Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 6 U 79/94
T a t b e s t a n d
2Bei dem Kläger handelt es sich um einen gerichtsbekannten Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, Wettbewerbsverstöße - gegebenenfalls unter Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe - zu bekämpfen und zu unterbinden. Die Beklagte betreibt bundesweit Möbelhäuser, unter anderem auch in K.
3Am 11. August 1993 brachte die Beklagte als Beilage zum K. einen Werbeprospekt, in dem unter anderem Polstermöbel vorgestellt wurden (vgl. dazu den Original-Prospekt auf Bl. 9 des diesem Verfahren vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahrens 31 O 561/93 LG Köln). Die 11. und 12. Innenseite dieser Beilagenwerbung entsprechen der im Urteilstenor wiedergegebenen Farbkopie. Die Preise der auf diesen Seiten angekündigten Polstermöbel befinden sich in einem Kästchen und sind - soweit sie unter 1.000,-- DM liegen - jeweils mit einem Sternchen versehen. Die Erläuterung zu diesen Sternchen ist oberhalb dieses Kastens im Rahmen der Abbildung der Sofa-Schlafecke A. angebracht und lautet wie folgt:
4,* Lieferung frei Haus ab DM 1.000,-im gesamten M.-Wirtschaftsraum."
5Der Kläger hat die im Urteilstenor wiedergegebene Werbung der Beklagten gemäß § 3 UWG beanstandet. Er hat geltend gemacht, bei den dort abgebildeten Waren handele es sich nicht um typische Mitnahmemöbel; auch seien die Preise nicht als ,Abholpreise" angegeben. Der Endverbraucher erwarte deshalb, daß ihm zum Beispiel das Q.-Sofa B. zum angegebenen Preis in Höhe von 865,-- DM von der Beklagten angeliefert wird. Tatsächlich liefere jedoch die Beklagte ,frei Haus" nur ab einem Auftragswert in Höhe von 1.000,-DM. Dies erfahre aber der Endverbraucher nur, wenn er die gesamte zweiseitige Werbung bis ins Detail durchlese, denn der Hinweis, wonach die Lieferung frei Haus erst ab 1.000,- DM Auftragswert erfolge, befinde sich allein im Rahmen der Abbildung der Sofa-Schlafecke A. Interessiere sich aber der Endverbraucher nicht für diese Schlafecke, sondern für ein anderes auf den in Rede stehenden Seiten angebotenen Möbelstück, so erfahre er hiervon nichts. Soweit hinter einzelnen Preisangaben ein ,Sternchenhinweis" angebracht sei, suche der Endverbraucher die dazu gehörige ,Aufklärung" nicht im Rahmen eines ganz anderen Angebots, welches ihn überhaupt nicht interessiere. Der Endverbraucher werde deshalb in relevanter Weise irregeführt, wenn er für die Lieferung des zum Beispiel von ihm ausgesuchten Einzelelements B. noch weitere Kosten aufbringen müsse.
6Der Kläger hat beantragt,
7die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000,-DM zu unterlassen, in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung, wie nachstehend wiedergegeben, Möbel unter einer Preisangabe anzukündigen, wenn bei Möbeln im Auftragswert unter 1.000,-- DM ein Mehrpreis für Lieferung berechnet wird:
8Die Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie hat behauptet, eine unrichtige Preisvorstellung könne durch die beanstandete Werbung beim Endverbraucher nicht hervorgerufen werden, denn der Aufklärungshinweis zu den Sternchen neben den Preisen finde sich im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang und im gleichen Blickfeld sofort über der Preistabelle. Derjenige, der die Preistabelle sehe, der die Preise lese und das Sternchen hinter einzelnen Preisen bemerke, könne den Aufklärungshinweis nicht übersehen. Dies gelte auch dann, wenn sich der Betrachter zuvor zum Beispiel die Abbildung des Möbelstücks ,G." angesehen habe, denn dort finde er keinen Preis. Die Preise seien vielmehr zu einer geschlossenen Gesamttabelle zusammengefaßt, zu der wiederum die Erläuterung dazugehöre, auf die das jeweilige Sternchen hinweise.
