Beschluss vom Oberlandesgericht Köln - 10 UF 42/11
Tenor
Die Ablehnungsgesuche des Antragstellers vom 04.04.2011 werden für nicht gerechtfertigt erklärt.
1
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller ist der leibliche Vater des nicht ehelich geborenen Kindes E., welches aus seiner Beziehung zu der Antragsgegnerin hervorgegangen ist. Das Sorgerecht stand zunächst den Kindeseltern gemeinsam zu.
4Nach deren Trennung im Jahr 2004 lebte der gemeinsame Sohn im Haushalt der Antragsgegnerin. Dem Antragsteller wurde in einem einstweiligen Anordnungsverfahren vor dem Amtsgericht – Familiengericht – Aachen, Az. 28 F 292/06 ein 14-tägiges Umgangsrecht von Freitag nach der Schule bis Montag und dazwischen jeweils in der Woche von Montagnachmittag nach der Schule bis Dienstag, soweit an dem vorangegangenen Wochenende kein Kontakt stattgefunden hat, mit seinem Sohn eingeräumt.
5Mit Beschluss vom 25.03.2009, Az. 228 F 492/06, entzog das Amtsgericht – Familiengericht – Aachen dem Antragsteller die elterliche Sorge für das Kind, übertrug diese zur alleinigen Ausübung auf die Antragsgegnerin und ordnete eine Umgangspflegschaft an. Überdies wurde in diesem Verfahren sowie in einem weiteren Verfahren vor dem Amtsgericht – Familiengericht – Aachen, Az. 228 F 97/10, in denen jeweils auch der 10. Zivilsenat als Familiensenat in der Besetzung der abgelehnten Richter über Beschwerden des Antragstellers zu entscheiden hatte (Az. 10 UF 158/09 und 10 UF 85/10), die ursprüngliche Umgangsregelung teilweise erweitert bzw. aufgrund des Umzugs des Antragstellers nach Berlin modifiziert.
6Da die Kindesmutter das Kind im Jahr 2007 zur schulischen Ganztagsbetreuung angemeldet hatte, der Antragsteller seinen jedoch Sohn an einem Freitag im Rahmen der Ausübung der ihm eingeräumten Umgangskontakte bereits nach dem Vormittagsunterricht von der Schule abholen wollte, kam es Ende der Herbstferien im Jahr 2007 zu einem Streit zwischen der Schulleitung und dem Antragsteller über die Herausgabe des Kindes, der mit einem gegen letzteren ausgesprochenen Hausverbot endete. Letzeres wurde in einigen Fällen unter Einsatz der Polizei durchgesetzt.
7Nachdem das Amtsgericht mit Beschluss vom 18.12.2007 im Wege der einstweiligen Anordnung auch den die schulische Erziehung betreffenden Teil der elterlichen Sorge der Kindesmutter übertragen und zugleich bestimmt hatte, dass der Antragsteller erst nach Beendigung der am Nachmittag stattfindenden Schulstunden mit dem Kind Umgang haben könne, begehrte der Antragsteller im Dezember 2008 zunächst beim Verwaltungsgericht Aachen die Feststellung, dass die Herausgabe des Kindes im Zeitraum vom 08.10.2007 bis 18.12.2007 entgegen den mit der Kindesmutter getroffenen Vereinbarungen und der bestehenden Sorge- und Umgangsregelung erfolgt sei. Diesen Antrag wies das nach Verweisung sachlich zuständige Amtsgericht – Familiengericht – Aachen mit Beschluss vom 20.11.2009, Az. 228 F 376/09, zurück. Die hiergegen vom Antragsteller eingelegte Beschwerde wurde ebenfalls mit Beschluss des Senats vom 20.01.2010, Az. 10 UF168/09, zurückgewiesen, mit der Begründung, es fehle wegen des Zeitablaufs an einem rechtschutzwürdigen Feststellungsinteresse des Antragstellers und tiefgreifende Verstöße der Kindesmutter gegen seine Grundrechte seien nicht vorgetragen.
8Im vorliegenden Verfahren begehrt der Antragsteller die Rückübertragung des Sorgerechts entweder zur gemeinsamen Ausübung auf beide Kindeseltern oder auf ihn allein. Diesen Antrag hat das Amtsgericht – Familiengericht – Aachen mit Beschluss vom 12.01.2011, Az. 228 F 329/10, zurückgewiesen, mit der Begründung, dass durch die mit der derzeit geltenden rechtlichen Regelung geschaffene Situation, in der die Entscheidungen für das Kindeswohl der Antragsgegnerin übertragen und zugleich ein zuverlässiges Umgangsrecht festgelegt worden sei, für das Kind ein fester verlässlicher Raumen geschaffen worden sei, der es ihm ermögliche, sich erneut dem Umgang mit dem Vater zu öffnen. Aufgrund dessen sei bei einer am Kindeswohl orientierten Betrachtung eine Abänderung dieser Situation nicht angemessen.
9Hiergegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 21.02.2011 Beschwerde eingelegt, zu deren Entscheidung der Senat in der Besetzung der abgelehnten Richter berufen ist. Eine Entscheidung darüber ist jedoch derzeit noch nicht ergangen.
10Mit Schreiben vom 04.04.2011 stellte der Antragsteller im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens einen Antrag auf Ablehnung der in seinem Fall zuständigen Richter des Senats wegen Besorgnis der Befangenheit. Zur Begründung führt er aus, dass vom Oberlandesgericht im Zusammenhang mit vorangegangenen Verfahren in dieser Angelegenheit Äußerungen getätigt worden seien, die den Verdacht der Besorgnis der Befangenheit erregten. Soweit der Senat ihn und seinen Sohn nicht als Familie sehe, sei es nicht verwunderlich, dass seinen familiären Rechte nicht zur Geltung verholfen worden sei. Auch die geäußerte Ansicht des Senats, ein Wechselmodell komme nicht in Frage, wenn es von einer Partei nicht gewünscht sei, verdeutliche eine pauschale Voreingenommenheit gegenüber seinem Lebensmodell; denn der Senat legitimiere damit gleichsam die gegen ihn und seinen Sohn gerichtete Repression und negiere mit dieser pauschalen Verneinung einer möglichen Lösung das Kontinuitäts- und das Bindungsprinzip. Eine offensichtliche Voreingenommenheit des Senats ergebe sich ferner daraus, dass seine abgelehnten Mitglieder die grundsätzliche Berechtigung seines im Verfahren OLG Köln, Az. 10 UF 168/09 gestellten Feststellungsantrags zwar erkannt, diesen aber gleichwohl zur Verhinderung möglicher Konsequenzen im Falle seiner Anerkennung abgewiesen hätten und deswegen die Befürchtung bestehe, dass der vorliegende Antrag aus gleicher Perspektive betrachtet werde. Soweit der Senat schließlich das Recht auf Erziehung und die zugrunde liegende natürliche Pflicht verneine, könne nicht davon ausgegangen werden, dass im vorliegenden Verfahren eine ausgewogene Entscheidung gefällt würde; der Mangel an Respekt vor grundgesetzlich geschützten natürlichen Rechten und Pflichten begründe eine Voreingenommenheit ihm und seinem väterlichen Familienleben gegenüber.
11II.
12Die Ablehnungsgesuche sind nicht begründet. Die vom Antragsteller angeführten Umstände rechtfertigen den Vorwurf der Befangenheit nicht.
13Nach § 6 FamFG gelten für die Ablehnung der Gerichtspersonen die §§ 41 bis 49 ZPO entsprechend. Die gem. § 42 Abs. 1 ZPO erforderliche Befangenheit eines Senats oder seiner Mitglieder kann nur angenommen werden, wenn Gründe vorliegen, die geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Dabei kommen nur solche – objektiven – Gründen in Betracht, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtungsweise die Befürchtung erwecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteilich gegenüber. Entscheidend ist, dass aus Sicht des Ablehnenden genügend objektive Anhaltspunkte vorliegen, die nach der Meinung einer ruhig und vernünftig denkenden Partei Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters oder des Senats zu zweifeln (Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl. § 42 Rn.8/9 m.w.N.).
14Der Antragsteller führt zur Begründung seiner Ablehnungsgesuche gegen den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht T. und die Richter am Oberlandesgericht C. und I. an, der Senat habe in dieser Besetzung in vorangegangenen Verfahren betreffend das Sorgerecht für seinen Sohn und den Umgang mit diesem Äußerungen getätigt, die den Verdacht der Besorgnis der Befangenheit begründeten.
15Nach herrschender Ansicht genügt die Mitwirkung des Richters an einem früheren Verfahren, auch über den gleichen Sachverhalt, das zu einer der Partei ungünstigen Entscheidung geführt hat, grundsätzlich nicht als Ablehnungsgrund (Zöller/Vollkommer a.a.O. § 42 Rn.15; BAG NJW 1993 S.879; BayObLG WuM 1999 S.186; OLG Karlsruhe MDR 2007 S.1336). Liegt – wie hier – ein Fall prozessrechtlich typischer Vorbefassung vor, weil der Senat für Beschwerden gegen erstinstanzliche Beschlüsse der 228. Abteilung des Amtsgerichts Aachen geschäftsplanmäßig zuständig ist und die Entscheidung in dem vorangegangenen Verfahren Fragen im Zusammenhang mit dem Sorge- und Umgangsrecht für den Sohn des Antragstellers betroffen hat, kann darauf ein Ablehnungsgesuch nicht mit Erfolg gestützt werden (vgl. Zöller/Vollkommer a.a.O. § 42 Rn.15).
16Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Senat in vorangegangenen Verfahren aus Sicht des Antragstellers unrichtige Entscheidungen auf der Grundlage unzutreffender Wertungen getroffen haben soll. Verfahrensfehler und unrichtige Entscheidungen des Richters geben keinen Ablehnungsgrund, wenn keine unsachliche Einstellung des Richters erkennbar ist (BGH NJW 2002 S.2396, Keidel/Zimmer FamFG § 6 Rn.32). Die Richterablehnung dient nicht dazu, sich gegen eine für unrichtig gehaltene Rechtsauffassung des Richters oder Kollegialgerichts zu wehren, es sei denn, die Rechtsauffassung beruht auf einer unsachlichen Einstellung des Richters oder auf Willkür (BGH NJW 2002 S.2396 in juris Rn.7), was hier – wie dargelegt – nicht der Fall ist.
17Soweit der Antragsteller Einwendungen gegen die Richtigkeit der bisherigen Entscheidungen des Senats in der Besetzung der abgelehnten Richter und insbesondere der zur Begründung seines Befangenheitsgesuchs herangezogenen Entscheidung des Senats in dem Verfahren OLG Köln, Az. 10 UF 168/09, rügt, ist weder aus den beigezogenen Akten der vorangegangenen Verfahren sowie den gefällten Entscheidungen ersichtlich noch vom Antragsteller schlüssig dargetan, dass bei der Durchführung dieses Verfahrens und der abschließenden Entscheidung eine unsachliche Einstellung der abgelehnten Richter des Senats zugrunde gelegen hat. Dies gilt zunächst für die Frage, inwieweit das Kind E. und sein Vater nach der Trennung der Kindeseltern in rechtlicher Hinsicht noch eine Familie darstellen oder nicht.
18Hinsichtlich der Entscheidung des Senats über den im Verfahren 10 F 168/09 gestellten Feststellungsantrag wird auf Seiten des Antragstellers verkannt, dass allein die Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Maßnahmen nicht genügte, um diesem Antrag zum Erfolg zu verhelfen; insoweit hat der Senat sich ausweislich seiner Ausführungen in dem Beschluss vom 20.01.2010 mit den rechtlichen Problemen der zu entscheidenden Fallkonstellation und insbesondere dem erforderlichen Feststellunginteresse auseinandergesetzt.
19Ebenso wenig zeigt sich in der in einem vorangegangenen Verfahren getätigten Äußerung des Senats, dass das Wechselmodell im vorliegenden Fall nicht in Betracht komme, wenn ein Elternteil dies nicht wünsche, eine Voreingenommenheit seiner abgelehnten Mitglieder. In diesem Zusammenhang hatte der Senat in rechtlicher Hinsicht zu berücksichtigen, dass das Wechselmodell eine Kooperationsbereitschaft und den entsprechenden Willen zur Durchführung dieser Form des Kindesaufenthalts und Kindesumgangs auf Seiten beider Kindeseltern erfordert und hat diese Problematik in seine Überlegungen einbezogen.
20Schließlich kommt auch in der Feststellung des Senats, dass Entscheidungen über Ausbildung und Erziehung eines Kindes dem sorgeberechtigten Elternteil obliegen und die Rechte des nur umgangsberechtigten Elternteils sich darauf nicht erstrecken, keine offensichtliche Voreingenommenheit zum Ausdruck, die die Besorgnis der Befangenheit bei der Entscheidung des Senats in der Besetzung mit den abgelehnten Richtern im vorliegenden Verfahren begründen könnte. Es liegt in der rechtlichen Ausgestaltung des elterlichen Sorgerechts einerseits und dem Umgangsrechts andererseits begründet, dass die sich daraus ergebenden Rechte für den sorgeberechtigten Elternteil und den nur umgangsberechtigten Elternteil unterschiedliche Reichweiten und Inhalte haben. Die vom Senat in der Besetzung seiner abgelehnten Mitglieder diesbezüglich geäußerte Ansicht lässt insbesondere nicht erkennen, dass im vorliegenden Verfahren aufgrund einer Voreingenommenheit der zur Entscheidung berufenen Richter eine unparteiliche Entscheidung nicht zu erwarten ist oder zu befürchten steht, dass die Bereitschaft zur kritischen Überprüfung der bisherigen Meinung und der unvoreingenommenen Berücksichtigung des Vortrags beider Kindeseltern nicht vorhanden ist.
21Weitere Gesichtspunkte, aus denen sich die Besorgnis der Befangenheit gegenüber dem Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht T. sowie den Richtern am Oberlandesgericht C. und I. herleiten könnten, sind nicht ersichtlich.
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