Urteil vom Oberlandesgericht Koblenz (10. Zivilsenat) - 10 U 286/12
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 6. Februar 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von weiteren 6.866 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Oktober 2008 abgewiesen wurde. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
- 1
Die Kläger nehmen die Beklagte als Bauträgerin wegen Mängeln an einer Immobilie in O in Anspruch, die im Wohnungseigentum der Kläger steht und von der Beklagten in den Jahren 1999 bis 2000 errichtet wurde. Die Verträge sehen eine Verjährungsfrist von fünf Jahren ab Abnahme vor.
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Wegen verschiedener Mängel an dem errichteten Gebäude wurde auf den am 31. Dezember 2004 bei dem Landgericht Koblenz eingegangenen Antrag der Kläger vom 30. Dezember 2004 ein selbständiges Beweisverfahren (1 OH 1/05) gegen die Beklagte durchgeführt, das aufgrund des weiteren Antrags der Kläger vom 27. Mai 2005 auf Feuchtigkeitsschäden in der Küche der Wohnung der Kläger zu 2. und zu 3. erweitert wurde. Der von dem Landgericht Koblenz bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. S erstattete zu den Beweisfragen am 13. Oktober 2005 ein Gutachten, in dem er auch als Ursache der Feuchtigkeitsschäden in der Küche der Wohnung der Kläger zu 2. und zu 3. die bereits festgestellten Mängel an der Abdichtung der Dachterrasse ermittelte sowie zu den voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten Stellung nahm. Zu eventuell vorhandenen Schäden an der Kücheneinrichtung gab er mangels Sachkunde keine Erklärung ab. Der Sachverständige Dipl.-Ing. S ergänzte sein Gutachten sodann am 28. März 2006 (Bl. 152 - 156 der Beiakte 1 OH 1/05 LG Koblenz), am 11. Oktober 2006 (Bl. 188 - 218 der Beiakte) - hierbei nahm er letztmalig zu der mangelhaften Abdichtung der Dachterrasse Stellung -, am 5. April 2007 (Bl. 241 - 246 der Beiakte) und am 20. August 2007 (Bl. 276 - 280 der Beiakte) und erläuterte sein Gutachten mündlich am 8. Januar 2008 (Bl. 317 - 319 der Beiakte).
- 3
Hinsichtlich der Schäden an der Kücheneinrichtung in der Wohnung der Kläger zu 2. und zu 3. wurde aufgrund des von den Klägern mit Schriftsatz vom 15. August 2006 gestellten Antrags am 29. August 2007 ein Gutachten des Sachverständigen X eingeholt.
- 4
Die Kläger machen mit ihrer am 15. Juli 2008 erhobenen Klage einen Anspruch auf Kostenvorschuss in Höhe von 56.547,86 € brutto (im Einzelnen Bl. 8 - 10 d. A.) zur Mängelbeseitigung sowie Ersatz für eingetretene Wertminderungen in Höhe von 6.949,27 € geltend, mithin insgesamt 63.497,13 €. Die Kläger zu 2. und zu 3. begehren zudem wegen der Schäden an ihrer Kücheneinrichtung Schadensersatz in Höhe des von dem Sachverständigen X ermittelten Betrages von 1.135 € (Mangelbeseitigungskosten 1.015 € sowie 120 € Wertminderung).
- 5
Die Beklagte erhebt hinsichtlich aller Mängel - mit Ausnahme des Mangels der Außenabdichtung - die Einrede der Verjährung.
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Die Kläger haben vorgetragen,
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eine Abnahme der Werkleistung der Beklagten am 21. Juli 2000 könne anhand der ihrem Prozessbevollmächtigten vorliegenden Unterlagen nicht nachvollzogen werden. Ihre Ansprüche seien nicht verjährt, denn hinsichtlich der Verjährung mehrerer in einem einheitlichen selbständigen Beweisverfahren begutachteten Mängel sei auf die Beendigung des Verfahrens insgesamt abzustellen. Zudem ergebe sich aus der im Jahre 2008 geführten Korrespondenz ein Verzicht der Beklagten auf die Einrede der Verjährung.