11Das Landgericht hat die Akte des in derselben Sache geführten einstweiligen Verfügungsverfahrens 31 O 561/93 LG Köln zur Information beigezogen.
12Durch Urteil vom 24. Februar 1994, auf das Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt, wobei das Urteil in seiner Begründung den Rechtsansichten des Klägers folgt.
13Gegen dieses ihr am 8. März 1994 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24. März 1994 Berufung eingelegt und diese - nach entsprechender Fristverlängerung - rechtzeitig am 25. Mai 1994 begründet.
14Die Beklagte wiederholt und vertieft in erster Linie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Ansicht, eine Irreführung, wie sie das Landgericht Köln im angefochtenen Urteil annehme, sei nicht gegeben. Schon die Annahme des Landgerichts, daß der Verkehr bei Waren der hier beworbenen Art wegen deren Volumen und Gewicht grundsätzlich die Anlieferung erwarte, treffe heute nicht mehr zu. Die Betrachtung von Prospekten der in Rede stehenden Branche zeige vielmehr, daß in der Regel nur noch mit Abholpreisen auch bei großvolumigen Einrichtungsgegenständen geworben werde. Von einer derartigen Werbung habe sie - die Beklagte - abgesehen, weil der Verkehr bei einer Werbung mit Abholpreisen erwarte, daß er die Ware direkt mitnehmen könne, obwohl dies in der Regel - sofern es sich nicht um einen reinen Abholmarkt handele - nicht der Fall sei. Da sie - die Beklagte - bei der Anlieferung von Einrichtungsgegenständen unter einem Auftragswert von 1.000,-- DM eine Kostenpauschale von 40,-- DM verlange, habe sie den Hinweis ,Lieferung frei Haus ab DM 1.000,-- Auftragswert im gesamten M.-Wirtschaftsraum." in ihre Werbung aufgenommen.
15Zu übersehen sei dieser Hinweis auch auf der Seite ,Funktions-Polster" im mehrseitigen, farbigen Originalprospekt nicht. Anhand der Schwarz-Weiß-Kopie, die in der Klageschrift und in das Urteil einkopiert worden sei, lasse sich kein realistisches Bild gewinnen.
16Die Annahme des Landgerichts, daß der Betrachter der beanstandeten Werbung die Erläuterung des Sternchens im Preisangabe-Kasten oder unmittelbar unterhalb desselben erwarte, sei nicht nachvollziehbar. Sie widerspreche auch den späteren Ausführungen des Landgerichts. In dem Kasten mit den Preisangaben sei kein Platz für diese eingehende Erläuterung. Wäre der Preisangabe-Kasten vergrößert worden, wäre die Sternchen-Erläuterung genau so nah bzw. genau so weit von den Preisangaben mit den Sternchen entfernt, wie es im streitgegenständlichen Prospekt der Fall sei. So aber würden auf einen Blick des Lesers das Sternchen und seine Auflösung erfaßt. Zudem falle die schwarze Schrift auf der Abbildung des braunen T. oberhalb des Preisangabekastens ins Auge, und zwar eher als eine schwarze Schrift auf grauem Grund in Verbindung mit den zahlreichen Angaben von Preisen und Programmnamen. Unterhalb des Preisangabe-Kastens wäre die Anbringung der Sternchen-Erläuterung in das Bild des Q. B. gelaufen, also ebenfalls in die Abbildung eines bestimmten Möbelstücks.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Beklagten wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 25. Mai 1994 und 14. Juli 1994 nebst den dazu überreichten Anlagen verwiesen.
