Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 22 U 215/95
Tenor
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger ist Erbe seines Vaters, des früheren Fürsten von und zu L.. Dieser war bis Ende 1944 Besitzer des streitbefangenen Bildes "Der große Kalkofen" von Pieter van Laer, das seit mindestens 1767 zu der Sammlung der Familie L. gehörte. Das Bild befand sich zum Ende des zweiten Weltkrieges in einem der Schlösser der Familie L. in der heutigen tschechischen Republik. Im Jahre 1991 erhielt es die Beklagte als Leihgabe von der Streithelferin für eine Ausstellung. Aufgrund einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Köln vom 11. November 1991 - 5 O 388/91 - erfolgte am 17.12.1991 die Sequestration des Bildes.
3Der Kläger begehrt die Zustimmung der Beklagten zur Herausgabe des Bildes an ihn. Er hat gemeint, daß er als Erbe seines Vaters Eigentümer des Bildes geworden sei. Das Bild sei nicht Gegenstand von Enteignungsmaßnahmen der Tschechoslowakei gewesen, jedenfalls seien derartige Maßnahmen unwirksam oder aber wegen Verstoßes gegen den ordre public der Bundesrepublik Deutschland unbeachtlich.
4Der Kläger hat beantragt,
5die Beklagte zu verurteilen, das Bild von Pieter van Laer mit dem Titel "Szene um einen römischen Kalkofen" (Maße: 51,5 cm x 69,2 cm) an ihn herauszugeben, indem sie sich mit der Übergabe des zuvor genannten Bildes aus dem Gewahrsam des Obergerichtsvollziehers K. als Sequester an den Kläger einverstanden erklärt und das Bild insoweit freigibt.
6Die Beklagte und ihre Streithelferin haben beantragt,
7die Klage abzuweisen.
8Die Beklagte und die Streithelferin haben gemeint, daß der Vater des Klägers sein Eigentum an dem Bild durch in der Tschechoslowakei erfolgte Enteignung verloren habe. Die Streithelferin der Beklagten hat insoweit vorgetragen, daß das streitbefangene Bild durch das 12. Dekret des Präsidenten vom 21. Juni 1945 enteignet worden sei. Die Rechtmäßigkeit dieser Enteignung sei durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Bratislava vom 21. November 1951 festgestellt worden.
9Durch Urteil vom 10. Oktober 1995 - 5 O 182/92 LG Köln -, auf das wegen sämtlicher Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei unzulässig, der Rechtsweg zu den deutschen Gerichten sei nicht eröffnet. Dies ergebe sich aus Art. 3 des VI. Teils des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (Überleitungsvertrag) vom 23. Oktober 1954, der heute noch Geltung habe. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung seien gegeben. Die Enteignung des Vaters des Klägers durch das 12. Dekret des Präsidenten der Tschechoslowakei vom 21. Juni 1945 stelle eine Maßnahme im Sinne des Teils VI Art. 3 Abs. 1 Überleitungsvertrag dar.
10Gegen dieses ihm am 20. Oktober 1995 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 15. November 1995 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 1. März 1996 mit am 27. Februar 1996 eingegangenem Schriftsatz begründet hat. Der Kläger ist der Auffassung, der Überleitungsvertrag sei insgesamt durch den sogenannten Zwei-plus-Vier-Vertrag vom 12. September 1990 aufgehoben worden. Der Briefwechsel zwischen dem Bundesministerium für das Auswärtige der Bundesrepublik Deutschland und den Botschaften der Drei West-Mächte vom 27./28. September 1990 habe das Fortbestehen von Art. 3 Abs. 3 des VI. Teils des Überleitungsvertrags nicht bewirken können, da dieser nicht von den zuständigen gesetzgebenden Körperschaften der Bundesrepublik Deutschland genehmigt und ratifiziert worden sei. Auch die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 3 des VI. Teils des Überleitungsvertrages seien nicht gegeben. Bei dem konfiszierten Vermögen des Vaters des Klägers habe es sich nicht um deutsches Auslandsvermögen im Sinne dieser Bestimmung gehandelt. Diese Bestimmung sei Teil des Kriegsvölkerrechts, das keine Anwendung auf neutrale Staaten wie L. finden könne. Es habe sich auch nicht um eine Maßnahme der Reparation gehandelt, vielmehr habe das Benes-Dekrekt Nr. 12 den Charakter einer Strafmaßnahme gehabt. Schließlich könne die entsprechende Bestimmung des Überleitungsvertrages nach dem dort geschützten Personenkreis eine Anwendung, auch eine analoge Anwendung, auf den Kläger nicht rechtfertigen.
11Der Kläger beantragt,
121.
13unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, das Bild von Pieter van Laer mit dem Titel "Szene um einen römischen Kalkofen" (Maße: 51,5 cm x 69,2 cm) an den Kläger in der Weise herauszugeben, daß sie sich mit der Übergabe des zuvor genannten Bildes aus dem Gewahrsam des Obergerichtsvollziehers K. als Sequester an den Kläger einverstanden erklärt und das Bild insoweit freigibt.
142.
15Im Rahmen der Zwangsvollstreckung als Sicherheitsleistung auch die Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zuzulassen.
16Die Beklagte beantragt,
171.
18die Berufung zurückzuweisen;
192.
20hilfsweise, es der Beklagten zu gestatten, eine eventuelle Sicherheit auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse leisten zu können.
21Die Streithelferin der Beklagten beantragt,
22die gegnerische Berufung zurückzuweisen.
23Die Beklagte und die Streithelferin sind der Auffassung, der Zwei-plus-Vier-Vertrag habe den Überleitungsvertrag nicht aufgehoben, vielmehr sei dies erst durch den Briefwechsel vom 27./28. September 1990 erfolgt, der zugleich die Fortgeltung der hier maßgeblichen Bestimmungen des Überleitungsvertrages wirksam vereinbart habe. Bei dem Dekret Nr. 12 habe es sich nicht um eine wirtschaftspolitische, sondern um eine gegen Feindvermögen gerichtete Maßnahme gehandelt. Die Voraussetzungen der Bestimmungen seien daher erfüllt. Die Anwendung der Bestimmung auf die Beklagte ergebe sich aus dem Zweck der Vorschrift.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und eingereichten Unterlagen Bezug genommen.
25E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
26Die form- und fristgerecht eingelegte und im übrigen zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Urteil des Landgerichts, auf dessen Ausführungen der Senat ergänzend Bezug nimmt, entspricht der Sach- und Rechtslage. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Beurteilung.
27I.
28Die Klage ist unzulässig. Die deutsche Gerichtsbarkeit ist für den geltend gemachten Anspruch gemäß Teil VI Art. 3 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 des Vertrages vom 26. Mai 1952 zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (Überleitungsvertrag) ausgeschlossen.
