Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 1 U 31/01
Tenor
1
T a t b e s t a n d:
2Die Parteien streiten um die Verpflichtung zur Tragung von Kosten für die Neuverlegung von Versorgungsleitungen im Zuge des Neubaus der ICE-Trasse K.-K.. Die Klägerin unterhielt unter dem Bahngelände im Bereich des Bahnhofs in T. einen Abwasserkanal und eine Frischwasserleitung.
3Grundlage der Durchführung des Abwasserkanals unter dem Gelände der Beklagten war ein Vertrag vom 04/08.10.1917, in dem die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Rechtsvorgängerin der Klägerin die Verlegung eines Abwasserkanals unter dem Bahngelände in T. gestattete. In diesem Vertrag heißt es:
4"Die Unterhaltung des Kanals übernimmt die Antragstellerin auf eigene Kosten. Bei Veränderungen der Bahnanlage, durch welche die Anlage in Mitleidenschaft gezogen werden sollte, hat die Antragstellerin die nach Entscheidung der Eisenbahnverwaltung erforderlichen Arbeiten auf eigene Kosten zu bewirken".
5Der Vertrag enthält darüber hinaus weitere Regelungen, die die Gestattungsnehmerin verpflichten, alle Aufwendungen im Zusammenhang mit der Errichtung und Unterhaltung des Kanals selbst zu tragen und eventuelle Schäden am Bahnkörper auf ihre Kosten zu beseitigen (u.a. Ziffer 3, Ziffer 6, Ziffer 10). Im Gegenzug verpflichtete sich die Gestattungsnehmerin (Rechtsvorgängerin der Klägerin), der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine "Anerkennungsgebühr" von 100,00 RM zu zahlen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den in Ablichtung zu den Akten gereichten Vertrag vom 04./08.10.1917 Bezug genommen (Blatt 13 d. A.).
6Vertragliche Grundlage für die Durchführung der Frischwasserleitung unter dem Bahngelände ist ein Vertrag vom 12.06./07.07.1953 (Blatt 10 d. A.). In diesem Vertrag heißt es in Ziffer 3:
7"Falls die Deutsche Bundesbahn aus Betriebs- oder Verkehrsrücksichten ihre Anlagen verändern muss und hierdurch die eingeräumte Gestattung beeinflusst wird, hat der Gestattungsnehmer die zugelassenen Anlagen den veränderten Verhältnissen auf seine Kosten anzupassen".
8Auch im weiteren enthält der Vertrag Regelungen, die die Kosten und Risiken der Leitungsführung unter der Gleisanlage auf die Gestattungsnehmerin abwälzen (Ziffer 3 Absatz 1, Ziffer 5, Ziffer 6, Ziffer 8). Der Vertrag regelt darüber hinaus in Ziffer 7 ein beiderseitiges Kündigungsrecht von einem Monat.
9Die Gegenleistung für die Gestattung haben die Parteien ab 1958 auf 200,00 DM jährlich festgesetzt.
10Im Bereich des Bahnhofs T. treffen zwei Bauvorhaben der Deutschen Bundesbahn aufeinander. Zum einen wird dort die ICE-Trasse zwischen F. und K. gebaut. Die Trassenführung folgt ab Siegburg bis Köln weitgehend - mit Ausnahme der Schleife zum K./B. Flughafen - der vorhandenen Bahntrasse. Darüber hinaus soll die rechtsrheinische Bahnstrecke von L. bis K. für den S-Bahn-Verkehr ausgebaut werden. Dieser Ausbau soll sich im wesentlichen im Bereich des vorhandenen Bahnkörpers der rechtsrheinischen Bahnstrecke K.-K. vollziehen. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Pläne verwiesen (Blatt 73 f d. A.).