18Die Beklagte beantragt,
19unter Abänderung des angefochtenen Urteils der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 24. Februar 1994 - 81 O 201/93 - die Klage abzuweisen,
20ihr - der Beklagten - als Gläubigerin Sicherheitsleistung, auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse, zu gestatten,
21hilfsweise ihr für den Fall des teilweisen oder vollständigen Unterliegens nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse abzuwenden.
22Der Kläger beantragt,
23die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß bei der Einblendung der konkreten Verletzungsform eine farbige Seite des angegriffenen Prospektes aufgenommen wird; hilfsweise, ihm - dem Kläger - nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden, die auch in Form der selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank und/oder öffentlichrechtlichen Sparkasse erbracht werden kann.
24Auch der Kläger wiederholt und vertieft seinen Vortrag aus der ersten Instanz. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Klägers wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 22. Juni 1994 und den Schriftsatz vom 20. Juli 1994 Bezug genommen.
25E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
26Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.
27Der Kläger nimmt die Beklagte mit Erfolg auf Unterlassung der im Tenor dieses Urteils als Farbkopie wiedergegebenen Werbung in Anspruch.
28Bedenken gegenüber der Zulässigkeit des Unterlassungsbegehrens bestehen nicht, auch nicht im Hinblick auf die Klagebefugnis des Klägers gemäß § 13 Abs. 2 Ziffer 2 UWG n.F..
29Die Neufassung des § 13 Abs. 2 Ziffer 2 UWG mit Wirkung zum 1. August 1994 hat nach Auffassung des Senats nichts an der Doppelnatur dieser Vorschrift geändert, wie auch die amtliche Begründung zu § 13 Abs. 2 Ziffer 2 UWG n.F. (abgedruckt in WRP 1994/369 f., 378) bestätigt. Wie die frühere Fassung der Vorschrift (vgl. dazu BGH GRUR 1991/684 f. ,Verbandsausstattung" m.w.N.) regelt auch § 13 Abs. 2 Ziffer 2 UWG n.F. sowohl die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Prozeßvoraussetzung der Prozeßführungsbefugnis als auch die Aktivlegitimation der in dieser Vorschrift angesprochenen Verbände. Nach den für die Feststellung der Prozeßvoraussetzungen maßgeblichen Grundsätzen des Freibeweisverfahrens ist aber die Befugnis des Klägers zur Geltendmachung des streitgegenständlichen Unterlassungsanspruchs auch nach den ab dem 1. August 1994 geltenden Anforderungen des § 13 Abs. 2 Ziffer 2 UWG zu bejahen. Daß der Kläger nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande ist, seine satzungsgemäßen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen, ist dem Senat aufgrund der jahrzehntelangen gerichtlichen Tätigkeit des Vereins in Wettbewerbssachen bekannt und wird daher zu Recht von der Beklagten nicht in Frage gestellt. Wie von § 13 Abs. 2 Ziffer 2 UWG n.F. weiterhin gefordert, gehören dem Kläger auch eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden an, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt wie die Beklagte vertreiben. Hierbei ist nach der amtlichen Begründung zu § 13 Abs. 2 Ziffer 2 UWG n.F. nicht maßgeblich, ob dem Kläger eine bestimmte Anzahl dieser Mitglieder angehören (vgl. die amtliche Begründung a.a.O.). Entscheidend ist vielmehr, ob es sich bei diesen Mitgliedern um eine für das Wettbewerbsgeschehen auf dem Markt repräsentative Anzahl von Mitbewerbern aus der betroffenen Branche handelt, wobei unerheblich ist, ob die Mitglieder unmittelbare Verbandsangehörige sind oder nur mittelbar durch die Zugehörigkeit von Verbänden oder Vereinigungen zu dem Wettbewerbsverband erfaßt werden (vgl. die amtliche Begründung, abgedruckt in WRP 1994/378). Da dem Kläger nach dessen überzeugenden (und von der Beklagten gleichfalls nicht bestrittenen) Angaben im Berufungstermin (vgl. Bl. 97 d.A.) unter anderem der Einzelhandelsverband K., in dem auch Möbelhändler Mitglieder sind, der Deutsche Verband des Möbelhandels e.V. sowie eine Reihe namhafter Möbelhändler in K. als Mitglieder angehören, bestehen danach keine Bedenken, daß dem in Rede stehenden Erfordernis des § 13 Abs. 2 Ziffer 2 UWG n.F. damit Genüge getan ist.