29Der Begriff der deutschen Gerichtsbarkeit (facultas iurisdictionis) beinhaltet die aus der staatlichen Souveränität fließende, durch den Staat seinen Gerichten generell verliehene Entscheidungsgewalt, mithin die natürliche Befugnis, Recht zu sprechen (BGH JZ 1958, 241, 242). In Abgrenzung zur internationalen Zuständigkeit eines Gerichtes, die regelt, in welchem Umfang ein Staat von seiner Gerichtsbarkeit Gebrauch macht und diese daher voraussetzt, zeichnet die deutsche Gerichtsbarkeit die Grenzen nach, die staatsvertragliche Vereinbarungen, das Völkergewohnheitsrecht und die anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts der Befugnis eines Staates setzen, auf seinem Territorium hoheitlichen Gerichtszwang auszuüben (Eickhoff, Inländische Gerichtsbarkeit und internationale Zuständigkeit für Aufrechnung und Widerklage, Berlin 1985, 21, 26; Linke, Internationales Zivilprozeßrecht, 2. Aufl., Köln 1995, § 3 Rdnr. 65).
30Teil VI Art. 3 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 des Überleitungsvertrages schließt die deutsche Gerichtsbarkeit für Ansprüche und Klagen gegen Personen aus, die unmittelbar oder mittelbar im Zuge von Reparationsmaßnahmen Eigentum an beschlagnahmtem deutschen Auslandsvermögen erworben haben. Diese Bestimmung hat ihre Geltungskraft durch Art. 7 des Moskauer Vertrages über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland vom 12. September 1990 (Zwei-plus-Vier-Vertrag) nicht eingebüßt. Die Voraussetzungen des Teiles VI Art. 3 Abs. 3 Überleitungsvertrag sind gegeben.
311.
32In Art. 7 Abs. 1 S. 1 Zwei-plus-Vier-Vertrag erklären die Siegermächte ihre Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Deutschland als Ganzes und Berlin für beendet. Als Ergebnis werden gemäß Art. 7 Abs. 1 S. 2 Zwei-plus-Vier-Vertrag die entsprechenden damit zusammenhängenden vierseitigen Vereinbarungen beendet. Art. 7 Abs. 2 Zwei-plus-Vier-Vertrag stellt abschließend die Wiederherstellung der vollen Souveränität des vereinten Deutschlands in bezug auf seine äußeren und inneren Angelegenheiten fest. Das in Art. 7 Abs. 1 S. 2 Zwei-plus-Vier-Vertrag statuierte Erlöschen der Vier-Mächte-Rechte in bezug auf Deutschland als Ganzes wird ergänzt durch die Ziffern 2 und 3 der Vereinbarung der Regierungen der Bundesrepublik und der drei West-Alliierten vom 27./28. September 1990 zu dem Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten sowie zu dem Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen. Gemäß Ziffer 2 dieses Abkommens tritt der Überleitungsvertrag mit Ausnahme der in Ziffer 3 aufgeführten Einzelbestimmungen des Vertragswerkes, zu denen auch Teil VI Art. 3 Abs. 1, 3 zählt, außer Kraft.
33Das Regierungsabkommen vom 27./28. September 1990 ist sowohl völkerrechtlich als auch verfassungsrechtlich uneingeschränkt wirksam. Der hierdurch bewirkten Aufhebung des Überleitungsvertrages unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung der in Ziffer 3 aufgeführten Bestimmungen steht die praktische Realisierung des Abkommens vom 27./28. September 1990 in der Form eines Notenwechsels zwischen den Außenministerien der beteiligten Staaten nicht entgegen. Dieses Verfahren hatte vielmehr zur Folge, daß die bezeichneten Bestimmungen bereits zum 28. September 1990 wirksam wurden, während der am 12. September 1990 unterzeichnete Zwei-plus-Vier-Vertrag erst durch Hinterlegung der letzten Ratifikationsurkunde am 15. März 1991 völkerrechtliche Verbindlichkeit erlangte (das zugehörige Transformationsgesetz der Bundesrepublik Deutschland datiert vom 11. Oktober 1990, BGBl 1990 II, 1317).
34a)
35Die Aufhebung des Überleitungsvertrages ist nicht bereits durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag erfolgt mit der Folge, daß die Aufhebung durch den Notenwechsel etwa nur deklaratorischer Natur wäre und demgegenüber die vereinbarte Fortgeltung der Bestimmungen des Teils VI Art. 3 des Überleitungsvertrages konstitutive Wirkung hätte.
36Die im Zwei-plus-Vier-Vertrag verfügte Beendigung aller "vierseitigen" Vereinbarungen steht in notwendigem Zusammenhang mit Art. 7 Abs. 1 S. 1 Zwei-plus-Vier-Vertrag, demzufolge die Vier Alliierten ihre Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes beenden. Aus der systematischen und teleologischen Auslegung des Satzes 2 folgt zwanglos, daß als vierseitige Vereinbarungen nur Abkommen der vier Alliierten untereinander in bezug auf Deutschland als Ganzes, nicht jedoch Verträge der Bundesrepublik Deutschland mit den Drei West-Mächten anzusehen sind (vgl. Blumenwitz, Das Offenhalten der Vermögensfrage in den deutsch-polnischen Beziehungen, S. 60; Brand, Souveränität für Deutschland, Köln 1994, S. 255; Schweitzer, Verträge Deutschlands mit den Siegermächten, in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrecht Band 8, Heidelberg 1995, § 190 Rdnr. 39). Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des Vertrages, der ausschließlich an die Beendigung der Rechte und Verantwortlichkeiten der vier genannten Staaten in Hinblick auf Deutschland als Ganzes anknüpft (vgl. auch Gornig, Der Zwei-plus-Vier-Vertrag unter besonderer Berücksichtigung grenzbezogener Regelungen, ROW 1991, 97, 105, Fußnote 65).
37Nichts anderes ergibt sich aus Art. 7 Abs. 2 Zwei-plus-Vier-Vertrag. Die Wiedererlangung der vollen Souveränität des vereinten Deutschlands hinsichtlich seiner inneren und äußeren Angelegenheiten folgt als logische Konsequenz aus den in Abs. 1 verfügten Regelungen in bezug auf Deutschland als Ganzes. Dies indiziert bereits die Verwendung des Wortes "demgemäß" (vgl. Blumenwitz, Der Vertrag vom 12. September 1990 über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland, NJW 1990, 3041, 3047). Soweit in der Literatur teilweise vertreten wird, zur Aufrechterhaltung der Rechte der West-Mächte hätte es der Aufnahme eines ausdrücklichen Vorbehaltes in den Zwei-plus-Vier-Vertrag bedurft und in Ermangelung dessen sei der Regelungskonflikt zwischen Ziffer 3 der Vereinbarung vom 27./28. September 1990 und Art. 7 Abs. 2 zugunsten des letzeren zu entscheiden (Fiedler, JZ 1991, 685 (690); Gornig, ROW 1991, 97 (105); Blumenwitz, in dem zum vorliegenden Rechtsstreit erstatteten Gutachten, S. 13) berücksichtigt diese Auffassung weder die Entstehungsgeschichte noch die zeitlichen Abläufe des Abschlusses des Zwei-plus-Vier-Vertrages und des Regierungsabkommens hinreichend. Ziffer 2 der Vereinbarung vom 27./28. September 1990, die erst nach der Unterzeichnung des Vertrages vom 12. September 1990 geschlossen worden ist, wäre entbehrlich gewesen, wenn Art. 7 des Zwei-plus-Vier-Vertrages auch eine Beendigung zwischen der Bundesrepublik und den drei West-Mächten abgeschlossener Verträge hätte bewirken sollen. Auch die Formulierung der Ziffer 3 des Regierungsabkommens, der zufolge die betreffenden Regelungen in Kraft bleiben, ließe sich nicht erklären. Insbesondere die hierzu vertretene Auffassung, aufgrund Art. 7 Abs. 2 des Zwei-plus-Vier-Vertrages sei für die Aufrechterhaltung der Vereinbarung der Drei West-Mächte mit der Bundesrepublik Deutschland im Überleitungsvertrag die Grundlage entfallen, hätte nicht zur Konsequenz, daß mit Abschluß dieses Vertrages diese Vereinbarung unwirksam oder sonst gegenstandslos geworden wäre. Dem widerspricht nämlich der Wille der Vertragschließenden selbst, wie er einerseits in der ausdrücklichen Aufhebung nur der Vier-Mächte-Vereinbarungen, andererseits im Notenwechsel vom 27./28. September 1990 zum Ausdruck gekommen ist. Die Vertragschließenden des Zwei-plus-Vier-Vertrages selbst, insoweit nämlich die Drei West-Mächte und die Bundesrepublik Deutschland haben nicht nur ersichtlich eine Regelung der Aufhebung des Überleitungsvertrages neben dem Zwei-plus-Vier-Vertrag für erforderlich gehalten, sondern als Konsequenz der Souveränität die Aufhebung sämtlicher Vertragsbestimmungen, insbesondere auch des Teils VI Art. 3 des Überleitungsvertrages gerade nicht gewollt. Beide Verträge betreffen daher verschiedene Regelungsbereiche und ergänzen sich wechselseitig.
