Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 5 U 2/93
Tenor
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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3Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung hat bis auf einen Teil des Zinsanspruches auch in der Sache selbst Erfolg.
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5Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten aus der bei ihr zu seinen Gunsten abgeschlossenen "Versicherung des krankheitsbedingten Invalidi-täts- und Todesfallrisikos bei Lizenzspielern gemäß Lizenzspielerstatut des D. e.V. (...)" ein Entschädigungsanspruch in Höhe eines Drittels der Versicherungssumme von 100.000,00 DM, also in Höhe des mit der Klage geltend gemachten Betrages von 33.333,00 DM zu. Dies folgt aus § 1 Abs. 1 der dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) in Verbindung mit § 3 Abs. 3 Satz 2 AVB. Nach § 1 Abs. 1 wird die vereinbarte Versicherungssumme unter anderem dann fällig, wenn der Lizenzspieler (Versicherter) wäh-rend der Dauer der Versicherung durch Krankheit dauernd vollständig spielunfähig wird. Gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 AVB wird die Versicherungsleistung gekürzt, wenn auch Unfallfolgen zur dauernden Spielunfähigkeit geführt haben und ihr Anteil mit mindestens 25 % beziffert werden kann.
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7Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisauf-nahme steht fest, daß der Kläger bei einem Hal-lenfußballturnier am 29. Dezember 1986 eine Knie-verletzung erlitten hat, die in der Folgezeit im Zusammenwirken mit einer bei ihm schon bei Ver-sicherungsbeginn bestehenden Verkalkung des ver-letzten Kniegelenkes zur dauernden, vollständigen Spielunfähigkeit geführt hat, wobei der Anteil der Unfallverletzung auf 2/3 und die auf einer Stoff-wechselstörung beruhende, krankheitsbedingte Ver-kalkung des Gelenkes (sogenannte Chondrocalcinose) auf 1/3 zu bemessen ist. Dies hat der vom Landge-richt beauftragte Sachverständige Dr. med. G. in seinem Gutachten vom 13. Dezember 1991 überzeugend ausgeführt. Er ist in dem Gutachten in allen Punkten zu dem selben Ergebnis gekommen wie ein Gutachten der Medizinischen Universität zu L., Klinik für Orthopädie, Prof. Dr. med. L., vom 5. Juni 1989, das im Rahmen eines Ärzteausschuß-verfahrens für die A. Versicherung erstattet wur-de, bei der zugunsten des Klägers eine Gruppenun-fallversicherung für Lizenzfußballspieler bestand. Der Sachverständige ist auch bei seiner Anhörung vor dem Landgericht nicht von der im schriftli-chen Gutachten niedergelegten Auffassung abge-rückt, auch wenn es nach dem Sitzungsprotokoll vom 14. Oktober 1992 auf den ersten Blick so schei-nen mag. Die Kammer hat im angefochtenen Urteil klargestellt, daß der im Sitzungsprotokoll enthal-tene Satz: "Die Spielunfähigkeit ist daher aus-schließlich durch den Unfall und die Unfallfolgen herbeigeführt worden" dahin zu verstehen sei, daß der Sachverständige lediglich eine Mitverursachung durch einen konstitutionell bedingten Leistungs-abfall, von dem im vorhergehenden Satz die Rede ist, verneinen, nicht aber die Mitverursachung der Verkalkung des Kniegelenkes in Höhe eines Drittels in Abrede stellen wollte (vgl. S. 5 unten/6 oben des Urteils). Diese Erläuterung des Landgerichts ist überzeugend, wenn man die im Anschreiben der Kammer an den Sachverständigen vom 4. März 1992 (Blatt 120 unten) formulierten Fragen berücksich-tigt, zu denen der Sachverständige gehört werden sollte. Frage 1 bezog sich auf das Vorhandensein degenerativer Veränderungen des rechten Kniegelen-kes zum Zeitpunkt des Versicherungsbeginns, worauf sich auch der 1. Teil des Sitzungsprotokolls bezieht; Frage 2 hatte das etwaige Bestehen eines konstitutionell bedingten Leistungsabfalls zum Ge-genstand, mit dem sich folgerichtig der 2. Teil des Sitzungsprotokolls befaßt.
