen Flächen, die bereits einen Unterputz aufwiesen, in Teilbereichen Mängel aufgewiesen, die - da bereits wenige Wochen nach Aufbringung des Anstriches auf-getreten - über die normale Abwitterung hinausgin-gen und daher ebenfalls als vom Kläger zu vertre-tene Mängel anzusehen waren, die zu einer Erhöhung des vorgenannten Schadensbetrages führen würden, kam es danach nicht mehr an.
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11Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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13Streitwert für beide Rechtszüge (für den ersten Rechtszug unter Teilabänderung der landgericht-lichen Wertfestsetzung, UA 10): 21.286,29 DM (die Gegenansprüche der Beklagten sind nicht als Hilfs-Aufrechnung im rechtstechnischen Sinne, sondern lediglich als Verrechnungspositionen ei-ner einheitlichen werksvertraglichen Abrechnung anzusehen, für die eine Wertaddition im Sinne von § 19 Abs. 3 GKG entfällt, vgl. BGH KostRsp GKG § 19 Nr. 71; Schneider, Streitwertkommentar, 9. Aufl. 1991 Rdnr. 407, 416 f m.w.N.).
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15Wert der Beschwer des Klägers: 21.286,29 DM.
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