Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 22 U 8/93
Tenor
1
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
45
Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein An-spruch auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung und Herausgabe des Vollstreckungsbescheids des Amtsgerichts Schöneberg vom 10.05.1984 zu, da die Zwangsvollstreckung aus diesem Titel keine sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB darstellt. Das Landgericht hat in dem angefochte-nen Urteil unter Erwähnung der maßgebenden Recht-sprechung eingehend dargelegt, daß die besonderen Voraussetzungen für eine Durchbrechung der Rechts-kraft im Wege einer Klage aus § 826 BGB, nämlich Kenntnis des Gläubigers von der Unrichtigkeit des Titels und sittenwidrige Titelerschleichung oder sittenwidrige Ausnutzung des Titels, im vorliegen-den nicht bejaht werden können. Auf die in allen Punkten treffenden Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen.
67
Die ergänzenden Erwägungen der Berufung geben kei-nen Anlaß zu einer anderen Beurteilung:
89
Eine Sittenwidrigkeit des Partnerschaftsvermitt-lungsvertrags zwischen der Klägerin und der Firma V. läßt sich nicht feststellen. Der Umstand, daß die der Klägerin genannten Partneranschriften nicht zu dem erhofften Erfolg führten, recht-fertigt noch nicht den Schluß darauf, daß die Leistungen der Firma V. in einem offensichtlichen Mißverhältnis zur Gegenleistung der Klägerin stan-den. Die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung die Arbeiten der Firma V. zur Erstellung eines "Part-neradressen-Abrufdepots" im einzelnen dargelegt. Dem ist die für eine Sittenwidrigkeit des Partner-vermittlungsvertrags darlegungs- und beweispflich-tige Klägerin nicht mit konkreten Einwendungen und Beweisangeboten entgegengetreten. Im übrigen würde auch eine Sittenwidrigkeit des Vertrags mit der Firma V. noch nicht den Schluß auf eine sitten-widrige Erschleichung oder Ausnutzung des Voll-streckungstitels rechtfertigen, da hierfür die vom Landgericht dargelegten zusätzlichen, hier aber nicht erfüllten Voraussetzungen nötig wären.
1011
Soweit in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Firma V. Verzugszinsen von 1,5 % monat-lich (18 % jährlich) vorgesehen waren, verstößt diese Klausel zwar gegen § 11 Nr. 5 b AGB-Gesetz und ist deshalb unwirksam. Es kann aber nicht da-von ausgegangen werden, daß dies der Beklagten be-reits bei Beantragung des Vollstreckungsbescheids am 16.04.1984 erkennbar war; denn die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Ausle-gung des § 11 Nr. 5 AGB-Gesetz lag zum damaligen Zeitpunkt noch nicht vor (Urteil des BGH vom 28.05.1984, NJW 1984, 2941).
1213
Die Behauptung der Klägerin, daß sie den Partner-schaftsvermittlungsvertrag mit der Firma V. als-bald nach Vertragsschluß gekündigt habe, wird von der Beklagten bestritten und ist von der Klägerin nicht bewiesen worden. Ebensowenig läßt sich fest-stellen, daß die Beklagte bei Erlaß des Titels ei-ne solche Kündigung und eine darauf beruhende Un-richtigkeit des Titels kannte.
1415
Die Klägerin vermag sich schließlich auch nicht mit Erfolg darauf zu berufen, daß die Beklagte die Vollstreckung über Jahre verzögert habe, um sich den ihr nach der materiellen Rechtslage nicht zu-stehenden Zinsgewinn zu sichern. Abgesehen davon, daß die Beklagte dies bestritten und behauptet hat, sie habe jährlich 2-3 Vollstreckungsversuche unternommen, könnte in einem solchen Zuwarten mit der Vollstreckung schon deshalb keine Sitten-widrigkeit gesehen werden, weil die Klägerin ein Anwachsen der Zinsforderung ohne weiteres durch rechtzeitige Zahlung des Schuldbetrags hätte ver-meiden können.
1617
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
18Streitwert für das Berufungsverfahren und zugleich Urteilsbeschwer: 11.295,26 DM
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