11Während die S. von Osten auf die künftige ICE-Trasse trifft, kommt die Trasse B.-K. von Westen. Um diese beiden Nahverkehrs- und S-Bahn-Strecken zu vereinigen, muss an einer Stelle die ICE-Trasse gekreuzt werden. Im Hinblick auf die hohe Grundgeschwindigkeit der ICE-Züge hat man sich gegen eine Schienenkreuzung auf gleicher Ebene entschieden und im Bereich des Bahnhofsgeländes in T. einen Tunnel als "Überfahrbauwerk" errichtet. Während die ICE-Trasse durch den Tunnel geführt wird, können langsamere Züge oberirdisch kreuzen.
12Dieses Tunnelbauwerk liegt in dem Bereich, in dem die Rechtsvorgängerin der Klägerin den Kanal und die Frischwasserleitung unter den Bahntrasse durchgeführt hatte. Der Tunnelneubau machte eine Neuverlegung dieser Einrichtungen notwendig, wodurch der Klägerin erhebliche Kosten entstanden sind. Sie errechnete insofern einen Betrag von über 5,8 Millionen DM. Zur Klärung der Frage, ob die Beklagte an diesen Kosten zu beteiligen ist, hat sie Teilklage erhoben, mit der sie einen Betrag in Höhe von 123.476,19 DM geltend macht.
13Sie ist der Auffassung, die Maßnahme sei im Rahmen der völlig neu gebauten ICE-Trasse notwendig geworden. Die Untertunnelung sei dabei keineswegs unumgänglich gewesen, sondern das Ergebnis eines politischen Kompromisses vor dem Hintergrund des B.-B.-Gesetzes. Die politisch gewollte Anbindung der Bundesstadt B. an den Flughafen habe das Projekt letztlich ausgelöst. Im Planfeststellungsverfahren sei die Klägerin über lange Zeit durch die Beklagte und das Eisenbahnbundesamt in dem Glauben gelassen worden, eine Verlegung des Kanals und der Frischwasserleitung sei nicht erforderlich. Vor diesem Hintergrund hält sie die Kostenregelung in dem Vertrag aus dem Jahre 1917 nicht für einschlägig. Sie steht auf dem Standpunkt, diese Regelung erfasse die völlige Neuerrichtung einer Bahntrasse und politisch motivierte Entscheidungen nicht. Die Maßnahme könne auch nicht im Sinne des Vertrages aus dem Jahre 1953 zu einer Kündigung führen. Dies sei nach § 7 Abs. 2 dieses Vertrages nur dann erlaubt, "wenn dies wegen ihres Betriebes oder Verkehrs notwendig ist". Die Untertunnelung sei nicht in diesem Sinne betriebsbedingt, sondern als Ergebnis eines politischen Kompromisses nicht zwingende Folge der Trassenführung der Neubaustrecke K.-F.. An den auf der Entscheidung der Beklagten zur Untertunnelung beruhenden Kosten sei die Klägerin nicht zu beteiligen. Die Beklagte habe die Kosten der Verlegung des Kanals vielmehr bei der Kalkulation der Neubaumaßnahme zu berücksichtigen gehabt.
14Die Klägerin beruft sich im übrigen auf die Richtlinien über die Kreuzung von Wasserleitungen eines Unternehmens der öffentlichen Wasserversorgung mit dem DB-Gelände und den DB-Wasserleitungen aus dem Jahre 1958 und die Richtlinie der D. B. über die Kreuzung von Bundesbahngebiet durch Gasleitungen aus dem Jahre 1951. Diese Richtlinien sehen eine hälftige Kostentragung vor, wenn die Änderung der Anlage eines Vertragspartners auch eine Änderung der Anlage des anderen Vertragspartners notwendig macht. Der in diesen Richtlinien niedergelegte Rechtsgedanke müsse im vorliegenden Fall im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung herangezogen werden.
15Die Klägerin hat beantragt,
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17die Beklagte zu verurteilen, an sie 123.476,19 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 09.06.1998 seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
18Die Beklagte hat beantragt,
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20die Klage abzuweisen.
