1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Konstanz vom 07.03.2013 - 2 O 282/12 D - dahin abgeändert, dass aufgrund des rechtswirksamen Vergleichs des Landgerichts Konstanz vom 29. Oktober 2012 von der Beklagten an den Kläger an Kosten weitere 352,70 EUR, somit insgesamt 4.286,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 09.11.2012 zu erstatten sind.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Im übrigen hat die Beklagte die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 352,70 EUR festgesetzt.
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| | Mit der Klage hat der Kläger eine vorgerichtliche Verfahrensgebühr aus einem Gegenstandswert von 57.405,60 EUR zur Hälfte, also mit einem Gebührensatz von 0,65 in Höhe von 749,95 EUR eingeklagt. Die Parteien haben den Rechtsstreit durch Vergleich beendet, wobei sie hinsichtlich der Kosten vereinbart haben, dass der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits trägt mit Ausnahme der Einigungsgebühr auf Klägerseite, die diese selbst trägt. Der Streitwert wurde auf 60.832,80 EUR festgesetzt und der Mehrwert des Vergleichs auf 13.708,80 EUR (siehe AS. 77 ff.). |
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| | Mit Kostenfestsetzungsantrag der Klägerseite vom 08.11.2012 (AS. 89 f.) wurde eine 1,3 Verfahrensgebühr in Höhe von 1.459,90 EUR aus dem Ausgangsstreitwert und aus dem Mehrwert des Vergleichs eine 0,8 Gebühr in Höhe von 452,80 EUR. Zur Begründung ist aufgeführt, im gerichtlichen Vergleich habe sich die Beklagte unter § 4 verpflichtet, vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe des nicht anzurechnenden Teils der Geschäftsgebühr in Höhe von 0,65 zu bezahlen. Folglich könne im Festsetzungsantrag nach § 15 a RVG die Festsetzung der ungekürzten Verfahrensgebühr in Höhe von 1,3 beantragt werden. Die Kontrollrechnung gemäß § 15 Abs. 3 RVG für die Obergrenze der Gebühr für die Protokollierung einer Einigung gemäß § 13 RVG, Nr. 3101 Nr. 2, 3100 VV RVG erfolge jedoch nach Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr. |
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| | Die Rechtspflegerin hat demgegenüber darauf hingewiesen (AS. 93), dass bei einer Geschäftsgebühr, die zur Hälfte tituliert sei, im Kostenfestsetzungsverfahren keine Anrechnung stattfinde, richtigerweise sei deshalb eine volle 1,3 Verfahrensgebühr angesetzt worden. Allerdings könne dann auch keine Anrechnung erfolgen, wenn es um die Berechnung der Obergrenze nach § 15 Abs. 3 RVG gehe. Folglich wäre die Verfahrensgebühr Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG auf 100,10 EUR zu kürzen, da die Obergrenze bei maximal 1.560,00 EUR liege (1,3 Verfahrensgebühr aus 74.541,60 EUR = 1.560,00 EUR) und die Einzelansätze in der Summe 1.912,70 EUR ergäben. |
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| | Daraufhin hat der Klägervertreter mit Schriftsatz vom 03.12.2012 (AS. 113) Stellung genommen und hat ausgeführt, nach der Kommentierung und der einschlägigen Rechtsprechung habe die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr vor der Kontrollrechnung nach § 15 Abs. 3 RVG zu erfolgen, wofür der Klägervertreter sich auf entsprechend angegebene Fundstellen beruft. Er führt aus, es könne für die Ermittlung der Obergrenze gemäß § 15 Abs. 3 RVG keinen Unterschied machen, ob eine volle Geschäftsgebühr mit der Klage geltend gemacht und tituliert werde und entsprechend wegen § 15 a RVG im Kostenfestsetzungsverfahren nur die geminderte Verfahrensgebühr festgesetzt werden könne oder ob der anrechnungsfreie Teil der Geschäftsgebühr beantragt und zugesprochen werde und dementsprechend die volle Verfahrensgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren festgesetzt werden könne. Entscheidend könne nur sein, ob eine vorgerichtliche Geschäftsgebühr, welche auf die Verfahrensgebühr anzurechnen sei, angefallen sei oder nicht. Eine andere Handhabung würde zu untragbaren Ergebnissen führen, denn es würden bei Vorliegen derselben Gebührentatbestände Gebühren im betragsmäßig unterschiedlicher Höhe anfallen. |
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| | Unter dem 07.03.2013 (AS. 149) erging Kostenfestsetzungsbeschluss, mit der die 0,8 Verfahrensgebühr Nr. 3101 VV RVG auf 100,10 EUR reduziert wurde. Es wird darauf hingewiesen, dass eine „fiktive Anrechnung“ nicht erfolgen könne, wenn es um die Berechnung der Obergrenze nach § 15 Abs. 3 RVG gehe. |
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| | Dagegen wendet sich der Klägervertreter mit seiner sofortigen Beschwerde (AS. 161), die er mit Schriftsatz vom 19.06.2013 (AS. 171) begründet hat. Darauf wird Bezug genommen. |
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| | Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat mit Beschluss vom 24.06.2013 (AS. 175) der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. |
