Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 18 UF 151/13

Tenor

Der Antrag des Antragsgegners auf Aufhebung der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit in dem Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Singen vom 31.05.2013 (4 F 384/12) wird zurückgewiesen.

Gründe

 
I.
Der Antragsgegner begehrt die „Aufhebung der sofortigen Wirksamkeit“ aus dem Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Singen vom 31.05.2013. Darin wurde der Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin für den Zeitraum Juni 2011 bis Februar 2012 einen rückständigen Trennungsunterhalt in Höhe von 3.059 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.07.2012 zu zahlen. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wurde angeordnet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 31.05.2013 verwiesen.
Gegen diese Entscheidung hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Beschluss aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin vollumfänglich abzuweisen.
Zur Begründung seines gleichzeitig gestellten Antrages auf „Aufhebung der sofortigen Wirksamkeit“ trägt der Antragsgegner vor, dass das Amtsgericht das Ermessen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FamFG nicht richtig ausgeübt habe. Er sei arbeitssuchend und beziehe seit dem 01.03.2013 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Vom 01.09.2013 habe er gemäß Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See vom 06.06.2013 einen Anspruch auf volle Erwerbsminderungsrente. Die Antragstellerin dagegen sei erwerbstätig und erziele ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen von 1.269 EUR, wobei davon auszugehen sei, dass sie kostenfrei wohne. Auch Darlehen bediene sie nicht. Angesichts dieser Verhältnisse sei die sofortige Wirksamkeit nicht anzuordnen gewesen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Der auf „Aufhebung der sofortigen Wirksamkeit“ gerichtete Antrag des Antragstellers ist allenfalls als Vollstreckungsschutzantrag nach §§ 120 Abs. 2 Satz 3 FamFG, 719 Abs. 1, 707 Abs. 1 Satz 2 ZPO zulässig, als solcher aber unbegründet.
1. Eine Aufhebung der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit, die allein auf der Grundlage der §§ 120 Abs. 1 FamFG, 718 ZPO erfolgen könnte, kommt nicht in Betracht. Insofern enthält § 120 Abs. 2 Satz 3 FamFG mit dem Verweis auf §§ 707 Abs. 1, § 719 Abs. 1 ZPO eine spezielle Regelung, die die Anwendbarkeit des Generalverweises in § 120 Abs. 1 FamFG auf die allgemeinen Regelungen über die Zwangsvollstreckung in der ZPO ausschließt.
Die Vorschriften zur vorläufigen Vollstreckung nach §§ 708 - 713 ZPO sind in Unterhaltssachen nicht anzuwenden, da das FamFG insofern in §§ 120 Abs. 1, 116 Abs. 3 FamFG Sonderregelungen vorsieht (vgl. Wendl/Dose/Schmitz, Unterhaltsrecht, 8. Auflage 2011, § 10 Rn 84; BT-Drucks. 16/6308 S. 226). Vorliegend beruht die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit auf § 116 Abs. 3 Satz 2 FamFG. Diese Vorschrift wird durch § 120 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO zum Schutz des Schuldners ergänzt (Musielak/ Borth/Grandel FamFG, 4. Auflage 2013, § 120 Rn 2; BT-Drucks. 16/6308 S. 412). Aus diesem Regelungszusammenhang ergibt sich, dass die §§ 714 bis 720 ZPO trotz der Globalverweisung in § 120 Abs. 1 ZPO nur anzuwenden sind, soweit sie nicht mit dem Regelungsbereich in § 120 Abs. 2 Satz 2 bzw. 3 ZPO in Konflikt geraten (Musielak/Borth/Grandel, a.a.O., § 120 Rn 2; s. auch Prütting/Helms, FamFG, 2. Auflage 2011, § 120 Rn 3). In diesem Kontext bestimmt das FamFG durch den ausdrücklichen Verweis auf §§ 707, 719 ZPO, dass die Vollstreckung nur unter der engen Voraussetzung vorläufig eingestellt werden kann, dass der Schuldner glaubhaft macht, dass die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Damit wird allein auf die Folgen der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit abgestellt, eine Überprüfungsmöglichkeit betreffend die Voraussetzungen für diese Anordnung aber nicht eröffnet. Dementsprechend kommt eine Überprüfung der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit selber nicht in Betracht. Insofern fehlt es in § 120 Abs. 2 FamFG an einem Verweis auch auf § 718 ZPO (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 28.02.2013 - 18 UF 363/12; im Ergebnis ebenso Wendl/Dose/Schmitz, a.a.O., § 10 Rn 85; Bumiller/Harders, FamFG, 10. Auflage 2011, § 120 Rn 2 - 4, die die Anwendung anderer Vorschriften als §§ 120 Abs. 2 FamFG, 707, 719 ZPO gar nicht erörtern, sondern davon ausgehen, dass die Einstellung der Zwangsvollstreckung abweichend von den ZPO-Vorschriften geregelt wurde; s. auch MüKo/Fischer, ZPO, 3. Auflage 2010, § 120 FamFG Rn 8 m.w.N.; a.A. ohne nähere Begründung Keidel/Weber, FamFG, 17. Auflage 2011, § 116 Rn 9; vgl. auch OLG Bamberg FamRZ 2013, 481, 482 zur Frage der Nachholbarkeit der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit in der Beschwerdeinstanz; zweifelnd Prütting/Helms, FamFG, 2. Auflage 2011, § 116 Rn 30, anders aber wohl in § 120 Rn 6 ff.). Auch im Gesetzgebungsverfahren wurde der eingeschränkte Schutz, den § 120 Abs. 2 Satz 3 FamFG iVm. §§ 707, 719 ZPO dem Schuldner bietet mit der Folge, dass aus der erstinstanzlichen Entscheidung bereits vor Rechtskraft vollstreckt wird und die Beträge wegen Vermögenslosigkeit des Gläubigers nicht nach einer abändernden Beschwerdeentscheidung zurückgefordert werden können, diskutiert, die Bedenken aber zugunsten des Interesses des Gläubigers an der Erlangung der Unterhaltsleistung zurückgestellt (BT-Drucks. 16/6308 S. 373 einerseits und S. 412 andererseits). Insofern wurde es für ausreichend angesehen, dass die gegenseitigen Interessen allein im Rahmen des § 116 Abs. 3 FamFG überprüft werden (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 412).
2. Offenbleiben kann, ob der Antrag des Antragstellers auf Aufhebung der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit als Vollstreckungsschutzantrag nach § 120 Abs. 2 Satz 3 FamFG, §§ 719 Abs. 1, 707 Abs. 1 Satz 2 ZPO auszulegen ist, da er als solcher jedenfalls unbegründet ist. Der Antragsgegner hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihm durch die Zwangsvollstreckung ein nicht zu ersetzender Nachteil im Sinne von § 120 Abs. 2 Satz 3 FamFG, §§ 719 Abs. 1, 707 Abs. 1 Satz 2 ZPO droht. Vielmehr beruft er sich allein darauf, dass das Amtsgericht das Ermessen bei der Anordnung nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FamFG nicht richtig ausgeübt habe.

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