21Die Beklagte ist der Auslegung der Gestattungsverträge durch die Klägerin entgegengetreten. Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, es sei ihre freie unternehmerische Entscheidung gewesen, im Rahmen der Neubaumaßnahme durch das Tunnelbauwerk eine kreuzungsfreie Überquerung der ICE-Trasse durch S-Bahn und Nahverkehrszüge zu ermöglichen.
22Durch am 15.02.2001 verkündetes Urteil hat das Landgericht Köln die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass bei einer Auslegung der zwischen den Parteien bestehenden Verträge gemäß §§ 133, 157 BGB die Gestattungsnehmerin, also die Klägerin, die Kostenpflicht für die Verlagerung der Leitungen im Zuge des Ausbaus der ICE-Trasse mit einem Tunnel treffe.
23Gegen dieses ihr am 14.03.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch einen am 17.04.2001 (Dienstag nach Ostern) beim Oberlandesgericht Köln eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie nach mehrfacher Verlängerung der Berufungsbegründungfrist bis zum 09.07.2001 mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
24Mit der Berufung vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen zur Auslegung der Gestattungsverträge.
25Die Klägerin beantragt,
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27unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 123.476,19 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 27.09.2000 zu zahlen.
28Die Beklagte beantragt,
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30die Berufung zurückzuweisen.
31Auch die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
32Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze und insbesondere die Berufungsbegründung vom 06.07.2001 sowie die Berufungserwiderung vom 07.08.2001 Bezug genommen.
33E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
34Die in förmlicher Hinsicht unbedenkliche Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
35Nach den zwischen den Parteien bestehenden Verträgen hat die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Übernahme oder Beteiligung an den Kosten der Verlegung der Frischwasserleitung und des Abwasserkanals wegen des Baus der Unterführung im Bereich des Bahnhofs T..
36Nach der zutreffenden ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 123, 166 f; 114, 30 f) richtet sich die Kostentragungspflicht für durch Baumaßnahmen an Verkehrswegen veranlasste Änderungen an darunter liegenden Versorgungsleitungen grundsätzlich nach dem zwischen dem Eigentümer des Verkehrsweges und dem Gestattungsnehmer geschlossenen Vertrag. Die hier maßgeblichen Verträge sehen bei verständiger Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB eine Kostentragungspflicht der Beklagten gerade nicht vor. Sie geben vielmehr der Gestattungsnehmerin das Kostenrisiko auf.
37Der Wortlaut des Vertrages aus dem Jahre 1917 (dort Ziffer 10) erfasst gerade den vorliegenden Fall. Die Maßnahme stellt eine - wenn auch weitgehende - Veränderung der Bahnanlage dar, durch die entsprechend dieser Bestimmung die gestattete Anlage in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Es liegt nach dem Wortlaut dieser Regelung bei der Klägerin, die Kosten der notwendigen Änderungsmaßnahmen zu tragen.
38Ähnliches gilt für den Gestattungsvertrag aus dem Jahre 1953, nach dem den Gestattungsnehmer die Kostenlast für Änderungen an seiner Anlage trifft, wenn die Bahn "aus Betriebs- oder Verkehrsrücksichten ihre Anlagen verändern muss und hierdurch die eingeräumte Gestattung beeinflusst wird". Eine Einschränkung dahingehend, dass nur kleinere Maßnahmen, nicht aber tiefgreifende Änderungen im Gleiskörper die Kostenpflicht des Gestattungsnehmers auslösen, enthalten beide Verträge nicht. Sie erfassen pauschal alle Veränderungen.
39Dem Wortlaut der Verträge läßt sich auch keine den vorliegenden Fall berührende Einschränkung der unternehmerischen Entscheidungsbefugnis der Beklagten entnehmen. Im Vertrag von 1953 ist insofern als gewisse Einschränkung zwar genannt, dass die Baumaßnahme "aus Betriebs- oder Verkehrsrücksichten" motiviert sein muss. Schon nach ihrem objektiven Bedeutungsgehalt eröffnet diese Regelung damit jedoch einen weiten Gestaltungsspielraum. Sie umschließt begrifflich auch die weitreichende Modernisierung des Schienennetzes und damit einhergehende grundlegende bauliche Änderungen. Die Annahme der Klägerin, man müsse bei den geschlossenen Verträgen zwischen "Verschleißerneuerung" und grundlegenden Änderungen der bahnverkehrlichen Konzeption unterscheiden, wird vom Wortlaut der Regelungen nicht gedeckt.
