Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - HEs 2 Ws 63/17

Tenor

1. Die Untersuchungshaft des Angeschuldigten hat fortzudauern.

2. Die weitere Haftprüfung wird für die Dauer von drei Monaten dem Amtsgericht - Schöffengericht - Freiburg im Breisgau übertragen.

Gründe

 
I.
Der Angeschuldigte A befand sich in vorliegender Sache zunächst aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Freiburg vom 17.09.2016 - 23 Gs 2296/16 - nach vorläufiger Festnahme am Vortag in Untersuchungshaft. Nach dessen Aufhebung gründet die seither ununterbrochene Inhaftierung des Angeschuldigten auf dem hier gegenständlichen zeitgleich am 07.03.2017 erlassenen - an die Anklageschrift vom 22.02.2017 angepassten - Haftbefehl, der von dem Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 112 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 StPO sowie - subsidiär - der Wiederholungsgefahr nach § 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO ausgeht.
1. Ausweislich des vorbezeichneten Haftbefehls wird dem Angeschuldigten das vorsätzliche unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG in vier Fällen im Zeitraum von April 2014 bis zum 16.09.2016 - hiervon in einem Fall mit Kokain (1 kg Bruttogewicht), in zwei Fällen mit Marihuana beziehungsweise Haschisch (5 kg beziehungsweise 10 kg Bruttogewicht) und zuletzt mit Kokain (Wirkstoffmenge mindestens 207 g Kokainhydrochlorid, damit ca. 7.125 Konsumeinheiten) und Cannabisprodukten (mindestens 2.582 g THC, damit ca. 181.187 Konsumeinheiten) zur Last gelegt.
2. Nach Antritt der Untersuchungshaft durch den Angeschuldigten wurden die polizeilichen Ermittlungen zunächst bis zur Übersendung des auf den 27.12.2016 datierten Schlussberichts der Kriminalpolizei F an den sachbearbeitenden Staatsanwalt fortgeführt. Der Gang des Ermittlungsverfahrens war - vor dem Hintergrund dessen, dass der auf den Angaben des gesondert verfolgten Z gründende Ausgangstatverdacht erheblich von der insoweit nur teilweise geständigen Einlassung des Angeschuldigten vom 24.10.2016 abweicht - bis dahin im Wesentlichen geprägt durch
- die Auswertung von Erkenntnissen und Asservaten, die bei den bereits seit Mitte Juni 2016 laufenden verdeckten strafprozessualen Maßnahmen (insbesondere Telekommunikationsüberwachung, Verkehrsdatenerhebung, Observationsmaßnahmen und Einsatz technischer Mittel) und bei den am 15.09.2016 durchgeführten Durchsuchungen vierer Immobilien, der Person des Angeschuldigten und dessen zwei Kraftfahrzeugen gewonnen wurden,
- umfangreiche Finanzermittlungen sowie
- die Identifikation und den Versuch der Einvernahme von letztlich dreizehn anhand der Auswertung der Telefonüberwachungserkenntnisse ermittelten möglichen Betäubungsmittelabnehmern sowie zweier Zeugen zur Umfeldabklärung.
Die am 23.09.2016 durch die polizeilichen Ermittlungsbehörden in Auftrag gegebenen kriminaltechnischen Untersuchungen (neben Wirkstoffanalysen der sichergestellten Betäubungsmittel zudem die molekulargenetische und daktyloskopische Untersuchung deren Umverpackungen durch das LKA Baden-Württemberg) waren dabei - bis auf die in wesentlichen Teilen weiterhin ausstehende molekulargenetische Untersuchung - bis Ende Januar 2017 (zuletzt daktyloskopischer Auswertebericht vom 17.01.2017) fertiggestellt; die vorbezeichneten Vernehmungen waren bis Mitte November 2016 abgeschlossen.