- 8
Die Kläger haben beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an die aus den Klägern bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft Z 63.497,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- 10
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch diejenigen Kosten zu tragen, welche zur Beseitigung der im selbständigen Beweisverfahren LG Koblenz - 1 OH 1/05 - durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. S festgestellten Mängeln über den Betrag von 63.497,13 € erforderlich sind,
- 11
3. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger zu 2. und 3. als Mitgläubiger 1.135 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte und der Nebenintervenient haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
- 14
Die Beklagte hat vorgetragen,
sie habe die Außenabdichtung des Gebäudes wie geschuldet gegen nicht drückendes Wasser durch Ausbildung einer schwarzen Wanne mangelfrei erstellt. Die Feuchtigkeitsschäden im Keller seien auf den nicht fachgerechten Anschluss eines ihr nicht zuzurechnenden Regenfallrohrs und die dadurch eingetretene Zerstörung der Außenisolierung zurückzuführen. Ihre Leistungen seien am 21. Juli 2000 abgenommen worden. Auch wenn verschiedene Mängel Gegenstand eines einzigen selbständigen Beweisverfahrens seien, laufe die Verjährungsfrist für jeden Mangel gesondert.
- 15
Das Landgericht hat nach Einholung weiterer Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. S und dessen Anhörung unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte zur Zahlung von 48.529,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Oktober 2008 verurteilt und die Feststellung ausgesprochen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch diejenigen Kosten zu tragen, welche zur Beseitigung der im selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Koblenz - 1 OH 1/05 - durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. S festgestellten Mängel betreffend Feuchtigkeitsschäden aufgrund einer fehlenden Abdichtung der Außenwände und der Bodenplatte über den Betrag von 48.529,02 € hinaus erforderlich sind.
- 16
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, den Klägern stehe aufgrund der Mangelhaftigkeit der Bauwerksabdichtung ein Kostenvorschussanspruch in Höhe von brutto 41.829,75 € sowie ein Schadensersatzanspruch wegen des merkantilen Minderwertes in Höhe von 6.699,27 € und somit insgesamt ein Zahlungsanspruch in Höhe von 48.529,02 € gemäß §§ 633, 635 BGB a. F. zu. Unter Berücksichtigung der Gegebenheiten vor Ort sei gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik eine Abdichtung gegen drückendes Wasser erforderlich, die von der Beklagten nicht mangelfrei errichtet worden sei. Hinsichtlich der fehlerhaften Abdichtung sei auch der Feststellungsantrag begründet, da die erforderlichen Mängelbeseitigungskosten noch nicht abschließend feststellbar seien.
- 17
Hinsichtlich der übrigen geltend gemachten Mängel seien die Gewährleistungsansprüche der Kläger verjährt. Die Verjährungsfrist habe mit der von den Klägern nicht hinreichend bestrittenen Abnahme am 21. Juni 2000 zu laufen begonnen. Grundsätzlich sei die Verjährung für jeden einzelnen Mangel selbständig zu betrachten mit der Folge, dass auch die Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung jeweils mit dem Abschluss der Beweissicherung des einzelnen Mangels ende.
- 18
Die erste verjährungshemmende Handlung der Kläger hinsichtlich des Feuchtigkeitsschadens in der Küche der Kläger zu 2. und zu 3. sei die Einführung dieses Mangels in das selbständige Beweisverfahren durch den am 30. Mai 2005 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 27. Mai 2005 gewesen. Von der Gewährleistungszeit seien zu diesem Zeitpunkt bereits vier Jahre, 11 Monate und acht Tage verstrichen gewesen. Der Mangel sei dann in dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. S vom 13. Oktober 2005 behandelt und das Gutachten mit Verfügung vom 20. Oktober 2005 zur Stellungnahme an die Parteien versandt worden. Das danach hinsichtlich dieses Mangels in Stillstand geratene Verfahren sei erst aufgrund des Schriftsatzes der Kläger vom 15. August 2006 weiter betrieben worden. Die Hemmung der Verjährung ende gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1, 2 BGB sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung, hier der Verfügung vom 20. Oktober 2005, somit hinsichtlich dieses Mangels am 20. April 2006. Die noch verbliebene Verjährungszeit von 22 Tagen sei mithin verstrichen gewesen, bevor die Kläger mit Schriftsatz vom 15. August 2006 das selbständige Beweisverfahren hinsichtlich dieses Mangels weiter betrieben hätten.