40Ob die durchgeführten Baumaßnahmen auf verkehrs- oder regionalpolitischen Erwägungen beruhen, kann nach der Entstehungsgeschichte der Verträge nicht entscheidend sein. Der Verkehrswegebau ist und war immer von technischen Entwicklungen, sich ändernden verkehrspolitischen Grundanschauungen und dem Zeitgeist beeinflusst. Dies war den Vertragsschließenden 1917 und 1953 bekannt. Imdem die Verträge keine irgendwie geartete Einschränkung der Befugnisse der Eigentümerin beinhalten, waren sie zukunftsoffen und schlossen Änderungen aufgrund künftiger Entwicklungen gerade mit ein.
41Auch aus Sinn und Zweck der Bestimmungen zur Kostenpflicht bei baulichen Änderungen in den Gestattungsverträgen ergibt sich nichts anderes. Die Regelungen über die Kostenlast des Gestattungsnehmers bei baulichen Änderungen der im Boden liegenden Kanäle und Leitungen kann von vornherein nur durch tiefgreifende bauliche Maßnahmen am Gleiskörper Bedeutung gewinnen. Immerhin hat sich seit 1917 für die Klägerin keine Notwendigkeit ergeben, ihre Kanalanlagen baulichen Maßnahmen der Bahn anzupassen. Eine einfache Erneuerung der Gleise oder der Gleiskörper, die oberirdisch stattfindet, kann ihrer Natur nach die in der Erde liegenden Leitungen nicht berühren. Erst bei Maßnahmen, wie der Vorliegenden, kommen die vertraglichen Regelungen zum Tragen. Die von der Klägerin vorgenommene einschränkende Auslegung ließe die angesprochenen vertraglichen Bestimmungen über die Kostentragungspflicht bei Änderungen am Bahnkörper sinnwidrig leer laufen.
42Das Landgericht hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass sich eine andere Auslegung der Gestattungsverträge im Hinblick auf die Höhe der "Anerkennungsgebühren" verbietet. Die über Jahrzehnte gleich gebliebenen, nach den Verträgen aus den Jahren 1917 und 1953 geschuldeten geringfügigen Jahresbeträge rechtfertigen es nicht, eine Kostenpflicht der D. B. in Millionenhöhe anzunehmen. Maßgeblich ist für diese Wertung die erkennbare Interessenlage der Beteiligten bei Vertragschluss. Die Höhe der "Anerkennungsgebühren" lässt es bei vernünftiger wirtschaftlicher Betrachtung als ausgeschlossen erscheinen, dass die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin mit der Gestattung das Risiko finanziell unabsehbarer Folgekosten für die geduldeten Anlagen auch nur teilweise übernehmen wollte. Die geschuldeten Beträge zwingen vielmehr zu dem Schluss, dass die Beklagte mit den Risiken der Verwendbarkeit der Investitionen des Gestattungsnehmers nichts zu tun haben wollte.
43Bei dem Vertrag aus dem Jahre 1953 spricht für dieses Ergebnis zudem, dass in ihm ein beiderseitiges Kündigungsrecht ausdrücklich vorgesehen ist. Danach hätte es die Beklagte in der Hand gehabt, die Gestattung der Frischwasserleitung zu kündigen. In diesem Fall hätte sich die Klägerin insgesamt um eine neue Leitungsführung kümmern müssen. Auf die Frage, ob das Kündigungsrecht im Hinblick auf die Dauer des Vertrages und die weitrechenden Folgen der Ausübung dieses Gestaltungsrechts für die Klägerin auf wichtige Gründe beschränkt war, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Bei der Auslegung ist maßgeblich die von den Vertragsschließenden gewollte Konzeption des Vertrages, die hier ein weitgehendes Recht zur Auflösung der Vertragsbeziehung vorsah. Dieses vertragliche vereinbarte weitgehende Recht zur Vertragsauflösung spricht für die Sicht der Beklagten, dass ihr aus der Gestattung weder finanzielle noch sonstige Nachteile entstehen sollten.
