Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 2 U 132/94
Tenor
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T a t b e s t a n d
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3Die Parteien schlossen am 9. Juli 1990 einen schriftlichen Ingenieurvertrag, wonach der Kläger, von Beruf Ingenieur, mit Arbeiten an dem Bauvorhaben "Verwaltungsgebäude der D." in B. beauftragt wurde. Gemäß Ziffer 1 des Ingenieurvertrages übertrug die Beklagte dem Kläger die Ausschreibung, Vorbereitung der Vergabe, Mitwirkung bei der Vergabe, Objektüberwachung, Bauleitung, Abnahme und die Abrechnung für den Neubau.
4Als Vergütung vereinbarten die Parteien in Ziffer 2.1 einen Betrag von pauschal netto 270.000,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Dabei gingen sie von Baukosten in Höhe von 17 Millionen DM aus. Gemäß Ziffer 4 des Vertrages sollten Abschlagszahlungen monatlich nach erbrachter Leistung zu 90 % ausgezahlt werden. In Ziffer 4 heißt es weiter: "Die Begleichung der Schlußrechnung erfolgt innerhalb von 30 Tagen nach mängelfreier Abnahme durch den Bauherrn".
5In Ziffer 6 des Vertrages vereinbarten die Parteien als Erfüllungsort die Baustelle D. in B., als Gerichtsstand H.. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf den zu den Gerichtsakten gereichten Vertrag vom 09.07.1990 Bezug genommen (Bl. 11 ff. d.A.).
6Die Beklagte leistete an den Kläger gemäß der vertraglichen Vereinbarung Abschlagszahlungen und brachte insgesamt 90 % der vereinbarten Vergütung (277.020,00 DM, vgl. Bl. 92 d.A.) zur Auszahlung.
7Mit Schreiben vom 3. Juni 1992 (Bl. 15 d.A.) machte der Kläger gegenüber der Beklagten eine höhere Honorarforderung geltend. Zur Begründung führte der Kläger aus, die anrechenbaren Baukosten seien entgegen der damaligen Vereinbarung mit 19,5 Millionen DM zu veranschlagen. Ferner habe sich die Einordnung des Gebäudes in die Honorarzone II als falsch herausgestellt; das Gebäude sei in die Honorarzone III einzuordnen. Seine Honorarforderung betrage - unter Berücksichtigung eines auch in dem bisherigen Pauschalpreis berücksichtigten Nachlasses von 30 % - für die ihm übertragenen Leistungsphasen 6 bis 9 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) 358.906,72 DM. Die Beklagte beglich diese Mehrforderung nicht.
8Mit Stand vom 3. Januar 1993 erstellte der Kläger (während des Rechtsstreits) eine vorläufige Zusammenstellung der Kosten (Bl. 83 ff. d.A.), die mit einem Betrag von 20.144.393,41 DM abschließt. Eine Abnahme des Bauwerkes durch den Bauherrn ist zwischenzeitlich erfolgt (vgl. Bl. 180 d.A.). Derzeit werden noch Ausführungsmängel beseitigt, denn die Abnahme erfolgte nicht mängelfrei.
9Mit seiner Klage hat der Kläger eine weitere Abschlagszahlung verlangt. Der Kläger hat behauptet, die anrechenbaren Baukosten seien mit 19,5 Millionen zu veranschlagen. Das Gebäude sei in die Honorarzone IV einzuordnen. Er hat weiter geltend gemacht, er habe auch die Durchführung der Leistungsphase 9 "tatsächlich gemacht". Er habe außer dem zu Phase 7 gehörenden Kostenanschlag und der mangels Vorliegens aller Schlußrechnungen nicht erstellbaren endgültigen Kostenfeststellung der Phase 8 alle bisher möglichen Leistungen erbracht. Den Kostenanschlag der Phase 7 habe er deshalb nicht erbracht, weil die Beklagte diesen nicht gewünscht habe.
10Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Pauschalhonorarvereinbarung sei wegen Verstoßes gegen § 4 HOAI unwirksam. Es sei somit nach den von der HOAI vorgeschriebenen Mindesthonorarsätzen abzurechnen. Danach und unter Berücksichtigung der Gebührenänderung im Jahr 1991 ergebe sich ein Gesamthonoraranspruch von 817.047,96 DM brutto (zur Berechnung vgl. Bl. 9 f. d.A.). Hiervon könne er derzeit 90% abzüglich der unstreitig geleisteten 277.020,00 DM verlangen.
11Der Kläger hat beantragt,
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13die Beklagte zu verurteilen, an ihn 458.323,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15.07.1992 zu zahlen.
14Die Beklagte hat beantragt,
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16die Klage abzuweisen.