- 19
Hinsichtlich der übrigen geltend gemachten Mängel sei die Verjährung erstmals durch die Beantragung des selbständigen Beweisverfahrens mit dem bei Gericht am 31. Dezember 2004 eingegangenen Schriftsatz gehemmt worden, somit nach einem Verjährungszeitraum von vier Jahren, sechs Monaten und acht Tagen. All diese Mängel seien letztmals in dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. S vom 13. Oktober 2005 behandelt worden, so dass die restliche Verjährungszeit von weniger als sechs Monaten ab dem 13. April 2006 weitergelaufen und somit sowohl bei den zwischen den Parteien ab Januar 2008 geführten Verhandlungen als auch bei der Klageerhebung im Juli 2008 bereits verstrichen gewesen sei.
- 20
Aus der Korrespondenz der Beklagten ergebe sich kein Verjährungsverzicht. Soweit die Kläger mit Schriftsatz vom 27. November 2006 hinsichtlich Ziffer 5.0 (Abdichtung Dachterrasse) des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. S ergänzende Feststellungen beantragt hätten und der Sachverständige hierzu in seinem Gutachten vom 5. April 2007 Stellung genommen habe, handele es sich nach dessen zutreffender Ausführung um einen zusätzlichen Mangel, hinsichtlich dessen die Verjährung zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen gewesen sei.
- 21
Die Kläger wenden sich mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung gegen das landgerichtliche Urteil nur insoweit, als ihre Klage in Höhe von 14.968,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit abgewiesen wurde.
- 22
Sie machen geltend, das Landgericht habe mangels eines Hinweises in der letzten mündlichen Verhandlung auf eine von seiner ursprünglich geäußerten Rechtsauffassung abweichende Beurteilung der Frage der Verjährung der geltend gemachten Gewährleistungsansprüche den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör verletzt. Das angefochtene Urteil beruhe auf dem Verfahrensfehler, da bei einem entsprechenden Hinweis des Landgerichts oder einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung die Kläger dargelegt hätten, dass ihre hier streitgegenständlichen Gewährleistungsansprüche insgesamt nicht verjährt seien.
- 23
Bei der Geltendmachung verschiedener Mängel in einem selbständigen Beweisverfahren sei für das Ende der Verjährungshemmung nicht auf den Abschluss der einzelnen Beweissicherung des einzelnen Mangels, sondern auf die Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens insgesamt als der letzten Verfahrenshandlung abzustellen, mithin vorliegend auf die Anhörung des Sachverständigen Dipl.-Ing. S am 8. Januar 2008.
- 24
Die Beklagte habe während der Begutachtung durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. S und nach dessen Hinweis im Ortstermin vom 12. Mai 2005 auf die fehlerhafte Ausführung der Abdichtung der Dachterrasse und deren Mauerabdeckungen in der Zeit vom 21. Juli 2005 bis zum 9. September 2005 an insgesamt sieben Terminen umfangreiche Mängelbeseitigungsarbeiten an der Dachterrasse durchführen lassen und danach auch Einwendungen gegen die Feststellungen des Sachverständigen nur hinsichtlich des Hauptmangels noch erhoben. Dadurch habe die Beklagte ihre Gewährleistungspflicht anerkannt, was zu einem Neubeginn der Verjährung gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB geführt habe.
- 25
Hinsichtlich der Verjährung der Ansprüche der Kläger wegen der Beschädigung der Küchenmöbel in der Wohnung der Kläger zu 2. und zu 3. sei nicht auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. S abzustellen, da das Gericht zur Förderung des Verfahrens von Amts wegen durch Beauftragung eines geeigneten Sachverständigen verpflichtet gewesen sei.
