Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 14 U 9/03
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 20. Februar 2003 – 24 O 249/02 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
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G r ü n d e :
2I.
3Der Senat nimmt auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils, durch das die Klage abgewiesen worden ist, Bezug. Klarzustellen ist, dass der Ehemann der Klägerin nur bis zum 31.12.1986 (nicht 1996) Komplementär der I KG war.
4Gegen das ihr am 21. Februar 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. März 2003 Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12. Mai 2003 mit einem an diesem Tage beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
5Die Klägerin verfolgt ihr erstinstanzliches Klageziel – mit reduziertem Zinsantrag – weiter und wiederholt und vertieft zur Begründung ihren Vortrag aus dem ersten Rechtszug.
6Der Beklagte erstrebt die Zurückweisung der Berufung.
7II.
8Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat eine Einstandspflicht des Beklagten für Zahlungsansprüche der Klägerin aus der zwischen ihrem Ehemann und der I KG unter dem 20./28.3.1980 getroffenen Ruhegeldvereinbarung zu Recht verneint.
9Unter Bezugnahme auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils ist zu den Angriffen der Berufung ergänzend Folgendes auszuführen:
10Wie auch von der Klägerin im Ausgangspunkt richtig gesehen, fallen in der Geschäftsführung tätige persönlich haftende Gesellschafter von Personengesellschaften nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, welcher der Senat folgt, grundsätzlich nicht unter den Insolvenzschutz nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG (vgl. dazu und zum Nachfolgenden Blomeyer/Otto, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, 2. Aufl. 1997, § 17, Rdn. 132ff., mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur).
11Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt nur dann in Betracht, wenn der geschäftsführende Gesellschafter wirtschaftlich gesehen nur „angestellter Komplementär“ ist, womit gemeint ist, dass er nur im Außenverhältnis als Gesellschafter auftritt, im Innenverhältnis hingegen eine einem Angestellten vergleichbare Position bekleidet.
12Als Indizien für einen solchen Ausnahmefall hat der Bundesgerichtshof angesehen:
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Eine nur geringfügige Kapitalbeteiligung des Komplementärs (dies war hier in der Person des Ehemanns der Klägerin gegeben) und
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im Innenverhältnis die Freistellung von der persönlichen Haftung durch die Kommanditisten (lag im vorliegend Fall unstreitig nicht vor).
Soweit die Klägerin gleichwohl meint, ihr Ehemann sei – aus anderen Gründen – nur wie ein „angestellter Komplementär“ tätig gewesen, ist ihr zuzugestehen, dass die vorstehend genannten Indizien nicht als ausschließliche Kriterien oder unabdingbare Voraussetzungen für die Einbeziehung von Komplementären in den Schutzbereich des BetrAVG angesehen werden müssen. Es erscheint vielmehr denkbar, dass der Ausnahmefall des „angestellten Komplementärs“ auch aus anderen Umständen hergeleitet werden kann.
17Derartige Umstände hat die hierfür darlegungspflichtige Klägerin jedoch nicht vorgetragen.
18Der Hinweis auf die „rein formale“ Kapitalbeteiligung ihres Ehemannes (Bl. 108 d.A.) ist insofern unzutreffend, als der Ehemann der Klägerin – anders als die nicht zu den „Unternehmerfamilien“ Baum und I gehörenden Komplementär-Geschäftsführer – seine Kapitalbeteiligung beim Ende des Anstellungsverhältnisses nicht zurückgeben musste. Darauf hat die Klägerin in erster Instanz mit ihrem Schriftsatz vom 5.8.2002 selbst noch hingewiesen (Bl. 50 d.A.).
19Als weiteres wesentliches Argument führt die Klägerin an, dass, um die Anwendung von § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG auszuschließen, eine „echte unternehmerische Leitungsmacht und Entscheidungsfreiheit“ des Komplementärs gegeben sein müsse, was bei ihrem Ehemann nicht der Fall gewesen sei. Diese Überlegung ist insofern vom Ansatz her verfehlt, als das oben beschriebene Regel-Ausnahmeverhältnis ins Gegenteil verkehrt wird. Abgesehen davon trifft es aber auch nicht zu, dass der Ehemann der Klägerin die erforderliche Leitungsmacht nicht hatte. Er war lange Zeit sogar alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft und während der übrigen Perioden zumeist neben nur einem weiteren Geschäftsführer tätig, die Einzelheiten sind in der Berufserwiderung zusammenfassend dargestellt (Bl. 119f. d.A.). Nach dem Gesellschaftsvertrag bestand insoweit Gesamtvertretung und Gesamtgeschäftsführung (Bl. 37 d.A.).
20Die Tatsache, dass nach § 6 des Gesellschaftsvertrages bestimmte Geschäfte von der Zustimmung des Beirats abhängig waren (vgl. Bl. 38f. d.A.), führt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu der Schlussfolgerung, dass ihr Ehemann nur eine untergeordnete Stellung wie ein „angestellter Komplementär“ hatte. Der Beklagte hat vielmehr zutreffend darauf verwiesen, dass derartige Einschränkungen der Geschäftsführung durchaus dem gesetzlichen Leitbild entsprechen und deshalb nicht geeignet sind, einen Ausnahmefall im dargestellten Sinne zu begründen. Abgesehen davon hat die Klägerin auf Nachfrage auch kein konkretes Beispiel dafür benennen können, dass der Beirat dem Ehemann der Klägerin die Zustimmung zu bestimmten Geschäften versagt hätte, mag diese tatsächliche Handhabung für die rechtliche Einordnung der Stellung des Ehemanns in der Gesellschaft letztlich auch nicht entscheidend sein.
21Soweit die Klägerin schließlich darauf abstellt, ihr Ehemann sei seit 1.5.1983 von der Geschäftsführung ausgeschlossen gewesen (Bl. 3, 111, 37R d.A.), vermag auch dieser Umstand der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn dann war der Ehemann ab diesem Zeitpunkt nicht mehr „für das Unternehmen tätig“, wie es aber § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG für die Einbeziehung in den Schutzbereich des Gesetzes fordert (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Blomeyer/Otto, a.a.O., § 17, Rdn. 135). Jedenfalls ist nichts dazu vorgetragen, dass der Ehemann der Klägerin nach dem 1.5.1983 noch für die I KG gearbeitet hat.
22Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO (Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit).
23Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 543 ZPO bestehen nicht. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, die in Übereinstimmung mit den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen zur Einbeziehung von Komplementär-Geschäftsführern in den Schutzbereich des BetrAVG steht und keiner Auseinandersetzung mit höchstrichterlich bisher nicht geklärten Rechtsfragen bedurfte.
24Streitwert für das Berufungsverfahren: 89.332,88€
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