17Die Beklagte hat im Hinblick auf die vereinbarte Gerichtsstandvereinbarung die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt. Sie hat die Ansicht vertreten, die vom Kläger geltend gemachte Honorarforderung sei bereits nicht fällig, da der Kläger seiner Berechnung nicht die vorgeschriebene Kostenermittlung nach DIN 276 zugrunde gelegt habe. Jedenfalls sei der Kläger an die getroffene Pauschalhonorarvereinbarung gebunden. So sei in Ausnahmefällen eine Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI erlaubt. In diesem Zusammenhang hat sie behauptet, bei dem Bauvorhaben handele es sich um ein Großprojekt, welches in verschiedene jedoch gleichartige Bauabschnitte unterteilt gewesen sei. Der Kläger habe somit auf standardisierte Leistungen zurückgreifen können und mithin einen verschwindend geringen Aufwand gehabt.
18Weiter hat die Beklagte behauptet, sie habe den Kläger durch eigene Mitarbeiter bei der Erbringung seiner Leistungen unterstützt. Der Kläger habe auch nicht alle Grundleistungen der einzelnen ihm übertragenen Leistungsphasen erbracht. So sei in der Leistungsphase 6 die Massenermittlung zum ganz überwiegenden Teil von dem Zeugen Bi. erstellt worden. In der Leistungsphase 7 habe sie zu 50% an der Zusammenstellung der Verdingungsunterlagen, an den Verhandlungen mit Bietern und bei der Auftragsvergabe mitgewirkt. In der Leistungsphase 8 habe sie wie folgt mitgewirkt:
19- Zu mindestens 20% bei der Überwachung der Ausführung
20des Objektes.
21- Zu 50% bei der Koordinierung der Objekt-überwachung.
22- Das Aufstellen und Überwachen eines Zeitplanes sei
23vollständig von ihr erbracht worden.
24- Das Aufmaß der bauausführenden Firmen sei zu 15% von
25ihr abgenommen worden.
26- Bei der Abnahme der Bauleistungen sei sie wiederum zu
2750% tätig gewesen.
28- Bei der Rechnungsprüfung sei sie zu 15% tätig gewesen.
29- Zu 50% sei sie wiederum bei dem Antrag auf die
30behördliche Abnahme und bei der Übergabe des Objektes
31tätig gewesen.
32Weiter hat sie behauptet, der Kläger habe kein Bautagebuch erstellt. Auch habe er die Kostenkontrolle nicht erbracht. Ferner sei zu berücksichtigen, daß der Kläger - was unstreitig ist - die Kostenfeststellung nach der DIN 276 nicht erbracht habe.
33Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dipl. Ing. W. K.. Wegen
34des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 3. März 1994 (Bl. 143 - 164 d.A.) Bezug genommen.
35Das Landgericht Bonn hat der Klage durch die angefochtene Entscheidung in Höhe von 354.206,28 DM nebst 4% Zinsen seit dem 16. Juli 1992 stattgegeben. Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts hat es den Standpunkt angenommen, diese ergebe sich aus § 29 Abs. 1 ZPO. Zur Sache hat es im wesentlichen ausgeführt: Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf eine weitere Abschlagszahlung in Höhe von 90% des Mindesthonorars ergebe sich aus § 8 Abs. 2 HOAI in Verbindung mit Ziffer 4 des Ingenieurvertrages. Das Verlangen des Klägers auf eine Abschlagszahlung sei deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger aufgrund nicht erfolgter mangelfreier Abnahme und fehlender Schlußrechnungen einiger Handwerker noch keine endgültige Kostenfeststellung vornehmen könne. Die Höhe des Honorars bemesse sich nach dem in § 4 Abs. 4 HOAI vorgeschriebenen Mindesthonorarsatz. Die in dem Ingenieurvertrag getroffene Pauschalvergütungsabrede unterschreite die Mindestsätze der HOAI und sei wegen Verstoßes gegen die gesetzliche Vorschrift des § 4 Abs. 2 HOAI gemäß § 134 BGB nichtig. Ein die Unterschreitung rechtfertigender Ausnahmefall gemäß § 4 Abs. 2 HOAI liege nicht vor. Insbesondere habe die Beweisaufnahme ergeben, daß das vorliegende Bauvorhaben gerade nicht mit geringem Aufwand bewältigt werden konnte. Ein geringer Aufwand ergebe sich auch nicht aus der Behauptung der Beklagten - deren Richtigkeit unterstellt -, der Kläger sei von ihren Mitarbeitern unterstützt worden. Denn dies sei unstreitig zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vereinbart gewesen. Bei der Berechnung des Mindesthonorars sei von anrechenbaren Baukosten von 19,5 Millionen DM und der Einordnung des Bauwerkes in die Honorarzone IV auszugehen. Die anrechenbaren Baukosten habe der Kläger durch seine im Verlaufe des Rechtsstreites vorgelegte vorläufige Kostenschätzung ausreichend dargelegt. An seinen Ausführungen in dem Schreiben vom 03.06.1992, in welchem der Kläger die Honorarzone III und einen Rabatt von 30% zugrunde gelegt hat, müsse sich der Kläger nicht festhalten lassen. Selbst wenn man dieses Schreiben als abschließende Berechnung des Honorars ansehe, so sei der Kläger nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 1993, 659 und 661) hieran nicht gebunden. So sei eine Bindung an eine