1. Der Antrag des Klägers auf Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Bestimmungsverfahrens.
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| | Am 10.04.2010 war der Kläger im Gebiet der Gemeinde H. (Beklagte Ziff. 1) mit dem Fahrrad unterwegs. Er stürzte und zog sich Verletzungen zu. Der Kläger macht geltend, der Sturz sei durch einen mangelhaften Zustand der Fahrbahn im Bereich der Unfallörtlichkeit verursacht worden. Für seinen Sturz sei zum einen die Beklagte Ziff. 1 als Gemeinde verantwortlich, und zum anderen die Beklagte Ziff. 2, die einige Zeit vor dem Unfall im Bereich der Unfallstelle mangelhafte Tiefbauarbeiten ausgeführt habe. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 21.03.2013 hat der Kläger Klage zum Amtsgericht Überlingen erhoben. Er verlangt von den Beklagten als Gesamtschuldnern Schmerzensgeld und Schadensersatz. |
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| | Mit Verfügung vom 25.03.2013 hat das Amtsgericht den Kläger darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Überlingen für die Klage gegen die Beklagte Ziff. 1 bestehen. Sachlich zuständig sei für diese gemäß § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG das Landgericht Konstanz. Mit Verfügung vom 21.06.2013 hat das Amtsgericht den Hinweis wiederholt, und dem Kläger hinsichtlich der Klage gegen die Beklagte Ziff. 1 einen Verweisungsantrag anheimgestellt. |
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| | Mit Schriftsatz vom 15.07.2013 hat der Kläger beantragt, "den Rechtsstreit" an das zuständige Landgericht Konstanz zu verweisen. Das Amtsgericht Überlingen hat daraufhin mit Beschluss vom 19.07.2013 das Verfahren gegen die Beklagte Ziff. 1 abgetrennt. Mit einem weiteren Beschluss vom 19.08.2013 hat sich das Amtsgericht Überlingen in dem abgetrennten Verfahren für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit (die Beklagte Ziff. 1 betreffend) auf Antrag des Klägers an das Landgericht Konstanz verwiesen. Das Amtsgericht Überlingen sei sachlich unzuständig. Bei der Klage gegen die Beklagte Ziff. 1 handele es sich der Sache nach um einen Amtshaftungsanspruch, für welchen das Landgericht ausschließlich zuständig sei gemäß § 71 Abs. 2 Ziff. 2 GVG. Beim Landgericht Konstanz wird das Verfahren gegen die Beklagte Ziff. 1 nunmehr unter dem Az. 4 O 177/13 geführt, während das Verfahren gegen die Beklagte Ziff. 2 weiterhin unter dem Az. 3 C 98/13 beim Amtsgericht Überlingen anhängig ist. |
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| | Mit Schriftsatz vom 27.09.2013 an das Oberlandesgericht Karlsruhe hat der Kläger beantragt, das Landgericht Konstanz als gemeinsam zuständiges Gericht für das Verfahren gegen beide Beklagte zu bestimmen. Die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung seien gegeben, da sich zwei verschiedene Gerichte (Amtsgericht Überlingen und Landgericht Konstanz) für zuständig erklärt hätten. Durch die Zuständigkeitsbestimmung solle dem Kläger wieder ermöglicht werden, beide Parteien gemeinsam als Streitgenossen zu verklagen. |
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| | Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren. |
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| | Der Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für die Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts liegen nicht vor. |
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| | 1. Es liegt entgegen der Auffassung des Klägers kein Fall des § 36 Abs. 1 Ziff. 5 ZPO (positive Zuständigkeitserklärungen verschiedener Gerichte in einem Rechtsstreit) vor. Denn das Amtsgericht Überlingen und das Landgericht Konstanz haben sich nicht in einem einheitlichen Rechtsstreit für zuständig erklärt, sondern in unterschiedlichen Verfahren mit unterschiedlichen Beteiligten. Da in beiden Verfahren verschiedene Beklagte beteiligt sind, liegen keine einander widersprechende Zuständigerklärungen des Amtsgerichts Überlingen und des Landgerichts Konstanz vor, die Voraussetzung für eine Anwendung von § 36 Abs. 1 Ziff. 5 ZPO wären. |
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| | 2. Allerdings liegt der Sache nach ein Fall des § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO vor, so dass der Antrag des Klägers nach dieser Vorschrift als zulässig zu behandeln ist. Denn der Kläger möchte verschiedene Beklagte in einem einheitlichen Verfahren als Streitgenossen in Anspruch nehmen. |
