Urteil vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 12 U 53/00

Tenor

1. Auf die Berufungen der Klägerin und des Beklagten Hans K. wird das Urteil des Landgerichts M vom 30.12.1999 - 3 O 173/93 - in Ziff. 1 geändert und neu gefasst:

I. Der Beklagte Hans K. wird verurteilt, an die Klägerin EUR 144.565,34 nebst Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2002 zu zahlen.

II. Es wird festgestellt, dass der Beklagte Hans K. (als Gesamtschuldner neben der Stadt M im Rahmen deren erstinstanzlicher Verurteilung) verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen weiteren Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Standsicherheit des Hinterhauses Am M-Platz 7 in M beeinträchtigt ist, weil es durch die Abbrucharbeiten auf den Grundstücken Am M-Platz 6 und L-Strasse 6 verstärkt Horizontallasten ausgesetzt ist;

ausgenommen ist der Schaden, der der Klägerin durch einen von der Stadt M am 01.03.1989 gezahlten Betrag in Höhe von DM 1.400,00 und durch einen von der Kn & Co. GmbH, M, am 25.06.1987 gezahlten Betrag in Höhe von DM 500,00 ersetzt wurde, sowie der Schaden, zu dessen Ersatz die Kn & Co. GmbH durch Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 25.11.1992 - 1 U 43/92 - rechtskräftig verurteilt wurde.

2. Die weitergehende Berufung der Klägerin gegen die Abweisung ihrer weitergehenden Klage gegen den Beklagten Hans K. und dessen Berufung werden zurückgewiesen.

3. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten Hans K. im Berufungsverfahren hat zu 1/10 die Klägerin, im übrigen er selbst zu tragen.

Im übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Berufungen des Beklagten Hans K. und die der Klägerin im Verfahren gegen diesen sind zulässig. Erfolg hat aber nur die Berufung der Klägerin, soweit sie ihren Schaden teilweise beziffert hat. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht eine Haftung des Beklagten K. angenommen.
1. Die Klagänderung der Klägerin in der Berufung durch Bezifferung eines Teils ihres Schadens ist gemäß § 264 ZPO zulässig.
2. Die Klägerin hat gegen den Beklagten K. Schadensersatzansprüche gemäß §§ 823 Abs. 2, 1004, 922 Satz 3 BGB.
Nach § 922 Satz 3 BGB darf eine Grenzanlage im Sinne von § 921 BGB nicht beseitigt und geändert werden, solange ein Nachbar an deren (unverändertem) Fortbestand ein Interesse hat und der Beseitigung oder Änderung nicht zustimmt. Nach dem Schutzzweck des § 922 Satz 3 BGB kann jeder Nachbar verlangen, dass sein Recht auf ungehinderte Benutzung der Grenzeinrichtung unangetastet bleibt. Diesem Zweck widerspricht es, wenn der Abriss eines Hauses die Bestands- und Funktionsfähigkeit der mit einem Nachbarhaus gemeinsamen Giebelmauer derart beeinträchtigt, dass der Nachbar gezwungen wird, sich durch bauliche Maßnahmen erst wieder die Nutzungsmöglichkeit zu verschaffen, die ihm die Mauer bisher bot. § 922 Satz 3 BGB ist eine Verbotsnorm. Insofern steht sie anderen Verbotsnormen im Nachbarverhältnis gleich. Entsprechend richtet sich auch hier das Verbot nicht nur gegen den Eigentümer des Grundstücks, von dem aus die Grenzeinrichtung angegangen wird, sondern gegen jeden, der an der Maßnahme mitwirkt wie z.B. der Bauunternehmer, der bauleitende Ingenieur oder auch der Statiker, dessen Aufgabe die Ermittlung der Sicherungsmaßnahmen ist (vgl. BGHZ 85, 375; BGHZ 101, 290; OLG Köln BauR 1987, 472). Jeden Beteiligten trifft eine eigenverantwortliche Prüfungspflicht. Wenn sein Beitrag zu der schadensbringenden Maßnahme pflichtwidrig und schuldhaft ist, haftet er nach §§ 823 Abs. 2, 922 BGB auf Ersatz des Schadens.
Richtig ist allerdings, dass § 922 Satz 3 BGB im Ergebnis das Recht des Eigentümers des Nachbargrundstücks, sein Haus abzureißen, nicht soweit einschränkt, dass der Nachbar allein durch Versagung seiner Zustimmung jegliche Maßnahme unterbinden könnte (BGH NJW 1989, 2541). Der Eigentümer des abgerissenen Hauses muss nur auf seine Kosten diejenigen Maßnahmen treffen, die zur Verhinderung oder Beseitigung der Auswirkungen des Hausabrisses auf das Nutzungsinteresse des Nachbarn an der halbscheidigen Giebelwand geboten sind. Unter die nach § 922 Satz 3 BGB zustimmungsbedürftigen Eingriffe fallen nicht nur Eingriffe in die Substanz einer Grenzeinrichtung, sondern auch Handlungen, die den Bestimmungszweck der Einrichtung und ihre bisherige Brauchbarkeit für diesen Zweck zum Nachteil des Miteigentümers aufheben oder mindern. Die ohne Zustimmung des Nachbarn durchgeführte Änderung oder Beseitigung einer Grenzeinrichtung verstößt somit solange gegen das Verbot des § 922 Satz 3 BGB, als nicht von vornherein diejenigen Maßnahmen getroffen werden, die zur Verhinderung oder schnellst möglichen Beseitigung von Auswirkungen im Nutzungsinteresse des Nachbarn geboten sind (BGHZ 78, 397). Ist dies nicht der Fall, besteht auch keine Duldungspflicht, die einem Rückgriff auf Hilfspersonen entgegen stehen könnte (BGHZ 101, 290).
Die südliche wie auch die westliche Giebelwand stehen auf der Grundstücksgrenze. Sie sind halbscheidige Giebelwände. Ihre Nutzung unterliegt daher den Einschränkungen des § 922 BGB. Durch den Abriss der Hinterhäuser auf den Grundstücken M-Platz 6 und L-Straße 6 wurde den Giebelmauern die bisherige Abschirmung gegen erheblichen Winddruck genommen. Sie sind deshalb in dem freistehenden Zustand für die Klägerin nicht mehr als Hausabschlusswand uneingeschränkt brauchbar. Davon ist aufgrund der nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen G der Senat überzeugt. Der Sachverständige hat schon in seinem erstinstanzlich erstatteten Gutachten ausgeführt, dass die Giebelwände des Hintergebäudes der Klägerin nach dem Abbruch der Gebäude auf den Nachbargrundstücken über vier Geschosse freistehen. Aufgrund der Konstruktion des Gebäudes aus Mauerwerkswänden und Holzbalkendecken besitze es seit dem Abbruch keine ausreichende Aussteifung mehr. Es sei nicht mehr gewährleistet, dass anfallende Horizontallasten (Wind) aufgefangen werden könnten. Die vom Beklagten veranlasste Anbringung von Eckbandagen reiche nicht aus, die erforderliche Sicherheit zu geben. Die Decken müssten zur Wiedererlangung der erforderlichen Standsicherheit konstruktiv als sogenannte Scheiben ausgebildet werden. In der Berufung hat der Sachverständige festgestellt, dass die Giebelwand zwar mehrfach mit der Firstfette bzw. Pfosten verankert worden sei. Im Dachgeschoss seien aussteifende Maßnahmen getroffen worden, die dem Stand früherer Zeit entsprächen. Nach heutigen Maßstäben seien die aussteifenden Elemente jedoch bei weitem nicht ausreichend. Vor dem Abbruch hätte auf dem Grundstück M-Platz 6 ein etwa gleich hohes Gebäude gestanden, wodurch die Gebäude sich gegenseitig hätten abschatten und abstützen können. Durch den Abbruch hätten sich die Verhältnisse jedoch verschlechtert. Die im Dachgeschoss vorhandenen Aussteifungselemente könnten nunmehr nicht als ausreichend betrachtet werden. Erforderlich sei, dass in Höhe der Decke über dem Erdgeschoss, dem ersten, dem zweiten und dem dritten Obergeschoss in Abständen von etwa zwei bis drei Metern sogenannte Schlaudern bzw. Zuganker eingebaut würden, die die Außenwände mit den Decken verbinden könnten.