Schlußrechnung dann zu verneinen, wenn der Auftraggeber - wie im vorliegenden Fall die Beklagte - selbst alsbald die mangelnde Prüffähigkeit der Schlußrechnung rüge, denn mit dieser Rüge bringe er zum Ausdruck, daß er gerade kein Vertrauen in die Schlußrechnung gesetzt habe. Die Einordnung des Bauobjektes in die Honorarzone IV ergebe sich aus der Beweisaufnahme. Die anzurechnenden Baukosten in Höhe von 19,5 Millionen habe der Kläger hinreichend durch seine im Verlaufe des Rechtsstreits erstellte vorläufige Kostenschätzung mit Stand vom 3. Januar 1993 dargelegt, die mit einem Betrag von 20.144.393,41 DM abschließe. Bei der weiteren Berechnung sei gemäß § 103 HOAI für sämtliche Leistungen die im Jahre 1990 geltende Honorartafel der HOAI zugrundezulegen. Nach dem Vertrag habe der Kläger die Leistungsphasen 6 bis 8 und mithin 45% erbringen müssen; daß er Leistungen der Leistungsphase 9 erbracht habe, sei nicht ausreichend vorgetragen. Von dem danach errechneten Betrag in Höhe von 622.143,00 DM könne der Kläger derzeit 90% zuzüglich 14 % Mehrwertsteuer verlangen. Denn insoweit habe er seine Leistungen erbracht, was insbesondere aus dem Umstand folge, daß die Beklagte bereits 90% des vereinbarten Pauschalhonorars zur Auszahlung gebracht habe. Unter Berücksichtigung der bisher gezahlten Abschläge ergebe sich zunächst ein Anspruch von 361.298,71 DM. Ein Abzug für die von der Beklagten behaupteten Nicht- bzw. Teilleistungen des Klägers sei nicht zu machen. Nach der insoweit ergebnisorientierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehe dem Architekten, auch wenn er aus einer oder mehreren Leistungsphasen einzelne, an sich erforderliche Grundleistungen nicht erbringe, grundsätzlich das volle Honorar zu, sofern die spätere Bauherstellung nicht darunter leide und nicht deswegen mangelhaft sei. Eine Ausnahme hiervon mit der Folge der Minderung des Honoraranspruchs entsprechend § 5 Abs. 3 HOAI sei lediglich zu machen, wenn sich der unterbliebene Leistungsteil für die betreffende Bauabsicht und ihre sachgerechte Verwirklichung als grundlegend im Sinne eines selbständigen Erfolges darstelle, wenn es mithin um eine zentrale Leistung der jeweiligen Leistungsphase handele. Die Beklagte habe jedoch nicht geltend gemacht, daß die von ihr behauptete teilweise Mitwirkung eigener Mitarbeiter oder die Nichterbringung einzelner Leistungen durch den Kläger zu einem Mangel der Bauwerksleistung geführt habe. Um eine zentrale Leistung habe es sich nur bei dem unstreitig nicht erbrachten Kostananschlag (Leistungsphase 7) gehandelt. Insofern sei in Anwendung des § 287 ZPO ein Abzug von geschätzt 1% des Gesamthonorars und demnach von 7.092,43 DM zu machen.
36Demgemäß belaufe sich der derzeitige Anspruch des Klägers auf 354.206,28 DM.
37Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil (Bl. 188 ff d.A.) Bezug genommen.
38Gegen dieses der Beklagten am 12. August 1994 zugestellte Urteil hat sie mit einem am 24. August 1994 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat diese - nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - mit einem am 19. Dezember 1994 eingegangenen Schriftsatz begründet.
39Die Beklagte - die inzwischen zur Abwendung der Zwangsvollstreckung den ausgeurteilten Betrag gezahlt hat, nachdem der Kläger Vollstreckungsbürgschaft gestellt hat (vgl. Bl. 270 d.A.) - wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie greift das angefochtene Urteil in den Einzelpunkten an, wendet sich insbesondere gegen die erfolgsbezogene Betrachtungsweise des Landgerichts und ist der Auffassung, daß der Kläger die anzurechnenden Baukosten bisher nicht belegt habe, wie dies die HOAI vorschreibe. Sie behauptet nunmehr, es sei zwischen den Parteien von vornherein vereinbart gewesen, daß der Kläger nicht sämtliche Leistungen allein erbringen sollte. Vielmehr sei man davon ausgegangen, daß der Kläger den Zeugen R. lediglich zu unterstützen hatte. Demgemäß habe der Kläger auch nicht alle Leistungen allein erbracht.
40Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsinstanz zunächst Mängel vorgetragen, die nach ihrer Ansicht bei ordnungsgemäßer Bauleitung hätten verhindert weren können. Daraus hat sie Gegenrechte gegenüber dem Vorschußanspruch des Klägers hergeleitet. Sie hat diesen Vortrag und die daraus hergeleitete Rechtsberühmung indes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 24. Januar 1996 im vorliegenden Rechtsstreit unter Vorbehalt anderweitiger Geltendmachung ihrer insoweit möglicherweise bestehenden Rechte fallengelassen ( Seite 14 des Terminsprotokolls = Bl. 601 d.A.).
41Die Beklagte beantragt,
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43die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bonn vom 28. Juli 1994 vollständig abzuweisen.
