Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 9 U 48/95
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
2Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung hat nur zum Teil Erfolg.
3Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten nicht nur ein Anspruch auf Erstattung der Schadenermittlungskosten gemäß § 66 Abs. 1 VVG zu, die das Landgericht mit 3.387,72 DM zuerkannt hat, sondern auch Ansprüche im Hinblick auf die Aufwendungen für die Auswahl, Beauftragung und Überwachung der Handwerker (sogenannte Regiekosten) sowie die Arbeiten für das Aus- und Einräumen der Möbel in der Souterrainwohnung. Hierbei handelt es sich um Nebenkosten der eigentlichen Reparaturkosten, für die nach § 7 Nr. 1 b VGB Ersatz zu leisten ist. Nach zutreffender Meinung in Rechtsprechung und Literatur sind im Zusammenhang mit Reparaturarbeiten anfallende vorbereitende und begleitende Verwaltungsarbeiten dieser Art in den Versicherungsschaden einzubeziehen, wozu in technisch schwierigeren Reparaturfällen, namentlich bei Reparaturen an und in Gebäuden, auch Kosten eines Sachverständigen oder Architekten gehören können, die der Versicherungsnehmer aufwenden muß, um die zweckmäßigste Reparaturmethode ermitteln zu lassen, die Aufträge an verschiedene Firmen zu vergeben, deren Arbeiten zu koordinieren und die Reparaturleistungen abzunehmen (vgl. Prölss/Martin, VVG, 25. Auflage, Anmerkung 2 C zu § 55 = Seite 420 m.w.N.). Derartige ,Regietätigkeiten" waren vorliegend nach Auffassung des Senats trotz der Einschaltung eines Schadensregulierers durch die Beklagte erforderlich. Besondere Schwierigkeiten bei der Durchführung der Reparaturarbeiten, die auch die Einschaltung eines Fachmannes in der Person des Sachverständigen Prof. B. rechtfertigten, waren schon aufgrund der Art der Schadensursache in Form einer oder eventuell auch mehrerer Undichtigkeiten in den Wasserleitungen des Hauses gegeben, bei denen schwer abzuschätzen war, in welchem Umfang die Freilegung von Leitungen in Wänden und Fußböden geboten und notwendig war. Es mußte einerseits verhindert werden, daß ein ähnlicher Schaden wie der eingetretene schon alsbald erneut auftrat, weil nicht umfassend genug nach undichten Stellen gesucht worden war; auf der anderen Seite mußte der Umfang der Arbeiten auch zu den entstehenden Kosten in ein ausgewogenes Verhältnis gesetzt werden. Diese Abwägung konnte am zuverlässigsten durch einen neutralen Fachmann erfolgen. Die Beklagte wendet auch nicht ein, daß der Sachverständige Prof. B. die von ihm vorgeschlagenen und durchgeführten Maßnahmen zur Schadenserkennung und den Umfang der von ihm veranlaßten Arbeiten zur Freilegung von Wasserleitungen überzogen hätte. Hinzu kam, daß mehrere Handwerker aus verschiedenen Fachrichtungen (Installateur, Estrichleger, Fliesenleger, Bodenleger und Maler) zu beauftragen und deren Arbeiten zu koordinieren und zu überwachen waren. Diese Aufgaben konnten naturgemäß vom Schadensregulierer der Beklagten allein nicht bewältigt werden, der nur hin und wieder an der Baustelle war und sich zudem in der Zeit, als die Arbeiten im Gange waren, unstreitig zwei bis drei Wochen in Urlaub befand. Dementsprechend sind dem Kläger alle Aufwendungen des Sachverständigen Prof. B. zu erstatten, die nicht auf die Erstellung des schriftlichen Gutachtens entfallen (diese sind nicht zu entschädigen, wie weiter unten ausgeführt werden wird) und noch nicht vom Landgericht zuerkannt worden sind. Zu den Kosten des schriftlichen Gutachtens gehören die in der Rechnung von Prof. B. vom 23.02.1994 enthaltenen Positionen A.3.-6. und B.2.-4. in Höhe von insgesamt 7.064,57 DM brutto. Von der nach Abzug dieses Betrages noch verbleibenden Rechnungssumme in Höhe von 5.191,15 DM hat das Landgericht bereits 3.387,72 DM zuerkannt, so daß insoweit noch ein Restbetrag von 1.803,43 DM zuzusprechen ist. Der Senat hat keine Zweifel, daß Kosten in dieser Höhe für die durchgeführten "Regiearbeiten" notwendig waren und angemessen sind; die Beauftragung eines Architekten wäre im Zweifel noch teurer gewesen.
