Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 6 W 79/16

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 02.05.2016, Az. 7 O 30/12, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

4. Der Beschwerdewert wird auf 228.760 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die Erstattungsfähigkeit von Patentanwaltskosten.
Das Landgericht hat die von der Klägerin zu erstattenden Kosten mit Beschluss vom 2. Mai 2016 auf 475.066,42 EUR festgesetzt. Darin enthalten sind Patentanwaltskosten von 228.760 EUR für die Mitwirkung von Rechtsanwalt [A.]. Rechtsanwalt [A.] ist zugleich zugelassener Vertreter beim Europäischen Patentamt gemäß Art. 134 EPÜ. Er hat im Jahre […] die europäische Eignungsprüfung absolviert.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie beantragt, die Patentanwaltskosten in Höhe von 228.760 EUR abzusetzen. Sie meint, § 143 Abs. 3 PatG sei allenfalls auf beim EPA zugelassene Vertreter aus dem Ausland anzuwenden, nicht aber auf einen deutschen Rechtsanwalt, da diesem die Ausbildung zum deutschen Patentanwalt offen stehe. Zudem sei Rechtsanwalt [A.] hier ausweislich der Protokolle im Verletzungsverfahren und im Einspruchsverfahren jeweils als Rechtsanwalt aufgetreten, nicht als beim EPA zugelassener Vertreter. Die Beklagte tritt der Beschwerde entgegen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Kosten, die durch die Mitwirkung von Rechtsanwalt [A.] in seiner Eigenschaft als zugelassener Vertreter beim EPA entstanden sind, sind nach § 143 Abs. 3 PatG zu erstatten.
Wie der Senat bereits entschieden hat, ist als Patentanwalt i.S. von § 143 Abs. 3 PatG auch jeder nach Art. 134 EPÜ zugelassene Vertreter beim Europäischen Patentamt anzusehen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19. April 2004 - 6 W 20/04, juris Rn. 10 f. = GRUR 2004, 888). Dies gilt nicht nur für ausländische Vertreter, sondern auch für Inländer (Senat, a.a.O., Rn. 13; zustimmend wohl Grabinski/Zülch in Benkard, PatG, 11. Aufl., § 143 Rn. 22; Busse, PatG, 8. Aufl., § 143 Rn. 133; dagegen beschränkend auf einen „EU-ausländischen Patentanwalt“ möglicherweise OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5. März 2010 - I-2 W 14/10, juris Rn. 22 - zusätzlicher ausländischer Patentanwalt; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Aufl., Kap. B Rn. 341; ohne Stellungnahme hierzu Rütting in Cepl/Voß, Prozesskommentar zum gewerblichen Rechtsschutz, § 91 Rn. 100).
Daran hält der Senat bei nochmaliger Überprüfung fest. Die Zulassung beim Europäischen Patentamt erfordert eine Eignungsprüfung, die sicherstellt, dass dort zugelassene Vertreter über eine Befähigung verfügen, die der nach der Patentanwaltsordnung für eine Zulassung vorausgesetzten vergleichbar ist (ebenso OLG Düsseldorf, a.a.O. - zusätzlicher ausländischer Patentanwalt). Es erscheint daher sachlich nicht gerechtfertigt, Inländer strengeren Erstattungsregeln zu unterwerfen als EU-ausländische Vertreter beim Europäischen Patentamt, deren Anerkennung als Patentanwalt i.S. von § 143 Abs. 3 PatG im Hinblick auf die Dienstleistungsfreiheit geboten ist (für EU-Ausländer: OLG Düsseldorf, a.a.O. - zusätzlicher ausländischer Patentanwalt; vgl. zu § 140 Abs. 3 MarkenG auch BGH, Beschluss vom 19. April 2007 - I ZB 47/06, juris Rn. 15 - Consulente in marchi). Dass es einem Inländer freisteht, darüber hinaus die Zulassung als nationaler Patentanwalt nach der Patentanwaltsordnung zu erwerben, ändert daran nichts.
Ohne Erfolg macht die Klägerin weiter geltend, Rechtsanwalt [A.] habe im Verletzungsverfahren nicht in seiner Eigenschaft als beim EPA zugelassener Vertreter mitgewirkt. Nach der im Kostenfestsetzungsverfahren als Mittel der Glaubhaftmachung ausreichenden (§ 104 Abs. 2 Satz 2 ZPO) anwaltlichen Versicherung vom 21. April 2016 (Anlage [...] 55) war Rechtsanwalt [A.] in dem betreffenden Verfahrenskomplex als beim EPA zugelassener Vertreter beauftragt und hat in dieser Funktion im Verletzungsverfahren bei der Bearbeitung insbesondere der Aussetzungsfrage mitgearbeitet, und zwar sowohl durch Besprechungen mit den im Verletzungsverfahren tätigen Rechtsanwälten, als auch durch Teilnahme an den mündlichen Verhandlungen. Der Senat hat keinen Anlass, dies anzuzweifeln. Die Aufgabenteilung wird in gewissem Umfang dadurch bestätigt, dass die Beklagten im Verletzungsverfahren von der Kanzlei [X.] anwaltlich vertreten waren, während Rechtsanwalt [A.] der im Rechtsbestandsverfahren federführenden Kanzlei [Y.], einer Sozietät- aus Rechts- und Patentanwälten, angehört.
Die von Rechtsanwalt [A.] skizzierte streitbezogene Tätigkeit genügt als Mitwirkung i.S. des § 143 Abs. 3 PatG. Hierfür reicht es etwa aus, dass der Patentanwalt Schriftsätze zustimmend zur Kenntnis nimmt beziehungsweise in der mündlichen Verhandlung anwesend ist und den Fortgang des Verfahrens eingriffsbereit verfolgt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. September 2011 - I-2 W 34/11, juris Rn. 14 - Terminskosten für Patentanwalt; Grabinski/Zülch, a.a.O, § 143 Rn. 23a f.). Jedenfalls in diesem Umfang hat Rechtsanwalt [A.], wie durch seine anwaltliche Versicherung nach dem Dafürhalten des Senats hinreichend glaubhaft gemacht ist, in seiner Eigenschaft als beim EPA zugelassener Vertreter im Verletzungsverfahren mitgewirkt. Dass er in den Verhandlungsprotokollen als „Rechtsanwalt“ aufgeführt ist, steht dieser Annahme nicht entgegen, weil die Mitwirkung statt durch Anzeige in den vorbereitenden Schriftsätzen oder der mündlichen Verhandlung auch noch nachträglich im Kostenfestsetzungsverfahren glaubhaft gemacht werden kann (Grabinski/Zülch, a.a.O, § 143 Rn. 23a m.w.N.).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
10 
Wie schon im Verfahren 6 W 20/04 (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19. April 2004, juris Rn. 15) lässt der Senat die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 3 Satz 1 i.V. mit Abs. 2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung zu. Eine höchstrichterliche Klärung der Frage, ob § 143 Abs. 3 PatG auch auf einen inländischen beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter anwendbar ist, ist nach wie vor nicht erfolgt und wird auch von der oben zitierten Literatur nicht eindeutig beziehungsweise einheitlich beantwortet.

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