Beschluss vom Oberlandesgericht Köln - 11 U 6/16
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 28.12.2015 – 9 O 141/15 - durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
1
Gründe:
2I.
3Die zulässige Berufung hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist, eine Entscheidung des Senats durch Urteil auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich und eine mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint, beabsichtigt der Senat, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
4Das angefochtene Urteil entspricht der Sach- und Rechtslage. Die Berufungsbegründung rechtfertigt eine Abänderung der Entscheidung nicht. Sie gibt lediglich zu folgenden Hinweisen Anlass:
5Das Landgericht hat die Klage zu Recht unzulässig verworfen. Es fehlt an der internationalen Zuständigkeit, da weder ein vertraglicher (Art. 7 Nr. 1 b) Brüssel Ia-VO = EuGVVO n.F.) noch eine deliktischer (Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO) Gerichtsstand im Landgerichtsbezirk Aachen besteht. Nach dem Urteil des EuGH vom 13.3.2014 – C-548/12, (NJW 2014, 1648) knüpfen Klagen wegen zivilrechtlicher Haftung, die nach nationalem Recht deliktsrechtlicher Natur sind, gleichwohl an einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO an, wenn das vorgeworfene Verhalten als Verstoß gegen die vertraglichen Verpflichtungen angesehen werden kann, wie sie sich anhand des Vertragsgegenstands ermitteln lassen. Dies hat zur Folge, dass ein deliktischer Gerichtsstand nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO ausscheidet. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Rechtsprechung auf die wortgleichen Nachfolgeregelungen in Art. 7 Nr. 1 b und 2 b Brüssel Ia-VO (= EuGVVO n.F.) zu übertragen (Wedenburg/Schneider, NJW 2014, 1633, 1636; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl., Art 7 EuGVVO Rdn. 3; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., Anh I Art. 7 EuGVVO Rdn. 108). Für die Einordnung als vertragliche Streitigkeit kommt es darauf an, ob die Klageanträge einen Ersatzanspruch zum Gegenstand haben, dessen Grund bei vernünftiger Betrachtungsweise in einem Verstoß gegen die Rechte und Pflichten aus dem zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens bestehenden Vertrag gesehen werden kann, so dass dessen Berücksichtigung für die Entscheidung über die Klage zwingend erforderlich wäre (EuGH a.a.O. Rdn. 26). Dies ist hier der Fall. Ob die Angaben des Käufers zu den Eigenschaften des Kaufobjektes – hier insbesondere diejenigen zur Laufleistung des streitgegenständliche Fahrzeuges - einen deliktischen Tatbestand erfüllen, lässt sich nur im Zusammenhang mit den vertraglichen Vereinbarungen beurteilen und hängt insbesondere davon ab, ob und wieweit der Käufer zu diesen Eigenschaften bestimmte vertragliche Zusagen erteilt hat.
6Der vertragliche Gerichtsstand liegt – wie das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat – gem. Art. 7 Nr. 1 b Brüssel Ia-VO in Belgien. Nach dieser Vorschrift ist beim Verkauf beweglicher Sachen der den Gerichtsstand bestimmende Erfüllungsort der Ort, an den die Sachen nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen (dazu auch EuGH a.a.O. Rdn. 28). Dieser Ort lag in Belgien. Der Gerichtsstand des vertraglichen Erfüllungsortes umfasst alle vertraglichen Ansprüche, somit auch die Geltendmachung von Schadensersatz und Rücktritt (Gottwald in: Münchener Kommentar, ZPO, 4. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rdn. 6; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., Anh I Art. 7 EuGVVO Rdn. 26). Der Hinweis der Berufung auf § 29 ZPO geht fehl. Hierbei handelt es sich um eine nationale Zuständigkeitsnorm. Eine Anknüpfung an die nationalen Zuständigkeitsvorschriften ist nach Art. 6 Brüssel Ia-VO nur bei einer Klage gegen einen Beklagten möglich, der – anders als hier - keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., Anh I Art. 6 EuGVVO Rdn. 1).
7II.
8Die Klägerin hat Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist. Die Frist kann nach § 244 Abs. 2 ZPO nur verlängert werden, wenn der Gegner zustimmt oder erhebliche Gründe glaubhaft gemacht werden. Auf die Möglichkeit einer kostengünstigeren Zurücknahme des Rechtsmittels wird hingewiesen (Nr.1222 Kostenverzeichnis zu § 3 Abs. 2 GKG).
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- ZPO § 29 Besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsorts 1x
- ZPO § 244 Unterbrechung durch Anwaltsverlust 1x
- § 3 Abs. 2 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss 1x
- 9 O 141/15 1x (nicht zugeordnet)