Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 16 WF 29/04
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidelberg vom 12. Januar 2004 aufgehoben.
Gründe
1
Das Amtsgericht hat der Antragstellerin mit Beschluss vom 09. Oktober 2003 Prozesskostenhilfe bewilligt und die Bestimmung, dass keine Raten zu zahlen seien, unter den Vorbehalt der Feststellung eines Unterhaltsanspruchs der Antragstellerin gegen den Antragsgegner gestellt. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht sodann Monatsraten von 45 EUR ab 01. März 2004 festgesetzt und als Nettoeinkommen der Antragstellerin deren Unterhaltsanspruch mit 500 EUR monatlich geschätzt.
2
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg.
3
Die Antragstellerin trägt vor, sie bestreite ihren Lebensunterhalt von Darlehenszahlungen ihrer Eltern. Der Ehemann bezahle keinen Unterhalt. Er habe in einem Verfahren, in dem er auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses in Anspruch genommen worden sei, dargelegt, dass er aufgrund der zahlreichen Kreditverbindlichkeiten nicht leistungsfähig sei. Der Ehemann sei außergerichtlich nochmals aufgefordert worden, Ehegattenunterhalt zu leisten und einen Vorschlag zu unterbreiten; hierauf sei keine Reaktion erfolgt. Die Antragstellerin sehe nur die Möglichkeit, nach Ablauf des Trennungsjahres einen Antrag auf Ehescheidung einzureichen und dann im Wege des Zugewinnausgleichs finanzielle Forderungen zu erheben.
4
Nach § 115 Abs. 1 ZPO ist grundsätzlich auf vorhandenes Einkommen der Partei abzustellen. Dies gilt auch dann, wenn eine Partei Unterhaltsansprüche hat, die sie erst einklagen muss. In diesem Fall kommt die Anwendung des § 120 Abs. 4 ZPO in Frage, sobald Unterhaltszahlungen fließen.
5
Das erzielbare statt des tatsächlichen Einkommens kann allenfalls dann angesetzt werden, wenn es sonst zu einer missbräuchlichen Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe käme (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 24. Oktober 2003 - 16 WF 182/03 - zur Veröffentlichung bestimmt - bereits aufgenommen in die Datenbank: Juris Länderrechtsprechung). Rechtsmissbräuchliches Verhalten könnte in Fällen wie dem vorliegenden angenommen werden, wenn eine Partei einen liquiden Unterhaltsanspruch nicht einklagt. Ein solches, aber auch sonstiges rechtsmissbräuchliches Verhalten der Antragstellerin ist nicht zu sehen. Die Antragstellerin hat zunächst versucht, im Wege der einstweiligen Anordnung gegen den Antragsgegner einen Prozesskostenvorschuss geltend zu machen. Über diesen ist sodann am 28. August 2003 verhandelt worden; man erzielte Einigkeit darüber, dass der Ehemann einen Prozesskostenvorschuss nicht leisten könne und dass deshalb über eine Prozesskostenhilfe für die Ehefrau, die Antragstellerin, entschieden werden müsse. Dazu müsse geklärt werden, welchen Unterhalt die Antragstellerin beziehe. Selbst wenn die Antragstellerin ihren Unterhaltsanspruch sofort eingeklagt hätte, wäre es wenig wahrscheinlich, dass sie bereits jetzt über laufenden Unterhalt verfügen würde. Da ihr Prozesskostenbedarf sofort besteht, ist ihr Prozesskostenhilfe nach Maßgabe der tatsächlichen Verhältnisse zu gewähren. Bezieht sie in Zukunft laufenden Unterhalt oder wird rechtsmissbräuchliches Verhalten offenkundig, kann nach § 120 Abs. 4 ZPO vorgegangen werden.