Der nach Eingang des Schlussberichts der Kriminalpolizei F anschließend durch den sachbearbeitenden Oberstaatsanwalt am 08.01.2017 eingeholte polizeiliche Ermittlungsbericht zu einer gegebenenfalls durch den Angeschuldigten im Rahmen einer Zeugenaussage geleisteten Aufklärungshilfe nach § 31 BtMG (in der Hauptverhandlung des unter anderem gegen seinen Drogenlieferanten L geführten Verfahrens vor dem Landgericht H, 2 KLs 430 Js 22296/15) lag am 19.01.2017 vor. Die Staatsanwaltschaft beauftragte zudem im Rahmen ihrer Abschlussverfügung vom 15.02.2017 mit Einverständnis des Verteidigers die Gutachterstelle des Zentrums für Psychiatrie Y (ZfP Y) unter Hinweis auf das in Haftsachen bestehende Beschleunigungsgebot, den Angeschuldigten vor dem Hintergrund der Frage des Vorliegens der Voraussetzungen einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB zu begutachten. Die Erhebung der Anklage vom 22.02.2017 zum Amtsgericht - Schöffengericht - Freiburg erfolgte mit Eingang am 23.02.2017 schließlich nur auf der Grundlage der - geständigen - Einlassung des Angeschuldigten vom 24.10.2016.
Unter Gewährung einer Stellungnahmefrist von einer Woche verfügte der Vorsitzende des Schöffengerichts am 27.02.2017 die Zustellung der Anklageschrift und eröffnete und erließ am 07.03.2017 den mit der Anklage beantragten, an diese angepassten Haftbefehl. Mit Beschluss vom 17.03.2017 legte sodann der Vorsitzende des Schöffengerichts die Akten dem Landgericht Freiburg - Große Strafkammer - nach § 209 Abs. 2 StPO zur Prüfung der dortigen Eröffnungszuständigkeit vor. Eine diesbezügliche Entscheidung liegt noch nicht vor.
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Bereits zuvor - am 27.02.2017 - hatte der Vorsitzende des Schöffengerichts die Aktenvorlage an das Oberlandesgericht zur Durchführung der besonderen Haftprüfung nach §§ 121, 122 StPO verfügt.
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Die Generalstaatsanwalt Karlsruhe, bei der die Akten am 06.03.2017 eingegangen sind, trägt unter Bezugnahme auf die Vorlageverfügung des Amtsgerichts Freiburg und den Vorlagebericht der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 02.03.2017 auf Anordnung der Haftfortdauer und Übertragung der Haftprüfung für die nächsten drei Monate auf das nach den allgemeinen Vorschriften zuständige Gericht an.
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Die Akten liegen dem Oberlandesgericht seit dem 08.03.2017 vor. Nach der vom Senat mittlerweile veranlassten Mitteilung des ZfP Y wird der dort zuständige Sachverständige Dr. med. Dipl.-Psych. M das Gutachten Ende April 2017 fertig gestellt haben.
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Dem Verteidiger des Angeschuldigten wurde mit am 09.03.2017 und erneut am 22.03.2017 - nach Vorliegen der bezeichneten Auskunft des ZfP Y - per Fax übersandter Verfügung des Oberlandesgerichts jeweils Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt.
II.
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Die nach § 121 Abs. 1 StPO gebotene besondere Haftprüfung durch den Senat führt - trotz Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot - zur Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft des Angeschuldigten A über sechs Monate hinaus; aufgrund der besonderen Umstände des Falls ist eine auf die Unterlassung der rechtzeitigen Einholung eines Sachverständigengutachtens gründende Verfahrensverzögerung weder eingetreten noch - nach derzeitigem Verfahrensstand - zu erwarten.
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1. Der Angeschuldigte ist der ihm im Haftbefehl vom 07.03.2017 vorgeworfenen Taten auf der Grundlage der in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 22.02.2017 bezeichneten Beweismittel, namentlich seiner geständigen Einlassung in Verbindung mit den polizeilichen Ermittlungen dringend verdächtig. Auf das in der Anklageschrift dargestellte wesentliche Ermittlungsergebnis, dem der Senat beitritt, wird im Einzelnen verwiesen. Die abschließende Bewertung muss der Hauptverhandlung vorbehalten bleiben.