Die Standsicherheit des Hauses ist nur durch den Abriss der Häuser Am M-Platz 6 und L-Straße 6 beeinträchtigt. Nur zu diesen Grundstücken bestand eine halbscheidige Grenzwand, die Horizontallasten abhalten konnte, nicht zum Grundstück L-Straße 4. Dies hat auch das Landgericht so gesehen. Der Urteilstenor hinsichtlich der Haftungsfeststellung ist dieser Sachlage entsprechend zu korrigieren.
Für die Überzeugungsbildung und die Entscheidung des Gerichts, dass das Haus der Klägerin aufgrund des Abrisses der Nachbarhäuser nicht mehr standsicher ist, ist nicht erforderlich, dass der Sachverständige im Haus der Klägerin sämtliche Geschossdeckenbalken - auch im Bad des zweiten Obergeschosses und in den anderen Geschossen - freilegt und die Verankerung in der Außenwand untersucht. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass in jedem Geschoss u.a. die Deckenbalken durch Zuganker mit der Außenwand verbunden werden müssen, um die Standsicherheit zu erreichen, die das Hintergebäude der Klägerin vor dem Abriss des Gebäudes auf dem Grundstück M-Platz 6 hatte. Diese Feststellung reicht aus, um über die Klaganträge entscheiden zu können. Schon aufgrund der freigelegten und untersuchten Balken steht fest, dass das Gebäude der Klägerin nicht mehr standsicher ist. Welche Maßnahmen im einzelnen erforderlich sind, um die durch den Abriss des Nachbargebäudes verlorene Standsicherheit wiederherzustellen, braucht nicht entschieden zu werden. Nur für die Beantwortung einer solchen Frage wäre die Öffnung sämtlicher Geschossdecken erforderlich. Weder im Rahmen des Feststellungsbegehrens, es betrifft nur die Haftung grundsätzlich, noch für den Zahlungsantrag, der nur Folgeschäden umfasst, braucht die Frage beantwortet zu werden.
Ebenso ist deswegen nicht erforderlich, dass der Sachverständige dazu Stellung nimmt, wie die Bodenbeläge auf den Deckenbalken des Hinterhauses der Klägerin befestigt sind. Die vorhandene Befestigung und die vorhandenen Zuganker reichen, wie der Sachverständige ausgeführt hat, jedenfalls nicht aus, um die vor dem Abriss vorhandene erforderliche Standsicherheit zu gewährleisten.
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Schließlich kann auch die Behauptung des Beklagten dahingestellt bleiben, dass die Ersetzung einer Zwischenwand durch einen T-Träger zu einer wesentlichen Schwächung der Standfestigkeit geführt hat. Die Zwischenwand wurde schon vor dem Abriss der Nachbargebäude entfernt und durch den T-Träger ersetzt. Für eine Schwächung der Gebäudestandsicherheit durch Maßnahmen der Klägerin oder eines ihrer Rechtsvorgänger haftet der Beklagte nicht. Dafür, dass die Standfestigkeit des Gebäudes der Klägerin verloren ging, hat er nur insoweit einzustehen, wie der Verlust auf dem Abriss des Nachbargebäudes beruht. Mehr begehrt die Klägerin auch nicht und wird nicht ausgesprochen.
11 
Aus dem gleichen Grund ist für diese Entscheidung der Einwand des Beklagten unerheblich, dass der obere Teil der westlichen Hauswand schon vor dem Abriss des Hauses L-Straße 6 freistand.
12 
In welcher zeitlichen Reihenfolge die Gebäude erbaut wurden, spielt für die Anwendung des § 922 BGB keine Rolle. Die halbscheidige Giebelmauer ist eine einverständlich geschaffene Grenzeinrichtung. Soweit die Nachbarn die Mauer nicht gemeinsam errichten, entstehen mit dem Anbau an die von einem errichtete, vorhandene Wand Miteigentum und Mitbesitz beider Nachbarn. Die Nachbarn haben das Recht, die Grenzmauer gemeinschaftlich zu nutzen. Aus dem Recht erwächst jedem Nachbarn der Anspruch, dass die Funktion der Einrichtung nicht ohne seine Zustimmung zu seinen Lasten beeinträchtigt wird. Wer die Mauer errichtete und wer an die vorhandene Mauer anbaute, spielt für die Abwehr von Beeinträchtigungen somit keine Rolle.
13 
b. Der Beklagte war damit beauftragt, die Statik des abzureißenden Hauses und der angrenzenden Bauteile zu untersuchen. Angrenzender Bauteil ist zumindest auch die halbscheidige Grenzwand, die nach dem Abriss von einer Innen- zu einer Außenmauer des Hintergebäudes der Klägerin umfunktioniert ist. Der Auftrag bezog sich nicht nur auf das Haus M-Platz 6, sondern auch auf das Gebäude L-Straße 6. Alle drei Grundstücke, deren Hintergebäude abgerissen wurden, sind im schriftlichen Auftrag der Stadt M vom 28.02.1986 (I 202) und im Angebot vom 24.02.1986 (I 203) genannt. Auch wenn die Stadt M konkrete Arbeiten nur hinsichtlich des Gebäudes M-Platz 6 abgerufen haben sollte, wurde dadurch der Beklagte K. nicht davon entbunden, seinen Hinweispflichten im Rahmen seines Vertrags umfassend nachzukommen. Ob der Beklagte mit Bauüberwachungstätigkeiten beauftragt war oder nur beratende Funktion hatte, kann offen bleiben. Gerade als beratender Sonderfachmann hatte er statische Probleme, die beim Abriss entstehen konnten, anzusprechen und Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.
14 
c. Der Beklagte K. handelte schuldhaft. Er hat fahrlässig eine länger andauernde und noch bestehende Beeinträchtigung der Standsicherheit und damit der Benutzbarkeit des Hinterhauses der Klägerin verursacht. Er konnte voraussehen, dass die nach dem Abriss des Nachbargebäudes freistehende halbscheidige Grenzwand aufgrund fehlender Aussteifung nicht mehr standsicher sein würde. Er selbst trägt vor, dass er vor dem Abriss davon ausgehen konnte, dass vorhandene Standsicherheitsmaßnahmen dem Standard zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes entsprachen, also vor etwa 100 Jahren. Das bedeutet, dass die Geschossdecken aus Balken hergestellt und die Wände, auch die halbscheidige Grenzwand vollständig gemauert waren. Er konnte auch, soweit dies nicht schon vorher möglich war, bei dem Abriss der Häuser Am M-Platz 6 und L-Straße 6 die Konstruktion des Nachbarhauses der Klägerin erkennen. Er ordnete den Austausch verrosteter Anker und insbesondere als Sicherungsmaßnahme Eckbandagen an, die der gerichtliche Sachverständige allerdings für unzureichend hält. Er wusste weiterhin, dass das Haus der Klägerin nicht frei stand, sondern an zwei Nachbargebäude angebaut war. Er wusste somit, dass dem verbleibenden Gebäude durch den Abriss wesentliche Stützung entzogen und dieses wesentlich höheren Horizontallasten ausgesetzt sein würde. Er musste daher damit rechnen, dass die Verankerung der Geschossdeckenbalken in den Wänden nach dem Abriss der Nachbargebäude nicht mehr die gleiche Standsicherheit garantieren würde wie der Schutz der Nachbarhäuser zuvor. Die sichtbaren vorhandenen Schlaudern und Anker im Giebelbereich durften ihn nicht darauf vertrauen lassen, dass ausreichende Aussteifungselemente in das Gebäude eingebaut waren, die für die gleiche Standsicherheiten sorgten wie die anlehnenden Gebäude. Die Schlaudern und Anker waren nur im freistehenden Bereich der Grenzwände erkennbar.
