Beschluss vom Oberlandesgericht Koblenz (3. Zivilsenat) - 3 U 740/12
Tenor
1) Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Koblenz vom 31. Mai 2012 wird zurückgewiesen.
2) Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3) Das vorgenannte Urteil ist für das beklagte Land ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
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Der Senat hat gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO mit Hinweisbeschluss vom 21. 01. 2013 (GA 103 ff.) darauf hingewiesen, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Auch sind die Erfolgsaussichten der Berufung verneint worden. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Hinweisbeschluss vom 21. 01. 2013 (GA 103 ff.) Bezug.
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Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 04.02.2013 (GA 112 ff.) der Zurückweisung der Berufung in Anwendung des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO unter Aufrechterhaltung seines Vortrages widersprochen. Die Ausführungen führen nicht zu einer abweichenden Beurteilung durch den Senat.
II.
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Die Berufung ist nicht begründet.
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Der Senat hat in seinem Hinweisbeschluss vom 21.01.2013 (GA 103 ff. ) darauf hingewiesen, dass dem Kläger keine Ansprüche auf Zahlung von 17.415,95 € auf Grund einer Insolvenzanfechtung gemäß § 143 Abs. 1 Ins0 i.V.m. § 130 InsO, bzw. § 133 InsO zustehen, weil es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung durch den Insolvenzschuldner im Hinblick darauf, dass die Ratenzahlungen von dem Konto der Lebensgefährtin des Insolvenzschuldners erfolgten, fehlt. Die Zahlungen stellen sich, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, als Zahlung eines Dritten auf eine fremde Schuld dar. Der Senat konnte anhand des vorgelegten Prozessstoffs nicht feststellen, ob und welche Vereinbarungen zwischen dem Insolvenzschuldner und seiner damaligen Lebensgefährtin bestanden haben, die zu einer monatlichen Ratenzahlung an das beklagte Land vom Konto der Lebensgefährtin führten. Der Kläger hat sich auf den Vortrag beschränkt, der Insolvenzschuldner habe nicht über ein eigenes Konto verfügt, sondern habe seinen gesamten Zahlungsverkehr über das Konto seiner Lebensgefährtin abgewickelt. Der Senat hat diesbezüglich dargelegt, dass dabei offen bleibt, ob und ggf. welche Zahlungen auf das Konto der Lebensgefährtin durch den Insolvenzschuldner geflossen sind, d.h. im Konkreten, wie das Konto aufgefüllt wurde. Etwaige Zahlungen unterliegen damit nicht der Insolvenzanfechtung.
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Der Kläger wendet hiergegen ein, dass kein Rückgriffsanspruch der ehemaligen Lebensgefährtin des Insolvenzschuldners gegen ihn bestanden habe. Es sei weder vom Kläger noch vom beklagten Land behauptet worden, dass zwischen beiden ein schuldrechtliches Verhältnis im Sinne einer Darlehensabrede bestanden habe. Die damalige Lebensgefährtin, ...[A], habe im Insolvenzverfahren keine Ansprüche zur Tabelle angemeldet. Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Fällen, in denen ein Dritter Zahlungen auf eine fremde Schuld leiste, sei hier nicht anwendbar. Das Konto der damaligen Lebensgefährtin des Insolvenzschuldners habe allenfalls die Funktion einer Zahlstelle gehabt (GA 113). Das beklagte Land habe nicht bestritten, dass das Girokonto der ...[A] nicht von dem Insolvenzschuldner aufgefüllt worden sei.
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Der Angriff der Berufung verfängt nicht. Es ist unerheblich, ob die damalige Lebensgefährtin des Insolvenzschuldners etwaige Forderungen gegen den Insolvenzschuldner zur Tabelle im Insolvenzverfahren angemeldet hat oder nicht. Selbst wenn dies nicht der Fall war, kann daraus nicht geschlossen werden, der Insolvenzschuldner habe seinerzeit das Girokonto seiner früheren Lebensgefährtin durch eigene Zahlungen aufgefüllt. Der Vortrag des Klägers ist diesbezüglich spekulativ.
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Entgegen den Ausführungen des Klägers in seinem dem Hinweisbeschluss des Senats widersprechenden Schriftsatz vom 04.02.2013 (GA 112/113) ist dem Landgericht kein Verfahrensfehler unterlaufen, weil es nicht darauf hingewiesen habe, dass weiterer Vortrag bezüglich des verwendeten Kontos erforderlich sei. Es war Sache des Klägers, die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung darzulegen.
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Soweit der Kläger sich auf den Tatbestand der vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 133 InsO bezieht, konnte der Senat keine Anhaltspunkte für eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht finden. Der Schuldner muss die Benachteiligung des Gläubigers zumindest billigend in Kauf genommen haben (Braun, Insolvenzordnung, 4. Auflage 2010, § 133 Rn. 9, BGH, Urteil vom 17.07.2003 - IX ZR 272/03 - NZI 2003, 597 ff. = ZIP 2003, 1799 ff. = ZInsO 2003, 850 ff. = NJW 2003, 3530 ff; Juris Rn. 12 m.w.N.).
