Beschluss vom Oberlandesgericht Koblenz (1. Senat für Familiensachen) - 13 WF 1089/13

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Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers werden der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mayen vom 04.10.2013 und die Nichtabhilfeverfügung dieses Gerichts vom 21.11.2013 aufgehoben und dem Antragsteller wird Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlung sowie unter Beiordnung von Rechtsanwalt …[A] bewilligt, soweit der Antragsteller ab der noch zu erfolgenden förmlichen Antragszustellung von der Antragsgegnerin Kindesunterhalt in Höhe von 102 €/mtl. begehrt.

2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

3. Die Gebühr nach Nr. 1912 KV FamGKG ermäßigt sich auf die Hälfte.

Gründe

1

Die nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde des Antragstellers ist auch sonst zulässig, insbesondere gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 3, 567 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat sie zum Teil Erfolg.

1.

2

Die Antragsgegnerin erhält nachgewiesenermaßen luxemburgisches Erziehungsgeld (Kinderbetreuungsgeld) in Höhe von 485,01 €/mtl. Weitere Einnahmen hat sie nicht.

a)

3

Soweit der Antragsteller Einkünfte aus dem An- und Verkauf von Kaffeemaschinen behauptet, ist dies bestritten und der Vortrag des Antragstellers nicht ausreichend substantiiert.

b)

4

Der Antragsgegnerin steht auch kein Unterhaltsanspruch gegen ihren Lebensgefährten anlässlich der Geburt des gemeinsamen Kindes am ...05.2012 zu.

5

Der Lebensgefährte der Antragsgegnerin erzielt ein monatliches Nettoeinkommen von 1.688 €. Hiervon sind für 105 Entf.-km gemäß KoL 10.2.2. Fahrtkosten in Höhe von 675 €/mtl. abzuziehen. Da der Lebensgefährte der Antragsgegnerin dem Antragsteller gegenüber nicht unterhaltspflichtig ist, besteht für ihn hier auch keine Obliegenheit, sich eine näher gelegene Arbeitsstelle zu suchen. Allerdings dürfte ihm infolge der hohen Fahrtkosten ein Steuervorteil von rund 150 €/mtl. zufließen. Nach Abzug seiner Unterhaltspflichten für seine beiden Kinder (250 € und 225 €) verbleibt dem Lebensgefährten der Antragsgegnerin somit ein bereinigtes Monatsnettoeinkommen von lediglich 688 €. Damit ist er der Antragsgegnerin gegenüber nicht nach § 1615l BGB zum Unterhalt verpflichtet. Zu einem behaupteten Zusatzeinkommen aus dem An- und Verkauf von Kaffeemaschinen gilt auch in Bezug auf den Lebensgefährten das oben Gesagte.

2.

6

Zutreffend weist der Antragsteller allerdings darauf hin, dass die Antragsgegnerin ihm und dem weiteren, am …05.2012 geborenen Kind gleichermaßen zum Unterhalt verpflichtet ist, § 1609 Nr. 1 BGB. Zwar wird der Antragsgegnerin wohl nicht abzusprechen sein, das weitere Kind derzeit noch zu Hause persönlich zu betreuen. Allerdings ist sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten gemäß § 1603 Abs. 2 BGB teilerwerbspflichtig.

a)

7

Einer solchen Teilzeitbeschäftigung kann sie hier grundsätzlich auch nachgehen, da ihr Lebensgefährte, der Vater des am ...05.2012 geborenen weiteren Kindes nach ihrem eigenen Vortrag montags frei hat und die übrigen Werktage spätestens gegen 15 Uhr zu Hause ist. Dann kann er aber die Kinderbetreuung montags ganztags sowie an den anderen Werktagen für wenige Stunden übernehmen, um der Antragsgegnerin zumindest eine Teilzeitbeschäftigung von bis zu 15 Wochenstunden und somit einen sog. 450 €-Job zu ermöglichen. Die Mutter des Lebensgefährten, welche dieser nach Feierabend betreut haben soll, soll nach der bislang unwidersprochenen Behauptung des Antragstellers Mitte Oktober 2013 verstorben sein.

b)

8

Diese Erwerbstätigkeit dürfte entgegen der Behauptung der Antragsgegnerin auch nicht ihren Anspruch auf das luxemburgische Erziehungsgeld (Kinderbetreuungsgeld) entfallen lassen.