38b)
39Aus den genannten Gründen und in Ermangelung einer inhaltlichen Bezugnahme auf den zwei Wochen zuvor unterzeichneten Zwei-plus-Vier-Vertrag ist die Vereinbarung vom 27./28. September 1990 völkerrechtlich weder als Bestandteil derselben noch als ein Auslegungsinstrument im Sinne des Art. 31 § 2 lit. a Wiener Vertragsrechtskonvention (WVRK), sondern als selbständiger völkerrechtlicher Vertrag im Sinne des Art. 2 § 1 lit. a WVRK zu qualifizieren (vgl. Blumenwitz, Staatennachfolge und die Einigung Deutschlands, Teil I: Völkerrechtliche Verträge, Berlin 1995, S. 66). Völkerrechtlich ist der Überleitungsvertrag mit Ausnahme der in Ziffer 3 aufgeführten Regelungen durch den Austausch der Urkunden und dem damit einhergehenden Inkrafttreten der Ziffer 2 der bezeichneten Regierungsvereinbarung am 28. September 1990 im Verhältnis der vertragschließenden Teile wirksam beendet worden. Gemäß Art. 54 lit. b (WVRK) kann die Beendigung eines Vertrages jederzeit durch Einvernehmen aller Vertragsparteien nach Konsultieren der anderen Vertragsparteien erfolgen. Insbesondere ist es nicht erforderlich, daß die Beendigung oder Suspendierung in der gleichen Form wie der betroffene Vertrag selbst erfolgt (Ibsen, Völkerrecht, 3. Aufl., § 15 Rdnr. 71, S. 174).
40c)
41Das Regierungsabkommen ist auch innerstaatlich uneingeschränkt wirksam. Insbesondere steht der innerstaatlichen Wirksamkeit Art. 59 Abs. 2 S. 1 Grundgesetz (GG) nicht entgegen. Die Vereinbarung ist seitens der Bundesregierung in der Form eines nicht der parlamentarischen Zustimmung bedürfenden Verwaltungsabkommens im Sinne des Art. 59 Abs. 2 S. 2 GG geschlossen worden. Unter dem Begriff des Verwaltungsabkommens, zu denen auch Regierungsabkommen der vorliegenden Art zählen, sind alle völkerrechtlichen Verträge des Bundes zu verstehen, die nicht unter Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG fallen (vgl. Schmidt-Bleibtreu/Klein-Klein, GG, 8. Aufl., Art. 59, Rdnr. 23, 25).
42Einer Beteiligung der Legislative bedurfte es nicht, weil die Aufrechterhaltung des Teils VI Art. 3 des Überleitungsvertrages keine konstitutive Wirkung hatte, da diese Bestimmungen nicht bereits durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag aufgehoben wurden, sondern erst durch den Notenwechsel. Insoweit hatte der Notenwechsel nur deklaratorische Wirkung. Soweit dem von Teilen der Literatur entgegengehalten wird, daß die vormals gemäß Teil VI Art. 1 vorbehaltlich einer friedensvertraglichen Regelung geltenden Bestimmungen des Teiles VI Art. 3 des Überleitungsvertrages durch die Vereinbarung vom 27./28. September 1990 nunmehr endgültig festgeschrieben worden seien und dadurch eine qualitative Änderung erfahren hätten (Fiedler, Die Wiedererlangung der Souveränität Deutschlands und die Einigung Europas, JZ 1991, 685, 690; Blumenwitz in dem im Rechtsstreit vorgelegten Gutachten, S. 12 f), hat sich die Rechtslage tatsächlich nicht geändert. Die bloße Aussicht auf die Vereinbarung einer Rückgängigmachung des Einwendungsverzichts und der Klagesperre und der Zulassung entsprechender Klagen entschädigungslos Enteigneter durch einen Friedensvertrag hatte kein größeres materielles Gewicht als die Aussicht auf den Abschluß eines entsprechenden Vertrages durch das nunmehr souveräne Deutschland. In beiden Fällen war und ist die Zulassung entsprechender Klagen allein von den politischen Umständen und der Verhandlungsposition der Bundesrepublik abhängig, eine Schwächung der Position der Bundesrepublik insoweit ist nicht ersichtlich. Da danach die Übereinkunft bei natürlicher Betrachtung keine neuen Besatzungsrechte konstituierte, war eine Beteiligung der Legislative nach den Grundsätzen zu Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG nicht erforderlich.
43Aus demselben Grunde bedurfte die Vereinbarung auch nicht im Hinblick auf Art. 14, 19 Abs. 4 bzw. 6 EMRKV der parlamentarischen Zustimmung. Ziffer 3 des Regierungsabkommens hat im Hinblick auf die Fortgeltung von Teil VI Art. 3 Abs. 3 des Überleitungsvertrages, wie dargestellt, ausschließlich deklaratorische Bedeutung. Der unveränderten Fortgeltung des Teiles VI Art. 3 Abs. 3 Überleitungsvertrag im deutschen Recht liegt weiterhin das ursprüngliche Vertragsgesetz vom 24. März 1955 zugrunde. Ein Eingriff in Grundrechte des Klägers liegt nicht vor. Der Kläger war vielmehr schon vor Inkrafttreten des Regierungsabkommens vom 27./28. September 1990 klaglos gestellt (vgl. auch Schneider, Die Liquidation deutschen Auslandsvermögens und ihre vertragliche Hinnahme durch die Bundesrepublik, Heidelberg 1964, 63 f).
44Folge der Zustimmungsbedürftigkeit der Aufrechterhaltung des Teils VI Art. 3 des Überleitungsvertrages wäre im übrigen, daß die gesamte mit dem Notenwechsel getroffene Vereinbarung unwirksam wäre. Die Fortgeltung erkennbar wesentlicher Bestandteile des Überleitungsvertrages war ersichtlich Voraussetzung für die Aufhebung des Überleitungsvertrages im übrigen durch die Vertragsparteien, insbesondere durch die Drei West-Mächte, die diese Vereinbarung insgesamt ohne die Vereinbarung der Fortgeltung der genannten Bestimmungen nicht geschlossen hätten. Bedurfte daher die Vereinbarung über die Fortgeltung zu ihrer innerstaatlichen Wirksamkeit der Zustimmung der Legislative, wäre die Aufhebung gleichfalls von dieser Zustimmung abhängig. Folge wäre das Fortbestehen sämtlicher Bestimmungen des Überleitungsvertrags.
