Beschluss vom Oberlandesgericht Köln - 14 UF 159/98
Tenor
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß §§ 629a Abs. 2 Satz 1, 621e, 516, 519 ZPO, 20 FGG zulässig. In der Sache führt das Rechtsmittel nach Maßgabe der Beschlußformel zur Abänderung des angefochtenen Verbundurteils hinsichtlich der Entscheidung über den Versorgungsausgleich.
3Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Erwägungen:
41. Zutreffend und von der Beschwerde auch nicht beanstandet sind die Ausführungen des Amtsgerichts zum Ausgleich der von beiden Parteien in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung. Danach sind von den Rentenanwartschaften des Antragsgegners im Wege des Splittings gemäß § 1587b Abs. 1 BGB monatlich 556,59 DM auf das Versicherungskonto der Antragstellerin zu übertragen.
52. Demgegenüber kann den Berechnungen des Amtsgerichts hinsichtlich der von dem Antragsgegner bei der M. AG erworbenen Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung nicht gefolgt werden, wie die Antragstellerin zu Recht bemängelt. Das Amtsgericht hat den Ehezeitanteil dieser Anwartschaften nicht richtig ermittelt. Allerdings können auch die diesbezüglichen Berechnungen der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung nicht zugrunde gelegt werden, weil auch sie der gesetzlichen Regelung des § 1587a Abs. 2 Nr. 3b BGB nicht entsprechen.
6a) Im vorliegenden Fall endete die Betriebszugehörigkeit des Antragsgegners bei der M. AG am 27.1.1997, also vor dem Ende der Ehezeit am 30.9.1997. In einem solchen Fall bestimmt sich der Ehezeitanteil von Anwartschaften auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gemäß § 1587a Abs. 2 Nr. 3b BGB nach dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit zur gesamten Betriebszugehörigkeit.
7Die gesamte Betriebszugehörigkeit des Antragsgegners bei der M. bzw. bei deren Rechtsvorgängerin, der D. GmbH, währte vom 16.8.1966 bis 27.1.1997 (Bl. 29 des VA-Hefts). In entsprechender Anwendung von § 1587 Abs. 2 BGB (vgl. dazu Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 3. Aufl. 1998, Rdn. 196 zu § 1587a) ist die Betriebszugehörigkeit nach vollen Monaten zu berechnen und zwar beginnend vom 1. des Monats des Betriebseintritts bis zum letzten des Monats, der dem Betriebsaustritt vorausgeht. Demgemäß ist hier der Zeitraum vom 1.8.1966 bis zum bis zum 31.12.1996 zugrunde zu legen, das sind 30 Jahre und 5 Monate oder 365 Monate.
8Die in die Ehezeit fallende Betriebszugehörigkeit dauerte vom 1.9.1968 bis zum 31.12.1996, das sind 28 Jahre und 4 Monate oder 340 Monate.
9Der gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 3b BGB maßgebliche Ehezeitanteil der Anwartschaften wäre demgemäß nach dem Verhältnis von 340 zu 365 zu ermitteln.
10b) Demgegenüber hat das Amtsgericht nicht das Verhältnis der gesamten Betriebszugehörigkeit zur ehezeitlichen Betriebszugehörigkeit zugrunde gelegt, es hat vielmehr als Ausgangspunkt der Berechnung für die beiden Teilbeträge, aus denen sich die betriebliche Altersversorgung des Antragsgegners zusammensetzt, unterschiedliche Zeiträume der Betriebszugehörigkeit berücksichtigen wollen, ausgehend von den beiden für die Altersversorgung maßgeblichen Betriebsvereinbarungen vom 5.4.1976 und 10.5.1989 (Bl. 29 ff. des VA-Hefts). Demselben Schema folgt - unter Vermeidung eines Rechenfehlers des Amtsgerichts - die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung.
11Danach soll für den ersten Teilbetrag eine Betriebszugehörigkeit von 271 Monaten, nämlich vom 16.8.1966 bis 6.3.1989 (Ende der Geltungsdauer der Betriebsvereinbarung vom 5.4.1976) und
12für den zweiten Teilbetrag eine Betriebszugehörigkeit von 95 Monaten, nämlich vom 7.3.1989 (Beginn der Geltungsdauer neuen Betriebsvereinbarung) bis 27.1.1997 (95 Monate) maßgebend sein.
13Bei diesem Ausgangspunkt würden von dem ersten der vorgenannten Zeiträume rund 247 Monate (27.9.1968 bis 6.3.1989) in die Ehezeit fallen , wie in der Beschwerdebegründung unter Hinweis auf den diesbezüglichen Rechenfehler des Amtsgerichts zutreffend ausgeführt ist, so daß sich der Ehezeitanteil des ersten Teilbetrages nach dem Verhältnis von 247 zu 271 bestimmen würde.