- 26
Die Beklagte habe zudem konkludent auf die Einrede der Verjährung verzichtet, indem sie mit Schreiben vom 21. Januar 2008 (Anlage K 7) und vom 13. Februar 2008 (Anlage K 8) auf eine entsprechende Aufforderung der Kläger dezidiert ihre Bereitschaft zur Mängelbeseitigung bekundet, mit Schreiben vom 30. April 2008 nochmals den Beginn von Mangelbeseitigungsarbeiten am 2. Mai 2008 angekündigt und auch entsprechende Arbeiten durchgeführt habe.
- 27
Die Kläger beantragen,
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das Urteil des Landgerichts Koblenz abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger weitere 14.968,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
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hilfsweise das landgerichtliche Urteil aufzuheben, soweit die Klage insoweit abgewiesen wurde, und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
- 30
Die Beklagte und der Nebenintervenient beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
- 32
Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil und sind der Auffassung, das Landgericht habe nach der Erörterung der Verjährungsproblematik in der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2009 und der daraufhin erfolgten Stellungnahme der Beklagten erkennbar nicht an seiner Auffassung festgehalten. Der neue Vortrag der Kläger hinsichtlich der Verjährungsfrage sei nicht zuzulassen. Die Beklagte habe keine Mängelbeseitigungsarbeiten in der Zeit vom 21. Juli 2005 bis zum 9. September 2005 durchgeführt und in ihren Schreiben vom 21. Januar 2008 und vom 13. Februar 2008 klargestellt, dass Nachbesserungsarbeiten nur ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz durchgeführt würden.
- 33
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
- 34
Die zulässige Berufung der Kläger hat zum Teil einen zumindest vorläufigen Erfolg.
- 35
Der Hauptantrag der Kläger auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 14.968,11 € ist derzeit in Höhe von 6.866 € noch nicht entscheidungsreif. Auf ihren Hilfsantrag ist gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO das landgerichtliche Urteil insoweit teilweise aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung insoweit an das Landgericht zurückzuverweisen. Hinsichtlich des Differenzbetrags ist die Berufung nicht begründet, da die mangelnde Spruchreife nur (z. T.) die Positionen d), e) und j) der Klageschrift betrifft (vgl. Bl. 9 d. A.).
- 36
Das Verfahren des Landgerichts leidet an einem erheblichen Mangel. Verfahrensfehlerhaft wurde den Klägern kein Hinweis auf die geänderte Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichts hinsichtlich der Verjährungsproblematik erteilt und ihnen keine Gelegenheit zur Stellungnahme und insbesondere zu ergänzendem Sachvortrag gegeben. Dadurch wurde der Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt und fehlerhaft von einer Beweiserhebung abgesehen.
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Die Berufung macht zu Recht geltend, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei durch die Verfahrensweise des Landgerichts verletzt worden. Zutreffend ist, dass das Landgericht im Hinblick darauf, dass es in der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2009 erklärt hatte, nach seiner Auffassung seien die streitgegenständlichen Ansprüche insgesamt nicht verjährt, vor Erlass des Urteils, mit dem ein Teil der geltend gemachten Gewährleistungsansprüche wegen Verjährung abgewiesen wurde, auf diese geänderte Beurteilung der Verjährungsproblematik hätte hinweisen und den Klägern Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu hätte geben müssen (§ 139 ZPO). Das Urteil beruht auch auf diesem Verfahrensfehler. Die Kläger hätten gegen die Annahme, die von dem Landgericht nicht zuerkannten Gewährleistungsansprüche seien verjährt, vortragen können bzw. hätten vorgetragen, dass durch die von der Beklagten in dem Zeitraum vom 21. Juli 2005 bis zum 9. September 2005 an insgesamt sieben Terminen durchgeführten umfangreichen Mängelbeseitigungsarbeiten an der Dachterrasse die Beklagte ihre Gewährleistungspflicht anerkannt habe und deshalb die Verjährungsfrist hinsichtlich der mit der Abdichtung der Dachterrasse zusammenhängenden Mängel gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB neu begonnen habe. Dieser Vortrag ist erheblich, da im Falle seiner Erweislichkeit und der Annahme eines darin liegenden Anerkenntnisses der Beklagten hinsichtlich ihrer Gewährleistungspflicht die vereinbarte fünfjährige Verjährungsfrist neu zu laufen begonnen hätte und mithin zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 15. Juli 2008 noch nicht abgelaufen gewesen wäre, somit diese Gewährleistungsansprüche der Kläger nicht verjährt wären.