30Ob die in § 13 Abs. 2 Ziffer 2 UWG n.F. darüber hinaus verlangte Eignung der beanstandeten Handlung zur wesentlichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs auf dem steitgegenständlichen Markt Voraussetzung der Klagebefugnis ist oder - wie in der amtlichen Begründung zu dieser Vorschrift angeführt (vgl. WRP 1994/378) - die Begründetheit des Anspruchs, somit die Aktivlegitimation betrifft, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Wie nachstehend bei Prüfung der Begründetheit der Klage erörtert, ist der Tatbestand des § 13 Abs. 2 Ziffer 2 UWG n.F. auch insoweit erfüllt und die Prozeßführungsbefugnis des Klägers selbst dann zu bejahen, wenn das Merkmal der wesentlichen Wettbewerbsbeeinträchtigung Tatbestandsmerkmal dieser Prozeßvoraussetzung ist.
31Die Klage ist gemäß §§ 3, 13 Abs. 2 Ziffer 2 UWG aber ebenfalls begründet.
32Die beanstandete Werbung ist irreführend im Sinne von § 3 UWG, denn ein nicht unbeachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise wird danach annehmen, die Beklagte liefere sämtliche in der Werbung vorgestellten Möbel zu den ausgewiesenen Preisen, also auch dann, wenn es nur um die Lieferung eines Möbelstücks geht, dessen Preis unter 1.000,-- DM liegt; tatsächlich berechnet aber die Beklagte Kosten für die Anlieferung, sofern der Auftragswert nicht 1.000,-- DM überschreitet.
33Dies können die Mitglieder des Senats, die ebenso wie die Mitglieder der Kammer des Landgerichts zu den von der Werbung der Beklagten angesprochenen Verbrauchern gehören, aus eigener Sachkunde und Erfahrung feststellen.
34Bei der Beklagten handelt es sich um ein herkömmliches Möbelhaus, nicht um einen sogenannten Abholmarkt für Möbel. Wenn daher die Beklagte - wie in der streitgegenständlichen Werbung geschehen - großvolumige schwere Möbel wie S, ,Q.S." und ,Sch." anbietet, erwartet grundsätzlich der Verbraucher, daß ihm diese Möbel zu dem beworbenen Preisen ohne zusätzliche Kosten geliefert werden; er wird somit die Preise als sogenannte Lieferpreise verstehen.
