Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 19 U 68/93
G r ü n d e
2Zwar geht der Kläger zutreffend davon aus, daß die Prozeßkosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können, da das Verfahren massearm ist und Aussichten auf eine Darlehensgewährung mangels Sicherheiten nicht bestehen.
3Gleichwohl liegen die Bewilligungsvoraussetzungen des § 116 Ziffer 1 ZPO nicht vor. Denn entgegen der Auffassung des Klägers ist es dem am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich beteiligten Finanzamt K. zuzumuten, die Prozeßkosten aufzubringen. Wirtschaftlich Beteiligte im Sinne des § 116 ZPO sind die Konkursgläubiger, die hinsichtlich ihrer Forderung eine Befriedigung aus der Masse zu erwarten haben (Kuhn/Uhlenbruck, Konkursordnung, 10. Aufl., Randziffer 31 a zu § 6 KO; BGH ZIP 90, 1490; Zöller/Schneider, 17. Aufl. Randziffer 13 zu § 116 ZPO). Auch die öffentliche Hand ist wirtschaftlich Beteiligte in diesem Sinne (Pape ZIP 88, 1301; OLG Köln ZIP 90, 937; OLG Düsseldorf ZIP 90, 938). Sie ist in der Regel vorschußpflichtig, weil prinzipiell von der Leistungsfähigkeit staatlicher Stellen auszugehen ist (OLG Köln NJW 1976, 1982; BGH MDR 1977, 741; Uhlenbruck ZIP 82, 288, 290; Zöller/Schneider, Randziffer 15 zu § 116 ZPO), auch wenn entsprechende Haushaltstitel nicht vorhanden sind und Mittel für Vorschüsse wegen der Finanzlage im Regelfall der Finanzverwaltung nicht zur Verfügung stehen mit der Folge, daß faktisch Vertreter der öffentlichen Kassen Konkursverwaltern Vorschüsse selbst dann nicht bewilligen, wenn ihre Forderungen in aussichtsreichen Prozessen realisiert werden könnten (Pape, a.a.O. Seite 1302). Dies kann nicht zu einer Besserstellung der Gläubiger der öffentlichen Hand gegenüber anderen Gläubigern führen.
4Nach der Einführung des § 116 ZPO durch das Gesetz über die Prozeßkostenhilfe vom 13.07.1980, mit dem der Gesetzgeber die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für den Konkursverwalter zur Regel und die Versagung zur Ausnahme machen wollte (vgl. BGH ZIP 90, 1490; Pape a.a.O. Seite 1296), sind Vorschüsse solchen Beteiligten zuzumuten, welche die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und deren zu erwartender Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse und Prozeßrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei einem Erfolg der Rechtsverfolgung voraussichtlich deutlich größer sein wird (BGH a.a.O.).
5Dies wird verneint, wenn die zu erwartende Quote so gering ist, daß den Gläubigern ein Kostenrisiko nicht zugemutet werden kann (OLG Köln, ZIP 1990, 937; Uhlenbruck, KTS 1988, 435, 437). Die Zumutbarkeit wird jedoch bejaht, wenn die Stellung des Gläubigers bei Erfolg der Klage wesentlich verbessert wird (OLG Düsseldorf, ZIP 1990, 938). Das ist jedenfalls dann der Fall, dem Gläubiger (Finanzamt) von dem eingeklagten Betrag (rd. 160.000,-- DM) rd. 90 % (rd. 142.000,-- DM) bei Erfolg der Klage zufließen werden. Keine Rolle spielt bei dieser Betrachtung die Gesamthöhe der Forderung dieses Gläubigers, es kommt nicht darauf an, ob der Gläubiger bei Erfolg der Klage in Höhe eines (Mindest-) Prozentsatzes befriedigt wird, sondern ausschließlich darauf, daß ihm ein hinreichend hoher Teil der eingeklagten Forderung verbleiben wird. Ob dies mindestens 50 % sein müssen (vgl. Pape, a.a.O., S. 1300), kann dahinstehen, da dem Finanzamt hier - wie noch auszuführen sein wird - rd. 90 % verbleiben. Daraus folgt, daß ein Gläubiger jedenfalls dann vorschußpflichtig ist, wenn er alleine oder ganz überwiegend vom Prozeßergebnis profitieren wird und der "Gewinn" nicht unter einer Mehrzahl von Gläubigern aufzuteilen ist, er also nicht Vorschußleistungen anderer Gläubiger mitfinanzieren muß. In diesem Fall bleibt das Prozeßrisiko des allein vorschußpflichtigen Gläubigers kalkulierbar (vgl. Pape, a.a.O., ZIP 1988, 1304).
6Davon kann im vorliegenden Fall ausgegangen werden, denn entgegen der Auffassung des Klägers ist dem Finanzamt eine Vorschußleistung nicht deshalb unzumutbar, weil es im Falle des Prozeßerfolges nach Abzug der Masseverbindlichkeiten und der Forderungen der bevorrechtigten Konkursgläubiger gemäß § 61 Abs. 1 Ziffer 1 Konkursordnung, für die eine Vorschußpflicht nach neuerer Rechtsprechung nicht besteht (BGH ZIP 1990, 1490; OLG Köln ZIP 1991, 1603, 1604), lediglich eine Forderung von ca. 142.500,00 DM realisieren könnte, während es Forderungen von insgesamt rund 1,43 Mio. DM angemeldet hat.
7Die Realisierbarkeit von rd. 10 % der Gesamtforderung bewirkt schon deshalb eine deutliche Verbesserung der Befriedigungsaussichten, weil das sonst leer ausgehende Finanzamt hiervon wegen seines Vorrangs gemäß § 61 Abs. 1 Ziffer 2 KO (zu rd. 90 %) allein profitieren würde und mit seiner Vorschußleistung nicht etwa ein Prozeßrisiko auch für fremde Rechnung gleichrangig am Erfolg zu beteiligender, nicht leistungs- und vorschußpflichtiger "Trittbrettfahrer" einginge. Bei der Frage der Zumutbarkeit ist nicht nur auf das Verhältnis des erstreitbaren Gewinns zur Gesamtforderung abzustellen sondern auch darauf, in welchem Umfang die Durchführung des Prozesses wegen der Rechte anderer Konkursgläubiger am Ergebnis nur eine marginale Verbesserung der Quote des Vorschußleistenden bewirkt. Dies ist indes ohne Bedeutung für einen Großgläubiger, dem aufgrund der Höhe seiner Gesamtforderung und seiner Rangstellung der Gewinn nach Befriedigung vorrangiger Gläubiger im übrigen ganz zufällt, weil nachrangige Konkursgläubiger nicht mehr zum Zuge kommen. Diesem ist die Vorschußleistung zuzumuten, sofern die zu verauslagenden Kosten in einem angemessenen Verhältnis zum im Erfolgsfall zu erzielenden Gewinn stehen.
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