45Soweit im übrigen vertreten wird, die Vereinbarung über die Fortgeltung des Teils VI Art. 3 des Überleitungsvertrages bedürfe der legislativen Zustimmung, wird hieraus keineswegs die Unwirksamkeit des Regierungsabkommens gefolgert. Vielmehr wird die Regelung im Wege der verfassungskonformen Auslegung als bloße administrative Regelung mit einer Ordnungsfunktion ausgelegt mit der Folge, daß es eines parlamentarischen Zustimmungsverfahrens nicht bedurfte. Als Konsequenz hieraus wird einerseits die Abänderbarkeit durch die Legislative der Bundesrepublik Deutschland gesehen, andererseits, für den Fall, daß diese nicht aktiv wird, eine Entschädigungsverpflichtung der Bundesrepublik, die auf den hier geltend gemachten Herausgabeanspruch keinen Einfluß hätte (vgl. Blumenwitz, Staatennachfolge und die Einigung Deutschlands, 1995, S. 66 f).
46Schließlich wäre aber auch für den Fall, daß die Bestimmungen des Regierungsabkommens konstitutiv wären und ihnen innerstaatlich der Charakter einer Rechtsverordnung des Bundes beigelegt würde, die Verletzung von Grundrechten nicht ersichtlich. Durch die Vereinbarung vom 27./28. September 1990 sind den Opfern entschädigungsloser Enteignungen keine Rechte genommen worden, die sie vor Abschluß der Vereinbarung noch besessen hätten. Die erneute Festschreibung des Teiles VI Art. 3 Abs. 1, 3 Überleitungsvertrag greift weder in bestehendes Eigentum ein, noch entzieht sie den Opfern entschädigungsloser Enteignungen den gesetzlichen Richter. Einen Rechtssatz des allgemeinen Völkerrechts dergestalt, daß auch von einer Enteignung betroffene Privatpersonen einen auf dem Zivilrechtsweg durchsetzbaren Anspruch auf Restitution oder Entschädigung haben, gibt es nicht (vgl. Staudinger-Stoll, BGB, 12. Aufl., Internationales Sachenrecht, Rdnr. 148). Die prozessuale Klagesperre bezieht sich nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte des Abs. 3 nur auf Klagen vor deutschen Gerichten, die bereits zuvor ausgeschlossen waren, sie erstreckt sich nicht auf die ausländische oder internationale Gerichtsbarkeit (Wolf, Zur Frage der Abgeltung von Reparationsschäden unter besonderer Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des VI. Teils des Überleitungsvertrages, Bonn 1964, S. 106). Soweit dies im Einzelfall einer faktischen Entziehung des gesetzlichen Richters gleichkommt, ist einer solchen reflexartigen Auswirkung der Regelung keine Eingriffsqualität beizumessen.
472.
48Der Ausschluß der deutschen Gerichtsbarkeit richtet sich danach unverändert nach den Bestimmungen des Teiles VI Art. 3 Abs. 3 Überleitungsvertrag, dessen Voraussetzungen vorliegend gegeben sind.
49Das Bestehen der deutschen Gerichtsbarkeit ist als allgemeine Prozeßvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen. Maßstab ist das zur Zeit der gerichtlichen Entscheidung geltende Recht des Forumstaates, hier also die staatsvertragliche Sonderregelung des Teiles VI Art. 3 Abs. 3 des Überleitungsvertrages.
50Dem Willen der vertragsschließenden Teile zufolge beruht diese dem zwischenzeitlich aufgehobenen Art. 3 AHKG Nr. 63 nachempfundene Bestimmung auf der Zielvorstellung, die prozessuale Konsequenz aus der "Endgültigkeit und Unanfechtbarkeit" der durch die Liquidation deutschen Auslandseigentums durch ausländische Staaten für Zwecke der Reparation geschaffenen Rechtsverhältnisse für die Bundesrepublik und die betroffenen Privatpersonen zu ziehen (vgl. die Begründung der Bundesregierung zum Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und den Drei Mächten, Anlage 4 zu BT-Drs. 1/3500 vom 21. Juni 1952, 54-56; Mann, Zum Privatrecht der deutschen Reparationsleistung, Tübingen 1962, S. 14; im gleichen Sinne zur Parallelbestimmung des Art. 3 AHKG Nr. 63 BGHZ 8, 378 (382); 62, 340 (346-351); Ehlers, Die Rechtslage des deutschen Auslandseigentums nach dem AHKG 63, JZ 1952, 465 (467)). Soweit der Kläger diese plakativ als sogenannte "Schlußstrich-Theorie" (BGH, WM 1963, 81, 84; 1987, 153, 154; OLG Köln, WM 1961, 183, 190; Soergel-Kegel, BGB, 11. Aufl., vor Art. 7 IGBGB Rdnr. 879, Beitzke, Anm. zu BGH MDR 1957, 277; Lieberknecht, Die Enteignung deutscher Mitgliedschaftsrechte an ausländischen Gesellschaften mit in Deutschland gelegenem Vermögen, NJW 1956, 571) bezeichnete Motivation der Vertragsparteien anzweifelt, fehlt es an der gebotenen Differenzierung zwischen der mit Teil VI Art. 3 Überleitungsvertrag beabsichtigten tatsächlichen Hinnahme und der damit ausdrücklich nicht einhergehenden rechtlichen Anerkennung der betroffenen Enteignungen. Der in Teil VI Art. 3 Abs. 3 Überleitungsvertrag ausgesprochene Verzicht auf die deutsche Gerichtsbarkeit beschränkt sich auf die bereits mit Art. 3 AHKG Nr. 63 ausgesprochene tatsächliche Hinnahme des von den Alliierten geschaffenen Rechtszustandes, ohne daß damit zugleich ein Verzicht auf das den Klagen zugrundeliegende materielle Recht erklärt wurde. Vielmehr dient die Aufrechterhaltung des materiell-rechtlichen Standpunktes der Bundesrepublik Deutschland als Grundlage für die noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen insbesondere mit der Tschechischen Republik als Nachfolgerin des Tschechoslowakischen Staates über etwaige, aus einem völkerrechtlichen Deliktsanspruch der Bundesrepublik resultierende Entschädigungsleistungen (Wahl, Mehrheitsgutachten des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht des Bundestages über die Verfassungsprobleme der Vermögensgesetze, abgedruckt in: Institut für Staatslehre und Politik e.V., Der Kampf um den Wehrbeitrag, Band 2, Ergänzungsband, München 1958, 595, 603; siehe auch FAZ vom 21. Dezember 1995, Nr. 297, S. 5 unter Bezugnahme auf das Gutachten Tomuschat).