44Der Kläger beantragt,
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46die Berufung zurückzuweisen und Sicherheit durch Bankbürgschaft erbringen zu dürfen.
47Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und hat der - inzwischen überholten - Aufrechnung der Beklagten als nicht sachdienlich widersprochen, ferner im einzelnen zu den Mängeln vorgetragen. Er bezieht sich bezüglich des noch im Streit befindlichen Sachverhalts auf sein erstinstanzliches Vorbringen und bestreitet insbesondere, daß die ihm obliegende Arbeit zu einem großen Teil vereinbarungsgemäß von Mitarbeitern der Beklagten erbracht wurde.
48Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien in zweiter Instanz, soweit es sich das aufrechterhaltene Vorbringen der Beklagten bezieht, wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlage Bezug genommen.
49Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mitgeteilt, daß eine endgültige Abrechnung wegen noch ausstehender Rechnungsprüfungen noch nicht erfolgen könne. Dem hat die Beklagte nicht widersprochen. Eine mängelfreie Abnahme steht unstreitig weiterhin aus.
50Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung von Zeugen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 24. Januar 1996 (Bl. 588 - 601 d.A.) Bezug genommen.
51E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
52Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
53Das Landgericht hat der Klage zu Recht teilweise stattgegeben.
54Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Vorschußzahlung in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang. Das Landgericht hat den Anspruch des Klägers auf Vorschußzahlung mit zutreffender rechtlicher Begründung, auf die der Senat Bezug nimmt, bejaht. Der von der Beklagten vorgebrachte Einwand nicht unerheblicher vereinbarter Übernahme von an sich dem Kläger obliegenden Leistungen durch ihre Mitarbeiter, der zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung hätte führen können, hat sich in der Beweisaufnahme nicht nur nicht bestätigt, sondern ist in Anbetracht der einhelligen glaubhaften Zeugenaussagen als widerlegt anzusehen. Im einzelnen gilt folgendes:
551) Nach § 8 Abs. 2 HOAI können Abschlagszahlungen in angemessenen zeitlichen Abständen für nachgewiesene Leistungen gefordert werden. Dieser Regelung haben die Parteien in Ziffer 4 des Ingenieurvertrages Rechnung getragen und dort ergänzend vereinbart, daß diese monatlich nach erbrachter Leistung zu 90% ausgezahlt werden sollen. Die Voraussetzungen für die hier geltend gemachte Forderung einer Abschlagszahlung liegen vor.
56a) Ein Anspruch auf Abschlagszahlungen setzt zunächst voraus, daß die Leistungen nicht bereits vollständig erbracht sind und keine prüffähige Honorarschlußrechnung vorliegt bzw. diese erstellt werden kann. Die gerichtliche Geltendmachung von Abschlagszahlungen ist somit nach Vertragsbeendigung ausgeschlossen, da in diesem Fall die Honorarschlußrechnung gemäß § 8 Abs. 1 HOAI erstellt werden kann. Die Abnahme des Bauwerkes durch den Bauherrn ist zwar erfolgt, aber nicht mängelfrei. Derzeit werden noch Ausführungsmängel beseitigt. Nach dem letzten Vortrag des Klägers, dem die Beklagte nicht widersprochen hat, ist eine endgültige Abrechnung derzeit noch nicht möglich. Der Vortrag der Beklagten in der Berufungsbegründung, man könne dem Kläger nicht recht glauben, daß noch nicht alle Schlußrechnungen vorliegen, ist insoweit überholt. Die Beklagte hätte als Generalunternehmer zudem konkrete Tatsachen vortragen müssen, um die Möglichkeit einer Schlußabrechnung ausreichend darzulegen.
57b) Gemäß § 8 Abs. 2 HOAI kann der Auftragnehmer Abschlagszahlungen für nachgewiesene Leistungen fordern.
58Der Kläger sollte laut Vertrag die Leistungsphasen 6 bis 8 des § 15 HOAI erbringen. Soweit das Landgericht den auf Leistungsphase 9 gerichteten Vortrag als unsubstantiiert angesehen und die Klage insoweit abgewiesen hat, hat der Kläger keine Berufung eingelegt. Dasselbe gilt hinsichtlich des zu Leistungsphase 7 gehörenden Kostenanschlags. Der Kläger hatte somit die Leistungsphasen 6 bis 8 zu erbringen. Von diesen Leistungen hat der Kläger lediglich den zu Leistungsphase 7 gehörenden Kostenanschlag und die zu Leistungsphase 8 gehörende Kostenfeststellung nicht erbracht. Ansonsten hat er alle Leistungen erbracht. Der Kläger hat diese auch gegenüber der Beklagten nachgewiesen. Demgemäß hat die Beklagte auch 90% der vereinbarten Vergütung an den Kläger ausbezahlt.