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2. Es besteht auch weiterhin jedenfalls der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO. Der bereits einschlägig vorbestrafte Angeschuldigte hat unter Heranziehung des gesetzlichen Strafrahmens zwischen einem Jahr und 15 Jahren Freiheitsstrafe (§§ 29a Abs. 1 BtMG, 38 Abs. 2 StGB) - ein minder schwerer Fall liegt ersichtlich fern - im Falle seiner Verurteilung mit der Verhängung und Vollstreckung einer erheblichen Freiheitsstrafe zu rechnen. Dem davon ausgehenden hohen Fluchtanreiz stehen hinreichende fluchthindernde soziale Bindungen des Angeschuldigten nicht entgegen, so dass es in der gebotenen Gesamtbetrachtung überwiegend wahrscheinlich erscheint, dass er sich dem weiteren Strafverfahren durch Untertauchen oder Absetzen ins Ausland entziehen würde.
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Dem kann durch mildere Maßnahmen als dem unter Berücksichtigung der Straferwartung unbedenklich verhältnismäßigen Vollzug der Untersuchungshaft (§ 112 Abs. 1 Satz 2 StPO) nicht hinreichend begegnet werden (§ 116 Abs. 1 StPO).
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3. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen ebenfalls vor, obwohl der in Haft- und Unterbringungssachen besonders zu beachtende Beschleunigungsgrundsatz nicht durchgehend eingehalten wurde. Dies führt jedoch vorliegend aufgrund der besonderen Umstände des Falls nicht zur Aufhebung des Haftbefehls, da ein wichtiger Grund für das Ausstehen eines Urteils sowie die Fortdauer der Untersuchungshaft weiterhin vorliegt und durch den Verfahrensmangel ein Zeitverlust im Gang des Verfahrens weder eingetreten noch bestimmt zu erwarten ist.
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a. Aufgrund des besonderen Umfangs der Ermittlungen in Verbindung mit der bisher noch nicht beschiedenen Vorlage des Verfahrens durch das Amtsgericht an das Landgericht nach § 209 Abs. 2 StPO liegt derzeit ein wichtiger Grund vor, der ein Urteil in der Sache noch nicht zugelassen hat und die Fortdauer der Haft rechtfertigt.
20 
Der verfassungsrechtlich in Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG verankerte Beschleunigungsgrundsatz (vgl. auch Art. 5 Abs. 3 S. 1 Halbs. 2 MRK), der für das gesamte Ermittlungs- und Strafverfahren gilt und bei Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen besondere Beachtung verlangt, gebietet, dass die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die Ermittlungen so schnell wie möglich abzuschließen und ein Urteil herbeizuführen (Senat, Beschluss vom 29.10.2015 - 2 Ws 491/15 -, juris Rn. 8; Beschluss vom 20.08.2013 - 2 Ws 309/13; BVerfG Kammerbeschluss vom 06.06.2007 - 2 BvR 917/07 -, juris Rn. 22; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 121 Rn. 1).
21 
(1) Die durch das Abweichen der (zum damaligen Zeitpunkt jedenfalls) lediglich teilweise geständigen Einlassung des Angeschuldigten vom bestehenden Anfangsverdacht außerordentlich umfangreichen polizeilichen Ermittlungen - vom Senat im Einzelnen überprüft (vgl. oben I. 1.; die übersandte Verfahrensakte umfasst drei Bände Ermittlungsakten und 33 Sonderbände) - wurden gemessen hieran mit der gebotenen Zügigkeit geführt. Insbesondere wurden die erforderlichen kriminaltechnischen Untersuchungen der sichergestellten Asservate binnen Wochenfrist nach Festnahme des Angeschuldigten in Auftrag gegeben und - im Hinblick auf den erheblichen Umfang der sichergestellten Betäubungsmittel - in angemessener Zeit fertig gestellt; innerhalb von etwas über fünf Monaten nach der erfolgten Inhaftierung des Angeschuldigten wurden die Ermittlungen mit Erhebung der Anklage zum Abschluss gebracht.