15 
Der Einwand, dass eine genauere Untersuchung der Statik des Hauses der Klägerin nur unter erheblichem Mehraufwand und Mehrkosten - das Haus war genutzt - möglich gewesen wäre, kann den Beklagten nicht entlasten. Er hätte in diesem Fall darauf hinweisen müssen, dass er die Standsicherheit des Gebäudes der Klägerin nach dem Abriss des Nachbarhauses nicht beurteilen könne. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Stadt M dann die erforderlichen Untersuchungen ermöglicht und den Abriss gestoppt hätte, bis das Ergebnis der Nachforschungen festgestanden hätte. Immerhin hatte die Stadt von Anfang an zumindest den fachmännischen Rat des Beklagten K. eingeholt, um statische Probleme der vom Abriss betroffenen "angrenzenden Bauteile" zu vermeiden bzw. ihnen entgegenzuwirken.
16 
Der unterlassenen Hinweis auf die nach dem Abriss der Nachbarbebauung nicht mehr vorhandene Standsicherheit des Hauses der Klägerin hatte und hat vermeidbare Folgen. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Stadt M, die den Abriss verantwortlich veranlasst hatte, die erforderlichen Maßnahmen zur Stützung der halbscheidigen Giebelwände in Auftrag gegeben hätte, wenn der Beklagte K. auf die Folgen des Abrisses für die Standsicherheit des Hauses der Klägerin hingewiesen hätte. Nach dem überzeugenden Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen G und dem darauf beruhenden Urteil des Landgerichts hat die Stadt M nämlich nicht den Rechtsstreit mit der Klägerin weitergeführt, sondern die ersten Maßnahmen ergriffen, um ihrer Verpflichtung zur Beseitigung der Beeinträchtigungen der Grenzmauer der Klägerin nachzukommen. Hätte der Beklagte K. rechtzeitig auf die statischen Probleme des Hauses der Klägerin hingewiesen, hätte die Stadt M mit Sicherheit noch während des Abbruches oder direkt anschließend die Geschossdecken als Scheiben zur Stabilisierung des Hauses ausbilden lassen.
17 
d. Die Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten K. sind nicht gemäß § 852 BGB a.F. verjährt. Die in § 852 Abs. 1 BGB a.F. vorausgesetzte positive Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen hat der Verletzte nur dann, wenn ihm dessen Name und Anschrift bekannt sind (BGH NJW 2001, 1721; VersR 1998, 378). Die Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB a.F. kann ausnahmsweise auch dann zu laufen beginnen, wenn der Geschädigte den gebotenen Kenntnisstand nicht positiv besitzt, es ihm jedoch möglich ist, sich die erforderlichen Kenntnisse in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühe und ohne besondere Kosten zu beschaffen. Allerdings steht selbst eine grob fahrlässige Unkenntnis der vom Gesetz geforderten positiven Kenntnis nicht gleich; vielmehr betrifft diese Ausnahme vom Gebot der positiven Kenntnis nur Fälle, in denen es der Geschädigte versäumt, eine gleichsam auf der Hand liegende Kenntnismöglichkeit wahrzunehmen und letztlich das Sichberufen auf die Unkenntnis als Förmelei erscheint, weil jeder andere in der Lage des Geschädigten unter denselben konkreten Umständen die Kenntnis hätte (BGH NJW 2001, 1721; ZIP 2001, 379). Der Beklagte hat eine Kenntnis der Klägerin oder ihres Ehemanns als ihr Vertreter zu einem Zeitpunkt vor 1992 nicht dargetan. Der Beklagte hat auch keine konkreten Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass sich der Klägerin zu einem Zeitpunkt vor 1992 Erkenntnisse über seine Beauftragung mit der Sicherung des Abrisses hätten aufdrängen müssen. Der Lauf der Verjährungsfrist wurde durch Klagerhebung im April 1993 wirksam unterbrochen.
18 
3. Die Klägerin kann den Beklagten K. nicht wegen der streitgegenständlichen Risse in Anspruch nehmen. Insoweit hat das Landgericht zu Recht die Klage abgewiesen.
19 
Der Beklagte haftet nicht gemäß §§ 823 Abs. 2, 1004, 922 BGB für die an den Giebelwänden aufgetretenen Risse.
20 
Bei einer Grundstücksvertiefung haftet ein Statiker, dessen Berechnungen die Grundlage für den Bodenaushub und die dabei zu beachtenden Sicherungsmaßnahmen bilden (BGH VersR 1997, 119). Ebenso haftet ein Statiker nach Ansicht des Senats bei einem Abriss eines Gebäudes, das eine halbscheidige Giebelwand hat, nur insoweit, als er auftragsgemäß Erkundungen vorzunehmen und Maßnahmen vorzuschlagen bzw. anzuordnen hat. Die Aufgabe des Beklagten K. bestand nur in der Überprüfung der Standsicherheit des abzureißenden Gebäudes und der angrenzenden Bauteile. Er war nicht damit beauftragt, die weiteren Beeinträchtigungen der halbscheidigen Giebelwand nach Abriss der Gebäude Am M-Platz 6 und L-Straße 6 zu untersuchen. Er brauchte deshalb nicht darauf zu achten und ggf. darauf hinzuweisen, dass die Wärmedämmung und der Feuchtigkeitsschutz der Giebelwand nach dem Abriss des einen angrenzenden Gebäudes nicht mehr gewährleistet war.
21 
Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass die Wandrisse auf einer Beeinträchtigung der Standsicherheit durch den Abriss des Nachbargebäudes beruhen. Der Sachverständige G hat überzeugend und nachvollziehbar ausgeführt, dass die Vertikalrisse in der Außenwand des Gebäudes der Klägerin nicht auf eine nicht mehr vorhandene Standsicherheit zurückzuführen sind, sondern auf an der Wand auftretende Temperaturunterschiede, die Schwächen im Wandgefüge verstärken.
22 
Der Riss der südlichen Giebelwand an der Ecke zum Treppenturm auf dem Grundstück M-Platz 6 könne durch Mauerwerkseinbindung, Eckeneinbindung oder Eckbandagen ebenso erklärt werden wie durch Temperaturdifferenzen oder eine Drehung des Treppenhausturmes auf dem Grundstück M-Platz 6. Andere Ursachen seien nicht denkbar. Der vertikale Riss in der Mitte der Südwand sei an der Stelle einer schon vorhandenen Fuge aufgetreten. Die Vergrößerung sei sehr wahrscheinlich durch die Temperaturdifferenzen, die nach dem Abriss des angebauten Gebäudes auf die Außenwand wirken würden, entstanden. Die Schrägrisse im Inneren seien nicht durch den Abriss des Nachbargebäudes zu erklären, sondern durch die unterschiedlichen Verformungsprozesse von Wänden und Holzbalken innerhalb des Gebäudes. Auch der Riss auf der Westseite lasse sich nicht mit Abbrucharbeiten erklären. Eine Rissbildung aufgrund Abbrucharbeiten hätte mit Beendigung der Arbeiten beendet sein müssen. Der Riss hätte nicht nach dem späteren Verputzen wiederauftreten dürfen, was er aber tat.