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| | Die sofortige Beschwerde ist begründet. Auch wenn vorliegend kein Fall gegeben ist, dass im Kostenfestsetzungsverfahren die vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr nach § 15 a II RVG auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist, muss bei der Berechnung der Obergrenze nach § 15 Abs. 3 RVG die Anrechnung der Geschäftsgebühr berücksichtigt werden. Andernfalls ergäbe sich u. a. in den Fällen, in denen eine Gebühr nach Nr. 3101 VV RVG anfällt, das nicht begründbare Ergebnis, dass unterschiedliche Gebühren erstattet würden in Abhängigkeit davon, ob die vorgerichtliche Geschäftsgebühr in voller Höhe mit eingeklagt wird und auch tituliert wird oder wie hier nur die halbe vorgerichtliche Geschäftsgebühr eingeklagt und tituliert wird. Das zeigt nachfolgende Berechnung: |
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| Gebührenberechnung bei Mehrvergleich ohne Anrechnung |
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| alternativ bei voller Einklagung der vorger. Geschäftsgebühr |
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| Anrechnung vorger. Geschäftsgebühr |
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| | Die Rechtspflegerin differenziert vorliegend nicht ausreichend zwischen der Berechnung der Kappungsgrenze nach § 15 Abs. 3 RVG, die im Verhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und dem Mandanten zu erfolgen hat, und der Anrechnung nach § 15 a Abs. 2 RVG im Verhältnis zum Dritten, hier dem zur Kostentragung verpflichteten Prozessgegner. |
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| | In der Gesetzesbegründung zum § 15 a RVG (Bundestagsdrucksache 16/12 717 vom 22.04.2009, S. 67 f.) ist ausgeführt, dass aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs und der dort vorgenommenen Anrechnung diese zu unbefriedigenden Ergebnissen geführt habe, weil es den Auftraggeber benachteiligt habe. Das zeige sich in einer Reihe von Konstellationen, die für die Tätigkeit der Rechtsanwälte und die gerichtliche Praxis von überragender Bedeutung seien. Insbesondere erhalte die obsiegende Prozesspartei eine geringere Erstattung ihrer Kosten, wenn sie ihrem Rechtsanwalt vor dem Prozessauftrag in derselben Sache bereits einen Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung erteilt habe. Ziel des Gesetzesvorschlags sei es, den mit den Anrechnungsvorschriften verfolgten Gesetzeszweck zu wahren, zugleich aber unerwünschte Auswirkungen der Anrechnung zum Nachteil des Auftraggebers zu vermeiden. Die Vorschriftregel in Abs. 1, welche Wirkung der Anrechnung im Verhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und dem Schuldner der Gebühren zukomme. In Absatz 2 lege sich fest, und welchem Umfang sich die Anrechnung gegenüber Dritten auswirke. |
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| | Zur Neuregelung des § 15 a Abs. 2 heißt es im Gesetzesvorschlag (Bundestagsdrucksache a.a.O.): „Absatz 2 betrifft die Wirkung der Anrechnung im Verhältnis zu Dritten, die nicht am Mandatsverhältnis beteiligt sind, sondern etwa für entstandene Gebühren Schadensersatz zu leisten oder sie nach prozessrechtlichen Vorschriften zu erstatten haben. Da die Anrechnung dem Bestand der einzelnen Gebührenansprüche bereits im Innenverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und dem Auftraggeber unberührt lässt, wirkt sie sich insoweit im Verhältnis zu Dritten nicht aus. In der Kostenfestsetzung muss also etwa eine Verfahrensgebühr auch dann in voller Höhe festgesetzt werden, wenn eine Geschäftsgebühr entstanden ist, die auf sie angerechnet wird. Sichergestellt werden soll jedoch, dass ein Dritter nicht über den Betrag hinaus auf Ersatz oder Erstattung in Anspruch genommen wird, den der Rechtsanwalt von seinem Auftraggeber verlangen kann. Insbesondere ist zu verhindern, dass insgesamt mehr als dieser Betrag gegen den Dritten tituliert wird. Das leistet die hier vorgeschlagene Vorschrift: Danach kann sich auch ein Dritter auf die Anrechnung berufen, wenn beide Gebühren im gleichen Verfahren - etwa in der Kostenfestsetzung - gegen ihn geltend gemacht werden. In gleicher Weise ist die Anrechnung zu berücksichtigen, wenn und soweit der Anspruch auf eine der Gebühren bereits gegen den Dritten tituliert ist oder von ihm selbst bereits beglichen worden ist“. |
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| | Daraus ergibt sich, dass die Berechnung der Kappung nach § 15 Abs. 3 RVG unabhängig von der Frage zu erfolgen hat, ob eine Anrechnung entsprechend § 15 a Abs. 2 RVG im Kostenfestsetzungsverfahren vorzunehmen ist. Die Anrechnung der Geschäftsgebühr hat unabhängig davon zu erfolgen, ob die vorgerichtliche Geschäftsgebühr im Prozess voll, nur zur Hälfte oder überhaupt nicht mit eingeklagt worden ist. Sonst würden entgegen dem ausdrücklichen Gesetzeszweck unerwünschte Auswirkungen der Anrechnung zum Nachteil des Auftraggebers nicht vermieden. |
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| | Auf die Beschwerde des Klägers war deshalb der Kostenfestsetzungsbeschluss entsprechend abzuändern. |
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| | Nachdem der Kläger mit seinem Rechtsmittel in vollem Umfang obsiegt hat, ergeht die Beschwerdeentscheidung gem. Nr. 1812 GKG-KV gerichtsgebührenfrei und hat die Beklagte die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens gem. § 91 ZPO zu tragen. |
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