Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 1 (10) SsBs 434/13; 1 (10) SsBs 434/13 - AK 163/13

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Pforzheim vom 28. Juni 2013 wird kostenpflichtig (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO) als unbegründet verworfen.

Gründe

 
Der Betroffene wurde durch Urteil des Amtsgerichts Pforzheim wegen fahrlässigen Verstoßes gegen die Spielverordnung in zwei Fällen zu Geldbußen von jeweils 400 EUR verurteilt.
Nach den Feststellungen war der Betroffene Geschäftsführer einer GmbH, die 2012 in einem Gebäude in Pforzheim in mehreren miteinander verbundenen Räumlichkeiten jeweils zwei Geldspielgeräte aufgestellt hatte. Die Räumlichkeiten waren so angeordnet, dass sechs Räume um einen zentralen Raum angeordnet waren; der Zugang war nur über eine gemeinsame Treppe möglich, die zu dem zentralen Raum führte. Eine Aufsicht war nur in dem zentralen Raum vorhanden, die den Zugang zu den weiteren Räumen kontrollierte, die zudem über Monitore überwacht werden konnten. Formal waren die einzelnen Räumlichkeiten als voneinander getrennte Gaststätten ausgewiesen. In einem deshalb geführten Rechtsstreit hatte sich die Stadt Pforzheim mit der Betreiberin darauf geeinigt, vorläufig (bis zur gerichtlichen Entscheidung) die Aufteilung der Räume in sieben Gaststätten anzuerkennen.
Bei Kontrollen am 06.12.2012 und am 25.06.2012 war in sechs der sieben Räumlichkeiten keine Aufsicht zugegen. Dem Betroffenen wurde deshalb angelastet, als Verantwortlicher nicht ausreichend sichergestellt zu haben, die Räumlichkeiten, in denen sich keine Aufsicht aufhielt, verschlossen zu halten.
Mit der form- und fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde macht der Betroffene im Rahmen der Sachrüge geltend, dass die Räumlichkeiten bei den Kontrollen zwar zugänglich, aber nicht geöffnet gewesen seien. Einige der Geldspielgeräte seien zudem ausgeschaltet, die Netzstecker herausgezogen gewesen. Schließlich sei durch die Aufsicht im Zentralraum und die Videoüberwachung eine hinreichende Kontrolle gewährleistet gewesen.
Die zulässige Rechtsbeschwerde bleibt erfolglos.
1. Gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 GewO i.V.m. § 19 Abs. 1 Nr. 1a der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit (Spielverordnung) in der zur Tatzeit geltenden Fassung handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig in Ausübung eines stehenden Gewerbes entgegen § 3 Abs. 1 Satz 2 Spielverordnung nicht sicherstellt, dass Kinder oder Jugendliche nicht an Spielgeräten spielen. § 3 Abs. 1 Satz 2 Spielverordnung verlangt dazu, dass bei bis zu zwei aufgestellten Geräten durch eine ständige Aufsicht die Einhaltung von § 6 Abs. 2 des Jugendschutzgesetzes sichergestellt wird.
Hiergegen hat der Betroffene auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen fahrlässig verstoßen. Eines näheren Eingehens bedarf es nur hinsichtlich folgender Punkte:
a. Im Hinblick darauf, dass durch die Vorschrift eine effektive Einhaltung des Kinder- und Jugendschutzes gewährleistet werden soll (vgl. dazu die amtliche Begründung zur Fünften Verordnung zur Änderung der Spielverordnung vom 17.12.2005, BR-Drs. 655/05 S. 15) reicht es für die Verwirklichung des Tatbestandes aus, dass es Kindern und Jugendlichen möglich war, die Räumlichkeiten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt waren, zu betreten und die Geldspielgeräte - zum Teil nach Einstecken des Netzsteckers und Einschalten des Gerätes - zu benutzen.
b. Entgegen der mit der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung genügte das Vorhandensein einer Aufsicht in dem zentralen Raum und die Videoüberwachung nicht den Anforderungen, die § 3 Abs. 1 Satz 2 Spielverordnung in diesem Zusammenhang für eine effektive Einhaltung des Kinder- und Jugendschutzes aufstellt.
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Der Betroffene muss sich dabei an seiner mit der Stadt Pforzheim getroffenen Übereinkunft festhalten lassen, wonach im Tatzeitraum jede der Räumlichkeiten als gesonderte Gaststätte anzusehen war. Danach hätte aber zur Einhaltung der Vorgaben des § 3 Abs. 1 Satz 2 Spielverordnung in jeder als selbständige Gaststätte geltenden Räumlichkeit, in der jeweils zwei Geldspielgeräte aufgestellt waren, eine ständige Aufsicht vorhanden sein müssen.
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Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat dazu in ihrem Verwerfungsantrag vom 02.10.2013 ausgeführt:
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„Nach der amtlichen Begründung der fünften Verordnung zur Änderung der Spielverordnung vom 17.12.2005 (BGBl. I S. 3495), durch die § 3 Spielverordnung maßgeblich verändert wurde, sollte im Gegenzug zur Erhöhung der Höchstzahl der aufstellbaren Spielgeräte in Schankwirtschaften und Spielhallen eine Verschärfung unter anderem der Aufsichtspflichten zum Schutz der Jugend vorgenommen werden (Marcks in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 64. Ergänzungsl. 2013, § 3 Spielverordnung, Rdnr. 1). Eine effektive Sicherstellung des Jugendschutzes durch eine ständige Aufsicht sollte in der Regel dadurch bewirkt werden, dass die Spielgeräte im Blickfeld des Wirts oder des Personals stehen sollten (BR-Drucksache 655/05, Seite 15; Marcks a.a.O. Rdnr. 2).
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Unter Berücksichtigung dieser gesetzgeberischen Ziele und Vorgaben ist grundsätzlich zu fordern, dass die Überwachung des Zugangs zu den Spielgeräten durch die persönliche Anwesenheit einer Aufsichtsperson in der Gaststätte und nicht nur durch eine Kameraüberwachung und eine sich in anderen Räumlichkeiten befindende Person zu erfolgen hat. Die Überwachung mittels Monitoren erfolgt in der Regel nur stichprobenartig und nicht kontinuierlich, ermöglicht keine hinreichende Abschätzbarkeit des Alters der Kunden und wirkt gegenüber Nichtberechtigten nicht in gleicher Weise abschreckend wie die persönliche Anwesenheit einer Aufsichtsperson (siehe VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20.10.2010, 7 K 130/09, zitiert in juris, Rdnr. 26).“
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Dem schließt sich der Senat an. Eine einschränkende Auslegung, wonach entsprechend der zu § 33i GewO (a.F.) ergangenen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 02.07.1991 - 1 C 4/90, bei juris; VG Stuttgart, Beschluss vom 14.09.2004 - 10 K 1340/04, bei juris) der Tatbestand nur bei Feststellung einer konkreten Gefahr für den Kinder- und Jugendschutz verwirklicht wäre, ist danach nicht geboten. Dafür spricht auch der Vergleich beider Normen. Während § 33i GewO Auflagen an Spielhallenbetreiber an die Voraussetzung knüpft, dass die Auflagen zur Zweckerreichung erforderlich sind, bestimmt § 3 Abs. 1 Satz 2 Spielverordnung, dass der Zweck des Kinder- und Jugendschutzes nur durch die festgeschriebene Vorkehrung, eine ständige Aufsicht in der Gaststätte erreicht werden kann.
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2. Der Rechtsfolgenausspruch ist ebenfalls rechtsfehlerfrei.

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