Endurteil vom Oberlandesgericht München - 32 U 4004/18

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts München II vom 14.09.2018, Az. 13 O 4407/16, abgeändert, soweit damit der Klageantrag zu 1 abgewiesen wurde: Es wird festgestellt, dass das Mietverhältnis über die gewerblichen Räumlichkeiten im gesamten 2. OG des Gewerbebaus B... e 7, P... gemäß Mietvertrag vom 11.09.2008 in der Fassung des Nachtrags 5 vom 30.11.2015 zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) bis zum 30.06.2017 fortbesteht. Im übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Berufung gegen den Beklagten zu 2 wird verworfen.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 der Kläger 85 % und die Beklagte zu 1 15 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 im Berufungsverfahren hat der Kläger zu tragen.

4. Von den Kosten der ersten Instanz tragen von den Gerichtskosten der Kläger 83,1 %, die Beklagte zu 1 12,6 % und der Beklagte zu 2 4,3 %. Von den außergerichtlichen Kosten der ersten Instanz haben von den Kosten des Klägers die Beklagte zu 1 12,6 % und der Beklagte zu 2 4,3 %, von den Kosten der Beklagten zu 1 der Kläger 86,3 % und von den Kosten des Beklagten zu 2 der Kläger 45,7 % zu tragen.

Im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der Gläubiger zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 74.470,20 € festgesetzt. Der Streitwert für die erste Instanz wird auf € 81.470,20 festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über das Bestehen eines gewerblichen Mietverhältnisses.

Die Beklagte zu 1 war bereits Mieterin der vorherigen Eigentümerin des Anwesens B... 7 in P.... Mit notariellem Kaufvertrag vom 30.05.2008 erwarb der Kläger das Grundstück. In diesem Rahmen haben die Parteien den bisherigen Mietvertrag aufgehoben und mit Datum vom 10.09./11.09.2008 den als K 1 vorgelegten Mietvertrag geschlossen.

Mietgegenstand ist das gesamte 2. Obergeschoss des Anwesens sowie 7 Tiefgaragenstellplätze. Mietzweck ist der Betrieb eines Gesundheits- und Fitnesscenters. Der Mietvertrag sollte vom 01.09.2008 bis zum 31.12.2018 dauern, vgl. § 4 des Mietvertrages.

Mit dem Nachtrag 3 vom 13.04.2012 wurde der Beklagten zu 1 ein Optionsrecht eingeräumt.

Mit dem Nachtrag 4 vom 18.03.2015, Anlage K 7, räumte der Kläger der Beklagten zu 1 für den Fall einer schweren Krankheit oder einer erheblichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse das Recht zur ordentlichen Kündigung mit einer Frist von 3 Monaten zum Quartalsende ein.

Mit dem Vertrag vom 11.09.2015, als Anlage bei Bl. 183 d.A., verkaufte die Beklagte zu 1 das Unternehmen „V...“ als Asset-Deal an den Beklagten zu 2.

Ab dem 01.10.2015 nutzte der Beklagte zu 2 allein die Mieträumlichkeiten.

Am 30.11.2015 vereinbarten der Kläger mit der Beklagten zu 1, vertreten durch den Zeugen R. als deren Geschäftsführer, und dem Beklagten zu 2 den Nachtrag 5 zum Mietvertrag vom 11.09.2008, vgl. Anlage K 8.

Dieser lautet u.a.:

„In Abänderung zu § 4 (1) des Mietvertrages vom 11.09.2008 vereinbaren die Parteien, dass ab dem 01.01.2016 eine neue Festmietzeit von 10 Jahren. Das Mietverhältnis endet danach automatisch am 31.12.2026 um 24.00 Uhr.“

Die Auflösung der Beklagten zu 1 wurde am 07.01.2016 im Handelsregister eingetragen. Die Beklagte zu 1 wird von der bestellten Liquidatorin vertreten.

Mit Schreiben an den Zeugen R... vom 11.04.2016 ließ der Kläger diesen auffordern, spätestens bis zum 19.04.2016 die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zum 31.05.2016 zu erklären, da das Mietverhältnis mit der Beklagten zu 1 noch fortbestehe, Anlage K 13. Mit Schreiben an den Bevollmächtigten der Beklagten zu 1 vom 16.06.2016, Anlage K 12, verlangte der Kläger Räumung und Herausgabe bis zum 14.07.2016.