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9Besteht somit kein Zweifel, daß die Spielun-fähigkeit des Klägers zu 2/3 auf Unfallfolgen beruht und zu 1/3 auf einer krankheitsbedingten Verkalkung des verletzten Kniegelenkes, liegen die primären Voraussetzungen eines Entschädigungsan-spruchs in Höhe eines Drittels der Versicherungs-summe vor. Daß eine - entsprechend der mitwirken-den Unfallfolgen reduzierte - Leistungspflicht auch bei einer nur teilweise ursächlich geworde-nen Krankheit besteht, kann keinen ernsthaften Bedenken unterliegen; dies folgt zum einen aus der Bestimmung des § 3 Abs. 3 Satz 2 AVB über die Kürzung der Versicherungsleistung bei mitwirkenden Unfallfolgen selbst, zum anderen aber auch aus den Bestimmungen des § 3 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 AVB, die bei bestimmten, für die Spielunfähigkeit ursächlich gewordenen Umständen nur dann eine Leistungspflicht ausschließen, wenn diese Umstände die Spielunfähigkeit überwiegend verursacht haben; bei nicht überwiegender Mitverursachung bleibt die Leistungspflicht demgemäß bestehen, obwohl die Krankheit in diesen Fällen nur zum Teil zur Spiel-unfähigkeit geführt hat.
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11Die Leistungspflicht der Beklagten entfällt auch nicht aufgrund von Ausschlußbestimmungen in den AVB.
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13Gemäß § 3 Abs. 1 a besteht allerdings dann keine Leistungspflicht, wenn die Spielunfähigkeit des Versicherten durch Unfälle verursacht ist. Wie in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, kann diese Ausschlußklausel nicht in Fällen der vor-liegenden Art zur Anwendung kommen, in denen ein Unfall lediglich mitursächlich für die Spielunfä-higkeit war, diese zugleich aber teilweise auch auf einer Krankheit im Sinne von § 1 Abs. 1 AVB beruht. Dies folgt zwingend aus der Bestimmung des § 3 Abs. 3 Satz 2 über die entsprechende Lei-stungskürzung bei mitwirkenden Unfallfolgen, wenn diese einen Anteil von mindestens 25 % ausmachen. Der Auffassung der Beklagten, wonach zwischen dem in der Ausschlußklausel des § 3 Abs. 1 a genannten "Unfall" und den in der Begrenzungsklausel des § 3 Abs. 3 Satz 2 erwähnten "Unfallfolgen" zu trennen sei, vermag der Senat nicht zu folgen. Allgemei-ne Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, versicherungsrechtlich nicht vorgebildeter Versicherungsnehmer sie bei aufmerksamer Durchsicht und verständiger Würdigung unter Berücksichtigung des dabei erkennbar werden-den Sinnzusammenhangs verstehen muß (so die stän-dige höchstrichterliche Rechtsprechung, der sich der Senat angeschlossen hat; vgl. im einzelnen die Nachweise bei Prölss/Martin, VVG, 25. Auflage, Vorbemerkung III A 9 a = Seite 32 sowie zuletzt noch BGH VersR 1993, 1102 und r + s 1993, 351 ff.). Ein solcher Versicherungsnehmer würde aber nach Meinung des Senats nicht einzusehen vermögen, daß bei einem mitursächlichen Unfall eine bloße Leistungskürzung nach § 3 Abs. 3 Satz 2 AVB nur bei solchen Unfallfolgen in Betracht kommt, die nicht auf dem für die Spielunfähigkeit mitursäch-lich gewordenen Unfall beruhen, sondern auf einem ganz anderen Unfall, und daß ein völliger Wegfall der Leistungspflicht auch dann schon eintritt, wenn ein Unfall lediglich einen Teil der Gesund-heitsschädigungen verursacht hat, die nur im Zu-sammenwirken mit krankheitsbedingten Gesundheits-schäden letztlich die Spielunfähigkeit herbeige-führt haben. Gerade den sowohl gegen unfallbeding-te als auch gegen krankheitsbedingte Spielunfähig-keit versicherten Lizenzfußballspielern, wie hier dem Kläger, wird darüber hinaus nicht einleuchten können, daß, wie es hier geschehen