35Ohne Erfolg wendet die Beklagte hiergegen ein, es sei heute nicht mehr zutreffend, daß der Verkehr bei Möbeln der in Rede stehenden Art wegen deren Volumen und Gewicht grundsätzlich die Anlieferung erwarte. Vielmehr würde auch bei großvolumigen Einrichtungsgegenständen in der Regel nur noch mit Abholpreisen geworben. Abgesehen davon, daß auch die Beklagte danach ersichtlich nicht behauptet, sämtliche Verbraucher verstünden Preise für Möbel, wie sie im Steitfall beworben werden, stets als sogenannte Abholpreise, entspricht diese Behauptung der Beklagten weder der Erfahrung der Mitglieder des Senats und der Kammer des Landgerichts als Teil der angesprochenen Verbraucherkreise, noch wird diese Behauptung durch die von der Beklagten zu den Akten gereichten Prospekten von Wettbewerbern der Beklagten bestätigt. Diesen Prospekten ist zwar zu entnehmen, daß in der Möbelbranche vermehrt großvolumige Einrichtungsgegenstände zu sogenannten Abholpreisen angeboten werden. Hierauf wird aber in den Prospekten jeweils ausdrücklich hingewiesen, was bekräftigt, daß die Verbraucher ohne entsprechenden Hinweis des Werbenden grundsätzlich von einer Anlieferung dieser Möbel ohne zusätzliche Kosten ausgehen. Einer derartigen Verbrauchererwartung entspricht im übrigen auch die von der Beklagten selbst in dem beanstandeten Prospekt praktizierte Verfahrensweise. In diesem Prospekt werden nämlich nur diejenigen Preise mit einer ,SternchenErläuterung" versehen, die unterhalb 1.000,-- DM liegen und bei denen somit Lieferungskosten anfallen, wenn der Verbraucher nicht durch einen weiteren Kauf den Auftragswert von 1.000,-- DM überschreitet. Preise über 1.000,-- DM werden dagegen nicht mit einer derartigen ,SternchenErläuterung" versehen, was darauf hindeutet, daß der Verbraucher auch nach Verständnis der Beklagten ohne einen gegenteiligen Hinweis grundsätzlich von einer Anlieferung der in Rede stehenden Möbel ohne zusätzliche Lieferkosten ausgeht.
36Im Streitfall ist jedoch der Hinweis auf die bei einem Auftragswert unter 1.000,-- DM für die Lieferung frei Haus zusätzlich verlangten Kosten in der beanstandeten Werbung nicht hinreichend deutlich, so daß insoweit die Gefahr einer Irreführung der Verbraucher besteht.
37Zwar sind alle Preise unter 1.000,-- DM mit einem Sternchen versehen; die ,Auflösung" zu diesen Sternchen ist auch in räumlicher Nähe zu dem Kasten angebracht, in dem sämtliche Preise der vorgestellten Möbel tabellarisch zusammengefaßt sind. Schon wegen ihrer Plazierung innerhalb der Abbildung für das Möbelstück A. erscheint jedoch die Auflösung trotz dieser Nähe zu den Preisen nicht als Bestandteil bzw. als Erläuterung zu der Preistabelle. Diese Zuordnung des Hinweises auf die Lieferkosten zu der Abbildung von ,A." durch die Plazierung des Hinweises in die Abbildung des T. von ,A." wird aus der Sicht des Betrachters zusätzlich noch dadurch verstärkt, daß das Braun des T., das den Hintergrund dieses Hinweises darstellt, einen starken Kontrast zu dem hellgrauen Untergrund des Kastens mit Preistabelle bildet und dergestalt die Abbildung ,A." mit all ihren Bestandteilen optisch deutlich von der Preistabelle trennt. Hinzu kommt, daß der Hinweis mit der Erläuterung zu den Sternchen im Verhältnis zu dem sonstigen Text der beanstandeten Werbung und insbesondere auch zu den Preisen in sehr viel kleinerer und dünnerer Schrift gehalten ist und auch insoweit vom Betrachter nicht als zur Preistabelle gehörender Bestandteil empfunden wird.