Mit Schreiben vom 05.07.2016 regte der Kläger eine einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.07.2016 an. Andernfalls werde die Beklagte bis zum vertragsgemäßen Ende des Mietvertrages 2026 in Anspruch genommen, Anlage K 14.

Der Zeuge R... und die Liquidatorin der Beklagten zu 1 kündigten in deren Namen mit Schreiben vom 29.09.2016 das Mietverhältnis zum 31.03.2017, Anlage K 19.

Ebenso kündigte der Beklagte zu 2 mit Fax vom 29.09.2016 das Mietverhältnis ordentlich und außerordentlich zum 31.03.2017, Anlage K 16.

Der Kläger wies die Kündigung der Beklagten zu 1 mit Schreiben vom 10.10.2016 zurück, Anlage K 20, und teilte zudem mit, dass er die Kündigung erst am 08.10.2016 erhalten habe.

Mit Schreiben vom 21.02.2017, vorgelegt als B 4, ließ die Beklagte zu 1 fristlos und hilfsweise fristgerecht kündigen.

Mit der Klage vom 14.06.2016 begehrte der Kläger die Feststellung, dass das Mietverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 fortbesteht. Außerdem machte er Ansprüche auf Schadensersatz wegen eines Schimmelschadens gegen beide Beklagte geltend. Die Haftung des Beklagten zu 2 ergebe sich aus § 23 des Nachtrags 5 vom 30.11.2015, wonach der Beklagte zu 2 die persönliche Haftung für alle aus dem Mietvertrag resultierenden Verpflichtungen übernommen habe.

Das Landgericht hat am 27.06.2018 u.a. die Zeugen R... und T... vernommen.

In dem angegriffenen Urteil hat das Landgericht den Beklagten zu 2 zur Zahlung von € 3.800,00 verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Zwar habe der Mietvertrag mit der Beklagten zu 1 nach dem Wortlaut des Nachtrags vom 30.11.2015 fortbestanden. Die Beweisaufnahme habe jedoch ergeben, dass die Parteien auf der Mieterseite von einem Parteiwechsel ausgegangen seien. Beide Zeugenaussagen hätten sich größtenteils widersprochen. Beide Zeugen hätten jedoch ausgesagt, dass der Beklagte zu 2 als Nachmieter vorgestellt worden sei. Das spreche dafür, dass ein Mieterwechsel beabsichtigt worden sei. Der Nachtrag Nr. 5 sei auch tatsächlich so umgesetzt worden, als wäre der Beklagte zu 2 in den Mietvertrag eingetreten. Der Kläger habe hinsichtlich sämtlicher Mietangelegenheiten mit dem Beklagten zu 2 korrespondiert. Der beabsichtigte Nachtrag 6 basiere auf der Prämisse, dass der Mietvertrag noch mit der Beklagten zu 1 bestehe. Er zeige, dass auch auf Seiten des Klägers ein Mieterwechsel gewollt gewesen sei. Daher sei die Kammer davon überzeugt, dass beide Parteien von einem Mieterwechsel ausgegangen seien.

Wegen des Vorbringens der Parteien in erster Instanz, des Verfahrensgangs und des Urteilsinhalts wird im übrigen Bezug genommen auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Feststellung, dass das Mietverhältnis mit der Beklagten zu 1 fortbesteht, weiter. In der Berufung beantragt er nunmehr hilfsweise die Feststellung, dass das Mietverhältnis mit dem Beklagten zu 2 fortbesteht. Die weiteren Anträge des Klägers im Zusammenhang mit einem Schimmelschaden sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.

