Schlussurteil vom Oberlandesgericht Köln - 19 U 272/94
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 14.10.1995 - 17 0 218/94 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.205,66 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 07.06.1994 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen, soweit dies nicht schon durch das Teilurteil vom 24.11.1995 geschehen ist.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 83 %, die Beklagte zu 17%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
2Die - wie im Teilurteil des Senats vom 24.11.1995 dargelegt - zulässige Berufung hat nur im tenorierten Umfang Erfolg.
3Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch zu in Höhe von 22.000,-- DM abzüglich 5.794,34 DM überzahlter Provision, mit der die Beklagte aufgerechnet hat.
4Der Schadensersatzanspruch des Klägers ergibt sich aus positiver Vertragsverletzung des Handelsvertretervertrags, die die Beklagte dadurch begangen hat, daß sie dem Kläger fristlos gekündigt hat , statt das Englandgeschäft langsam auslaufen zu lassen, wozu sie im Hinblick auf die schutzwürdigen Interessen des Klägers verpflichtet gewesen wäre. Insoweit wird auf die Ausführungen des Senats im Teilurteil vom 24.11.1995 verwiesen.
5Die Beklagte ist aber nur zum Ersatz einer Halbjahresprovision in Höhe von 22.000,-- DM verpflichtet und nicht zur Zahlung der Provision für ein ganzes Jahr in Höhe von 44.000,-- DM. Die Beklagte mußte nicht den wenig lukrativen England-Export weiterführen , nur damit der Kläger weiter verdienen konnte. Vielmehr war sie in Ausübung ihrer unternehmerischen Freiheit berechtigt, das England-Geschäft einzustellen; dies allerdings nicht abrupt, sondern - wie im Teilurteil ausgeführt - so langsam auslaufend, daß der Kläger sich rechtzeitig darauf hätte einstellen und sich um andere Unternehmen hätte bemühen können, deren Produkte er statt der Ware der Beklagten verkaufen konnte. Dies war hinsichtlich der Anfang des Jahres 1994 zu vermittelnden Kollektion für Herbst/Winter 1994/95 nicht mehr möglich, denn zwischen der Kündigung im Dezember 1993 und der Vermittlungstätigkeit Anfang Februar 1994 blieb dem Kläger nicht genügend Zeit, um sich um neue Unternehmen erfolgreich zu bemühen. Berücksichtigt man noch Weihnachtsfeiertage und Jahreswechsel, so hatte der Kläger gerade noch einen Monat zur Verfügung. Dies war zu kurz um neue Geschäftsbeziehungen anzuknüpfen, sich zu informieren und einzuarbeiten, Gespräche zu führen und Entscheidungen abzuwarten. Hätte die Beklagte dem Kläger ein halbes Jahr früher ihre definitive Entscheidung mitgeteilt, den England-Export einzustellen, so hätte der Kläger bis Anfang des Jahres 1994 ein anderes Unternehmen finden können, für das er als Handelsvertreter arbeiten und Provision erzielen konnte. Durch das pflichtwidrige Verhalten der Beklagten ist ihm hingegen ein Schaden in Höhe der nicht mehr zu erzielenden Provision für die Herbst/Winter-Kollektion 1994/95 entstanden.
6Daß ihm auch ein Schaden entstanden ist, den auch die vom Kläger zitierte Rechtsprechung naturgemäß voraussetzt, ist in Höhe einer weiteren Halbjahresprovision nicht ersichtlich. Die Frühjahr/Sommer-Kollektion 1995 mußte etwa ab August 1994 vermittelt werden, also über ein halbes Jahr nach der Kündigung durch die Beklagte. Daß es dem Kläger bis dahin nicht hätte gelingen können, neue Unternehmen zu akquirieren, hat er nicht dargelegt. Überhaupt fehlt jeglicher Sachvortrag des Klägers dazu, welche (erfolglosen) Bemühungen er insoweit unternommen hat. Im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht durfte der Kläger aber nicht ein halbes Jahr lang nichts tun, sondern hätte sich um neue Auftraggeber bemühen müssen.
7Dem Kläger steht demnach nur die Provision für ein halbes Jahr in Höhe von 22.000,-- DM zu. Ersparte Aufwendungen sind nicht abzuziehen, denn der Kläger hat auf Seite 6 seines Schriftsatzes vom 12.02.1996 (Bl. 351 d. A.) überzeugend dargelegt, daß er nichts an Aufwendungen erspart hat, sondern seine laufenden Kosten gleich hoch blieben, da er seine Kunden wie zuvor besuchen und Kontakte mit ihnen pflegen mußte; als Mehrfirmenvertreter mußte er sich um Orders zumindest für die anderen Firmen bemühen, wenn er schon keine Aufträge für die Beklagte mehr vermitteln konnte.
8Soweit der Kläger 6.000,-- DM für die entgegangenen Bestellungen der Ware anderer Firmen verlangt, hat er einen Zurechnungszusammenhang zwischen der unberechtigten Kündigung der Beklagten und dem insoweit behaupteten Schaden nicht schlüssig dargelegt. Gerade wenn ein Lieferant komplett ausfiel, mußte jeder Kunde daran interessiert sein, zumindest die Ware anderer Hersteller in gewohntem Umfang zu ordern (wenn nicht sogar in höherem Umfang). Auch wenn das Ansehen des Klägers bei seinen Kunden durch die vorangegangenen Schreiben der Beklagten und die Einstellung der Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien beeinträchtigt war, so hatten sie keine Veranlassung, überhaupt nichts mehr bei ihm zu ordern. Schließlich konnten die Kunden nicht das übrige Sortiment des Beklagten und die H.-Hosen bei einem anderen Handelsvertreter bestellen, denn die H.-Hosen gab es nicht mehr auf dem englischen Markt, und daß die anderen Auftraggeber des Beklagten gleich mehrere Handelsvertreter außer dem Beklagten in gleichem Bezirk eingesetzt hätten, ist nicht ersichtlich.
9Aufrechenbare Gegenansprüche sind nur in Höhe von 5.794,34 DM abzuziehen: Unstreitig beträgt die Forderung der Beklagten 31.403,63 DM. Wenn der Kläger seine restliche Provisionsforderung auf 28.599,38 DM beziffert, die Beklagte aber nur weniger anerkennt, muß der Kläger den Mehrbetrag darlegen und beweisen. Das hat er nicht getan. Wenn andererseits die Beklagte statt der bislang zugestandenen 25.609,29 DM Provisionsforderung des Klägers jetzt nur noch 25.088,31 DM zugestehen will, hätte sie diese Änderung substantiiert begründen müssen. Das ist nicht erfolgt, so daß der Senat den für den Kläger günstigeren Betrag von 25.609,29 DM zugrundelegt; daraus ergibt sich ein Saldo für die Beklagte von 5.794,34 DM, der von dem Schadensersatzbetrag über 22.000,-- DM abzuziehen ist.
10Der Zinsanspruch in Höhe von 5 % beruht auf § 352 HGB i. V. m. § 291 BGB. Einen höheren Zinssatz hat die Beklagte bereits erstinstanzlich bestritten und darauf in der Berufungsinstanz Bezug genommen. Der Kläger hat keinen Beweis angetreten, insbesondere keine Bankbescheinigung vorgelegt.
11Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 I, 97 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
12Streitwert des Berufungsverfahrens:
13bis 24.11.1995: 95.000,-- DM
14ab 25.11.1995: 41.000,-- DM
15ab 01.03.1996: 47.000,-- DM.
16Beschwer des Klägers
17im Schlußurteil: 30.794,34 DM
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