51a)
52Der Ausschluß der deutschen Gerichtsbarkeit verletzt den Kläger nicht in seinen Grundrechten aus Art. 14, 19 Abs. 4 oder 101 GG. Die Auffassung, Teil VI Art. 3 Abs. 3 des Überleitungsvertrages sanktioniere einen grundrechtswidrigen Zustand (vgl. Moosheim, Reparationen im Bonner Vertragswerk, BB 1952, 697, 698) übersieht, daß die Grundrechte ihren Träger zwar gegen die Akte der innerstaatlichen Gewalt, nicht jedoch gegen die Ausübung fremder Staatsgewalt im Ausland schützen (BVerfGE 41, 126, 157; 43, 203, 209; NJW 1991, 1597, 1599; Leisner, Das Bodenreform-Urteil des Bundesverfassungsgerichts, NJW 1991, 1569, 1571; Kutscher/Greve-Kutscher, Bonner Vertrag und Zusatzvereinbarungen, München 1952, Teil VI Art. 3 ÜV, Anm. I. 2). Infolgedessen ist der nationale Gesetzgeber - bedingt durch außenpolitische Zwänge - nicht daran gehindert, den innerstaatlichen Rechtsschutz gegen grundrechtsverletzende Akte fremer Hoheitsgewalt zur Erreichung eines als höherrangig erachteten Zieles auszuschließen. In diesem Sinne bezweckt Teil VI Art. 3 Abs. 3 Überleitungsvertrag, die Rechtsverfolgung hinsichtlich solcher Klagen auszuschließen, die sich unmittelbar oder mittelbar gegen eine Beschlagnahmemaßnahme aufgrund der Feindvermögensgesetzgebung eines durch diesen Vertrag begünstigten Staates richten (Raschhofer, Die Deutsche Reparationsregelung und die Reparationsposition der Tschechoslowakei in Kipp/Mayer/Steinkamm, Um Recht und Freiheit, FSf. Friedrich August Freiherr von der Heydte, Berlin 1977, 495, 504). Die Rechtswirkungen dieser Bestimmung sind ausschließlich verfahrensrechtlicher Natur. Eine irgendwie geartete Aussage über die Rechtmäßigkeit oder Rechtsbeständigkeit der der Klage zugrundeliegenden jeweiligen Liquidationsmaßnahme in deutsches Auslandsvermögen wird durch die Anwendung der Regelung nicht getroffen (Kutscher/Greve-Kutscher, Teil VI Art. 3 ÜV, Anm. I. 2; Raschhofer, FS von der Heydte, 495, 504, desgleichen zu Art. 3 AHKG Nr. 63 Ehlers, JZ 1952, 465, 466).
53b)
54Dem Sinn und Zweck des Teiles VI Art. 3 Überleitungsvertrag ist in der praktischen Anwendung der Bestimmung insoweit Rechnung zu tragen, als das Vorliegen ihrer Voraussetzungen unter maßgeblicher Berücksichtigung des der konkreten Beschlagnahmehandlung zugrundeliegenden Rechtes des enteigneten Staates zu beurteilen ist (BGHZ 8, 378, 383; 25, 127, 131; 32, 170, 172), OLG Neustadt NJW 1956, 950; Lieberknecht, NJW 1956, 571, 574; Mann, Zum Privatrecht, 19 f; Staudinger-Stoll a.a.O. Rdnr. 144, vgl. auch BayObLG MDR 1972, 876). Die in dem Bestreben der Herbeiführung einer materiell-rechtlich befriedigenden Lösung vertretene Gegenansicht, derzufolge die einzelnen Tatbestandsmerkmale des Teiles VI Art. 3 Überleitungsvertrag im Lichte einer historisch-völkerrechtlich orientierten Auslegung der einschlägigen Erklärungen und Abkommen der Alliierten zu erhellen seien (in diesem Sinne Blumenwitz, Flucht und Vertreibung und ihre vermögensrechtlichen Folgen, S. 185, 196, 200; wohl auch Beitzke, MDR 1957, 277, 278) wird der von den vertragsschließenden Teilen mit dem Abschluß des Überleitungsvertrages verfolgten Intention nicht gerecht. Dieser Auffassung zufolge könnten deutsche Gerichte die vertraglich vereinbarte tatsächliche Hinnahme der Liquidation des betroffenen Auslandsvermögen dadurch konterkarieren, daß sie ihrer Entscheidung etwa die Grundsätze des deutschen internationalen Enteignungsrechtes zugrundelegten, die weder für die beschlagnahmenden Behörden des ausländischen Staates noch für die Sanktionierung der Maßnahmen durch die Vertragsparteien maßgeblich waren (die Absichten der Alliierten werden etwa in der bei Mann, Zum Privatrecht, S. 20, zitierten Note der Alliierten Hohen Kommission an den deutschen Bundeskanzler vom 4. August 1953 deutlich. Darin heißt es: "Bei der Beschlagnahme und Liquidierung deutschen Auslandsvermögens geht jedes Land nach eigenen Rechtsbegriffen und -verfahren im Rahmen seiner unumschränkten Gerichtsbarkeit vor"; vgl. auch Lieberknecht, NJW 1956, 571, 574; Mann, zum Privatrecht, S. 19 f).
55Der Kläger wendet sich mittelbar gegen eine aus seiner Sicht materiell rechtswidrige, insbesondere völkerrechtswidrige Beschlagnahme und Konfiskation des Vermögens seines Vaters - zu dem unter anderem das streitbefangene Gemälde gehört - als deutsches Auslandsvermögen für Reparationszwecke auf der Grundlage des Präsidialdekrets Nr. 12 vom 21. Juni 1945. Eine Entscheidung in der Sache über die Rechtmäßigkeit der Konfiskation, die sich unweigerlich mit den völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Implikationen befassen müßte, ist deutschen Gerichten durch Teil VI Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 Überleitungsvertrag verwehrt. Ebensowenig läßt die Bestimmung einen Rückgriff auf allgemeine Regeln des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG bzw. eine Heranziehung des deutschen ordre public gemäß Art. 6 EGBGB im Rahmen der Prüfung der Prozeßvoraussetzung der Deutschen Gerichtsbarkeit zu (Beitzke, MDR 1957, 277, 278; Blumenwitz, Die vermögensrechtlichen Folgen der Ostverträge, JOR 13, 179, 224, Mann, Zum Privatrecht, 24).
56Bereits aus diesem Grunde kann der Kläger nicht geltend machen, die Bestimmungen des Überleitungsvertrages und insbesondere die Anwendung auf ihn als Angehöriger und Oberhaupt eines neutralen Staates verstoße gegen Friedensvölkerrecht. Der Ausschluß der Gerichtsbarkeit ist allein daran zu messen, ob er verfassungsmäßig garantierte Grundrechte des Klägers verletzt. Dies ist, wie ausgeführt, nicht der Fall. Unter dieser Voraussetzung kann der Ausschluß der Gerichtsbarkeit auch Personen betreffen, die nicht die Staatsangehörigkeit der vertragsschließenden Teile besitzen.
57aa)
58Bei dem streitbefangenen Gemälde handelt es sich um Auslandsvermögen im Sinne des Teiles VI Art. 3 Abs. 1 Überleitungsvertrag, auf den Abs. 3 der Bestimmung insoweit verweist.