Der Kläger beantragt:

  • 1.Das Urteil des Landgerichts München II vom 14.09.2018 (Az. 13 O 4407/16) wird abgeändert. Es wird festgestellt, dass das Mietverhältnis über die gewerblichen Räumlichkeiten im gesamten

  • 2.OG des Gewerbebaus B... 7, P... gemäß Mietvertrag vom 11.09.2008 in der Fassung des Nachtrags 5 vom 30.11.2015 zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) fortbesteht

II. Hilfsweise wird festgestellt, dass das Mietverhältnis über die gewerblichen Räumlichkeiten im gesamten 2. OG des Gewerbebaus B... 7, P.. gemäß Mietvertrag vom 11.09.2008 in der Fassung des Nachtrags 5 vom 30.11.2015 zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) fortbesteht.

Die Beklagte zu 1 beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagte zu 2 beantragt:

Die Berufung gegen den Beklagten zu 2 wird als unzulässig verworfen.

Bezüglich der Einzelheiten des Vortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die von diesen im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze verwiesen; auf die richterlichen Hinweise in der Verfügung vom 27.05.2019 und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2019 wird Bezug genommen.

Die Parteien haben einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO zugestimmt, zuletzt die Beklagte zu 1 mit Schriftsatz vom 01.07.2020, bei Gericht eingegangen am selben Tag.

II.

1. Die hilfsweise erhobene subjektive Klageerweiterung in Richtung auf den Beklagten zu 2 in der Berufungsinstanz ist unzulässig.

Die von dem Kläger in Anspruch genommenen Beklagten sind nicht notwendige Streitgenossen i.S.d. § 62 ZPO. Bei Streitgenossen i.S.d. § 61 ZPO sind die Verfahren nur äußerlich verbunden; das Verfahren eines jeden Streitgenossen ist selbständig. Jeder Streitgenosse ist deshalb so zu behandeln, als ob nur er allein mit dem Gegner prozessieren würde.

Eine Parteiänderung, die zu einer subjektiven Klagehäufung führt, kann wirksam nicht bedingt erfolgen (BGH, Urteil vom 21. Januar 2004 - VIII ZR 209/03 -, Rn. 9, juris). Es ist deshalb unzulässig, die Klage gegen einen der Beklagten von dem negativen Ausgang des Verfahrens gegen einen anderen Beklagten abhängig zu machen (OLG Hamm, Urteil vom 22. September 2004 - 31 U 56/04 -, Rn. 44, juris; Althammer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 60 ZPO Rn. 10). Für den Beklagten zu 2 handelt es sich um eine außerprozessuale Bedingung, an die die Klageerhebung geknüpft wird. Die Klageerhebung muss grundsätzlich unbedingt sein.

2. Der Feststellungsantrag gegen die Beklagte zu 1 ist zulässig und in dem ausgesprochenen Umfang auch begründet.

a) Der Feststellungsantrag ist zulässig. Zwar muss das Feststellungsinteresse grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen. Der Kläger ist aber nicht gezwungen, zu einer bezifferten Leistungsklage überzugehen, wenn diese nachträglich möglich wird (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 256 ZPO, Rn. 7c).

b) Abweichend von der Auffassung des Landgerichtes endete das Mietverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund des Nachtrags 5 vom 30.11.2015, Anlage K 8, zum 31.12.2015. Unabhängig von dem Inhalt der Gespräche, auf deren Grundlage der Kläger den Entwurf für diesen Nachtrag fertigen lassen hat, kommt es für die Auslegung des Nachtrags auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung an. Dass der Geschäftsführer der Beklagten zu 1 und der Beklagte zu 2 den Nachtrag mit dem völlig eindeutigen Wortlaut so wie vorgelegt unterschrieben haben, konnte der Kläger nicht anders verstehen, als dass sie genau eine Vereinbarung mit diesem Inhalt abschließen wollten.

Der Kläger und die Beklagten haben am 30.11.2015 keinen Parteiwechsel vereinbart. Auf die Beweisaufnahme und die Beweiswürdigung durch das Landgericht kommt es nicht an. Denn unstreitig wollten die Parteien das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit eingehen bzw. verlängern. Es kam beiden Seiten auf die Einhaltung der Schriftform an, um die Möglichkeit einer vorzeitigen ordentlichen Kündigung auszuschließen. Daher kann auch nicht das Verhalten einer der Vertragsparteien von der anderen Seite nach §§ 133, 157 BGB dahin verstanden werden, dass ein anderer Vertragsinhalt gewollt war als sich aus der Urkunde ergibt, sofern dies die wesentlichen Vertragsbedingungen betrifft.