59c) Nach dem Vertrag (Ziffer 2.1 i.V.m. Ziffer 4) sollte der Kläger 90% des vereinbarten Nettopauschalhonorars (270.000,00 DM) zuzüglich - damaliger - 14% Mehrwertsteuer erhalten. Bei Wirksamkeit dieser Vereinbarung wäre ein Anspruch des Klägers auf eine weitere Abschlagszahlung zu verneinen, da der Kläger Abschlagszahlungen in dieser Höhe bereits erhalten hat. Die Vereinbarung ist jedoch, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, wegen Verstoßes gegen den von der HOAI vorgeschriebenen Honorarmindestsatz (§ 4 Abs. 2 HOAI) nach § 134 BGB nichtig.
60Die Frage nach einer Unterschreitung des Mindestsatzes ist immer anhand einer hypothetischen, nach HOAI richtig aufgestellten Honorarberechnung zu überprüfen. Es ist somit zu fragen, welchen Mindesthonorarsatz der Kläger bei Erfüllung seiner ihm übertragenen Leistungen hätte beanspruchen können. Ausgangspunkt für die Berechnung des Mindesthonorars ist § 10 Abs. 1 HOAI.
61aa) Nach § 10 Abs. 1 HOAI richtet sich das Honorar zunächst nach den anrechenbaren Kosten des Objekts. Nach dem Vortrag des Klägers hat sich herausgestellt, daß die anrechenbaren Baukosten in Wirklichkeit nicht 17 Millionen, sondern 19,5 Millionen DM betragen.
62Für eine Berechnung auf dieser Grundlage, die die Beklagte bestritten hat, fehlt es allerdings an der erforderlichen Kostenfeststellung oder einem Kostenanschlag. Die anrechenbaren Baukosten sind grundsätzlich gemäß § 10 Abs. 2 HOAI zu ermitteln. Für den Auftragnehmer ist es grundsätzlich erforderlich, seine Gebühren auf der Grundlage der für den letzten Leistungsstand maßgebenden, in § 10 Abs. 2 HOAI innerhalb der jeweiligen Gruppe liegenden Berechnungsart zu ermitteln ( Hesse/ Korbion/ Mantscheff/ Vygen, HOAI, 4.Auflage, § 10 Rz. 8). Auch für die Berechnung der Abschlagszahlung sind die anrechenbaren Kosten nach dem in Zeitpunkt der Forderung der Abschlagszahlung vorliegenden Kostenermittlungsverfahren maßgeblich (Hesse/ Korbion/ Mantscheff/ Vygen, a.a.O. Rn. 7; Löffelmann/Fleischmann, HOAI, § 8 Rdn. 486). § 10 Abs. 2 Nr. 2 HOAI bestimmt, daß die anrechenbaren Kosten für die Leistungsphasen 5 bis 9 nach der Kostenfeststellung (DIN 276) und solange diese nicht vorliegt, nach dem zu Leistungsphase 7 gehörenden Kostenanschlag (DIN 276) zu ermitteln sind (vgl. auch BGH NJW 1981, 2351, 2353). Eine unter diesem Niveau liegende Ermittlung der anzurechnenden Baukosten ist lediglich für die Erbringung der Leistungsphasen 1 bis 4 möglich (§ 10 Abs. 2 Nr. 1 HOAI), und zwar nach der sog. Kostenberechnung und solange diese nicht vorliegt, nach der Kostenschätzung, beide nach DIN 276. Maßgeblich ist hier § 10 Abs. 2 Nr. 2 HOAI, da es vorliegend um die Berechnung von Leistungen der Leistungsphasen 6 bis 8 geht. Da die Kostenfeststellung mangels Vorliegen aller Schlußrechnungen noch nicht erstellt werden kann, wäre gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 2 HOAI für die Ermittlung der anrechenbaren Kosten zumindest der Kostenanschlag nach DIN 276 erforderlich.
63Das Landgericht und der Kläger meinen, daß die Zusammenstellung Bl. 83 ff d.A., die mit einem Betrag von 20.144.393,41 DM abschließt, eine ausreichende Berechnung darstellt. Nach Ansicht des Senats weist die Beklagte in der Berufungsbegründung zu Recht darauf hin, daß dies nicht der Fall ist, weil der Kläger nur eine vorläufige Zusammenstellung, nicht aber einen an der DIN 276 orientierten Kostenanschlag vorgelegt hat. Der Kostenanschlag dient nach DIN 276 Teil 3 (Muster in Anhang C) zur genauen Ermittlung der tatsächlich zu erwartenden Kosten durch Zusammenstellung von Auftragnehmerangeboten, Eigenberechnungen, Honorar- und Gebührenberechnungen und anderen für das Baugrundstück, die Erschließung und die vorausgehende Planung bereits entstandenen Kosten. Seine Grundlage sind genaue Bedarfsberechnungen, Planunterlagen und Erläuterungen zur Bauausführung, wobei alle Leistungen in Leistungspositionen beschrieben und innerhalb der Kostengruppen, soweit möglich, in der Reihenfolge des Herstellungsvorgangs geordnet werden. Diese Voraussetzungen erfüllt die vorläufige Zusammenstellung Bl. 83 ff d. A. nicht. Es handelt sich eher um eine Kostenschätzung oder Kostenberechnung (Ziffer 1 und 2 der DIN 276 Teil 3, Muster in Anhang A und B), die aber nur für die Leistungsphasen 1 - 4 zulässig sind (§ 10 Abs. 2 Ziffer 1 HOAI).