44Die von der Klägerin ins Feld geführten Richtlinien rechtfertigen kein anderes Auslegungsergebnis. Maßgeblich für die Bestimmung des Vertragsinhalts ist die Vorstellung der Parteien bei Vertragsabschluss. Zu ähnlichen Konstellationen entwickelte Richtlinien anderer Beteiligter können die Auslegung der konkreten Verträge nicht beeinflussen. Dies gilt für den Vertrag aus dem Jahre 1917 schon deshalb, weil er lange Zeit vor dem Inkrafttreten der von der Klägerin ins Feld geführten Richtlinien geschlossen worden ist.
45Schließlich ist für eine ergänzende Vertragsauslegung im vorliegenden Fall kein Raum. Eine ergänzende Auslegung von Verträgen kommt immer nur dann in Betracht, wenn die vertraglichen Bestimmungen eine Lücke aufweisen, deren Schließung zur Herbeiführung eines gerechten Ausgleichs zwischen den Vertragsbeteiligten nach Treu und Glauben erforderlich ist (BGH NJW 1994, 1011). Nach dem Inhalt der Verträge kann jedoch von einer Regelungslücke im hier streitigen Punkt der Kostentragungspflicht keine Rede sein. Sowohl der Vertrag aus dem Jahre 1917 als auch der Vertrag aus dem Jahre 1953 regeln die Kostentragungspflicht zum Nachteil der Klägerin eindeutig.
46Wie der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht hat, stehen der Klägerin auch unter dem Gesichtspunkt einer vertraglichen Nebenpflichtverletzung keine Ansprüche zu. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten eine Verletzung einer Leistungstreuepflicht vorgeworfen werden kann, sind nämlich nicht vorgetragen. Die Parteien eines Vertrages dürfen zwar grundsätzlich nicht den Vertragszweck beeinträchtigen oder gefährden. Sie haben bei ihrem Handeln die berechtigten Belange des Vertragspartners zu bedenken. Bei dem durch die geschlossenen Verträge nach den vorstehenden Erwägungen der Beklagten eingeräumten weiten Gestaltungsspielraum ist es ihr nicht als treuwidrig vorzuwerfen, gerade im Bereich des Kanals und der Frischwasserleitung der Klägerin den Tunnel gebaut zu haben. Der Vorwurf einer vertraglichen Nebenpflichtverletzung setzte voraus, dass es naheliegende andere vertretbare Lösungen gab, den bahntechnischen Problemen, die sich aus der Kreuzung unterschiedlich schneller Verkehrsströme ergeben, Rechnung zu tragen. Das Ansinnen der Beklagten, im Rahmen ihrer Verkehrsplanung zur Optimierung des ICE-Verkehrs überhaupt eine kreuzungslose Situation zu schaffen, ist im Ansatz nicht zu missbilligen. Anhaltspunkte dafür, dass dieses Überquerungsbauwerk mutwillig im Bereich der Versorgungsleitungen der Klägerin errichtet worden ist und ohne weiteres an einer anderen Stelle hätte plaziert werden können, sind nicht ersichtlich. Im Planfeststellungsverfahren, in dem alle öffentlichen und privaten Belange, die durch das Vorhaben beeinträchtigt werden konnten, zu berücksichtigen waren, ist Derartiges unstreitig von Seiten der Klägerin nicht vorgebracht worden.
47Der Klägerin steht danach unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Aufwendungen für die Neuverlegung der Versorgungsleitungen zu.
48Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
49Streitwert für das Berufungsverfahren
50und Beschwer für die Klägerin: 123.476,19 DM
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Referenzen
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