9

Dieser Anspruch setzt u.a. voraus, dass die Antragsgegnerin sich hauptsächlich der Betreuung des Kindes im Haushalt widmet und keine Erwerbstätigkeit ausübt oder zwar berufstätig ist, aber zusammen mit ihrem Lebensgefährten lediglich über ein Einkommen verfügt, das den dreifachen sozialen Mindestlohn nicht übersteigt (vgl.: http://ec.europa.eu/employment_social/empl_portal/SSRinEU/Your%20social%20security%20rights%20in%20Luxembourg_de.pdf sowie http://www.guichet.public.lu/citoyens/de/sante-social/maternite-prestations-familiales/allocations/allocation- education/index.html). Der soziale Mindestlohn beläuft sich in Luxemburg seit 01.01.2013 auf brutto 1.874 €/mtl. (vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Mindestlohn).

10

Insgesamt dürfen die Antragsgegnerin und ihr Lebensgefährte, der Vater des das luxemburgische Erziehungsgeld (Kinderbetreuungsgeld) auslösenden Kindes, somit maximal 5.622 € (brutto) im Monat verdienen. Das Bruttoeinkommen des Lebensgefährten der Antragsgegnerin ist zwar nicht bekannt. Bei einem Nettoeinkommen von 1.688 €/mtl. ist jedoch nicht zu erwarten, dass das gemeinsame monatliche Bruttoeinkommen dann die genannte Grenze übersteigt.

11

Durch die Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung (Minijob) eröffnet sich für die Antragsgegnerin regelmäßig auch die Möglichkeit, über die Pauschalabgabe des Arbeitgebers in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert zu sein, so dass auch ihre Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung entfallen dürften. Nach Abzug der Berufsaufwandspauschale verbleibt somit ein erzielbares bereinigtes Erwerbseinkommen von 427,50 €.

3.

12

Addiert man das vorgenannte erzielbare Arbeitseinkommen zu dem bezogenen luxemburgischen Erziehungsgeld (Kinderbetreuungsgeld) beläuft sich das bereinigte Nettoeinkommen der Antragsgegnerin auf rund 912 €.

13

Als notwendiger Selbstbehalt ist bei der Antragsgegnerin aufgrund der hier angenommenen Teilzeitbeschäftigung der Mittelwert zwischen demjenigen für Erwerbstätige und demjenigen für Nichterwerbstätige heranzuziehen (vgl. Senat NJW-RR 2004, 1373 und KG Urteil vom 01.10.2010 - 13 UF 91/10 - juris), mithin 900 €. Aufgrund des Zusammenlebens mit ihrem neuen Partner ist dieser Betrag sodann allerdings noch um 10% auf 810 € zu reduzieren (vgl. KoL 21.5.).

14

Danach besteht die Aussicht, dass die Antragsgegnerin zur Zahlung von Kindesunterhalt an den Antragsteller in Höhe von 102 €/mtl. leistungsfähig ist bzw. als leistungsfähig zu behandeln ist.

4.

15

Im Rahmen der Erfolgsaussichten seiner Rechtsverfolgung ist der Antragsteller allerdings nur bedürftig, soweit es um zukünftigen Unterhalt geht.

16

Für den bei der noch zu erfolgenden förmlichen Antragszustellung rückständigen Unterhalt ist die verfahrenskostenhilferechtliche Bedürftigkeit indes zu verneinen. Denn der Antragsteller erhält Unterhaltsvorschuss in einer Höhe, die den Betrag von 102 €/mtl. übersteigen dürfte. Zwar hat er eine Rückübertragungsvereinbarung vorgelegt (Bl. 19 d.A.). Insoweit steht ihm indes gegen den Träger der Unterhaltsvorschusskasse ein Verfahrenskostenvorschussanspruch zu, welcher die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ausschließt (vgl. BGH FamRZ 2008, 1159).

17

Da somit für bis zur noch erfolgenden förmlichen Antragszustellung rückständigen Unterhalt mangels Bedürftigkeit keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden kann, kann jedenfalls hier derzeit auch der Umfang der Erwerbsobliegenheit der Antragsgegnerin in der Zeit bis zum behaupteten Versterben der Mutter des Antragsgegners dahinstehen.

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