23 
b. Eine vertragliche Haftung kommt nicht in Betracht. Die Klägerin könnte eine vertragliche Haftung allenfalls darauf stützen, dass der Beklagte seine Statiker-Leistungen, die er aufgrund des mit der Stadt M geschlossenen Vertrages schuldete, auch zu ihren Gunsten erbringen sollte. Die geschuldeten Leistungen umfassten aber nicht andere als statische Beeinträchtigungen durch den Abriss des Nachbarhauses zu untersuchen. Vertragliche Ansprüche könnten daher nicht über den unter a. angeführten Umfang hinausgehen.
24 
4. Die Klägerin hat gegen den Beklagten K. keine weitergehenden Ansprüche gemäß §§ 823 Abs. 2, 1004, 909 BGB.
25 
Gemäß § 909 BGB darf ein Grundstück nicht in der Weise vertieft werden, dass der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, dass für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist. Die Klägerin hat ihre Behauptung, dass Schäden an ihrem Gebäude aufgrund einer Grundstücksvertiefung durch die Abrissarbeiten oder aufgrund unsorgfältiger Abrissarbeiten aufgetreten sind, nicht nachgewiesen. Der Sachverständige G hat ausgeführt, dass die Risse, die an dem Gebäude der Klägerin vorhanden sind, nicht auf Grundstücksvertiefungen oder Erschütterungen beruhen. Vielmehr hätten schon vorhandene Fugen aufgrund der veränderten Verhältnisse nach dem Abriss sich gezeigt und/oder sich vergrößert, wie oben unter 3 a ausgeführt ist.
26 
5. Weitergehende Ansprüche hat die Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt allgemeiner Verkehrssicherungspflichten gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Verkehrssicherungspflichten trafen den Beklagten K. nur, soweit er solche gegenüber der Stadt M als Veranlasserin der Abrissmaßnahmen übernahm. Die Verkehrssicherungspflichten konnten im vorliegenden Fall nicht weitergehen als die schon angesprochenen gesetzlich speziell geregelten Verhaltenspflichten. Das im Eigentum der Klägerin stehende Haus ist allein mittelbar dadurch betroffen, dass es nicht mehr von den Nachbarhäusern gegen Horizontaldruck abgeschattet und deshalb nicht mehr standsicher und damit uneingeschränkt nutzbar ist.
27 
6. Gemäß § 249 BGB hat der Beklagte die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin durch seinen gebotenen, aber fehlenden Hinweis auf erforderliche Sicherungsmaßnahmen und eine stabile Verbindung der Giebelwand mit den Decken entstanden sind.
28 
a. Zum Schaden zählen die der Klägerin entstandenen Verluste, die auf der mangelnden Nutzbarkeit des Gebäudes beruhen. Die fehlende Nutzbarkeit hat ihren Grund darin, dass das Gebäude nach dem Abriss der Nachbargebäude nicht mehr ausreichend standsicher ist. Die Standsicherheit und damit die Vermietbarkeit des Objekts wäre nicht verloren gegangen, wenn der Beklagte rechtzeitig auf die statischen Probleme, die nach dem Abriss der Nachbargebäude auftraten, hingewiesen hätte. In diesem Fall hätten alle notwendigen Erhebungen vor Beginn der Arbeit durchgeführt werden können und wären zur Überzeugung des Senats auch durchgeführt worden. Im Nachgang wären sodann die notwendigen Sicherungsmaßnahmen - einschließlich eventuell von der Klägerin selbst zu tragender Aufwendungen für Maßnahmen zum Ausgleich der Auswirkungen der Ersetzung einer Zwischenwand durch einen T-Träger - unmittelbar im Zusammenhang mit den Abrissarbeiten erfolgt. Die nunmehr zu verzeichnende Verzögerung bei der Umsetzung dieser Maßnahmen geht im Verhältnis der Klägerin zum Beklagten K. allein zu dessen Lasten. Er hat deshalb den Verzögerungsschaden zu ersetzen. Die Klägerin hätte ohne den Verstoß des Beklagten K. - unstreitig - die Räume in dem Hinterhaus zu den von ihr angegebenen Preisen vermieten können. Hätte sie die Räume vermietet, hätte sie Einnahmen gehabt und mit den Einnahmen Kredite getilgt. Einnahmen und Zinssätze hat sie im einzelnen dargelegt. Der Gesamtverlust beträgt 144.565,34 EUR.
29 
Die Kausalkette ist nicht dadurch unterbrochen, dass das Hintergebäude möglicherweise nicht aktuellen Brandschutzbestimmungen entspricht. Ein Schaden könnte aus diesem Grund nur entfallen oder sich reduzieren, wenn die (potentiellen) Mieter deshalb von einer Anmietung Abstand genommen oder die Miete gemindert oder wenn die Baubehörde die Nutzung der Räume untersagt hätte. Unabhängig davon, dass problematisch erscheint, ob die Baubehörde eine Nutzung nach § 47 LBO untersagen könnte, hat der Beklagte Umstände, die darauf hindeuten könnten, dass die betroffenen Räumlichkeiten wegen fehlenden Brandschutzes nicht genutzt werden, nicht vorgetragen.
30 
b. Der Beklagte K. haftet der Klägerin auch für die Aufwendungen, die dieser dafür entstehen können, dass sie die baulichen Maßnahmen durchführt, die zur Wiederherstellung der Standsicherheit ihres Gebäudes führt, die vor dem Abriss der Nachbargebäude bestand. Dadurch dass der Beklagte nicht auf das Erfordernis von Maßnahmen hinwies, die die Standsicherheit des Hauses der Klägerin gewährleistet hätten, ließ die Stadt M solche Maßnahmen nicht durchführen. Die Stadt M hatte dem Beklagten gerade deshalb beauftragt, um statische Probleme zu erkennen, die durch die Abrissarbeiten entstehen könnten. Die Pflichtverletzung ist daher auch für diesen Schaden ursächlich.
31 
c. Auf den Schaden sind nicht sog. Sowieso-Kosten anzurechnen. Die Klägerin brauchte keine Aufwendungen zu tätigen, um die gemeinsame Grenzwand zu erhalten oder zu verbessern. Die geltendgemachten Ansprüche sind dadurch entstanden, dass die Funktion der halbscheidigen Grenzwand aufgrund des Abrisses des Nachbargebäudes beeinträchtigt ist. Für die Wiederherstellung der Funktion hat allein der Störer zu sorgen, nicht der beeinträchtigte Nachbar (BGH NJW 1981, 866). Dass Sicherungsmaßnahmen auch bei pflichtgemäßen Handeln des Beklagten K. notwendig geworden wären, kann deshalb allenfalls in dessen Verhältnis zur Gesamtschuldnerin Stadt M eine Rolle spielen, da diese für Sicherungsmaßnahmen ohnehin hätte aufkommen müssen.
32 
d. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist nicht gemäß § 254 Abs. 2 S. 2 BGB gemindert. Die Verzögerung der Wiederherstellung der Standsicherheit gereicht ihr nicht zu Verschulden. Gleich nachdem sie die Erkenntnis gewonnen hatte, dass durch die Abrissarbeiten die Standsicherheit ihres Hauses beeinträchtigt sein könnte, ist sie auf die Stadt M und, nachdem sie von der Beteiligung des Beklagten erfahren hatte, auf diesen zugegangen. Nach Klärung der Beeinträchtigung und der Ursache durch das Urteil des Landgerichts hat die Stadt M begonnen, die von ihr geschuldeten Maßnahmen zu eruieren und zu ergreifen. Anlass für eigene Initiativen der Klägerin bestand daher nicht. Sie hat darauf vertrauen dürfen, dass die Stadt M das Gebotene veranlasst.