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| | 3. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - zur Entscheidung über den Antrag des Klägers folgt aus § 36 Abs. 1 ZPO. Das Oberlandesgericht Karlsruhe ist im Verhältnis zu den beteiligten Gerichten (Amtsgericht Überlingen und Landgericht Konstanz) das im Rechtszug zunächst höhere Gericht. |
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| | 4. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO liegen teilweise vor: Da der Kläger die Beklagten als Gesamtschuldner auf Schadensersatz in Anspruch nimmt, wären diese Streitgenossen gemäß §§ 59, 60 ZPO. Ein Gericht, das nach den gesetzlichen Vorschriften für die Klage gegen beide Beklagte sachlich zuständig wäre, ist nicht vorhanden. Denn für die Beklagte Ziff. 1 ist gemäß § 71 Abs. 2 Ziff. 2 GVG das Landgericht sachlich zuständig, während für die Beklagte Ziff. 2 im Hinblick auf den Streitwert gemäß § 23 Ziff. 1 GVG das Amtsgericht sachlich zuständig ist. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine entsprechende Anwendung von § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO grundsätzlich auch dann in Betracht kommt, wenn für beide Beklagte nach den gesetzlichen Vorschriften eine unterschiedliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage 2014, § 36 ZPO, RdNr. 2 a, 14). |
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| | 5. Einer Zuständigkeitsbestimmung durch den Senat steht jedoch entgegen, dass die Klagen gegen die Beklagte Ziff. 1 einerseits und gegen die Beklagte Ziff. 2 andererseits bereits bei unterschiedlichen Gerichten, nämlich dem Amtsgericht Überlingen und dem Landgericht Konstanz, anhängig sind. In diesem Stadium kommt jedenfalls unter den Umständen des vorliegenden Falls eine Gerichtsstandsbestimmung nicht mehr in Betracht. |
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| | a) Nach dem Wortlaut des Gesetzes in § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO ("… verklagt werden sollen …") ist die Gerichtsstandsbestimmung für eine Klage gegen mehrere Streitgenossen vor Klageerhebung vorgesehen und nicht für eine bereits erhobene Klage. Der Senat hätte auf Antrag des Klägers ein gemeinsam zuständiges Gericht bestimmen können, wenn der Kläger den Antrag vor Einreichung seiner Klage gestellt hätte, nicht jedoch zum jetzigen Zeitpunkt, wo die Klage bereits erhoben wurde, und inzwischen nach der Abtrennung durch das Amtsgericht Überlingen bei zwei verschiedenen Gerichten anhängig ist. |
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| | b) Allerdings hat die Rechtsprechung den Anwendungsbereich von § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO in einem gewissen Umfang auch auf Fälle ausgedehnt, in denen bereits Klage gegen die Streitgenossen erhoben wurde. Maßgeblich für eine solche entsprechende Anwendung der Gesetzesvorschrift sind Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit und der Prozessökonomie. Wenn ein Kläger bei einer einheitlichen Klage gegen mehrere Streitgenossen übersehen hat, dass für die verschiedenen Beklagten unterschiedliche Zuständigkeiten gegeben sind, kann ggfs. mit einer Entscheidung gemäß § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO eine Trennung des Verfahrens verhindert werden, um eine prozessökonomische gemeinsame Verhandlung und Entscheidung gegen sämtliche Beklagten zu ermöglichen (vgl. zu diesen Fällen Zöller/Vollkommer a. a. O., § 36 ZPO, RdNr. 16 mit Rechtsprechungsnachweisen). |
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| | Entscheidend für eine Zuständigkeitsbestimmung nach Klageerhebung sind verschiedene Zweckmäßigkeitserwägungen. In der Rechtsprechung ist dabei anerkannt, dass eine Zuständigkeitsbestimmung nach Klageerhebung nicht mehr in Betracht kommt, wenn solche Zweckmäßigkeitserwägungen nicht durchgreifen bzw. wenn andere Erwägungen eine Zuständigkeitsbestimmung unzweckmäßig erscheinen lassen. Eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO wird daher beispielsweise in der Regel abgelehnt, wenn bereits eine Beweisaufnahme zur Hauptsache durchgeführt wurde (vgl. Zöller/Vollkommer a. a. O.). |
