Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 16 WF 190/03

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Weinheim vom 06. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert: bis 7.000 Euro

Gründe

 
In dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht eine gegen Richter am Amtsgericht X gerichtete Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit für unbegründet erklärt. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Beklagten ist nicht begründet.
Dem Beklagten war eine Unterhaltsklage vom 08. Juli 2002 nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Klägerin am 03. Dezember 2002 zugestellt worden. Richter am Amtsgericht X verband eine Terminsbestimmung auf den 30. September 2003 mit folgender formularmäßigen Verfügung:
„Der Beklagte wird, wenn er sich gegen die Klage verteidigen will, aufgefordert, dem Gericht folgende Urkunden und Schriftstücke in Abschrift oder Ablichtung vorzulegen: Gehaltsbescheinigungen für August 02 bis August 03“ (kursiver Text handschriftlich).
Unter verstecktem Hinweis auf eine frühere Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit ließ der Beklagte rügen, dass der Ladung die Klageschrift nicht beigefügt war, dass er sich selbstverständlich entsprechend seinen unter dem 10. Dezember 2002 angekündigten Anträgen gegen die Klage verteidigen wolle und ließ „obwohl völlig unnötig nach diesseitiger Auffassung“ zunächst – für weitere Monate müssten sie erst angefordert werden - Verdienstbescheinigungen der Monate August 2002 bis Juni 2003 in einfacher Kopie vorlegen. Unter dem 18. September forderte Richter am Amtsgericht X weitere Kopien der Verdienstbescheinigungen für die Klägerin an und wies auf § 133 ZPO hin.
Diese Vorgänge rechtfertigen weiterhin nicht die Besorgnis, Richter am Amtsgericht X könnte dem Beklagten gegenüber nicht unvoreingenommen sein.
a) Mit der am 01. September 2003 in Bezug genommenen Klage war ersichtlich die bereits zugestellte gemeint.
b) Die formularmäßige Bemerkung „...wenn er sich gegen die Klage verteidigen will...“ und die Anforderung weiterer Verdienstbescheinigungen lassen nicht den Schluss darauf zu, Richter am Amtsgericht X wolle bereits vorliegende umfangreiche Eingaben des Beklagten nicht zur Kenntnis nehmen.
c) Der Beklagte meint, dass er, der außergerichtlich und mit Schriftsatz vom 07. August 2003 bereits Verdienstbescheinigungen für Juli 2001 bis Juni 2002 sowie Lohnsteuerkarte für 2001 vorgelegt hatte, wegen § 1605 Abs. 2 BGB nicht mehr habe zur Vorlage weiterer Verdienstunterlagen aufgefordert werden dürfen. Der Senat kann demgegenüber nicht feststellen, dass Richter am Amtsgericht X sich mit seiner Verfügung so sehr von dem normalerweise geübten Verfahren entfernt hat, dass sich für den Beklagten der Eindruck einer sachwidrigen auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdrängen müsste. Die Verfügung beruht auf § 643 Abs. 1 ZPO. Die Bestimmung geht von der Vorstellung aus, dass Auskunft über die Einkünfte stets entscheidungserheblich ist (Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl. § 643 Rn 4).
Ob und in welchem Umfang das Gericht von den Parteien Auskünfte verlangt, steht in seinem Ermessen (a.a.O. Rn 6). Ein solches Vorgehen wird insbesondere dann in Frage kommen, wenn der Vortrag der Parteien unvollständig ist oder, wie hier, bereits vorliegende Unterlagen veraltet sind. Letzteres ist vielfach dann der Fall, wenn außergerichtlich Auskünfte nach § 1605 BGB erteilt wurden, der Unterhaltsprozess sich aber verzögert. Dann kann es geboten sein, die vorliegenden Zahlen zu aktualisieren, damit – im Interesse beider Parteien - die anzustellende Prognose über die zukünftigen Einkommensverhältnisse auf möglichst zeitnahen Daten aufbaut. Der von § 1605 Abs. 2 BGB bezweckte Schutz des Unterhaltsschuldners vor Belästigung durch den Unterhaltsgläubiger ist damit nicht beeinträchtigt, wird im Gegenteil noch verstärkt. Denn die Zweijahresfrist des § 1605 II BGB beginnt dann erst mit Ablauf des Zeitraums, für den der Unterhaltsschuldner dem Gericht gegenüber Auskunft erteilt hat. Zwar sind Fälle denkbar, in denen ein Auskunftsverlangen des Gerichts nicht in Frage kommt, etwa der von Philippi (a.a.O. Rn 4 a.E.) unter Hinweis auf BGH-Urteil vom 22. Juni 1994 – XII ZR 100/93 – FamRZ 1994, 1169 – hervorgehobene, dass der unterhaltsbedürftige Ehegatte seinen Bedarf mit den zur Aufrechterhaltung des ehelichen Lebensstandards erforderlichen Aufwendungen im Einzelnen zu beziffern hat und auf die Kenntnis des Einkommens und des Vermögens des anderen nicht angewiesen ist. Ob daraus der Schluss gezogen werden kann, dass im Rahmen des § 643 ZPO auch § 1605 Abs. 2 BGB durch das Gericht zu beachten ist, muss in diesem Verfahren nicht beantwortet werden. Tat es der abgelehnte Richter nicht, begründete dies aus den eingangs erwähnten Gründen jedenfalls nicht die Besorgnis der Befangenheit.
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d) Verstößt eine Partei, wie hier der Beklagte, gegen §133 ZPO, können weitere Abschriften nachgefordert werden.
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Für das erfolglose Rechtsmittel entsteht nach Nr. 1957 KV zum GKG eine Gebühr aus dem mit 7000 Euro festgesetzten Wert der Hauptsache.
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Diese erhebt der Kostenbeamte, ohne dass es einer Kostenentscheidung bedarf.

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