Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 11 Wx 92/13

Tenor

Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Tenor ist vom Gericht nicht mitgeteilt worden.

Gründe

 
Zum Sachverhalt
Die Gesellschaft wendet sich gegen ihre beabsichtigte Amtslöschung wegen Vermögenslosigkeit. Gegenstand der (…) Gesellschaft ist insbesondere der Groß- und Einzelhandel mit Blumen und Pflanzen aller Art (…).
Mit Verfügung vom 25. Januar 2010 untersagte die Stadt K. den Beteiligten zu 1 und 2 nach § 35 Abs. 1 GewO die weitere selbstständige Ausübung des Gewerbes „Großhandel mit Blumen und Pflanzen aller Art“ sowie die Ausübung aller anderen Gewerbe, für die § 35 Abs. 1 GewO gilt. Grund hierfür waren erhebliche Steuerrückstände, die in dem Bescheid gegenüber dem Finanzamt mit 142.886,36 EUR und gegenüber der Stadt K. mit 7.126,77 EUR beziffert wurden. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium K. am 18. April 2011 zurück. Gegen diese Bescheide haben die Beteiligten zu 1 und 2 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe am 23. Mai 2011 Klage erhoben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 27. September 2011 schlossen die Beteiligten einen Vergleich, wonach die Kläger ihre Klagen zurücknehmen, die beklagte Stadt einstweilen auf die Vollstreckung der Gewerbeuntersagungsverfügungen sowie die Meldung an das Gewerbezentralregister verzichtet und sich bereit erklärt, vor Ablauf der Jahresfrist des § 35 Abs. 6 GewO das Wiedergestattungsverfahren auf Antrag einzuleiten.
Mit Verfügung vom 28. Juni 2013 teilte das Amtsgericht Mannheim dem Beteiligten zu 2 mit, dass es beabsichtigt, die Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Handelsregister zu löschen. Zur Geltendmachung eines Widerspruchs wurde eine Frist von einem Monat gesetzt. Durch Telefax vom 21. Juli 2013 wurde dem Amtsgericht ein auf dem Briefpapier der Beteiligten zu 1 geschriebener Widerspruch mit unleserlicher Unterschrift übermittelt. Mit Schreiben vom 22. Juli 2013 bat das Amtsgericht um Klarstellung, wer das Widerspruchsschreiben unterschrieben habe. Durch Schreiben vom 12. August 2013 teilte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1 mit, dass die Gesellschaft nicht vermögenslos sei und auch im Hinblick auf die gewerberechtlichen Verfahren kein Grund für eine Amtslöschung bestehe. Gleichzeitig wurde die Bilanz des Steuerberaters für 2012 vorgelegt, die u.a. Aktiva von 247.224,47 EUR (darunter Sachanlagen 1 EUR, Vorräte 18.367,50 EUR, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 24.657,91 EUR, sonstige Vermögensgegenstände 80.644,61 EUR, Kassenbestand 6.819,70 EUR sowie ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 116.713,75 EUR), Eigenkapital von 0 EUR sowie Verbindlichkeiten von 247.224,47 EUR aufweist. Mit Schreiben vom 13. August 2013 bat das Amtsgericht den Verfahrensbevollmächtigten um Nachreichung der Vollmacht.
Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 3. September 2013 den Widerspruch gegen die Löschungsankündigung zurückgewiesen. Der Widerspruch sei mangels hinreichender Legitimation unzulässig. Außerdem habe die vorgelegte Bilanz die Vermögenslosigkeit bestätigt. Ein Zustellungsnachweis ist in der Akte nicht vorhanden. Durch Schriftsatz vom 8. Oktober 2010 legte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1 Beschwerde ein. Dabei rügte er, das Schreiben vom 13. August 2014 nicht erhalten zu haben, und wiederholte sein Vorbringen, dass die Gesellschaft nicht vermögenslos sei. Der Beschwerdeschrift waren Vollmachten beigefügt.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens wurden Auskünfte des Finanzamts K. und des Amtsgerichts K. - Schuldnerverzeichnis - eingeholt. Weiterhin reichte die Beteiligte zu 1 ihren Jahresabschluss zum 31. Dezember 2013 ein. Schließlich versicherte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1, dass die ihm gegenüber erteilten Vollmachten vom Beteiligten zu 2 unterschrieben worden seien (…).