- 38
Der neue Sachvortrag der Kläger zu angeblichen Mangelbeseitigungsarbeiten der Beklagten im Zeitraum 21. Juli 2005 bis 9. September 2005 ist nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Zwar hat die Beklagte den neuen Sachvortrag der Kläger bestritten, gleichwohl beruht die Geltendmachung dieses Sachvortrags erst in der Berufungsinstanz nicht auf Nachlässigkeit der Kläger. Nachdem das Landgericht in der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2009 erklärt hatte, nach seiner Auffassung seien die streitgegenständlichen Ansprüche insgesamt nicht verjährt, bestand keine Veranlassung für die Kläger, ergänzenden Sachvortrag zu einem tatsächlichen Verhalten der Beklagten, aus dem sich ein Neubeginn der Verjährung herleiten lassen könnte, zu halten. Da das Landgericht verfahrensfehlerhaft auf seine geänderte Rechtsauffassung nicht vor Erlass des Urteils hingewiesen hat, bestand erstinstanzlich für die Kläger somit keine Veranlassung zu einem ergänzenden Sachvortrag hinsichtlich der Verjährungsproblematik.
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Aufgrund des neuen und zuzulassenden Vortrags der Kläger ist eine Beweisaufnahme notwendig zu der Frage, ob Mangelbeseitigungsarbeiten der Beklagten in dem Zeitraum 21. Juli 2005 bis 9. September 2005 durchgeführt wurden, gegebenenfalls auch dazu, ob der Sachverständige S zuvor erklärt hatte, dass die Arbeiten der Beklagten an der Dachterrasse mangelhaft seien. Im Falle des Nachweises dieser tatsächlichen Behauptungen der Kläger kommt eine Bewertung des Verhaltens der Beklagten als Anerkenntnis des Gewährleistungsanspruchs der Kläger im Sinne von § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Betracht. Sollte die Verjährungsfrist neu zu laufen begonnen haben im September 2005, wären die Gewährleistungsansprüche der Kläger bei Klageerhebung nicht verjährt und somit gegebenenfalls auch deren Höhe noch durch eine ergänzende Beweisaufnahme zu klären.
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Die weiteren Angriffe der Berufung sind hingegen unbegründet:
- 41
Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass bei der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen wegen mehrerer Mängel die Verjährung im Hinblick auf den Ablauf des selbständigen Beweisverfahrens grundsätzlich für jeden einzelnen Mangel selbständig zu betrachten ist. Denn bei der Einholung verschiedener Gutachten wegen mehrerer voneinander unabhängiger Mängel desselben Bauvorhabens endet die Beweissicherung hinsichtlich jeden Mangels mit der Übermittlung oder Erläuterung des auf diesen Mangel bezogenen Gutachtens. Dementsprechend richtet sich auch der Lauf der Verjährungsfrist hinsichtlich jeden einzelnen Mangels nach dem Ende des für diesen Mangel eingeleiteten selbständigen Beweisverfahrens. Dass sich dadurch ein unterschiedlicher Lauf der Verjährung hinsichtlich der verschiedenen Mängel eines Bauvorhabens ergeben kann, ist zutreffend, jedoch unschädlich. Dies ist ersichtlich die einhellig in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Fachliteratur vertretene Auffassung (vgl. insoweit BGH NJW 1993, 851; OLG München, NJW-RR 2007, 675; Kammergericht, Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 ZPO vom 17. Juli 2007, Bl. 90 - 92 d. A.; OLG Dresden, IBR 2009, 61; OLG Hamm, IBR 2009, 188; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl. 2011, Rdnr. 111 m. w. N.; Kniffka in IBR-Online-Kommentar Bauvertragsrecht 2012, Rdnr. 124 ff, Bl. 408 - 410 d. A.; Palandt-Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl. 2012, § 204 Rdnr. 39). Die gegenteilige Auffassung wurde bislang lediglich in einer vereinzelt gebliebenen Entscheidung des OLG Hamm (BauR 1990, 104) vertreten, die jedoch insbesondere vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in NJW 1993, 851 ergangen ist und somit ersichtlich durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überholt ist.