II.
33 
Eine vollständige Kostenentscheidung ist noch nicht möglich, da das Verfahren gegen die Fünftbeklagte, die Kn & Co. GmbH, durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen unterbrochen ist und der Rechtsstreit nicht insgesamt abgeschlossen werden kann. Ausscheidbar sind nur die Kosten des Zweitbeklagten. Diese sind gemäß §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO anteilsmäßig zu tragen. Das Urteil ist gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.
34 
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO liegen nicht vor.
I.
35 
Die Berufungen des Beklagten Hans K. und die der Klägerin im Verfahren gegen diesen sind zulässig. Erfolg hat aber nur die Berufung der Klägerin, soweit sie ihren Schaden teilweise beziffert hat. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht eine Haftung des Beklagten K. angenommen.
36 
1. Die Klagänderung der Klägerin in der Berufung durch Bezifferung eines Teils ihres Schadens ist gemäß § 264 ZPO zulässig.
37 
2. Die Klägerin hat gegen den Beklagten K. Schadensersatzansprüche gemäß §§ 823 Abs. 2, 1004, 922 Satz 3 BGB.
38 
Nach § 922 Satz 3 BGB darf eine Grenzanlage im Sinne von § 921 BGB nicht beseitigt und geändert werden, solange ein Nachbar an deren (unverändertem) Fortbestand ein Interesse hat und der Beseitigung oder Änderung nicht zustimmt. Nach dem Schutzzweck des § 922 Satz 3 BGB kann jeder Nachbar verlangen, dass sein Recht auf ungehinderte Benutzung der Grenzeinrichtung unangetastet bleibt. Diesem Zweck widerspricht es, wenn der Abriss eines Hauses die Bestands- und Funktionsfähigkeit der mit einem Nachbarhaus gemeinsamen Giebelmauer derart beeinträchtigt, dass der Nachbar gezwungen wird, sich durch bauliche Maßnahmen erst wieder die Nutzungsmöglichkeit zu verschaffen, die ihm die Mauer bisher bot. § 922 Satz 3 BGB ist eine Verbotsnorm. Insofern steht sie anderen Verbotsnormen im Nachbarverhältnis gleich. Entsprechend richtet sich auch hier das Verbot nicht nur gegen den Eigentümer des Grundstücks, von dem aus die Grenzeinrichtung angegangen wird, sondern gegen jeden, der an der Maßnahme mitwirkt wie z.B. der Bauunternehmer, der bauleitende Ingenieur oder auch der Statiker, dessen Aufgabe die Ermittlung der Sicherungsmaßnahmen ist (vgl. BGHZ 85, 375; BGHZ 101, 290; OLG Köln BauR 1987, 472). Jeden Beteiligten trifft eine eigenverantwortliche Prüfungspflicht. Wenn sein Beitrag zu der schadensbringenden Maßnahme pflichtwidrig und schuldhaft ist, haftet er nach §§ 823 Abs. 2, 922 BGB auf Ersatz des Schadens.
39 
Richtig ist allerdings, dass § 922 Satz 3 BGB im Ergebnis das Recht des Eigentümers des Nachbargrundstücks, sein Haus abzureißen, nicht soweit einschränkt, dass der Nachbar allein durch Versagung seiner Zustimmung jegliche Maßnahme unterbinden könnte (BGH NJW 1989, 2541). Der Eigentümer des abgerissenen Hauses muss nur auf seine Kosten diejenigen Maßnahmen treffen, die zur Verhinderung oder Beseitigung der Auswirkungen des Hausabrisses auf das Nutzungsinteresse des Nachbarn an der halbscheidigen Giebelwand geboten sind. Unter die nach § 922 Satz 3 BGB zustimmungsbedürftigen Eingriffe fallen nicht nur Eingriffe in die Substanz einer Grenzeinrichtung, sondern auch Handlungen, die den Bestimmungszweck der Einrichtung und ihre bisherige Brauchbarkeit für diesen Zweck zum Nachteil des Miteigentümers aufheben oder mindern. Die ohne Zustimmung des Nachbarn durchgeführte Änderung oder Beseitigung einer Grenzeinrichtung verstößt somit solange gegen das Verbot des § 922 Satz 3 BGB, als nicht von vornherein diejenigen Maßnahmen getroffen werden, die zur Verhinderung oder schnellst möglichen Beseitigung von Auswirkungen im Nutzungsinteresse des Nachbarn geboten sind (BGHZ 78, 397). Ist dies nicht der Fall, besteht auch keine Duldungspflicht, die einem Rückgriff auf Hilfspersonen entgegen stehen könnte (BGHZ 101, 290).
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Die südliche wie auch die westliche Giebelwand stehen auf der Grundstücksgrenze. Sie sind halbscheidige Giebelwände. Ihre Nutzung unterliegt daher den Einschränkungen des § 922 BGB. Durch den Abriss der Hinterhäuser auf den Grundstücken M-Platz 6 und L-Straße 6 wurde den Giebelmauern die bisherige Abschirmung gegen erheblichen Winddruck genommen. Sie sind deshalb in dem freistehenden Zustand für die Klägerin nicht mehr als Hausabschlusswand uneingeschränkt brauchbar. Davon ist aufgrund der nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen G der Senat überzeugt. Der Sachverständige hat schon in seinem erstinstanzlich erstatteten Gutachten ausgeführt, dass die Giebelwände des Hintergebäudes der Klägerin nach dem Abbruch der Gebäude auf den Nachbargrundstücken über vier Geschosse freistehen. Aufgrund der Konstruktion des Gebäudes aus Mauerwerkswänden und Holzbalkendecken besitze es seit dem Abbruch keine ausreichende Aussteifung mehr. Es sei nicht mehr gewährleistet, dass anfallende Horizontallasten (Wind) aufgefangen werden könnten. Die vom Beklagten veranlasste Anbringung von Eckbandagen reiche nicht aus, die erforderliche Sicherheit zu geben. Die Decken müssten zur Wiedererlangung der erforderlichen Standsicherheit konstruktiv als sogenannte Scheiben ausgebildet werden. In der Berufung hat der Sachverständige festgestellt, dass die Giebelwand zwar mehrfach mit der Firstfette bzw. Pfosten verankert worden sei. Im Dachgeschoss seien aussteifende Maßnahmen getroffen worden, die dem Stand früherer Zeit entsprächen. Nach heutigen Maßstäben seien die aussteifenden Elemente jedoch bei weitem nicht ausreichend. Vor dem Abbruch hätte auf dem Grundstück M-Platz 6 ein etwa gleich hohes Gebäude gestanden, wodurch die Gebäude sich gegenseitig hätten abschatten und abstützen können. Durch den Abbruch hätten sich die Verhältnisse jedoch verschlechtert. Die im Dachgeschoss vorhandenen Aussteifungselemente könnten nunmehr nicht als ausreichend betrachtet werden. Erforderlich sei, dass in Höhe der Decke über dem Erdgeschoss, dem ersten, dem zweiten und dem dritten Obergeschoss in Abständen von etwa zwei bis drei Metern sogenannte Schlaudern bzw. Zuganker eingebaut würden, die die Außenwände mit den Decken verbinden könnten.