22 
(2) Ebenso wurde das amtsgerichtliche Verfahren mit der gebotenen Beschleunigung durchgeführt.
23 
In diesem Zusammenhang steht insbesondere der derzeit noch nicht verbeschiedene Kompetenzkonflikt über die Eröffnungszuständigkeit zwischen Amtsgericht und Landgericht der Annahme eines wichtigen Grundes vorliegend nicht entgegen, da weder eine Anklage bei einem unzuständigen Gericht erfolgte noch eine verzögerte Herbeiführung der Verfahrensübernahme nach § 209 Abs. 2 StPO durch das Amtsgericht festzustellen ist (hierzu OLG München, Beschluss vom 06.09.2007 - 3 Ws 507/07 H -, juris Rn. 8, 16) und auch ein grober Fehler des Amtsgerichts bei der Vorlage an das Landgericht im Sinne einer etwa willkürlichen Annahme der eigenen Unzuständigkeit nicht vorliegt (hierzu BVerfG, Beschluss vom 04.02.2000 - 2 BvR 453/99 -, NJW 2000, 1401 f.). Auch unter Berücksichtigung der geständigen Einlassung des Angeschuldigten ist die im Vorlagebeschluss des Amtsgerichts vom 17.03.2017 formulierte Rechtsauffassung, dass im vorliegenden Fall die amtsgerichtliche Strafgewalt bis zu vier Jahren Freiheitsstrafe (§ 24 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 GVG) nicht ausreiche, jedenfalls angesichts der Vorstrafenbelastung des Angeschuldigten sowie dem in § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG vorgesehenen Strafrahmen und der - enormen - Mengen der vom Angeschuldigten in vier tatmehrheitlichen Fällen gehandelten Betäubungsmittel nicht unvertretbar.
24 
b. Vorliegend genügt der sich aus den Akten ergebende Verfahrensgang den dargestellten von Verfassungswegen zu stellenden Anforderungen an die beschleunigte Bearbeitung des Verfahrens gegen inhaftierte Angeschuldigte allerdings insoweit nicht, als der Beschleunigungsgrundsatz durch die verspätete Erteilung des Auftrags zur Erstattung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens - nämlich erst im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Abschlussverfügung vom 15.02.2017 - verletzt wurde. Eine hierdurch eingetretene Haftverlängerung ist jedoch nicht festzustellen, sodass die Haftfortdauer gleichwohl weiterhin gerechtfertigt ist.
25 
(1) Die - mit sachverständiger Hilfe gemäß § 246a Abs. 1 S. 2 StPO vorzunehmende - Prüfung, ob der Angeschuldigte nach § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist, steht nicht zur Disposition des Angeschuldigten, sondern ist von Amts wegen vorzunehmen, wenn eine solche Prüfung nach Aktenlage veranlasst ist (vgl. Senat, Beschluss vom 29.10.2015 - 2 Ws 491/15 -, juris Rn. 10 mwN). Nach gefestigter verfassungs- und obergerichtlicher Rechtsprechung (BVerfG, aaO, juris Rn. 26; Senat, Beschluss vom 21.03.2017 - HEs 2 Ws 58/17 - Die Justiz 2011, 71 und NJW-Spezial 2015, 761; OLG Oldenburg NdsRpfl 2006, 329; OLG Jena StraFo 1998, 103 und 2004, 318; KK-StPO/Schultheis, 7. Aufl., § 121 Rn. 21) ist ein Gutachtenauftrag dabei unmittelbar nach Bekanntwerden des Begutachtungserfordernisses zu erteilen. Die entsprechende Verpflichtung der Staatsanwaltschaft ergibt sich im Übrigen auch unmittelbar aus § 80a StPO. Ein Sachverständiger ist regelmäßig schon in einem frühen Stadium des Ermittlungsverfahrens heranzuziehen, wenn eine freiheitsentziehende Maßregel - hier nach § 64 StGB - in Betracht kommt (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 80a Rn. 2).