59Unstreitig besaßen der Vater des Klägers und seine Familie zu keinem Zeitpunkt die deutsche Staatsangehörigkeit. Unter Bezugnahme auf eine historisch-völkerrechtliche Auslegung des Begriffes "deutsches Auslandsvermögen" wird von Teilen des Schrifttums - zumeist im Zusammenhang mit der Konfiskation sudetendeutschen Vermögens - die Auffassung vertreten, Teil VI Art. 3 Abs. 3 Überleitungsvertrag schließe die deutsche Gerichtsbarkeit nur in den Fällen einer Beschlagnahme solchen Vermögens aus, das im Eigentum eines Staatsangehörigen des früheren deutschen Reiches in den Grenzen am 31.12.1937 gestanden habe (vgl. Blumenwitz in Flucht und Vertreibung, S. 185, 195; zu Art. 3 AHKG Nr. 63 Seidl-Hohenveldern - Anm. zu BGH NJW 1953, 1389 f; Beitzke MDR 1957, 277, 278; Ehlers, JZ 1952, 465, 467). Insoweit wird maßgeblich auf die einschlägigen Bestimmungen der Potsdamer Beschlüsse bzw. des Pariser Reparationsabkommens vom 16.01.1946 abgestellt und nicht zuletzt im Lichte der infolge des Zwei-plus-Vier-Vertrages außer Kraft getretenen Legaldefinition des Art. 4 lit. b des AHKG Nr. 63 die Zugehörigkeit liquidierten Auslandsvermögens rein völkerrechtlich im Sinne des Staatsangehörigkeitsrechts interpretiert. Diese Auslegung entspricht dem seinerzeitigen materiell-rechtlichen Standpunkt der drei West-Mächte zur Frage der Deutschland aufzulegenden Reparationsleistungen (vgl. Raschhofer, Die Vermögenskonfiskation der Ostblockstaaten, S. 10 - 13). Gleichwohl wiederstreitet sie dem oben dargelegten Sinn und Zweck des Teiles VI Art. 3 Abs. 3 Überleitungsvertrag als Mittel zur Erreichung der Ablösung des Besatzungsstatutes (Wahl, Der Kampf um den Wehrbeitrag, 595, 603). Der Überleitungsvertrag entfaltet in bezug auf die die Reparationsleistungen betreffenden Regelungen drittbegünstigende Wirkung zugunsten der am Pariser Reparationsabkommen beteiligten Staaten, mithin auch der Tschechoslowakei (Raschhofer, in FS von der Heydte 495, 500 - 503). Diese dem Überleitungsvertrag innewohnende Drittbegünstigung der Tschechoslowakei würde in ihr Gegenteil verkehrt, wenn die tatsächlichen Rechtsauffassungen des enteignenden Staates bei der Bestimmung des Begriffes des "deutschen Auslandsvermögens" unberücksichtigt zu bleiben, letztere sich stattdessen vorrangig nach der Auslegung durch die Vertragsparteien zu richten hätten. Vor diesem Hintergrund ist der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu folgen, derzufolge die Frage der Feindeigenschaft des Vermögens auf der Grundlage der einschlägigen Regelung des enteignenden Staates zu klären ist. Insbesondere nach dem Urteil des BGH vom 11.04.1960 (BGHZ 32, 170, 172 f) reicht es zur Anwendung der Bestimmung des Teil VI Art. 3 Überleitungsvertrag aus, daß das Vermögen als deutsches Vermögen beschlagnahmt worden sei. Der BGH, der in diesem Fall über die Klage eines ausländischen Klägers zu entscheiden hatte, hat ausgeführt, Art. 3 Abs. 1 des VI. Teiles des Überleitungsvertrages habe die Maßnahmen zum Gegenstand, die sich gegen das deutsche Vermögen im Sinne der Feindgesetzgebung des Staates richten, der die Beschlagnahme durchgeführt habe; ob das beschlagnahmte Vermögen nach dieser Gesetzgebung im einzelnen Fall deutsches oder ausländisches Vermögen darstelle, sei ausschließlich von dem Staat zu entscheiden, der die Vermögenswerte beschlagnahmt habe (vgl. auch Raschhofer, in FS von der Heydte, 495, 512).
60Diese Sichtweise steht auch in Einklang mit den über Art. 25 GG zu berücksichtigten allgemeinen Regeln des Völkerrechts. Die Bestimmungen des Teiles VI Art. 3 Überleitungsvertrag beinhalten keine Anerkennung der Beschlagnahme und der Enteignung des Landwirtschaftsvermögens des Vaters des Klägers durch die tschechoslowakischen Behörden. Ebensowenig ist die Personalhoheit des Fürstentums L. verletzt. Zwar ist der aus dem Prinzip der souveränen Gleichheit aller Staaten abgeleitete Grundsatz, daß kein Staat Verfügungsbefugnis über die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates besitzt, eine allgemeine Regel des Völkerrechts und als solche über Art. 25 GG übergesetzlicher Bestandteil des Bundesrechts; die Entscheidung des Senats enthält sich jedoch im Einklang mit Teil VI Art. 3 Abs. 3 Überleitungsvertrag jeglicher Bewertung der seinerzeitigen Konfiskation. Insoweit stellt die aus dem Ausschluß der deutschen Gerichtsbarkeit resultierende Festschreibung des vorhandenen Zustands für das Gebiet der Bundesrepublik allenfalls eine reflexartige Beeinträchtigung der Position des Klägers dar, die einer eingriffsbedingten Verletzung seiner Rechte nicht gleichkommt. Unerheblich ist, daß die bezeichneten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes jeweils auf Sachverhalten beruhen, denen ausschließlich ein streitiges Rechtsverhältnis zwischen Angehörigen der Vertragsstaaten des Überleitungsvertrags oder der durch diesen begünstigten Staaten zugrundelag, während der Kläger und sein Vater die Staatsangehörigkeit eines stets neutralen Staates besitzen. Die in den Entscheidungen zum Ausdruck kommende höchstrichterliche Rechtsprechung beruht nämlich auf einer zweckorientierten Auslegung des Teiles VI Art. 3 Überleitungsvertrag, mit der ein Eingriff in die Rechte neutraler Staaten und auch des Klägers nicht einhergeht.
61Eine sachliche Überprüfung der Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Konfiskation durch deutsche Gerichte kommt nach alledem nicht in Betracht, da sich diese nach der insoweit maßgeblichen Gesetzgebung des enteignenden Staates gegen in seinem Territorium belegenes deutsches Auslandsvermögen richtete. Die zuständigen tschechoslowakischen Behörden haben ebenso wie das später angerufene Verwaltungsgericht in Bratislava das beschlagnahmte Eigentum des Vaters des Klägers als dem Regelungsgegenstand des § 1 Abs. 1 lit. a des Präsidialdekretes Nr. 12 vom 21. Juni 1945 unterfallend bewertet. Allein diese seinerzeitige Einordnung der Konfiskation rechtfertigt - ungeachtet ihrer Rechtmäßigkeit oder Rechtsbeständigkeit nach tschechoslowakischem oder internationalem öffentlichen Recht - die Qualifikation als Maßnahme gegen deutsches Auslandsvermögen im Sinne des Teiles VI Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 Überleitungsvertrag. Aufgrund der ausschließlich prozessualen Natur der den Ausschluß der deutschen Gerichtsbarkeit anordnenden Bestimmung kann es dahinstehen, ob der seinerzeit verwendete ethnische Begriff der deutschen Nationalität bzw. der deutschen Volkszugehörigkeit Eingang in Teil VI Art. 3 Überleitungsvertrag gefunden hat. Unmaßgeblich für die streitgegenständliche Rechtsfrage ist schließlich auch die gegenwärtige Rechtsauffassung des tschechischen Staates.