64Nach Ansicht des Senats kann sich die Beklagte indes nach Treu und Glauben im vorliegenden Zusammenhang nicht mit Erfolg auf das Fehlen der Kostenfeststellung oder des Kostenanschlags berufen. Es geht hier nur darum, ob der Abschlagsforderung des Klägers anrechenbare Kosten in der vom Kläger angegebenen Höhe zugrunde gelegt werden können. Das Gesetz sieht die Notwendigkeit zumindest eines Kostenanschlags nach DIN 276 in den Leistungsphasen 5 bis 9 vor, um dem Auftraggeber eine prüffähige Rechnung an die Hand zu geben. Aufgrund der Aussage des Zeugen R., des Projektleiters bei dem hier in Frage stehenden Bauvorhaben, steht zur Überzeugung des Senats fest, daß die Beklagte eines Kostenanschlags nicht bedarf, um den Ansatz der vom Kläger angegebenen anrechenbaren Kosten auf seine Berechtigung zu prüfen und dieser Angabe auch konkret entgegenzutreten. Nach der glaubhaften und überzeugenden Aussage des Zeugen R. lag nämlich die Kosten- und Ergebniskontrolle letztlich bei ihm, dem Zeugen, also in der Hand der Beklagten. Die Auswertung der Ausschreibungen und Angebote, die begleitende Kontrolle während der Baudurchführung, ob die Kostenrahmen eingehalten wurden, die Ermittlung der Kosten für die einzelnen Gewerke und die Ergebniskontrolle wurden danach von der Projektleitung maßgeblich gesteuert. Dabei wurde der Kläger im Rahmen der ihm übertragenen Aufgaben jeweils hinzugezogen, wurde allerdings nicht der Ergebniskontrolle beteiligt, da die Beklagte als Generalunternehmerin sich "nicht gerne in die Karten gucken" lassen wollte. Jedenfalls war und ist die Beklagte durch ihre Projektleitung über die Höhe der anrechenbaren Baukosten, die der Zeuge R. auf 26 Millionen DM beziffert hat, in gleichem Maße wie die Kläger oder gar besser vollständig informiert.
65Bei dieser Sachlage ist es treuwidrig, daß die Beklagte die Höhe der vom Kläger angegebenen und immerhin auf der Grundlage der ihm vorliegenden Rechnungen der Bauunternehmer ermittelten und zusammengestellten anrechenbaren Kosten aus rein formalen Gründen beanstandet (so in der Klageerwiderung, Seiten 3 und 6 = Bl. 33 und 36 d.A., in dem Schriftsatz vom 23. Februar 1992, Bl. 101 f. d.A. und in der Berufungsbegründung, Seite 5 = Bl. 245 d.A.). Daß die vom Kläger aufgrund vorliegender Rechnungen angegebene Größenordnung nicht zutreffen könne, macht die Beklagte nicht geltend, obwohl sie dazu nach dem, was der Zeuge R. bekundet hat, in der Lage wäre. Dafür spricht angesicht der von dem Zeugen genannten Größenordnung der Baukosten auch nichts.
66Zu Recht ist das Landgericht demgemäß von anzurechnenden Baukosten in Höhe von 19,5 Millionen DM ausgegangen.
67bb) Nach § 10 Abs. 1 HOAI richtet sich das Honorar weiter nach der Honorarzone. Das Landgericht folgt den Ausführungen des Sachverständigen K. (Bl. 143, 149 ff d.A.), wonach hier von der Honorarzone IV (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 HOAI) auszugehen ist. Es handelt sich danach um ein Gebäude mit überdurchschnittlichen Planungsanforderungen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 4 HOAI. Dem ist zu folgen, zumal die Berufung dagegen nichts Erhebliches vorbringt.
68Zutreffend ist auch die Annahme des Landgerichts, daß der Kläger an seine Ausführungen in seinem Schreiben vom 3. Juni 1992 nicht gebunden ist, in welchem er die Honorarzone III zugrunde gelegt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und einem Teil des Schrifttums kann sich zwar aus einer bereits erteilten Schlußrechnung eine Bindungswirkung ergeben, sofern in der Änderung der Schlußrechnung eine unzulässige Rechtsausübung i.S.d. § 242 BGB liegt (BGH NJW-RR 1990, 725; BGH NJW 1993, 659; OLG Düsseldorf BauR 1982, 597; Hesse/Korbion/Mantscheff/Vygen, H a.a.O. § 8 Rdn. 27 m.w.H..). Diese Voraussetzungen liegen aber nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts nicht vor. Zweifelhaft ist schon, ob dem Schreiben vom 3. Juni 1992 die Qualität einer Schlußrechnung zukommt. Die Parteien sind ja im Grundsatz darüber einig, daß zu dem genannten Zeitpunkt und auch noch heute eine Schlußrechnung nicht erstellt werden kann. Jedenfalls ist, da die Beklagte die Nachforderung des Klägers von Anfang an als unberechtigt zurückgewiesen hat, ein Vertrauen der Beklagten in die Angaben, die der Kläger in dem genannten Schreiben gemacht hat, nicht begründet worden. Es sind auch sonst keine Gesichtspunkte ersichtlich, die das Verhalten des Klägers als treuwidrig erscheinen lassen.