38Der Verbraucher, der sich zum Beispiel für den Sessel ,G." oder für das Schlafsofa ,B." interessiert und seinen Blick auf die oberhalb der Abbildung dieser Möbel angebrachten Preistabelle richtet, wird angesichts der dargestellten optischen und farblichen Gestaltung der Werbung zumal bei der üblichen flüchtigen Betrachtungsweise derartiger Prospekte nicht stets zugleich die darüber in der Abbildung für ,A." befindliche Erläuterung zu den Sternchen erfassen. Zudem besteht wegen der aufgezeigten Gestaltung der Werbung die Gefahr, daß der Verbraucher selbst dann nicht über die Lieferkosten bei einem Auftragswert unter 1.000,-- DM aufgeklärt wird, wenn er nach Wahrnehmung der Sternchen neben den Preisen nach der Auflösung zu diesen Sternchen sucht. Es liegt auf der Hand, daß er diese Auflösung in oder unmittelbar neben der Preistabelle und allenfalls noch in der Abbildung bzw. in dem Text für den Sessel ,G." bzw. für das Sofa ,B." vermutet und deshalb zunächst nur dort suchen wird, nicht aber in einer optisch davon deutlich abgesetzten Abbildung eines Möbels, für das er sich nicht interessiert (und dessen Preis im übrigen auch keine Sternchen aufweisen). Da jedoch ,Sternchen-Erläuterungen" in der Werbung mit vielfältiger Bedeutung eingesetzt werden, im Streitfall zum Beispiel das Sternchen aus der Sicht der Verbraucher ohne weiteres nur eine nähere Erläuterung zur Art der Polsterung oder der Art der Bezugsstoffe für die angeführten Preisklassen enthalten könnte, also nicht notwendigerweise preiserhöhende Angaben, wie es tatsächlich der Fall ist, besteht die Gefahr, daß der durchschnittliche Verbraucher, der solche ,alltägliche" Werbung regelämßig ohne langes überlegen nach ihrem ersten Eindruck beurteilt, wenn er die ,Auflösung" zu den Sternchen nicht gleich findet, annimmt, daß es sich bei den Erläuterungen zu diesen Sternchen um weniger wichtige Angaben handelt, und sich damit zufriedengibt und nicht weiter sucht, weil er - zu Recht - erwartet, daß preiserhöhende Informationen nicht an versteckter Stelle angebracht werden.
39Nach alledem ist der Senat davon überzeugt, daß zumindest ein nicht unbeachtlicher Teil der von der Beklagten umworbenen Verbraucher durch die beanstandete Werbung irregeführt wird, weil diese Verbraucher unrichtig annehmen, die Möbelstücke ,B.", ,G." oder ,E." würden ihnen in sämtlichen ausgewiesenen Preisklassen zu den in der Werbung genannten Preisen geliefert.
40Diese Irreführung ist relevant im Sinne von § 3 UWG, denn sie ist geeignet, den Verbraucher bei seiner Kaufentscheidung irgendwie zu beeinflussen. Auch dies können die Mitglieder des Senats als Teil der angesprochenen Verbraucher aus eigener Sachkunde und Erfahrung beurteilen.
41Die zusätzlichen Lieferkosten von 40,-- DM bei einem Auftragswert unter 1.000,-- DM fallen gerade bei den niedrigpreisigeren Einrichtungsgegenständen der Werbung an, für die sich in erster Linie Verbraucher mit einem geringen Einkommen interessieren werden. Für diese Verbraucher stellen aber zusätzliche Kosten von 40,-- DM zu den in der Tabelle angeführten Preisen keinen zu vernachlässigenden Betrag dar, sondern sind ein Posten, der bei der Entscheidung, sich dem Angebot der Beklagten zuzuwenden oder ein Konkurrenzprodukt vorzuziehen, durchaus Bedeutung erlangen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich diese Verbraucher für den beabsichtigten Kauf ein bestimmtes Preislimit gesetzt habe, das bei Einbeziehung der Lieferkosten von 40,-- DM überschritten wird.
42Da der Beklagten zudem zahlreiche Möglichkeiten offen stehen, den Verbraucher in ausreichend deutlicher Weise auf etwaige zusätzliche Lieferkosten hinzuweisen, steht auch die im Rahmen des § 3 UWG gebotene Abwägung der Interessen des Klägers an der Unterbindung der beanstandeten Werbung und des Interesses der Beklagten am Beibehalten dieser Werbung dem danach aus § 3 UWG begründeten Klagebegehren nicht entgegen.