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| | In der vorliegenden prozessualen Konstellation lässt sich eine Zuständigkeitsbestimmung durch Gesichtspunkte der Prozessökonomie nach Auffassung des Senats nicht rechtfertigen. Entscheidender Gesichtspunkt für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO ist der Umstand, dass im Interesse des Klägers und im Interesse der Prozesswirtschaftlichkeit ein einheitliches Verfahren mit einer gemeinsamen Verhandlung gegen die Streitgenossen auf Beklagtenseite sichergestellt werden soll. Ein solches prozessuales Ziel lässt sich nach der Trennung der Verfahren durch das Amtsgericht Überlingen jedoch nicht mehr erreichen. Denn der Senat könnte im jetzigen Verfahrensstadium eine gemeinsame Verhandlung beim Landgericht Konstanz nicht mehr sicherstellen. Zwar wäre bei einer Bestimmung des Landgerichts Konstanz als gemeinsam zuständiges Gericht der noch beim Amtsgericht Überlingen gegen die Beklagte Ziff. 2 anhängige Rechtstreit auf Antrag an das Landgericht Konstanz zu verweisen. Nach dem Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts Konstanz würde der verwiesene Rechtstreit dann zur 4. Zivilkammer gelangen, bei welcher bereits das Verfahren gegen die Beklagte Ziff. 1 anhängig ist. Eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO hätte jedoch keine rechtlichen Wirkungen im Hinblick auf die weitere Behandlung des Verfahrens bei der 4. Zivilkammer. Dem Senat ist der kammerinterne Geschäftsverteilungsplan nicht bekannt, so dass offen ist, ob ein vom Amtsgericht Überlingen verwiesenes Verfahren vom selben Kammermitglied als Einzelrichter zu führen wäre, wie das dort bereits anhängige Verfahren gegen die Beklagte Ziff. 1. Außerdem wäre über die Frage einer möglichen Verbindung beider Verfahren gemäß § 147 ZPO allein von der Zivilkammer des Landgerichts zu entscheiden. Das heißt: |
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| | Selbst wenn nach einer Verweisung des Verfahrens gegen die Beklagte Ziff. 1 der selbe Einzelrichter beim Landgericht Konstanz dieses Verfahren übernehmen würde, wäre im Hinblick auf die vorausgegangene Verfahrenstrennung offen, und vom Senat nicht zu beeinflussen, ob eine Verbindung und eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung erfolgt. |
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| | Der Kläger hätte nach den Hinweisen des Amtsgerichts Überlingen die Möglichkeit gehabt, vor der Verfahrenstrennung einen Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung zu stellen. Diesem wäre stattzugeben gewesen. Denn vor der Trennung wäre durch eine Entscheidung gemäß § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung der Klage gegen beide Beklagte in jedem Fall sichergestellt worden. Von dieser Möglichkeit hat der Kläger jedoch keinen Gebrauch gemacht. |
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| | c) Allerdings wird von der Rechtsprechung in einer bestimmten Fallkonstellation § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO auch dann analog angewendet, wenn bereits Klagen bei verschiedenen Gerichten anhängig sind, und mithin aus den oben erörterten Gründen letztlich unsicher ist, ob eine Zuständigkeitsbestimmung tatsächlich eine Verbindung der Verfahren bewirken kann. Der Bundesgerichtshof hält eine solche Möglichkeit jedoch nur in den Fällen für gegeben, in denen nach Durchführung eines Mahnverfahrens auf Grund der gesetzlichen Regelung in § 696 Abs. 1 ZPO eine Trennung der Verfahren gegen verschiedene Streitgenossen erfolgen muss (vgl. insbesondere BGH, Beschluss vom 17.09.2013 X ARZ 423/13 -, zitiert nach Juris). Dabei ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs entscheidend, dass zum einen die vorübergehende Verfahrenstrennung nach Durchführung eines Mahnverfahrens gesetzlich zwingend vorgegeben und vom Kläger nicht zu verhindern ist, und zum anderen, dass der Kläger in derartigen Fällen keine Möglichkeit hat, schon früher einen Bestimmungsantrag gemäß § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO zu stellen. Diese Gesichtspunkte lassen sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. Denn der Kläger hätte den Bestimmungsantrag schon vor Klageerhebung bzw. spätestens nach dem Hinweis des Amtsgerichts Überlingen auf die Zuständigkeitsbedenken hinsichtlich der Beklagten Ziff. 1 stellen können. Die Verfahrenstrennung hat der Kläger anders als in den Fällen gemäß § 696 Abs. 1 ZPO selbst dadurch verursacht, dass er nicht rechtzeitig einen Bestimmungsantrag gestellt hat. (Vgl. im Übrigen zur Unanwendbarkeit vom § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO, wenn zwei getrennte Klagen anhängig sind, BGH, NJW-RR 2011, 929.) |
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| | 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. |
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