69cc) Für Gebäude ist hinsichtlich der Berechnung weiter § 16 HOAI maßgeblich. Die Höhe des Mindestsatzes ergibt sich somit aus der Honorartafel zu § 16 HOAI. Hier ist, da der Vertragschluß im Jahre 1990 erfolgte und nach § 103 HOAI die HOAI-Fassung heranzuziehen ist, die im Zeitpunkt der Vereinbarung galt, die Honorartafel zu § 16 HOAI in der Fassung von 1990 heranzuziehen. Aus der Honorartafel zu § 16 Abs. 1 HOAI - Fassung 1990 - ergibt sich unter Berücksichtigung der oben genannten Bemessungsfaktoren ein Mindesthonorarsatz für alle gemäß § 15 HOAI zu erbringende Leistungsphasen in Höhe des vom Landgericht angenommenen Betrages von 1.382.540,00 DM.
70Der Kläger sollte nach dem Vertrag die Leistungsphasen 6 bis 8 des § 15 HOAI erbringen. Nach § 15 Abs. 1 HOAI sind dies 45% des bei Erbringung aller Leistungsphasen zu berechnenden Mindesthonorars. Das Mindesthonorar hätte somit bei Erfüllung aller dem Kläger übertragenen Leistungen 622.143,00 DM zzgl. 14% MwSt betragen müssen.
71Es liegt somit eine erhebliche Unterschreitung des Mindesthonorars vor.
72dd) Einen Ausnahmefall, der dann vorliegt, wenn die Vertragsschließenden in einer engen persönlichen Beziehung stehen oder die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Vertrag für den Auftragnehmer mit außergewöhnlich geringem Aufwand verbunden war, hat das Landgericht unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen (Bl. 143, 147 ff d.A.) zutreffend verneint. Der Senat nimmt auf die Ausführungen des Landgerichts (Urteil S. 7 = Bl. 206 d.A.) zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
732) Der Vortrag der Beklagten, mit dem zunächst der Anspruch des Klägers auf ein vermindertes Honorar (§ 5 Abs. 2 und 3 HOAI) erheblich dargelegt war, ist in der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme nicht nur nicht bestätigt worden. Es muß vielmehr nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon ausgegangen werden, daß dieser Vortrag jeglicher Grundlage entbehrt. Nach den Aussagen der Zeugen Ra. (Bl. 589 ff d.A.), H. (Bl. 591 ff d.A.), Bi. (Bl. 594 ff d.A.) und R. (Bl. 597 ff d.A.) gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß er mit der Beklagten eine Vereinbarung des Inhalts getroffen hatte, daß der Kläger von den Mitarbeitern der Beklagten bei der ihm aufgetragenen Arbeit in nennenswertem Umfang entlastet werden sollte oder daß, umgekehrt ausgedrückt, der Kläger den Mitarbeitern der Beklagten lediglich zur Hand gehen sollte. Es gibt auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger ihm obliegende Leistungen - abgesehen von den oben erwähnten - nicht oder in nennenswertem Umfang unvollständig erbracht hat. Der Zeuge Ra., der Bauherr, und der Zeuge R., der Projektleiter der Beklagten, haben im Gegenteil bekundet, der Kläger habe sich in besonderem Maße um das Projekt gekümmert. Dagegen hat die Tätigkeit der Zeugen H. und Bi. im Tätigkeitsbereich des Klägers nach den Aussagen aller Zeugen so gut wie keine Rolle gespielt. Der Zeuge R. hat nach seiner Aussage mit dem Kläger wie bei einem Großprojekt erforderlich zusammengearbeitet, hat ihm indes keine wesentlichen Arbeiten abgenommen.
74Die Aussagen der Zeugen waren glaubhaft und derartig eindeutig, daß sich eine eingehendere Würdigung erübrigt. Die teilweise eingehende Vernehmung der Zeugen hat auch keinerlei Anhaltspunkte ergeben, die gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen sprechen könnten.
753) Nach alledem hat der Kläger die geltend gemachte Abschlagforderung zu Recht auf der Grundlage des Mindesthonorarsatzes berechnet. Gegen die Berechnung des sich daraus ergebenden Ausgangsbetrages durch das Landgericht sind Einwendungen nicht erhoben und auch nicht ersichtlich.
76Der Senat folgt dem Landgericht auch hinsichtlich der Abzüge für nicht erbrachte Leistungen. Jedenfalls ist ein höherer Abzug zum Nachteil des Klägers nicht gerechtfertigt.