- 42
Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass vorliegend die einzelnen Mängel in einem Gutachten des Sachverständigen beurteilt wurden, jedoch nur bezüglich eines Teils der Mängel das selbständige Beweisverfahren weiterbetrieben wurde. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit sich insoweit eine andere Sachlage ergeben sollte als bei der Fallgestaltung, dass in einem selbständigen Beweisverfahren verschiedene Gutachten zu den einzelnen Mängeln eingeholt werden und dann nur hinsichtlich eines Teils der Mängel das selbständige Beweisverfahren fortgeführt wird.
- 43
Maßgeblich ist allein die Verschiedenartigkeit der Mängel und nicht der Umstand, ob die Mängel in verschiedenen Gutachten beurteilt werden. Denn die Hemmungswirkung des selbständigen Beweisverfahrens bezieht sich auf einzelne Mängel und Antragsgegner, nicht aber auf das mehrere Gewerke und viele Mängel betreffende Beweisverfahren im Ganzen (OLG München a. a. O.). Demzufolge kommt es jeweils auf den einzelnen Mangel und dessen beendete Begutachtung an. Die Verjährung eines Gewährleistungsanspruchs kann hingegen nicht davon abhängen, ob für jeden Mangel ein eigenes Gutachten eingeholt wird oder für alle Mängel mehrere Gutachten oder sogar alle Mängel in einem Gutachten beurteilt werden.
- 44
Die Berufung geht des Weiteren irrig davon aus, die Beklagte hätte wirksam auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Insoweit ist darauf zu verweisen, dass die Beklagte ihre Bereitschaft zur Mängelbeseitigung immer ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erklärt hat, weshalb sich eine Auslegung der vorgerichtlichen Korrespondenz dahingehend, dass die Beklagte auf die Verjährungseinrede verzichten wolle, nicht in Betracht kommt. Vielmehr ergab sich aus diesen Äußerungen der Beklagten, dass sie aus ihrer Sicht lediglich aus Kulanz diese Arbeiten durchführen werde, auf die die Kläger gerade keinen Anspruch haben sollten. Wenn jedoch die Begründetheit des von den Klägern geltend gemachten Anspruchs auf diese Weise in Abrede gestellt wird, kann aus der Sicht des objektiven Erklärungsempfängers nicht angenommen werden, dass der Erklärende gleichwohl auch nach Ablauf der Verjährungsfrist eines eventuell doch begründeten Anspruchs gegen ihn nunmehr auf die Einrede der Verjährung verzichten wolle.
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Soweit die Berufungsbegründung Ausführungen zu der Abweisung des von den Klägern zu 2. und zu 3. geltend gemachten Anspruchs wegen der Beschädigung ihrer Küchenmöbel durch eingedrungene Feuchtigkeit enthält, kommt es hierauf nicht an, da die Klageabweisung insoweit nicht Gegenstand des Berufungsangriffs ist. Dies ergibt sich zum einen aus der Antragstellung der Berufung, zum anderen wurde dies in der mündlichen Verhandlung vom 12. April 2013 entsprechend klargestellt (Bl. 465 d. A.).
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Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Rechtsstreit im angesprochenen Umfang noch nicht zur Entscheidung reif ist, so dass dem Hauptantrag der Berufung kein Erfolg zukommt. Im Hinblick darauf, dass der Verfahrensmangel eine Beweisaufnahme erforderlich macht, gegebenenfalls auch zur Höhe der weiteren Forderungen, macht der Senat gemäß dem von den Klägern hilfsweise gestellten Antrag von der Möglichkeit der Zurückverweisung gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO Gebrauch.
- 47
Eine Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens ist nicht veranlasst, diese ist von dem Landgericht zu treffen.
- 48
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Im Hinblick auf § 775 Nr. 1, § 776 ZPO sind auch Berufungsentscheidungen, die eine Aufhebung und Zurückverweisung aussprechen, für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Eine Schutzanordnung nach § 711 ZPO kommt schon nicht in Betracht, weil das Berufungsurteil keinen Leistungsausspruch enthält.
- 49
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
- 50
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 14.968,11 € festgesetzt.
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