62§ 1 Abs. 1 lit. a des Präsidialdekretes Nr. 12 vom 21. Juni 1945 ordnet die Konfiskation des Landwirtschaftsvermögens "aller Personen der deutschen und ungarischen Nationalität" ohne Berücksichtigung ihrer Staatsangehörigkeit an. Gemäß § 2 Abs. 1 des Dekretes zählen zu den Angehörigen deutscher oder ungarischer Nationalität vorbehaltlich der Ausnahmen des Abs. 2 unter anderem solche Personen, "welche bei jeder Volkszählung seit dem Jahre 1929 sich zur deutschen oder ungarischen Nationalität angemeldet haben". Der Begriff der "deutschen Nationalität" bzw. der seinerzeit in Bezug auf nationale Minderheiten parallel gebrauchte Terminus der "deutschen Volkszugehörigkeit" entstammt nicht erst den Dekreten des Jahres 1945, sondern findet seine Ursprünge bereits in dem Staats- und Verwaltungsrecht der Habsburger Monarchie (Raschhofer, in FS von der Heydte, 495, 506). Als solcher wurde er vom tschecheslowakischen Staat bereits im Jahre 1930 in § 2 der die Volkszählungen betreffenden Regierungsordnung vom 26. Juni 1930 aufgenommen. Danach zählten zu den anzugebenden Merkmalen der Person sowohl deren Staatsangehörigkeit als auch ihre Nationalität, die sich gemäß den §§ 21 - 23 derselben Verordnung maßgeblich nach der Muttersprache richtete (vgl. Raschhofer in FS von der Heydte 495, 506, 511). Daß der seinerzeit zuständige Bezirksnationalausschuß in Olomouc, der Nationalausschuß in Brno und das Verwaltungsgericht Bratislava den Vater des Klägers als Angehörigen deutscher Nationalität in diesem Sinn ansahen, ist unbestritten. Diese Rechtsauffassung manifestiert sich nicht zuletzt in den Stellungnahmen des Landesnationalausschuß, der es "für die Beurteilung des Sache" ausdrücklich für "vollkommen bedeutungslos" hielt, ob jemand, dem das Landwirtschaftsvermögen konfisziert wird, "Ausländer oder unser Staatsangehöriger, Oberhaupt oder Bürger eines neutralen oder anderen Staates" sei. Weiterhin heißt es in der Beschwerdeentscheidung, "daß diese Enteignung laut Bestimmung des zitierten Dekretes, welches die Enteignung ohne Entgelt aller Personen der deutschen oder ungarischen Nationalität ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit" anordne, "durchgeführt worden" sei. Die Enteignung habe "die fremden Staatsangehörigen nach den gleichen Grundsätzen" wie die tschechoslowakischen Staatsangehörigen betroffen (vgl. Anlage Bl. 149 d.A.). Es kann auch dahinstehen, ob der Vater des Klägers sich und seine Familie als Angehörige der deutschen Volkszugehörigkeit bei den Volkszählungen im Jahre 1930 und 1939 bezeichnet hat. Wie sich aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Bratislava ergibt, genügte nach der entsprechenden Feindvermögensgesetzgebung auch die danach bejahte Allgemeinbekanntheit der deutschen Volkszugehörigkeit.
63bb)
64Das streitbefangene Gemälde war als Bestandteil des der Konfiskation unterliegenden sogenannten Landwirtschaftsvermögens gemäß § 1 Abs. 1 des Präsidialdekretes Nr. 12 von den Enteignungsmaßnahmen umfaßt. Nach § 4 des Dekretes zählt dazu auch das mobile Zubehör. § 7 Abs. 4 des Dekretes führt weiter aus, daß als bewegliches Zubehör unter anderem sogenannte Denkwürdigkeiten galten. Aus den Richtlinien der zuständigen Ministerien für Landwirtschaft und innere Angelegenheiten bezüglich der Anwendung der Dekrete Nr. 12 und 108 ergibt sich weiterhin, daß in Burgen, Schlössern und Palästen belegene kostbare Bilder nach den Bestimmungen des Präsidialdekretes Nr. 12 zu konfiszieren waren.
65An der Wirksamkeit der Beschlagnahme des streitbefangenen Gemäldes bestehen keine Zweifel. Voraussetzung ist insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur, daß die Beschlagnahme tatsächlich durchgeführt, also vollzogen und dadurch die Verfügungsgewalt des vormals Berechtigten tatsächlich beseitigt worden ist. Ob eine wirksame Beschlagnahme im Sinne des Teiles VI Art. 3 Abs. 1, 3 Überleitungsvertrag vorliegt, beurteilt sich ausschließlich nach dem Recht des beschlagnahmenden Staates als dem hierzu auch nach deutschem internationalen Privatrecht berufenen Recht (BGHZ 25, 127, 131 - 133, 134, 141); MDR 1957, 276 (277); Soergel-Kegel vor Art. 7 Rdnr. 815, 880; Staudinger-Stoll a.a.O. Rdnr. 144; Kegel, Internationales Privatrecht, § 23 II 5, 864; Lieberknecht, NJW 1956, 571, 574). Daß dem Vater des Klägers der Besitz an dem Gemälde durch die nach seinerzeitigem tschechoslowakischem Recht zur Durchführung der Maßnahmen berufenen Behörden effektiv entzogen wurde, ist dokumentiert und zwischen den Parteien unstreitig. Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme nach deutschem Verfassungsrecht oder allgemeinem Völkerrecht hat demgegenüber nach den oben dargelegten Grundsätzen zu unterbleiben. Wie erörtert, verfolgt Teil VI Art. 3 Abs. 3 Überleitungsvertrag den alleinigen Zweck, die Rechtsverfolgung gegen entsprechende Beschlagnahmemaßnahmen unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit auszuschließen.
66cc)
67Die Beschlagnahme des Gemäldes erfolgte auch aufgrund des Kriegszustandes zu Zwecken der Reparation im Sinne des Teiles VI Art. 3 Abs. 1, 3 Überleitungsvertrag.