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Die Standsicherheit des Hauses ist nur durch den Abriss der Häuser Am M-Platz 6 und L-Straße 6 beeinträchtigt. Nur zu diesen Grundstücken bestand eine halbscheidige Grenzwand, die Horizontallasten abhalten konnte, nicht zum Grundstück L-Straße 4. Dies hat auch das Landgericht so gesehen. Der Urteilstenor hinsichtlich der Haftungsfeststellung ist dieser Sachlage entsprechend zu korrigieren.
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Für die Überzeugungsbildung und die Entscheidung des Gerichts, dass das Haus der Klägerin aufgrund des Abrisses der Nachbarhäuser nicht mehr standsicher ist, ist nicht erforderlich, dass der Sachverständige im Haus der Klägerin sämtliche Geschossdeckenbalken - auch im Bad des zweiten Obergeschosses und in den anderen Geschossen - freilegt und die Verankerung in der Außenwand untersucht. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass in jedem Geschoss u.a. die Deckenbalken durch Zuganker mit der Außenwand verbunden werden müssen, um die Standsicherheit zu erreichen, die das Hintergebäude der Klägerin vor dem Abriss des Gebäudes auf dem Grundstück M-Platz 6 hatte. Diese Feststellung reicht aus, um über die Klaganträge entscheiden zu können. Schon aufgrund der freigelegten und untersuchten Balken steht fest, dass das Gebäude der Klägerin nicht mehr standsicher ist. Welche Maßnahmen im einzelnen erforderlich sind, um die durch den Abriss des Nachbargebäudes verlorene Standsicherheit wiederherzustellen, braucht nicht entschieden zu werden. Nur für die Beantwortung einer solchen Frage wäre die Öffnung sämtlicher Geschossdecken erforderlich. Weder im Rahmen des Feststellungsbegehrens, es betrifft nur die Haftung grundsätzlich, noch für den Zahlungsantrag, der nur Folgeschäden umfasst, braucht die Frage beantwortet zu werden.
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Ebenso ist deswegen nicht erforderlich, dass der Sachverständige dazu Stellung nimmt, wie die Bodenbeläge auf den Deckenbalken des Hinterhauses der Klägerin befestigt sind. Die vorhandene Befestigung und die vorhandenen Zuganker reichen, wie der Sachverständige ausgeführt hat, jedenfalls nicht aus, um die vor dem Abriss vorhandene erforderliche Standsicherheit zu gewährleisten.
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Schließlich kann auch die Behauptung des Beklagten dahingestellt bleiben, dass die Ersetzung einer Zwischenwand durch einen T-Träger zu einer wesentlichen Schwächung der Standfestigkeit geführt hat. Die Zwischenwand wurde schon vor dem Abriss der Nachbargebäude entfernt und durch den T-Träger ersetzt. Für eine Schwächung der Gebäudestandsicherheit durch Maßnahmen der Klägerin oder eines ihrer Rechtsvorgänger haftet der Beklagte nicht. Dafür, dass die Standfestigkeit des Gebäudes der Klägerin verloren ging, hat er nur insoweit einzustehen, wie der Verlust auf dem Abriss des Nachbargebäudes beruht. Mehr begehrt die Klägerin auch nicht und wird nicht ausgesprochen.
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Aus dem gleichen Grund ist für diese Entscheidung der Einwand des Beklagten unerheblich, dass der obere Teil der westlichen Hauswand schon vor dem Abriss des Hauses L-Straße 6 freistand.
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In welcher zeitlichen Reihenfolge die Gebäude erbaut wurden, spielt für die Anwendung des § 922 BGB keine Rolle. Die halbscheidige Giebelmauer ist eine einverständlich geschaffene Grenzeinrichtung. Soweit die Nachbarn die Mauer nicht gemeinsam errichten, entstehen mit dem Anbau an die von einem errichtete, vorhandene Wand Miteigentum und Mitbesitz beider Nachbarn. Die Nachbarn haben das Recht, die Grenzmauer gemeinschaftlich zu nutzen. Aus dem Recht erwächst jedem Nachbarn der Anspruch, dass die Funktion der Einrichtung nicht ohne seine Zustimmung zu seinen Lasten beeinträchtigt wird. Wer die Mauer errichtete und wer an die vorhandene Mauer anbaute, spielt für die Abwehr von Beeinträchtigungen somit keine Rolle.
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b. Der Beklagte war damit beauftragt, die Statik des abzureißenden Hauses und der angrenzenden Bauteile zu untersuchen. Angrenzender Bauteil ist zumindest auch die halbscheidige Grenzwand, die nach dem Abriss von einer Innen- zu einer Außenmauer des Hintergebäudes der Klägerin umfunktioniert ist. Der Auftrag bezog sich nicht nur auf das Haus M-Platz 6, sondern auch auf das Gebäude L-Straße 6. Alle drei Grundstücke, deren Hintergebäude abgerissen wurden, sind im schriftlichen Auftrag der Stadt M vom 28.02.1986 (I 202) und im Angebot vom 24.02.1986 (I 203) genannt. Auch wenn die Stadt M konkrete Arbeiten nur hinsichtlich des Gebäudes M-Platz 6 abgerufen haben sollte, wurde dadurch der Beklagte K. nicht davon entbunden, seinen Hinweispflichten im Rahmen seines Vertrags umfassend nachzukommen. Ob der Beklagte mit Bauüberwachungstätigkeiten beauftragt war oder nur beratende Funktion hatte, kann offen bleiben. Gerade als beratender Sonderfachmann hatte er statische Probleme, die beim Abriss entstehen konnten, anzusprechen und Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.
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c. Der Beklagte K. handelte schuldhaft. Er hat fahrlässig eine länger andauernde und noch bestehende Beeinträchtigung der Standsicherheit und damit der Benutzbarkeit des Hinterhauses der Klägerin verursacht. Er konnte voraussehen, dass die nach dem Abriss des Nachbargebäudes freistehende halbscheidige Grenzwand aufgrund fehlender Aussteifung nicht mehr standsicher sein würde. Er selbst trägt vor, dass er vor dem Abriss davon ausgehen konnte, dass vorhandene Standsicherheitsmaßnahmen dem Standard zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes entsprachen, also vor etwa 100 Jahren. Das bedeutet, dass die Geschossdecken aus Balken hergestellt und die Wände, auch die halbscheidige Grenzwand vollständig gemauert waren. Er konnte auch, soweit dies nicht schon vorher möglich war, bei dem Abriss der Häuser Am M-Platz 6 und L-Straße 6 die Konstruktion des Nachbarhauses der Klägerin erkennen. Er ordnete den Austausch verrosteter Anker und insbesondere als Sicherungsmaßnahme Eckbandagen an, die der gerichtliche Sachverständige allerdings für unzureichend hält. Er wusste weiterhin, dass das Haus der Klägerin nicht frei stand, sondern an zwei Nachbargebäude angebaut war. Er wusste somit, dass dem verbleibenden Gebäude durch den Abriss wesentliche Stützung entzogen und dieses wesentlich höheren Horizontallasten ausgesetzt sein würde. Er musste daher damit rechnen, dass die Verankerung der Geschossdeckenbalken in den Wänden nach dem Abriss der Nachbargebäude nicht mehr die gleiche Standsicherheit garantieren würde wie der Schutz der Nachbarhäuser zuvor. Die sichtbaren vorhandenen Schlaudern und Anker im Giebelbereich durften ihn nicht darauf vertrauen lassen, dass ausreichende Aussteifungselemente in das Gebäude eingebaut waren, die für die gleiche Standsicherheiten sorgten wie die anlehnenden Gebäude. Die Schlaudern und Anker waren nur im freistehenden Bereich der Grenzwände erkennbar.