14Hinsichtlich des zweiten Teilbetrages würde die Betriebszugehörigkeit hingegen in vollem Umfang in die Ehezeit fallen, wie die Antragstellerin im Einklang mit dem Amtsgericht zutreffend annimmt.
15c) Die vorstehend wiedergegebenen Überlegungen des Amtsgerichts und der Antragstellerin sind aber nur zum Teil - nämlich hinsichtlich des zweiten Teilbetrages der betrieblichen Altersversorgung des Antragsgegners - mit der gesetzlichen Regelung des § 1587a Abs. 2 Nr. 3b BGB in Einklang zu bringen.
16Wie unter a) ausgeführt, bestimmt sich der Ehezeitanteil von Anwartschaften auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gemäß § 1587a Abs. 2 Nr. 3b BGB grundsätzlich nach dem Verhältnis der die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit zur gesamten Betriebszugehörigkeit. Das Abstellen auf die gesamte Betriebszugehörigkeit (wie auch auf die gesamte mögliche Betriebszugehörigkeit in § 1587a Abs. 2 Nr. 3a BGB bei noch nicht beendeter Betriebszugehörigkeit) beruht auf der Erwägung, daß die volle Versorgung, deren Ehezeitanteil zu bestimmen ist, während der gesamten Betriebszugehörigkeit erdient worden ist, daß sie mit anderen Worten für die gesamte im Betrieb geleistete Arbeit oder die gesamte "Betriebstreue" gewährt wird, ohne daß dabei zwischen der Arbeitsleistung vor oder nach Erteilung der Versorgungszusage unterschieden wird (vgl. u.a. BGH FamRZ 1991,1416 ff [1417]; Staudinger/Rehme, BGB 12. Aufl. 1995, Rdn. 289 zu § 1587a; vgl. weiterhin aus der Literatur zu § 2 BetrAVG, dem die Regelung des § 1587a Abs. 2 Nr. 3 BGB nachgebildet ist, Höhne in: Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Weinert, Kommentar zum Betriebsrentengesetz, 2. Aufl. 1982, Rdn. 9 zu § 2; Blomeyer/Otto, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, 2. Aufl. 1997, Rdn. 2 zu § 2; Höfer, BetrAVG, Stand 1999, Rdn. 1701-1703 zu § 2).
17Deshalb kommt es für § 1587a Abs. 2 Nr. 3 BGB grundsätzlich nicht auf den Zeitpunkt der Erteilung oder den Beginn einer Versorgungszusage oder den Beginn der Mitgliedschaft in einer Versorgungseinrichtung an, sondern auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit (vgl. dazu u.a. BGH FamRZ 1997, 166ff mit zahlreichen weiteren Nachweisen; insoweit hat der BGH die Vorentscheidung des OLG Celle FamRZ 1995, 366ff ausdrücklich bestätigt; OLG Hamm FamRZ 1991, 955f; Palandt/Diederichsen , BGB, 58. Aufl. 1999, Rdn. 58 und 71 zu § 1587a; Staudinger/Rehme, a.a.O. sowie Rdn. 298 und 301 zu § 1587a; Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., Rdn. 190 und 202 zu § 1587a; Höhne, a.a.O., Rdn. 34 zu § 2; Blomeyer/Otto, a.a.O., Rdn. 46 zu § 2; a.A. OLG Düsseldorf FamRZ 1994, 517ff mit ablehnender Anmerkung von Glockner, FamRZ 1994, 900ff).
18Eine Ausnahme hiervon sieht das Gesetz nur dann vor, wenn vertraglich vereinbarte Vordienstzeiten (sog. gleichgestellte Zeiten) in die Betriebszugehörigkeit einzubeziehen sind. Für die Bestimmung des Ehezeitanteils spielen diese Zeiten aber nur dann eine Rolle, wenn sich die Höhe der vollen Versorgung nicht nach der tatsächlichen Dauer der Betriebszugehörigkeit richtet, sondern die gleichgestellten Zeiten die Höhe mitbestimmen (vgl. dazu allgemein BGH FamRZ 1997, 166ff mit weiteren Nachweisen). In derartigen Fällen kann sich für mehrere Teilversorgungen ein unterschiedliches Zeit-Zeit-Verhältnis ergeben (Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., Rdn. 196 zu § 1587a). Entsprechendes muß gelten, wenn etwa die Höhe der vollen Versorgung sich nicht nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit, sondern nur nach der Geltungsdauer einer Versorgungsregelung bestimmt, was im vorliegenden Fall in Betracht kommt.