43Daß die Beklagte bereits in der Vergangenheit mit ,Sternchen-Erläuterungen" zu Lieferkosten bei einem Auftragswert unter 1.000,-- DM geworben hat, ist unerheblich. Eine Verwirkung des Unterlassungsanspruchs des Klägers, auf die sich im übrigen die Beklagte auch nicht ausdrücklich berufen hat, scheitert schon daran, daß - wie die von der Beklagten vorgelegten Prospekte zeigen - diese frühere Werbung in sehr unterschiedlicher Weise gestaltet ist. Zudem geht es bei dem Unterlassungsanspruch aus § 3 UWG um die Wahrung von Allgemeininteressen, so daß auch aus diesem Grund eine Verwirkung im Streitfallnicht in Betracht kommt (vgl. Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17. Aufl., § 3 UWG Rd. 441 m.w.N.).
44Schließlich ist der Kläger gemäß § 13 Abs. 2 Ziffer 2 UWG zur Geltendmachung des sich danach aus § 3 UWG ergebenden Unterlassungsanspruchs aktivlegitimiert, denn der festgestellte Verstoß der Beklagten ist geeignet, den Wettbewerb auf dem hier streitgegenständlichen Markt wesentlich zu beeinträchtigen.
45Hierbei bedarf es keiner Entscheidung, ob jedwede Verbrauchertäuschung im Sinne von § 3 UWG als eine derartige wesentliche Beeinträchtigung zu werten ist. Im Streitfall ist eine derartige Beeinträchtigung schon wegen der vorstehenden Erwägungen zur Relevanz der Irreführung zu bejahen. Bei der streitgegenständlichen Täuschung des Verbrauchers hinsichtlich der von ihm für die Anlieferung der beworbenen Einrichtungsgegenstände zu zahlenden Preise geht es nicht um einen geringfügigen Wert, sondern um einen Betrag von 40,-- DM, der aus den bereits angeführten Gründen geeignet ist, die Kaufentscheidung der Verbraucher zu beeinflussen. Zugleich ist die Irreführung des Verkehrs damit geeignet, der Beklagten Wettbewerbsvorteile vor ihren Konkurrenten zu verschaffen, die im Gegensatz zur Beklagten die Verbraucher mit der gebotenen Deutlichkeit aufklären, wenn bei der Anlieferung von Möbeln zusätzliche Lieferkosten anfallen. Ein Bagatellverstoß, vergleichbar zum Beispiel der PS-Werbung, wie er nach der amtlichen Begründung zu § 13 Abs. 2 Ziffer 2 UWG n.F. (vgl. WRP 1994/373, 377, 378) nicht ausreichen soll, um von einer wesentlichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs auszugehen, liegt damit entgegen der von der Beklagten im Berufungstermin geäußerten Ansicht nicht vor. Vielmehr sind die Auswirkungen dieses Verstoßes auf das Wettbewerbsgeschehen so erheblich, daß die Interessen der Allgemeinheit aus den angeführten Gründen ernsthaft betroffen sind (vgl. dazu die amtliche Begründung zu § 13 Abs. 2 Ziffer 2 UWG n.F. abgedruckt in WRP 1994/377). Die Aktivlegitimation des Klägers (und damit zugleich dessen Klagebefugnis, sofern das Merkmal der wesentlichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs insoweit Voraussetzung ist) ist danach gemäß § 13 Abs. 2 Ziffer 2 UWG n.F. nicht zweifelhaft.
46Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Abänderung des Tenors der angefochtenen Entscheidung entsprechend dem zuletzt vom Kläger gestellten Antrag beinhaltet keine Klageänderung und ist damit kostenrechtlich ohne Bedeutung. Diese Abänderung stellt lediglich eine genauere Anpassung des Unterlassungsbegehrens an die konkret beanstandete Wettbewerbshandlung dar und verändert nicht das ursprüngliche Rechtsschutzziel des Klägers.
47Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Beschwer der Beklagten war gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzen und entspricht dem Wert des Unterliegens der Beklagten im Rechtsstreit.
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