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Der Einwand, dass eine genauere Untersuchung der Statik des Hauses der Klägerin nur unter erheblichem Mehraufwand und Mehrkosten - das Haus war genutzt - möglich gewesen wäre, kann den Beklagten nicht entlasten. Er hätte in diesem Fall darauf hinweisen müssen, dass er die Standsicherheit des Gebäudes der Klägerin nach dem Abriss des Nachbarhauses nicht beurteilen könne. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Stadt M dann die erforderlichen Untersuchungen ermöglicht und den Abriss gestoppt hätte, bis das Ergebnis der Nachforschungen festgestanden hätte. Immerhin hatte die Stadt von Anfang an zumindest den fachmännischen Rat des Beklagten K. eingeholt, um statische Probleme der vom Abriss betroffenen "angrenzenden Bauteile" zu vermeiden bzw. ihnen entgegenzuwirken.
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Der unterlassenen Hinweis auf die nach dem Abriss der Nachbarbebauung nicht mehr vorhandene Standsicherheit des Hauses der Klägerin hatte und hat vermeidbare Folgen. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Stadt M, die den Abriss verantwortlich veranlasst hatte, die erforderlichen Maßnahmen zur Stützung der halbscheidigen Giebelwände in Auftrag gegeben hätte, wenn der Beklagte K. auf die Folgen des Abrisses für die Standsicherheit des Hauses der Klägerin hingewiesen hätte. Nach dem überzeugenden Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen G und dem darauf beruhenden Urteil des Landgerichts hat die Stadt M nämlich nicht den Rechtsstreit mit der Klägerin weitergeführt, sondern die ersten Maßnahmen ergriffen, um ihrer Verpflichtung zur Beseitigung der Beeinträchtigungen der Grenzmauer der Klägerin nachzukommen. Hätte der Beklagte K. rechtzeitig auf die statischen Probleme des Hauses der Klägerin hingewiesen, hätte die Stadt M mit Sicherheit noch während des Abbruches oder direkt anschließend die Geschossdecken als Scheiben zur Stabilisierung des Hauses ausbilden lassen.
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d. Die Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten K. sind nicht gemäß § 852 BGB a.F. verjährt. Die in § 852 Abs. 1 BGB a.F. vorausgesetzte positive Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen hat der Verletzte nur dann, wenn ihm dessen Name und Anschrift bekannt sind (BGH NJW 2001, 1721; VersR 1998, 378). Die Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB a.F. kann ausnahmsweise auch dann zu laufen beginnen, wenn der Geschädigte den gebotenen Kenntnisstand nicht positiv besitzt, es ihm jedoch möglich ist, sich die erforderlichen Kenntnisse in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühe und ohne besondere Kosten zu beschaffen. Allerdings steht selbst eine grob fahrlässige Unkenntnis der vom Gesetz geforderten positiven Kenntnis nicht gleich; vielmehr betrifft diese Ausnahme vom Gebot der positiven Kenntnis nur Fälle, in denen es der Geschädigte versäumt, eine gleichsam auf der Hand liegende Kenntnismöglichkeit wahrzunehmen und letztlich das Sichberufen auf die Unkenntnis als Förmelei erscheint, weil jeder andere in der Lage des Geschädigten unter denselben konkreten Umständen die Kenntnis hätte (BGH NJW 2001, 1721; ZIP 2001, 379). Der Beklagte hat eine Kenntnis der Klägerin oder ihres Ehemanns als ihr Vertreter zu einem Zeitpunkt vor 1992 nicht dargetan. Der Beklagte hat auch keine konkreten Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass sich der Klägerin zu einem Zeitpunkt vor 1992 Erkenntnisse über seine Beauftragung mit der Sicherung des Abrisses hätten aufdrängen müssen. Der Lauf der Verjährungsfrist wurde durch Klagerhebung im April 1993 wirksam unterbrochen.
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3. Die Klägerin kann den Beklagten K. nicht wegen der streitgegenständlichen Risse in Anspruch nehmen. Insoweit hat das Landgericht zu Recht die Klage abgewiesen.
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Der Beklagte haftet nicht gemäß §§ 823 Abs. 2, 1004, 922 BGB für die an den Giebelwänden aufgetretenen Risse.
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Bei einer Grundstücksvertiefung haftet ein Statiker, dessen Berechnungen die Grundlage für den Bodenaushub und die dabei zu beachtenden Sicherungsmaßnahmen bilden (BGH VersR 1997, 119). Ebenso haftet ein Statiker nach Ansicht des Senats bei einem Abriss eines Gebäudes, das eine halbscheidige Giebelwand hat, nur insoweit, als er auftragsgemäß Erkundungen vorzunehmen und Maßnahmen vorzuschlagen bzw. anzuordnen hat. Die Aufgabe des Beklagten K. bestand nur in der Überprüfung der Standsicherheit des abzureißenden Gebäudes und der angrenzenden Bauteile. Er war nicht damit beauftragt, die weiteren Beeinträchtigungen der halbscheidigen Giebelwand nach Abriss der Gebäude Am M-Platz 6 und L-Straße 6 zu untersuchen. Er brauchte deshalb nicht darauf zu achten und ggf. darauf hinzuweisen, dass die Wärmedämmung und der Feuchtigkeitsschutz der Giebelwand nach dem Abriss des einen angrenzenden Gebäudes nicht mehr gewährleistet war.
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Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass die Wandrisse auf einer Beeinträchtigung der Standsicherheit durch den Abriss des Nachbargebäudes beruhen. Der Sachverständige G hat überzeugend und nachvollziehbar ausgeführt, dass die Vertikalrisse in der Außenwand des Gebäudes der Klägerin nicht auf eine nicht mehr vorhandene Standsicherheit zurückzuführen sind, sondern auf an der Wand auftretende Temperaturunterschiede, die Schwächen im Wandgefüge verstärken.
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Der Riss der südlichen Giebelwand an der Ecke zum Treppenturm auf dem Grundstück M-Platz 6 könne durch Mauerwerkseinbindung, Eckeneinbindung oder Eckbandagen ebenso erklärt werden wie durch Temperaturdifferenzen oder eine Drehung des Treppenhausturmes auf dem Grundstück M-Platz 6. Andere Ursachen seien nicht denkbar. Der vertikale Riss in der Mitte der Südwand sei an der Stelle einer schon vorhandenen Fuge aufgetreten. Die Vergrößerung sei sehr wahrscheinlich durch die Temperaturdifferenzen, die nach dem Abriss des angebauten Gebäudes auf die Außenwand wirken würden, entstanden. Die Schrägrisse im Inneren seien nicht durch den Abriss des Nachbargebäudes zu erklären, sondern durch die unterschiedlichen Verformungsprozesse von Wänden und Holzbalken innerhalb des Gebäudes. Auch der Riss auf der Westseite lasse sich nicht mit Abbrucharbeiten erklären. Eine Rissbildung aufgrund Abbrucharbeiten hätte mit Beendigung der Arbeiten beendet sein müssen. Der Riss hätte nicht nach dem späteren Verputzen wiederauftreten dürfen, was er aber tat.
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b. Eine vertragliche Haftung kommt nicht in Betracht. Die Klägerin könnte eine vertragliche Haftung allenfalls darauf stützen, dass der Beklagte seine Statiker-Leistungen, die er aufgrund des mit der Stadt M geschlossenen Vertrages schuldete, auch zu ihren Gunsten erbringen sollte. Die geschuldeten Leistungen umfassten aber nicht andere als statische Beeinträchtigungen durch den Abriss des Nachbarhauses zu untersuchen. Vertragliche Ansprüche könnten daher nicht über den unter a. angeführten Umfang hinausgehen.