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Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, dass der Kläger bis zum nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 09.05.2012 (GA 46 ff.) nicht vorgetragen habe, dass der Insolvenzschuldner außer dem beklagten Land weitere andere Gläubiger gehabt habe. Erst in der als Anlage zu diesem Schriftsatz überreichten Auszug aus der Insolvenztabelle seien acht Forderungen in einem Gesamtvolumen von 121.264,27 € erwähnt worden. Das Landgericht hat angesichts dieser Situation und auch im Hinblick darauf, dass die Zahlungen bis ins Jahr 2004, d.h. 6 Jahre vor Insolvenzeröffnung zurückgehen, einen konkreteren Vortrag des Klägers zu der behaupteten Gläubigerbenachteiligungsabsicht erwartet. Der Vortrag des Klägers hat sich darin erschöpft, sich allein auf den Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung zu berufen, um eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht zu begründen. Dies genügt, wie der Senat bereits in seinem Hinweisbeschluss vom 21.01.2013 (GA 103 ff.) ausgeführt hat, nicht, um eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Insolvenzschuldners anzunehmen. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass im Falle der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO eine mittelbare, erst künftig eintretende Gläubigerbenachteiligung genügt und der Insolvenzschuldner zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung möglicherweise noch gar keine anderen Gläubiger hatte (BGH, Urteil vom 13.08.2009 - IX ZR 159/06 - ZIP 2009, 1966 ff. = NZI 2009, 768 ff. = ZInsO 2009, 1943 ff.= WM 2009, 1943 ff; Juris Rn. 5 m.w.N.). Der Kläger hat keinen Vortrag dazu gehalten, wie sich die finanzielle Situation des Insolvenzschuldners zum Zeitpunkt der jeweiligen Zahlungen darstellte.
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Eine Anfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO scheitert auch daran, dass sich eine Kenntnis des beklagten Landes von einer etwaigen Gläubigerbenachteiligungsabsicht nicht feststellen lässt.
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Auch wenn die Kenntnis gemäß § 133 Abs. 1 S. 2 InsO widerleglich vermutet wird, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte und die Handlung die übrigen Gläubiger benachteiligte (vgl. Braun, aaO, § 133 Rn. 32), greift die Beweiserleichterung nicht zugunsten des Klägers ein.
- 12
Soweit der Kläger nunmehr unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 25.10.2012 - IX ZR 117/11 - NZI 2012, 963) ausführt, dass der Gläubiger bei einem gewerblichen Schuldner stets mit weiteren Gläubigern des Schuldners rechnen müsse, greift dieser Einwand im vorliegenden Fall nicht. Denn hier ist zu berücksichtigen, dass die streitgegenständlichen Zahlungen bis in das Jahr 2004, d.h. 6 Jahre vor Insolvenzeröffnung, zurückgehen. Es hätte angesichts dieser Situation, die sich von dem Sachverhalt in der zitierten BGH-Entscheidung unterscheidet, eines konkreten Vortrags des Klägers zur Kenntnis des beklagten Landes von einer etwaigen Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Insolvenzschuldners bedurft.
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Die Kenntnis des beklagten Landes von einer möglichen Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Insolvenzschuldners lässt sich auch nicht bereits allein aus dem Umstand schließen, dass eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen wurde und am 01.10.2004 Steuerverbindlichkeiten von 78.862,30 € bestanden haben (Schriftsatz vom 04.02.2013, dort Seite 3, GA 114), der Insolvenzschuldner - so der Vortrag des Klägers - über einen Zeitraum von sechs Jahren lediglich 22 % der Verbindlichkeiten bedient hatte und von November 2004 bis April 2005, Januar, April, Oktober und November 2008, Mai und Dezember 2009 bis Mai 2010 keine Raten mehr gezahlt werden konnten.
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Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf die Entscheidung BGH (Urteil vom 06.12.2012 - IX ZR 3/12, BeckRS 2013, 01196) argumentiert, dass sich bei einem Schuldner, der die aufgelaufenen Verbindlichkeiten nicht einmal ratenweise abtragen könne, die Annahme der Zahlungsfähigkeit verbiete, er also zahlungsunfähig sei, geht dieser Angriff an der zu entscheidenden Frage, ob das beklagte Land Kenntnis von einer Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Insolvenzschuldners hatte, vorbei.
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Auch der Hinweis der Berufung auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 06.12.2012 (IX ZR 3/12 - WM 2013, 174-180 = DB 2013, 167-172) und vom 15.03.2012 (IX ZR 239/09, NZI 2012, 416 = WM 2012, 711-713 = DB 2012, 915-917 = ZInsO 2012,696-69 = MDR 2012,608-609 = NZI 2012,416 ff. = NJW-RR 2012,823, 825 = DZWIR 2012, 379-381) verfängt nicht, weil die Frage, ob eine Zahlungsunfähigkeit des späteren Insolvenzschuldners in dem dargelegten Zeitraum vorgelegen hat, nicht entscheidungserheblich ist.
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Die Berufung des Klägers hat aus den dargelegten Gründen keinen Erfolg.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO.
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Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.415,95 € festgesetzt.
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Referenzen
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