4Darüber hinausgehende Ansprüche wegen weiterer "Regiekosten" seines Sohnes stehen dem Kläger dagegen nur insoweit zu, als es um Arbeiten im Zusammenhang mit dem Ausräumen und Wiedereinräumen von Möbeln in der Souterrainwohnung geht. Die Pflicht zur Entschädigung derartiger Aufwendungen hat die Beklagte bereits in erster Instanz mit 150,00 DM anerkannt (vgl. Seite 13 der Klageerwiderung = Bl. 28 d.A.), wobei sie allerdings nur von einem Zimmer ausgegangen ist. Nach dem schlüssigen und insoweit auch nicht substantiiert bestrittenen Vorbringen des Klägers (Bl. 70 d.A.) mußten jedoch in allen drei Räumen der Souterrainwohnung Arbeiten am Estrich und an den Wasserleitungen durchgeführt werden und waren deshalb auch in allen Räumen Möbel aus- und einzuräumen. Der Senat hält insofern einen Betrag von 450,00 DM für angemessen, der von der Beklagten weiter zu entschädigen ist. Soweit der Kläger darüber hinaus entschädigungspflichtige Tätigkeiten seines Sohnes im Zusammenhang mit den Reparaturarbeiten behauptet und auch dieserhalb Ersatz verlangt, ist sein Vorbringen schon nicht hinreichend spezifiziert; zudem sind die angeblichen Tätigkeiten seines Sohnes auch nicht genügend gegenüber den Tätigkeiten von Prof. B. an Ort und Stelle abgegrenzt.
5Ein Entschädigungsanspruch des Klägers besteht, wie in der mündlichen Verhandlung bereits eingehend erörtert worden ist, auch nicht im Hinblick auf die Kosten der Erstellung des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. B. (soweit das Landgericht sie nicht als Kosten der Schadensermittlung bereits zuerkannt hat). Diese Aufwendungen können im vorliegenden Fall weder als weitere Schadensfeststellungskosten im Sinne von § 66 Abs. 1 VVG noch als Reparaturnebenkosten gemäß § 7 Nr. 1 b VGB angesehen werden. Ein privates Sachverständigengutachten außerhalb des förmlichen Sachverständigenverfahrens gemäß VGB mag in besonderen Fällen einmal zu Zwecken der Beweissicherung notwendig sein, nicht aber dann noch, wenn der Versicherer bereits 90 % des gesamten Schadens reguliert hat, wie es hier unstreitig der Fall war. Der Kläger hätte daher den Gutachtenauftrag an Prof. B. noch rechtzeitig vor der Anfertigung des Gutachtens stornieren müssen.
6Nach alledem war auf die Berufung des Klägers hin die Beklagte zur Zahlung weiterer 2.253,43 DM (1.803,43 DM + 450,00 DM) zu verurteilen und das Urteil des Landgerichts auf eine Gesamtverurteilungssumme von 5.641,15 DM nebst Prozeßzinsen (§ 291 BGB) abzuändern.
7Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
8Streitwert für das Berufungsverfahren: 9.620,82 DM. Wert der Beschwer für den Kläger: 7.367,39 DM; Wert der Beschwer für die Beklagte: 2.253,43 DM.
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