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4. Die Klägerin hat gegen den Beklagten K. keine weitergehenden Ansprüche gemäß §§ 823 Abs. 2, 1004, 909 BGB.
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Gemäß § 909 BGB darf ein Grundstück nicht in der Weise vertieft werden, dass der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, dass für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist. Die Klägerin hat ihre Behauptung, dass Schäden an ihrem Gebäude aufgrund einer Grundstücksvertiefung durch die Abrissarbeiten oder aufgrund unsorgfältiger Abrissarbeiten aufgetreten sind, nicht nachgewiesen. Der Sachverständige G hat ausgeführt, dass die Risse, die an dem Gebäude der Klägerin vorhanden sind, nicht auf Grundstücksvertiefungen oder Erschütterungen beruhen. Vielmehr hätten schon vorhandene Fugen aufgrund der veränderten Verhältnisse nach dem Abriss sich gezeigt und/oder sich vergrößert, wie oben unter 3 a ausgeführt ist.
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5. Weitergehende Ansprüche hat die Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt allgemeiner Verkehrssicherungspflichten gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Verkehrssicherungspflichten trafen den Beklagten K. nur, soweit er solche gegenüber der Stadt M als Veranlasserin der Abrissmaßnahmen übernahm. Die Verkehrssicherungspflichten konnten im vorliegenden Fall nicht weitergehen als die schon angesprochenen gesetzlich speziell geregelten Verhaltenspflichten. Das im Eigentum der Klägerin stehende Haus ist allein mittelbar dadurch betroffen, dass es nicht mehr von den Nachbarhäusern gegen Horizontaldruck abgeschattet und deshalb nicht mehr standsicher und damit uneingeschränkt nutzbar ist.
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6. Gemäß § 249 BGB hat der Beklagte die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin durch seinen gebotenen, aber fehlenden Hinweis auf erforderliche Sicherungsmaßnahmen und eine stabile Verbindung der Giebelwand mit den Decken entstanden sind.
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a. Zum Schaden zählen die der Klägerin entstandenen Verluste, die auf der mangelnden Nutzbarkeit des Gebäudes beruhen. Die fehlende Nutzbarkeit hat ihren Grund darin, dass das Gebäude nach dem Abriss der Nachbargebäude nicht mehr ausreichend standsicher ist. Die Standsicherheit und damit die Vermietbarkeit des Objekts wäre nicht verloren gegangen, wenn der Beklagte rechtzeitig auf die statischen Probleme, die nach dem Abriss der Nachbargebäude auftraten, hingewiesen hätte. In diesem Fall hätten alle notwendigen Erhebungen vor Beginn der Arbeit durchgeführt werden können und wären zur Überzeugung des Senats auch durchgeführt worden. Im Nachgang wären sodann die notwendigen Sicherungsmaßnahmen - einschließlich eventuell von der Klägerin selbst zu tragender Aufwendungen für Maßnahmen zum Ausgleich der Auswirkungen der Ersetzung einer Zwischenwand durch einen T-Träger - unmittelbar im Zusammenhang mit den Abrissarbeiten erfolgt. Die nunmehr zu verzeichnende Verzögerung bei der Umsetzung dieser Maßnahmen geht im Verhältnis der Klägerin zum Beklagten K. allein zu dessen Lasten. Er hat deshalb den Verzögerungsschaden zu ersetzen. Die Klägerin hätte ohne den Verstoß des Beklagten K. - unstreitig - die Räume in dem Hinterhaus zu den von ihr angegebenen Preisen vermieten können. Hätte sie die Räume vermietet, hätte sie Einnahmen gehabt und mit den Einnahmen Kredite getilgt. Einnahmen und Zinssätze hat sie im einzelnen dargelegt. Der Gesamtverlust beträgt 144.565,34 EUR.
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Die Kausalkette ist nicht dadurch unterbrochen, dass das Hintergebäude möglicherweise nicht aktuellen Brandschutzbestimmungen entspricht. Ein Schaden könnte aus diesem Grund nur entfallen oder sich reduzieren, wenn die (potentiellen) Mieter deshalb von einer Anmietung Abstand genommen oder die Miete gemindert oder wenn die Baubehörde die Nutzung der Räume untersagt hätte. Unabhängig davon, dass problematisch erscheint, ob die Baubehörde eine Nutzung nach § 47 LBO untersagen könnte, hat der Beklagte Umstände, die darauf hindeuten könnten, dass die betroffenen Räumlichkeiten wegen fehlenden Brandschutzes nicht genutzt werden, nicht vorgetragen.
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b. Der Beklagte K. haftet der Klägerin auch für die Aufwendungen, die dieser dafür entstehen können, dass sie die baulichen Maßnahmen durchführt, die zur Wiederherstellung der Standsicherheit ihres Gebäudes führt, die vor dem Abriss der Nachbargebäude bestand. Dadurch dass der Beklagte nicht auf das Erfordernis von Maßnahmen hinwies, die die Standsicherheit des Hauses der Klägerin gewährleistet hätten, ließ die Stadt M solche Maßnahmen nicht durchführen. Die Stadt M hatte dem Beklagten gerade deshalb beauftragt, um statische Probleme zu erkennen, die durch die Abrissarbeiten entstehen könnten. Die Pflichtverletzung ist daher auch für diesen Schaden ursächlich.
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c. Auf den Schaden sind nicht sog. Sowieso-Kosten anzurechnen. Die Klägerin brauchte keine Aufwendungen zu tätigen, um die gemeinsame Grenzwand zu erhalten oder zu verbessern. Die geltendgemachten Ansprüche sind dadurch entstanden, dass die Funktion der halbscheidigen Grenzwand aufgrund des Abrisses des Nachbargebäudes beeinträchtigt ist. Für die Wiederherstellung der Funktion hat allein der Störer zu sorgen, nicht der beeinträchtigte Nachbar (BGH NJW 1981, 866). Dass Sicherungsmaßnahmen auch bei pflichtgemäßen Handeln des Beklagten K. notwendig geworden wären, kann deshalb allenfalls in dessen Verhältnis zur Gesamtschuldnerin Stadt M eine Rolle spielen, da diese für Sicherungsmaßnahmen ohnehin hätte aufkommen müssen.
66 
d. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist nicht gemäß § 254 Abs. 2 S. 2 BGB gemindert. Die Verzögerung der Wiederherstellung der Standsicherheit gereicht ihr nicht zu Verschulden. Gleich nachdem sie die Erkenntnis gewonnen hatte, dass durch die Abrissarbeiten die Standsicherheit ihres Hauses beeinträchtigt sein könnte, ist sie auf die Stadt M und, nachdem sie von der Beteiligung des Beklagten erfahren hatte, auf diesen zugegangen. Nach Klärung der Beeinträchtigung und der Ursache durch das Urteil des Landgerichts hat die Stadt M begonnen, die von ihr geschuldeten Maßnahmen zu eruieren und zu ergreifen. Anlass für eigene Initiativen der Klägerin bestand daher nicht. Sie hat darauf vertrauen dürfen, dass die Stadt M das Gebotene veranlasst.
II.
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Eine vollständige Kostenentscheidung ist noch nicht möglich, da das Verfahren gegen die Fünftbeklagte, die Kn & Co. GmbH, durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen unterbrochen ist und der Rechtsstreit nicht insgesamt abgeschlossen werden kann. Ausscheidbar sind nur die Kosten des Zweitbeklagten. Diese sind gemäß §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO anteilsmäßig zu tragen. Das Urteil ist gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.
68 
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO liegen nicht vor.

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