Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 27 U 101/95
Tenor
1
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
2Die zulässige Berufung ist begründet.
3Der Beklagte ist verpflichtet, den noch im Streit befindlichen Betrag an die Klägerin zu zahlen, weil die Zahlungen der Gemeinschuldnerin auf die Darlehen der Stadtsparkasse K., die die aus dem Beklagten und Frau F.-Q. bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgenommen hatte, sich rechtlich als Entnahmen der Gesellschafter der Gemeinschuldnerin darstellen, für die es an einer Berechtigung fehlt. Sie sind zurückzuzahlen. Das ergibt sich schon aus dem GmbH-Gesetz. Nach § 31 Abs. 1 GmbHG sind Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 GmbHG zuwider geleistet sind, der Gesellschaft zu erstatten. Um solche Zahlungen handelt es sich hier, da mit den Zahlungen das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angegriffen wurde. Nach der von der Klägerin vorgelegten Bilanz per 31.12.1993 betrug der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag 212.524,80 DM. Der Jahresfehlbetrag belief sich auf 352.296,21 DM, der das Kapital und die Gewinnrücklagen völlig aufgezehrt hat.
4Aber auch nach dem Gesellschaftsvertrag sind die Entnahmen zurückzuzahlen. Unter welchen Voraussetzungen Entnahmen getätigt werden können, bestimmen §§ 13.3, 14 und 15 des Gesellschaftsvertrages. Die Voraussetzungen des § 13.3 liegen ersichtlich nicht vor. Nach § 14 sind Abschläge auf den voraussichtlichen Bilanzgewinn zulässig. Doch setzt das zum einen den Beschluß der Gesellschafter vorau. Zu einem ausdrücklichen Beschluß trägt der Beklagte nichts vor. Auch für die Annahme eines stillschweigenden Gesellschafterbeschlusses, der im übrigen § 6.1 widerspräche, tragen die Parteien nichts vor. Selbst wenn man aber aus den Zahlungen der Gemeinschuldnerin, deren alleinige Geschäftsführer und Gesellschafter der Beklagte und Frau F.-Q. waren, auf einen zumindest stillschweigenden Gesellschafterbeschluß schließen könnte, fehlte es an einer weiteren Voraussetzung eines Abschlages. Nach § 14.2 darf ein Abschlag nur gezahlt werden, wenn ein vorläufiger Abschluß oder ein Zwischenabschluß einen Jahresüberschuß ergibt. Weder tragen die Parteien einen Abschluß noch die vorläufige Feststellung eines Gewinns vor. Nach § 14.3 ist der Abschlag zurückzuzahlen, soweit er den ausschüttungsfähigen Bilanzgewinn übersteigt.
5Dem Einwand des Beklagten, es habe sich bei den Zahlungen der Gemeinschuldnerin an die Stadtsparkasse K. nicht um Entnahmen der Gesellschafter gehandelt, fehlt die tatsächliche und rechtliche Grundlage. Die Gemeinschuldnerin hat auf eine Verbindlichkeit der BGB-Gesellschaft gezahlt, ohne daß für die Zahlungen eine Verbindlichkeit der Gemeinschuldnerin gegenüber der BGB-Gesellschaft oder gegenüber der Stadtsparkasse K. ersichtlich wäre. Eine solche trägt der Beklagte auch nicht vor. Er hat durch seine Prozeßbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung lediglich vortragen lassen, die Zahlungen seien nicht als Entnahmen zu werten, weil es mehrere denkbare Möglichkeiten gebe, aus denen die Gemeinschuldnerin zur Zahlung verpflichtet gewesen sei. Der Beklagte nennt aber solche nicht. Da schon das Landgericht die Zahlungen rechtlich als Entnahmen gewertet hat, hat der Senat keine Zweifel, daß der Beklagte als ehemaliger Mitgeschäftsführer der GmbH die den Zahlungen etwa zugrundeliegende andere Ursache gekannt und angegeben hätte, wenn es sie gäbe.