77Fraglich ist schon, ob ein Abzug wegen der Nichterbringung zentraler Leistungen im Sinne der ergebnisorientierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGHZ 45, 372 = NJW 1966, 834; BGH NJW 1969, 420; BGH BauR 1982, 290 = NJW 1982, 1387) im Falle der Forderung einer Abschlagzahlung überhaupt in Betracht kommt. Denn die Forderung einer Abschlagszahlung setzt eine Teilabnahme oder Abnahmefähigkeit der erbrachten Leistung nicht voraus (vgl. Werner / Pastor, Der Bauprozeß, 8. Auflage, Rn. 980 mit weiteren Nachweisen). Die gegenteilige Annahme ließe sich im Streitfall allerdings damit rechtfertigen, daß die Bauarbeiten an sich abgeschlossen sind und mit der Fertigung eines Kostenanschlages durch den Kläger auch nicht mehr zu rechnen ist.
78Geht man davon aus, daß im Streitfall eine Kürzung der Abschlagsforderung beim Fehlen zentraler Leistungen grundsätzlich in Betracht kommt, so ist dem jedenfalls durch den vom Landgericht vorgenommenen Abzug von 1% des Gesamthonarars für den fehlenden Kostenanschlag ausreichend Rechnung getragen. Wie bereits oben ausgeführt, hat der Kläger nach der glaubhaften Aussage des Zeugen R. sämtliche Tätigkeiten, welche ihm in den einzelnen Leistungsphasen übertragen waren, ordnungsgemäß in Zusammenarbeit mit der Projektleitung nach deren Weisungen erbracht. Dies gilt nach der Aussage des Zeugen in gleicher Weise in den Bereichen der Massen- und Kostenermittlung, der Vorbereitung und Mitwirkung bei der Vergabe und der Objektüberwachung. Angesichts der Umstände des Streitfalls, insbesondere der kontinuierlichen Zusammenarbeit des Klägers mit der Projektleitung der Beklagten und deren (noch über den Erkenntnisstand des Klägers hinausgehender) voller Unterrichtung über die zu erwartenden und angefallenen Kosten läßt sich in Zweifel ziehen, ob die Erstellung des Kostenanschlags überhaupt zu den zentralen Leistungen zu zählen ist. Jedenfalls ist der vom Landgericht vorgenommene Abzug von 1% des Gesamthonorars angesichts der genannten Umstände nicht untersetzt. Das Fehlen der Kostenfeststellung führt zu keinem weiteren Abzug. Diese ist, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, erst nach vollständigem Abschluß der Arbeiten und Vorliegen und Prüfung sämtlicher Schlußrechnungen möglich. Ihrem Fehlen wird schon dadurch ausreichend Rechnung getragen, daß sich die verlangte Abschlagszahlung auf nur 90% des Gesamthonorars beläuft.
79Nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Beklagten, daß noch weitere Abzüge zu machen seien, weil weitere zentrale Leistungen gefehlt hätten. Unter zentralen Leistungen versteht man solche, die sich als andere, nicht bloß im Bauwerk verkörperte Leistungen bezeichnen lassen (BGH NJW 1982, 1387 ). Es handelt sich dabei um Leistungen, die sich für die betreffende Bauabsicht und ihre sachgerechte Verwirklichung als grundlegend im Sinne eines selbständigen Leistungserfolges darstellen (vgl. Hesse/Korbion/Mantscheff/Vygen, a.a.O. § 5 Rdn. 23).
80Daß solche Leistungen gefehlt hätten, ist zum einen schon nicht ausreichend konkretisiert. Die Aufzählung zentraler Leistungen in der in der Berufungsbegründung erwähnten Kommentierung ersetzt nicht konkreten Vortrag dazu, inwieweit diesen Leistungen auch im Streitfall zentrale Bedeutung zukam und daß sich ihr Fehlen ausgewirkt hat. Jedenfalls hat der Beklagte nach der glaubhaften Aussage des Zeugen R. sämtliche ihm abgeforderten Leistungen gewissenhaft erbracht. Immerhin ist das Bauvorhaben auch fertiggestellt worden, so daß nicht zweifelhaft sein kann, daß die zentralen Leistungen aus den Leistungsphasen 6 bis 8 jedenfalls im wesentlichen erbracht worden sein müssen. Da sich der Vortrag der Beklagten, die Leistung sei in großen Teilen von ihren Mitarbeitern erbracht worden, in der Beweisaufnahme als unrichtig erwiesen hat, müssen die Leistungen von dem Kläger erbracht worden sein. Wenn die Projektleitung in diesem Zusammenhang das Fehlen einzelner Leistungsteile, wie etwa die Führung eines Bautagebuches, nicht als Versäumnis empfand und nicht abforderte, das Bauobjekt aber gleichwohl in ständiger Zusammenarbeit fertiggestellt wurde, kann vom Fehlen zentraler Leistungen nicht ernsthaft die Rede sein.
81Dem Kläger steht mithin der vom Landgericht rechnerisch richtig mit 354.206,28 DM ermittelte Betrag zu.
824) Da die Beklagte ihren Vortrag zu den Gegenansprüchen gegen den Kläger im vorliegenden Rechtsstreit hat fallen lassen, sind mögliche Gegenansprüche nicht mehr zu prüfen.
83Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
84Die Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000,00 DM.
85Berufungsstreitwert: 354.206,28 DM
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