Beschluss vom Oberlandesgericht Köln - 2 Ws 229/14
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführerin verworfen.
1
G r ü n d e:
2Die Entscheidung entspricht dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, die zu dem Rechtsmittel mit Vorlageverfügung vom 25.04.2014 wie folgt Stellung genommen hat:
3„I.
4In dem gegen die inzwischen rechtskräftig Verurteilte S. geführten Ermittlungsverfahren ... hatte das Amtsgericht A. mit Beschluss vom 14.10.2011 zur Sicherung der den Verletzten aus Straftaten erwachsenen zivilrechtlichen Ansprüche den dinglichen Arrest in das Vermögen der Beschuldigten in unbekannter Höhe angeordnet. In Vollziehung des dinglichen Arrest wurden diverse Vermögenswerte der Beschuldigten vorläufig gesichert.
5Unter dem 25.05.2012 erhob die Staatsanwaltschaft A. Anklage gegen die in diesem Verfahren in Untersuchungshaft befindliche Angeschuldigte u.a. wegen besonders schweren Betruges in 522 Fällen. Diesen lag der Vorwurf zugrunde, die Angeschuldigte habe gemeinschaftlich mit ihrem zum Zeitpunkt der Anklageerhebung bereits verstorbenen Vater Inhaber von Kapitallebensversicherungen dadurch geschädigt, dass sie anboten, ihnen über dem jeweiligen Rückkaufwert der Versicherungen liegende Beträge zu zahlen, tatsächlich in der Folge aber nur 60-70% der Kaufpreise zahlten, wodurch ein Gesamtschaden von 2,3 Mio. € eingetreten sein soll.
6Mit Fall 375 der Anklage wurde der Angeschuldigten zur Last gelegt, der Beschwerdeführerin am 18.06.2007 eine Lebensversicherung abgekauft zu haben, wodurch bei dieser ein Schaden von 1.677,05 € eingetreten sein soll.
7Die Beschwerdeführerin erwirkte gegen die Verurteilte am 02.10.2013 vor dem Landgericht Aachen im Vergleichswege eine titulierte Forderung in Höhe von 910,40 €.
8Mit Urteil vom 04.02.2013 verurteilte die 1. große Wirtschaftstrafkammer des Landgerichts Aachen die Angeklagte wegen Betruges und Bankrott zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten und stellte fest, dass ein Verfall in Höhe von 238.705,39 € nur deswegen nicht angeordnet werden könne, weil Ansprüche Dritter entgegenstünden. Das Urteil ist seit dem 12.09.2013 rechtskräftig.
9Die unter Fall 375 der Anklageschrift erfasste Tat war allerdings nicht Gegenstand der Verurteilung. Insoweit war das Verfahren zuvor gemäß § 154a Abs. 2 StPO beschränkt worden.
10Am 20.01.2014 hat die Beschwerdeführerin beim Amtsgericht beantragt, gemäß §§ 111 g, 111 h StPO die Zwangsvollstreckung in das zur Sicherung beschlagnahmte Vermögen der Angeklagten in Höhe von 910,40 € zuzulassen.
11Die für die Entscheidung über den Antrag zuständige 1. große Wirtschaftstrafkammer des Landgerichts A. hat den Antrag mit Beschluss vom 24.03.2014 zurückgewiesen, da wegen des diesem zugrunde liegenden, titulierten Anspruchs eine strafgerichtliche Verurteilung der Angeklagten nicht erfolgt sei.
12Gegen diesen, ihrem Rechtsanwalt am 07.04.2014 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin mit anwaltlichem Schreiben vom 09.04.2014, eingegangen beim Landgericht am 14.04.2014, sofortige Beschwerde eingelegt und damit begründet, die die Tat zu ihrem Nachteil betreffende Beschränkung sei nur vorläufig erfolgt. Die Tat könne daher weiter verfolgt werden.
13II.
14Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 111 g Abs. 2 Satz 2 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
15Der beantragten Zulassung der Arrestvollziehung gemäß § 111 g StPO steht hinsichtlich des hier gegenständlichen Falls Nr. 375 der Anklageschrift die in der Hauptverhandlung gemäß § 154a Abs. 2 StPO erfolgte Beschränkung der Strafverfolgung sowie die dementsprechende Entscheidung des Landgerichts gemäß § 111 i StPO entgegen.
16Mit Urteil vom 04.02.2013 hat die 1. große Wirtschaftstrafkammer des Landgerichts Aachen festgestellt, dass ein Verfall in Höhe von 238.705,39 € nur deswegen nicht angeordnet werden könne, weil Ansprüche Dritter entgegenstünden. Dieser Anordnung liegen ausschließlich die im Urteil getroffenen Feststellungen zur Sache zugrunde; der bezeichnete Geldbetrag entspricht dem aus denjenigen Tatteilakten Erlangten, die Gegenstand der Verurteilung sind. Ausgenommen hiervon ist u.a. der unter Fall Nr. 375 der Anklageschrift vom 25.05.2012 dargestellte Sachverhalt.
17Insoweit ist das Verfahren beendet und die Verhängung von darauf bezogenen Rechtsfolgen im subjektiven Verfahren nicht möglich (zu vgl. Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., § 111 i, Rdn. 3 m.w.N.: Senat Beschluss vom 23.08.2011 - 2 Ws 519/11 -). Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Forderung resultiert nicht – wie von § 111 g StPO vorausgesetzt – aus einer Straftat, die Anlass für die hier maßgebliche Entscheidung gemäß § 111 i StPO gewesen ist.
18Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist ein Aufgreifen der zu ihrem Nachteil begangenen Tat auch nicht mehr möglich. Denn mit der Rechtskraft des Urteils ist auch in Bezug auf die gemäß § 154a Abs. 2 StPO ausgeschiedenen Teile der Tat Strafklageverbrauch eingetreten.
19Über die Frage, ob die Rechte der Beschwerdeführerin ggf. noch in einem objektiven Verfahren gem. § 76a StGB gewahrt werden können (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 422), ist hier nicht zu befinden.“
20Dem stimmt der Senat zu. Ob die Verfahrenseinstellung auf § 154 StPO beruht – so in dem vom Senat mit Beschluss vom 23.08.2011 – 2 Ws 519/11 – entschiedenen Fall – oder auf § 154a Abs. 2 StPO wie vorliegend, ist für die rechtliche Beurteilung nicht von Bedeutung. In beiden Fällen gilt, dass ohne Wiederaufnahme des Verfahrens bzw. Wiedereinbeziehung von ausgeschiedenen Teilen die Zulassung der Arrestvollziehung nicht in Betracht kommt, was hier infolge der Rechtskraft des Urteils nicht mehr möglich ist.
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Referenzen
- StPO § 111h Wirkung der Vollziehung des Vermögensarrestes 1x
- 2 Ws 519/11 2x (nicht zugeordnet)
- StPO § 111g Aufhebung der Vollziehung des Vermögensarrestes 4x
- StPO § 154a Beschränkung der Verfolgung 3x
- StPO § 111i Insolvenzverfahren 2x
- StGB § 76a Selbständige Einziehung 1x
- StPO § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten 1x