6Da die Zahlungen als Entnahmen der Gesellschafter zu werten sind, handelt es sich nicht um einen Anspruch der Gemeinschuldnerin gegen die BGB-Gesellschaft, sondern um einen Anspruch gegen die Gesellschafter der Gemeinschuldnerin, nämlich um einen Anspruch gegen den Beklagten einerseits und die Mitgeschäftsführerin F.-Q. andererseits. Auf die Frage, ob der BGB-Gesellschaft gegen die Gemeinschuldnerin Mietzinsansprüche zustehen, kommt es hier nicht an. Dem Beklagten stünde wegen solcher Ansprüche kein Zurückbehaltungsrecht zu. Ein Zurückbehaltungsrecht wird dem Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft nur zugestanden, wenn er von einem Gesellschaftsgläubiger der GbR, hier der GmbH, wegen einer Gesellschaftsschuld persönlich in Anspruch genommen wird. Der Beklagte wird indessen nicht für eine Gesellschaftsschuld der GbR persönlich in Anspruch genommen, sondern für eine eigene Schuld gegenüber der GmbH. Ein Zurückbehaltungsrecht billigt der Bundesgerichtshof dem Verpflichteten wegen des allgemeinen Rechtsgedankens zu, der in § 129 Abs. 3 HGB und § 770 Abs. 2 BGB seinen Niederschlag gefunden hat. Danach kann der Gesellschafter einer OHG bzw. der Bürge die Befriedigung des Gesellschaftsgläubigers bzw. des Bürgschaftsgläubigers verweigern, solange dieser sich durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung der Gesellschaft bzw. des Hauptschuldners befriedigen kann. Die Forderung der Gemeinschuldnerin richtet sich aber nicht gegen die BGB-Gesellschaft, sondern gegen die Gesellschafter persönlich.
7Unabhängig hiervon kann die BGB-Gesellschaft gemäß § 32 a GmbHG auch keine Mietzinsansprüche gegen die Gemeinschuldnerin geltend machen. Der Anspruch auf Rückgewähr eines Darlehens kann im Konkurs über das Vermögen der GmbH nicht geltend gemacht werden, wenn ein Gesellschafter der Gesellschaft in einem Zeitpunkt, in dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten, stattdessen ein Darlehen gewährt hat. Dieselbe Rechtsfolge tritt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein, wenn anstelle eines Darlehens der Gesellschaft von einem Gesellschafter kapitalersetzende Nutzungsüberlassungen gewährt werden und jedenfalls die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt überschuldet ist (BGH NJW 1990, 516 ff). Dieser Stand war ausweislich der Bilanz für 1993 spätestens ab Januar 1994 erreicht. Zwar ist der Mietvertrag zwischen der Gemeinschuldnerin und der BGB-Gesellschaft bereits im Jahre 1991 abgeschlossen worden. Entscheidend ist indessen, daß die BGB-Gesellschaft der Gemeinschuldnerin das Grundstück weiterhin belassen hat, obwohl sie das Mietverhältnis ohne weiteres hätte auflösen können. Das folgt aus der Tatsache, daß die Gesellschafter der Gemeinschuldnerin und der BGB-Gesellschaft personengleich sind. Daß die Gesellschafter der BGB-Gesellschaft sich möglicherweise über eine Beendigung des Mietvertrages nicht verständigen konnten, spielt keine Rolle. Diese Frage betrifft das Innenverhältnis der Gesellschafter. Es kommt allein darauf an, daß die BGB-Gesell- schaft zur Auflösung rechtlich imstande war. Das steht aber wegen der Personengleichheit außer Zweifel.
8Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
9Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91 a ZPO. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits auch zu tragen, soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Denn er haftete gemäß § 43 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 GmbHG für die gesamten Entnahmen neben Frau F.-Q. als Gesamtschuldner. Die Klägerin als Konkursverwalterin bedurfte zur Geltendmachung dieses Anspruchs nicht eines Gesellschafterbeschlusses gemäß §§ 46 Nr. 6, 47 GmbHG (BGH NJW 1960, 1667). Die Klage war daher bis zur teilweisen Erledigung in vollem Umfang begründet.
10Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.
11Streitwert des Berufungsverfahrens: 7.672,00 DM
12Beschwer für den Beklagten: unter 60.000,00 DM.
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