Aus den Gründen
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Sie ist gemäß §§ 394 Abs. 3, 393 Abs. 3 Satz 2 FamFG statthaft.
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Die Beschwerde ist auch fristgerecht eingelegt, da sich wegen des fehlenden Nachweises der Zustellung des Beschlusses vom 3. September 2013 der Fristbeginn nach § 63 Abs. 3 Satz 2 bemisst (Keidel/Sternal, FamFG 18. Aufl. § 63 Rn. 27).
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Die Beteiligte zu 1 ist als Widerspruchsführerin beschwerdebefugt (vgl. Bahrenfuss/Steub, FamFG 2. Aufl. § 394 Rn. 24). Dabei kann es dahinstehen, wer das Widerspruchsschreiben vom 20. Juni 2013 unterzeichnet hat, da das Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten vom 12. August 2018 gleichermaßen als Widerspruch aufzufassen ist. Unerheblich ist, dass insoweit die in der Löschungsankündigung vom 28. Juni 2013 gesetzte Frist von einem Monat versäumt wurde, da ein Widerspruch auch dann zu berücksichtigen ist, wenn er verspätet aber vor Löschung beim zuständigen Registergericht eingeht (Bahrenfuss/Streub, FamFG 2. Aufl. § 394 Rn. 16; OLG Köln, Rpfleger 1994, 360; BayObLGZ 1977, 320, 323). Unter Berücksichtigung der anwaltlichen Versicherung vom 4. August 2014 sind die vorgelegten Vollmachten als vom Beteiligten zu 2 unterschrieben zu betrachten, der ausweislich einer am 14. August 2014 eingeholten Registerauskunft weiterhin als Geschäftsführer der Beteiligten zu 1 eingetragen ist.
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2. In der Sache hat die Beschwerde Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Von einer Vermögenslosigkeit der Beteiligten zu 1 kann nicht ausgegangen werden.
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a) § 394 Abs. 1 FamFG erlaubt die Löschung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wenn sie kein Vermögen besitzt. Das ist dann der Fall, wenn es an einer verteilungsfähigen Masse, die zur Gläubigerbefriedigung verwertbar wäre, fehlt; schon das Vorhandensein von Vermögen auch nur in geringem Umfang steht der Annahme der Vermögenslosigkeit entgegen (OLG Düsseldorf, FGPrax 2006, 226 f.; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2000, 630; BayObLG, ZIP 1984, 175 f.). Der Begriff der Vermögenslosigkeit deckt sich daher nicht mit den Begriffen der Unterbilanz, der Überschuldung und der Masselosigkeit (Altmeppen/Roth, GmbHG 7. Aufl. § 75 Rn. 53; Haußleiter/Schemmann, FamFG § 394 Rn. 4; Scholz/Schmidt/Bitter, GmbHG 10. Aufl. § 60 Rn. 49; vgl. auch KG, FGPrax 2007, 237). Vermögenslosigkeit liegt daher nur vor, wenn nach kaufmännischer-wirtschaftlicher Betrachtungsweise überhaupt keine Zugriffs- und Verteilungsmasse mehr für die Gläubiger zur Verfügung steht (Scholz/Schmidt/Bitter aaO).
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b) In verfahrensrechtlicher Hinsicht muss das Registergericht wegen der schwerwiegenden Folgen der Löschung die Voraussetzungen für die Annahme einer Vermögenslosigkeit besonders genau und gewissenhaft prüfen und die erforderlichen Tatsachen von Amts wegen ermitteln. Die bloße Überzeugung des Gerichts von der Vermögenslosigkeit genügt nicht; die Überzeugung muss vielmehr auf ausreichenden Ermittlungen beruhen (OLG Düsseldorf, FGPrax 2013, 33 f; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2000, 630; Baumbach/Hueck/Haas, GmbHG 20. Aufl. Anh. § 77 Rn. 9). Eine unterlassene Darlegung des Geschäftsführers ist in diesem Zusammenhang kein hinreichendes Indiz (OLG Düsseldorf, FGPrax 2011, 134; BayObLG, ZIP 1984, 175 f.).