68Bei der auf dem streitgegenständlichen Präsidialdekret Nr. 12 vom 21.06.1945 basierenden Konfiskation des Vermögens des Vaters des Klägers handelt es sich nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Norm um eine Maßnahme gegen deutsches Auslandsvermögen im Sinne des Teiles VI Art. 3 Abs. 1, 3 Überleitungsvertrag (vgl. hierzu Raschhofer in Fs von der Heydte, 495, 509 - 511 zu Dekret Nr. 108). Das Dekret Nr. 12 diente, ähnlich wie das nachfolgende Dekret Nr. 108 vom 25. Oktober 1945, seinem Titel zufolge der "Konfiskation und beschleunigten Aufteilung des Landwirtschaftsvermögen der Deutschen, Ungarn "- also der Angehörigen der beiden Feindnationen -" sowie der Hochverräter und Feinde des tschechischen Volkes". Bereits die Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereiches rechtfertigt die Qualifizierung der darauf beruhenden Konfiskationen als Maßnahmen gegen Feindvermögen im Sinne des Teiles VI Art. 3 Abs. 1, 3 Überleitungsvertrag (zu Dekret Nr. 108, das die rechtliche Zusammenfassung der tschechoslowakischen Konfiskationsmaßnahmen beinhaltet, BGH, IPRspr 1952/1953, 591, 595; Raschhofer in FS von der Heydte, 495, 504, 511) und belegt, daß das Dekret nicht lediglich im Zusammenhang mit der Nationalisierung von Privateigentum stand und als solches bloßer Bestandteil einer Bodenreform war. Das Vermögen der betroffenen Personen wurde als Feindvermögen eingezogen und sollte den Äußerungen des Staatspräsidenten Benes zufolge als "Vorschuß auf die Reparation gegenüber dem deutschen Reich" dienen (zitiert bei Raschhofer in FS von der Heydte, 495, 511). Daß eine Anrechnung auf das Reparationskonto der Tschechoslowakei später möglicherweise tatsächlich unterblieb, kann unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der seinerzeitigen tschechoslowakischen Regierung nicht dazu führen, das Dekret Nr. 12 vom Regelungsbereich des Teiles VI Art. 3 Abs. 1, 3 Überleitungsvertrag auszunehmen. Vielmehr bestätigt auch die Konkretisierung des Adressatenkreises der Vorschriften in § 3 des Dekretes, daß die angeordneten Maßnahmen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Krieg gegen Deutschland standen (vgl. zum Rechtsstandpunkt der Bundesregierung auch die Bewertung entsprechender Konfiskationen des polnischen Staates zum Nachteil der vertriebenen Deutschen durch den parlamentarischen Staatssekretär des BMJ, Dr. de With, in der Plenarsitzung des Deutschen Bundestages vom 18. März 1975, abgedruckt in Verhandlungen des Deutschen Bundestages, BT-Prot. 7/10953 f). Wenn demgegenüber eingewandt wird, Maßnahmen auf der Grundlage des Dekrets Nr. 12 seien nicht zu Reparationszwecken durchgeführt worden, vielmehr habe es sich insoweit um Strafmaßnahmen gegen deutsche Fremd-Grundbesitzer zum Zwecke der Vertreibung gehandelt (vgl. insbesondere Raschhofer, Vermögenskonfiskation, 14 - 17; Blumenwitz, JOR 13, 179, 242; Vermögensfrage, 64 - 66; Kieminich, Der Warschauer Vertrag, Grundlage oder Vernichtung privater Entschädigungsforderungen, JZ 1971, 485, 487) so wird verkannt, daß Teil VI Art. 3 Abs. 1 Überleitungsvertrag keineswegs verlangt, daß die Konfiskation ausschließlich zu den dort aufgeführten Zwecken erfolgte (vgl. Seidel-Hohenveldern - Territoriale Begrenzung ausländische Eingriffe in deutsches Vermögen nach dem Überleitungsvertrag, RIW 1957, 179, 182, NJW 1953, 1389, 1390).
69Im übrigen widerstreitet diese Einschätzung der im Rahmen von Teil VI Art. 3 Abs. 2 Überleitungsvertrag zu beachtenden tschechoslowakischen Rechtsauffassung, derzufolge die Bestimmungen des Dekrets Nr. 12 aufgrund des Kriegszustandes mit dem Deutschen Reich ergingen.
70Diese Bewertung wird schließlich durch die Feststellungen des Verfassungsgerichts der tschechichen Republik in seiner sogenannten Dreithaler-Entscheidung vom 8. März 1995 bestätigt. Darin führt das Gericht zur Begründung seiner Ablehnung des Antrags des dortigen Klägers auf Aufhebung des Präsidialdekrets Nr. 108 vom 25. Oktober 1945 unter anderem aus, daß das angefochtene Benes-Dekret gegen diejenigen gerichtet sei, "die durch ihr Verhalten, in welcher Form auch immer, den nazistischen Staat unterstützt" hätten. Gerade die stillschweigende Unterstützung des Nazismus durch die betroffenen Personen habe Verfolgung und Terror im seinerzeitigen Protektorat Böhmen und Mähren begünstigt. Ausdrücklich hebt das Gericht hervor, daß das Dekret Nr. 108 insoweit "zum Zeitpunkt seines Erlasses nicht nur ein legaler, sondern auch ein legitimer Akt" gewesen sei (zitiert bei Reismüller, Verantwortlichkeit von Deutschen und Tschechen, FAZ vom 28. März 1996, Nr. 75, S. 12). Diese höchstrichterliche Einschätzung der Rechtmäßigkeit des Dekretes Nr. 108 - und damit seiner Vorläufer, einschließlich des Dekretes Nr. 12 - ist dem Zweck des Teils VI Art. 3 Abs. 3 Überleitungsvertrag entsprechend von deutschen Gerichten hinzunehmen, ohne daß dadurch eine Billigung der tschechoslowakischen Maßnahmen in materiellrechtlicher, insbesondere international enteignungsrechtlicher Hinsicht ausgesprochen wird.
71dd)
72Schließlich gehören sowohl die Streithelferin als auch die Beklagte dem von Teil VI Art. 3 Abs. 3 Überleitungsvertrag geschützten Personenkreis an.
73Nach dem Wortlaut der Bestimmung beschränkt sich zwar der Ausschluß der deutschen Gerichtsbarkeit auf Ansprüche und Klagen gegen Personen, die aufgrund der in Abs. 1 dieses Artikels bezeichneten Maßnahmen Eigentum erworben oder übertragen haben, sowie gegen Personen, die auf Anweisung ausländischer Regierungen gehandelt haben. Die deutsche Gerichtsbarkeit ist aber nach Sinn und Zweck des Teils VI Art. 3 Abs. 3 Überleitungsvertrag bereits dann nicht gegeben, wenn der Kläger mit dem Urteil in der Sache eine Einwendung gegen Maßnahmen erheben will, die in Art. 3 Abs. 1 Teil VI Überleitungsvertrag bezeichnet sind (BGH 32, 170 ff). Der Regelungszweck der Vorschrift schließt es aus, zur Bestimmung des Anwendungsbereichs der Vorschrift den materiell-rechtlichen Eigentumserwerb und damit die Rechtsbeständigkeit der Konfiskation zu überprüfen. Infolgedessen rechtfertigt sich der Ausschluß der deutschen Gerichtsbarkeit bereits aus dem Umstand, daß sich die Streithelferin auf den konfiskationsbedingten Übergang des Eigentums an dem streitbefangenen Gemälde auf den tschechoslowakischen und nunmehr tschechischen Staat beruft und andererseits die Beklagte sich der Ableitung ihres unmittelbaren Besitzes von dem vermeintlichen Erwerber berühmt. Mit seinem Rechtsschutzverlangen begehrt der Kläger mittelbar die materiell-rechtliche Nichtanerkennung der seinerzeitigen Konfiskation des streitbefangenen Gemäldes durch ein deutsches Gericht. Gerade eine solche richterliche Prüfung und Bewertung der Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme soll jedoch nach dem Zweck der Bestimmung verhindert werden (BGHZ 32, 170, 173; WM 1963, 81, 83; WM 1987, 153; Beitzke, MDR 1957, 277 f).
74II.
75Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
76Streitwert für das Berufungsverfahren und zugleich Wert der Beschwer für den Kläger: 500.000,- DM.
77Der Schriftsatz des Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 08.07.1996 gibt zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keine Veranlassung.
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