26 
Ein solches Erfordernis ergab sich vorliegend jedenfalls aus dem Haftprüfungsantrag des Verteidigers des Angeschuldigten vom 06.10.2016; in dem Schreiben wurde ein - seit dem 16. Lebensjahr bestehendes - Drogenproblem des Angeschuldigten ebenso angesprochen wie dessen Wunsch, dieses „dringend anzugehen“, mit dem Hinweis, dass er noch nie eine Therapie gemacht habe. Ferner kommt hinzu, dass der Angeschuldigte - ersichtlich aus der angesichts dessen geboten gewesenen Beachtung seiner Delinquenzhistorie - am 08.04.2009 wegen umfangreichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu der - bedingten - Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und die schon damals bestehende Drogenabhängigkeit des Angeschuldigten im Urteil festgestellt worden war. Zudem ergaben sich aus den bereits vorliegenden Ermittlungsergebnissen hinreichende Anhaltspunkte für eine auch aktuell noch vorliegende Konsumproblematik. Aus dem noch vor der Festnahme des Angeschuldigten zur Akte gelangten polizeilichen Zwischenbericht vom 03.08.2016 ist nämlich ersichtlich, dass durch die verdeckt durchgeführte Telekommunikationsüberwachung ein exzessiver Konsum von Betäubungsmitteln durch den Angeschuldigten bekannt geworden war, der ihn (wohl) für Tage „außer Gefecht gesetzt“, sich in einer hörbaren Sprachverwaschung ausgedrückt und die Freundin des Angeschuldigten veranlasst habe, ihm zu einer Therapie zu raten. Die Kriminalpolizei teilte sodann dem zuständigen Ordnungsamt der Stadt F am 21.09.2016 im Hinblick auf die Fahrerlaubnis des Angeschuldigten mit, dass es sich bei diesem nach den Ermittlungen um einen regelmäßigen Kokainkonsumenten handele. Aus den Angaben der ehemaligen Lebensgefährtin des Angeschuldigten vom 27.09.2016 ging schließlich hervor, dass der Angeschuldigte auch nach deren Einschätzung ein Drogenproblem habe.
27 
Wenig nachvollziehbar ist angesichts dessen, dass sich aus der polizeilichen Vernehmung des Angeschuldigten vom 24.10.2016 keine Hinweise auf eine Befragung zu seinem Konsumverhalten ergeben und der polizeiliche Abschlussbericht vom 27.12.2016 hierzu lediglich den knappen Hinweis enthält, dass aus „manchen Inhalten der TKÜ“ hervorgehe, dass der Angeschuldigte „vermutlich selbst auch BtM konsumieren dürfte“ (vgl. Schlussbericht S. 17).
28 
(2) Die Fortdauer der Untersuchungshaft ist vorliegend ausnahmsweise dennoch gerechtfertigt, da die Haftverlängerung nicht auf dem bezeichneten Verfahrensmangel beruht (KK-StPO/Schultheis, aaO, § 121 Rn. 21, 26: „erheblicher Verstoß“). Der Zweck der dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragenden Vorschrift des § 121 StPO besteht nämlich in der Verwirklichung des Anspruchs des Angeschuldigten, innerhalb angemessener Frist abgeurteilt oder gegen Sicherheitsleistung aus der Untersuchungshaft entlassen zu werden (vgl. Löwe-Rosenberg/Hilger, StPO, 26 Aufl., § 121 Rn. 1) beziehungsweise in der Disziplinierung der Justizbehörden im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung (SK-StPO/Paeffgen, 5. Aufl., § 121 Rn. 19), nicht jedoch in einer bloßen Sanktionierung von Verfahrensverstößen. Die Untersuchungshaft hat daher trotz eines Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot auch dann fortzudauern, wenn bei zügiger Sachbehandlung der Erlass eines Urteils jedenfalls in der Frist des § 121 Abs. 1 StPO gleichwohl nicht hätte erreicht werden können (Meyer-Goßner, aaO, § 121 Rn. 26; krit. (in Zweifelsfällen) SK-StPO/Paeffgen, aaO, § 121 Rn. 19; wohl ablehnend Löwe-Rosenberg/Hilger, StPO, 26. Aufl., § 121 Rn. 33).