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c) Nach diesen Maßstäben besteht keine hinreichende Überzeugung von der Vermögenslosigkeit der Beteiligten zu 1.
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aa) Die Gewerbeuntersagung der Stadt K. vom 27. März 2013 stützt sich auf erhebliche Steuerrückstände. Erhebliche Steuerschulden oder eine fehlende Zahlungsmoral rechtfertigen für sich genommen jedoch noch nicht die Annahme von Vermögenslosigkeit (Keidel/Heinemann, FamFG 18. Aufl. § 394 Rn. 7; Krafka/Kühn, Registerrecht 9. Aufl. Rn. 432; OLG Düsseldorf, FGPrax 2013, 33 f).
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bb) Entgegen der Ansicht des Registergerichts belegt die vorgelegte Bilanz für das Jahr 2012 nicht die Vermögenslosigkeit; im Gegenteil weist sie - und darauf ist abzustellen - noch Forderungen, sonstige Vermögensgegenstände und einen Kassenbestand in nennenswerter Höhe aus. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Bilanz unzutreffend ist, sind nicht ersichtlich.
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cc) Die weiteren Ermittlungen durch das Beschwerdegericht führen zu keinem anderen Ergebnis.
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(1) Die Auskunft des Finanzamts K. vom 6. Februar 2014 weist zwar erhebliche Ausstände von 156.759,15 EUR auf. Darauf kommt es für sich genommen - wie oben dargelegt - jedoch nicht an. Zwar wird in dem Bericht von früheren erfolglosen Vollstreckungsversuchen berichtet, weshalb im Jahr 2009 bei der Stadt K. ein Gewerbeuntersagungsverfahren eingeleitet worden sei. Gleichzeitig wird jedoch bestätigt, dass die Beteiligte zu 1 im Jahr 2013 rund 21.000 EUR Steuerschulden beglichen hat. Bei der Prüfung der Vermögenslosigkeit ist auf die jetzigen Verhältnisse abzustellen (OLG Hamm, NJW-RR 1992, 547, 549; Haußleiter/Schemmann, FamFG § 394 Rn. 18). Daher ist allein der zeitlich letzte Umstand der erheblichen Steuerrückzahlung im Jahr 2013 bei der Bewertung der derzeitigen Vermögenssituation maßgebend.
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(2) Nach Auskunft des Schuldnerverzeichnisses beim Amtsgericht K. besteht keine Eintragung im Schuldnerverzeichnis. Entgegenstehende Erkenntnisse ergeben sich auch nicht aus dem Vollstreckungsportal der Länder.
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(3) Die vorgelegte Bilanz für 2013 zeigt wiederum Vorräte, Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände sowie einen Kassenbestand auf, die zusammen genommen unter dem Gesichtspunkt der Vermögenslosigkeit hinreichendes verteilungsfähiges Vermögen darstellen.
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(4) Bei dieser Sachlage kommt es nicht entscheidend darauf an, dass die Beteiligte zu 1 der Auflage zur Vorlage von Fahrzeugpapieren nicht nach gekommen ist.
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dd) Auch bei würdigender Gesamtbetrachtung aller Umstände mögen die ermittelten Erkenntnisse zwar eine krisenhafte Situation der Beteiligten zu 1 belegen, die Überzeugung von einer Vermögenslosigkeit i.S.d. § 394 Abs. 1 FamFG lässt sich hieraus jedoch nicht gewinnen. (…)

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