19Gemessen an diesen Grundsätzen ergibt sich für die beiden Teilbeträge, aus denen sich die Anwartschaft des Antragsgegners auf betriebliche Altersversorgung zusammensetzt, folgendes Bild:
20(1) Hinsichtlich des ersten Teilbetrages von monatlich 380,59 DM ist dem Berechnungsbogen des Arbeitgebers des Antragsgegners eindeutig zu entnehmen, daß die Höhe der vollen Versorgung nach der gesamten möglichen Dauer der Betriebszugehörigkeit des Antragsgegners bis zum 65 Lebensjahr berechnet ist (vgl. dazu Teilziffern 5, 6, 7 und 14 des 1. Berechnungsbogens, Bl. 30-32 des VA-Hefts). Die Geltungsdauer der Betriebsvereinbarung vom 5.4.1976 hat demgegenüber für die Berechnung keine Rolle gespielt. Der Ehezeitanteil ist deshalb hinsichtlich dieses Teilbetrages nach der grundsätzlichen Bestimmung des § 1587a Abs. 2 Nr. 3b BGB zu bestimmen. Er errechnet sich wie folgt:
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22380,59 DM x 12 Monate = 4.567,08 DM. Dieser Jahresbetrag der vollen Versorgung ist nach dem Verhältnis von ehezeitlicher Betriebszugehörigkeit (siehe oben: 340 Monate) zur gesamten Betriebszugehörigkeit (siehe oben: 365 Monate) auf den Ehezeitanteil zu reduzieren, dieser beträgt also 4.567,08 x 340 : 365 = 4.254,27 DM.
23Entsprechend dem angefochtenen Urteil ist dieser Betrag mit dem Faktor 7,36, dem um 60 % erhöhten Barwertfaktor von 4,6 (soweit der Barwertfaktor mit 3,7 statt mit der zutreffenden Zahl 4,6 angegeben ist, handelt es sich nur um einen Schreibfehler, der sich aber auf das Ergebnis nicht ausgewirkt hat), zu multiplizieren, woraus sich ein Barwert von 31.311,43 DM ergibt.
24(2) Bei dem zweiten Teilbetrag von 80,90 DM ergibt sich demgegenüber aus dem Berechnungsbogen des Arbeitgebers (Bl. 33 ff des VA-Hefts), daß die Betriebszugehörigkeit des Antragsgegners vor Beginn der Geltungsdauer der neuen Betriebsvereinbarung vom 10.5.1989 für die Berechnung der Höhe der vollen Versorgung keine Rolle gespielt hat, insoweit also nur die Betriebszugehörigkeit ab 7.3.1989 zugrunde gelegt worden ist (vgl. Teilziffern 5, 6, 7 und 14 des 2. Berechnungsbogens). Insoweit bleibt es deshalb bei der Feststellung des angefochtenen Urteils, daß der Teilbetrag von 80,90 DM, abweichend vom Wortlaut des § 1587a Abs. 2 Nr. 3b BGB, in vollem Umfang in die Ehezeit fällt. Ebenfalls zutreffend hat das Amtsgericht insoweit einen Barwert von 4.465,68 DM ermittelt.
25Insgesamt ergibt sich damit ein Barwert von (31.311,43 + 4.465,68 =) 35.777,11 DM. Nach Dynamisierung mit den Rechenfaktoren, die in dem angefochtenen Urteil zutreffend zugrunde gelegt sind, errechnet sich eine volldynamische Anwartschaft von 155,39 DM.
263. Von dem vorgenannten Betrag ist im Wege des erweiterten Splittings gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG die Hälfte (= 77,70 DM) auf das Versicherungskonto der Antragstellerin zu übertragen. Der Höchstbetrag von 2 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV, bezogen auf das Ende der Ehezeit im Jahre 1997, beträgt 85,40 DM (vgl. FamRZ 1999, 212) und wird somit nicht überschritten.
274. Insgesamt sind danach Rentenanwartschaften von monatlich (556,59 + 77,70 =) 634,29 DM vom Konto des Antragsgegners auf dasjenige der Antragstellerin zu übertragen. Daß dieser Betrag - geringfügig - über dem mit der Beschwerde verfolgten Antrag liegt, ist unschädlich, weil das Gericht im Rechtsmittelverfahren über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich an Sachanträge des Rechtsmittelführers nicht gebunden ist (BGH NJW 1984, 2879 = FamRZ 1984, 990)
285. Die Kostenentscheidung folgt aus § 93a ZPO - hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens in analoger Anwendung -.
29Beschwerdewert: 1.000,-- DM, Mindestbetrag nach § 17a Nr. 1 GKG
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