29 
So liegt der Fall hier. Entsprechend der seitens des Senats eingeholten Erklärung des bereits bestimmten Sachverständigen des ZfP Y Dr. med Dipl.-Psych. M, wonach dieser das schriftliche Gutachten innerhalb eines Zeitraums von zwei Monaten - damit sehr zügig - fertiggestellt haben wird, hätte das Sachverständigengutachten bei rechtzeitiger Beauftragung zwar spätestens zum Zeitpunkt der Erstellung des kriminalpolizeilichen Schlussberichts Ende Dezember 2016 bereits vorgelegen, wohingegen es aufgrund der verspäteten Beauftragung durch die Staatsanwaltschaft nunmehr erst Ende April 2017 erstellt sein wird. Dieser Umstand wirkt sich jedoch vorliegend ausnahmsweise nicht verzögernd auf den weiteren Verfahrensgang aus, da die derzeit noch laufende, seitens des Amtsgerichts aufgrund einer vertretbaren Rechtsauffassung mit Beschluss vom 17.03.2017 initiierte landgerichtliche Überprüfung der dortigen Eröffnungszuständigkeit nach § 209 Abs. 2 StPO (vgl. oben 3. a. (2)) nach erfahrungsgemäßer Einschätzung des Senats etwa zeitgleich mit dem Vorliegen des schriftlichen Gutachtens abgeschlossen sein wird; eine sicher bevorstehende erhebliche Verzögerung des Verfahrens (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 121 Rn. 19) kann der Senat danach bereits jetzt ausschließen, weil auch im Falle eines zeitlich etwas früheren Abschlusses des Verfahrens nach § 209 Abs. 2 StPO bei einer Eröffnung des Hauptverfahrens anschließend unverzüglich eine zeitnahe Terminierung auch dann veranlasst werden kann und zu veranlassen ist, wenn das schriftlichen Ergebnis des Gutachtens bis dahin noch nicht vorläge (Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22.04.2015 - 1 Ws 7/15 (H) -, juris Rn. 19).
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4. Die Übertragung der weiteren Haftprüfung auf das Amtsgericht - Schöffengericht - Freiburg beruht auf den §§ 122 Abs. 3 Satz 3, 126 Abs. 2 Satz 1 StPO.
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5. Im Hinblick auf die staatsanwaltschaftliche Verfahrensweise im Zusammenhang mit der Beauftragung des Sachverständigen sind aus Sicht des Senats vorliegend zudem folgende Bemerkungen veranlasst:
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Grundsätzlich ist es seitens der Ermittlungsbehörden - insbesondere angesichts der verspäteten Einholung des Sachverständigengutachtens im vorliegenden Verfahren in besonderem Maße - zur gebotenen Beschleunigung des Verfahrens unerlässlich, auf eine zeitnahe Erstellung des Gutachtens hinzuwirken. Die Verfahrensweise der Staatsanwaltschaft, nach Rücksprache mit der Verteidigung lediglich unter Hinweis auf das in Haftsachen bestehende Beschleunigungsgebot ein Schreiben an die Gutachterstelle des Zentrums für Psychiatrie zu richten, ohne - jedenfalls nach Aktenlage - zuvor Rücksprache mit dem zu beauftragenden Sachverständigen gehalten zu haben, dürfte dem nicht genügen. Vielmehr sind mit dem Gutachter - aktenkundig - Absprachen darüber zu treffen, in welcher Frist das Gutachten erstattet werden kann (Nr. 72 Abs. 1 RiStBV; vgl. auch § 73 Abs. 1 Satz 2 StPO); zudem ist gegebenenfalls zu prüfen, ob eine zeitnähere Gutachtenerstattung durch einen anderen Sachverständigen zu erreichen ist (Saarländisches Oberlandesgericht, aaO, juris Rn. 19; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.07.2009 - III-1 Ws 337/09 -, juris Rn. 9).

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