ist (die A. hat nur 2/3 der Unfallversicherungssumme gezahlt), bei der Unfallversicherung die Leistung aufgrund einer teilweise mitwirkenden Krankheit entsprechend ge-kürzt wird (vgl. die Bestimmungen in den üblichen Unfallversicherungsbedingungen, § 10 Abs. 1 AUB 61 bzw. § 8 AUB 88), bei der Krankheitsversicherung aber die Leistungspflicht völlig entfällt, obwohl ein Unfall für die Spielunfähigkeit nur mitursäch-lich war. Schließlich könnte der durchschnittli-che Versicherungsnehmer auch nicht nachvollziehen, daß die Mitverursachung eines Unfalls jegliche Entschädigungsansprüche in vollem Umfang zu Fall bringen kann, selbst wenn der Mitwirkungsanteil verschwindend gering ist (z.B. nur 10 % oder noch weniger ausmacht). In derartigen Fällen erhielte er wegen des weit überwiegenden krankheitsbeding-ten Anteils nur eine entsprechend verschwindend geringe Entschädigung aus der Unfallversicherung und überhaupt keine Entschädigung aus der Krank-heitsversicherung, obwohl beide Versicherungen er-sichtlich den Zweck haben, Lizenzfußballspieler umfassend und lückenlos gegen unfall- und kran-keitsbedingte Spielunfähigkeit zu versichern, und sich insoweit auch gegenseitig ergänzen. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird daher nach alledem einen völligen Wegfall der Leistungs-pflicht gemäß § 3 Abs. 1 a AVB nur dann annehmen, wenn ein Unfall alleinige Ursache für die Spielun-fähigkeit ist und keinerlei krankheitsbedingte Ge-sundheitsschäden mitursächlich sind.
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15Die Leistungspflicht der Beklagten ist schließlich auch nicht gemäß § 3 Abs. 2 (überwiegende Verur-sachung der Spielunfähigkeit durch bereits bei Versicherungsbeginn bestehende degenerative und traumatische Veränderungen der Gelenke, Muskeln und Bänder) und Abs. 3 Satz 1 AVB (überwiegen-de Verursachung durch natürlichen Kräfteverschleiß und/oder konstitutionell bedingten Leistungsab-fall) ausgeschlossen. Zwar besteht die krankheits-bedingte Verkalkung des rechten Kniegelenkes des Klägers, die eine degenerative Veränderung des Gelenkes herbeigeführt hat, nach den Ausführungen des Sachverständigen schon seit Versicherungsbe-ginn; sie ist aber, wie bereits erwähnt, nicht überwiegende Ursache für die Spielunfähigkeit, sondern hat diese nur zu einem drittel Anteil mitverursacht. Der Sachverständige hat sodann bei seiner Anhörung vor dem Landgericht klargestellt, daß infolge der Verkalkung im Kniegelenk noch kein konstitutionell bedingter Leistungsabfall einge-treten war und ein solcher daher auch nicht mitur-sächlich war. Für einen (überwiegend) mitwirkenden natürlichen Kräfteverschleiß liegen schon keine Anhaltspunkte vor.
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17Die Beklagte ist daher verpflichtet, Entschädigung in Höhe eines Drittels der Versicherungssumme zu leisten.
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19Der Zinsanspruch ist in Höhe von 4 % gemäß §§ 286, 288 BGB ebenfalls begründet. Für einen höheren Zinsschaden von 6 % in Form entgangener Anlagezin-sen ist das Vorbringen des Klägers nicht schlüs-sig. Es ist nicht ersichtlich, daß er die Entschä-digungsleistung bei rechtzeitiger Zahlung zu einem solchen Zinssatz längerfristig angelegt hätte.
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21Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Ko-sten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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23Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer für die Beklagte: 33.333,00 DM.
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Referenzen
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