Letztlich hat der Kläger die Ausführungen der Beklagten bei der persönlichen Vorbesprechung falsch verstanden und auf dieser Grundlage einen Vertragsentwurf fertigen lassen, der auf unzutreffenden Annahmen über die rechtliche Gestaltung der Betriebsübernahme durch den Beklagten zu 2 beruhte. Der Kläger hat wohl die Äußerungen der Beklagten dahin verstanden, dass der Beklagte zu 2 die Beklagte zu 1 durch Übernahme der Gesellschaftsanteile erwirbt. Dem Kläger irgendeinen Täuschungswillen zu unterstellen, ist nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat in der Vorbemerkung des Nachtrags 5 vom 30.11.2015 die tatsächlichen Grundlagen darstellen lassen.

Sowohl der Geschäftsführer der Beklagten zu 1 als auch der Beklagte zu 2 haben den Nachtrag offenbar ungelesen unterschrieben. Ohne dies nachzuprüfen, gingen sie offenbar davon aus, der Nachtrag entspreche dem Inhalt der gemeinsamen Besprechung. Auf diese Weise ist ein Vertrag zustande gekommen, bei dem die Geschäftsgrundlage von vornherein fehlte.

Möglicherweise hätte der Kläger den Vertrag anfechten können, als er im Januar 2016 den Fehler erkannte. Den Beklagten stand die Möglichkeit der Anfechtung nicht offen, da derjenige nicht über den Inhalt seiner Erklärung irrt, der bewusst den Inhalt nicht zur Kenntnis nimmt (Palandt/Ellenberger, 79. Aufl., § 119 BGB Rn. 9). Dies kann letztlich dahinstehen, da eine Anfechtung nicht erklärt worden ist.

3. Der Feststellungsantrag des Klägers ist unbegründet, soweit er Feststellung des Bestehens des Mietverhältnisses mit der Beklagten zu 1 über den 30.06.2017 hinaus begehrt. Die Kündigung der Beklagten zu 1 vom 29.09.2016, vorgelegt als K 19, hat das Mietverhältnis zum 30.06.2017 beendet. Die Kündigung ist nach dem Vortrag des Klägers erst am 08.10.2016 zugegangen und damit nach dem dritten Werktag im Oktober 2016. Die Beklagte zu 1 konnte einen früheren Zugang bis zum 06.10.2016 nicht beweisen.

Der Mietvertrag galt nach § 550 Satz 1 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen, da er nicht die Schriftform wahrte. Damit konnte die Beklagte zu 1 den Mietvertrag ordentlich kündigen.

a) Gemäß §§ 550, 578 BGB müssen Mietverträge mit einer Laufzeit von über einem Jahr der Schriftform genügen. Das Schriftformerfordernis ist nur gewahrt, wenn sich die für den Abschluss des Mietvertrags notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen - insbesondere über den Mietgegenstand, die Miete sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses - aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt. Ebenso müssen sämtliche nachträglichen Änderungen des Vertrags der Schriftform des § 550 BGB genügen, es sei denn, dass es sich um unwesentliche Änderungen handelt (Niederstetter NZM 2017, 550). Soweit die Schriftform für einen Mietvertrag nicht eingehalten ist, berührt dies nicht dessen Wirksamkeit. Der Vertrag kann allerdings unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist vorzeitig, d.h. vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Festlaufzeit, gekündigt werden.

Grundsätzlich unterliegen auch Nebenabreden der Schriftform, wenn sie den Inhalt des Mietverhältnisses gestalten und nach dem Willen der Vertragsparteien wesentliche Bedeutung haben (BGH, Urteil vom 25. November 2015 - XII ZR 114/14 -, Rn. 29, juris). Treffen die Mietvertragsparteien Vereinbarungen zu am Mietobjekt vorzunehmenden Um- und Ausbauarbeiten und dazu, wer diese vorzunehmen und wer die Kosten zu tragen hat, so kann diesen Abreden vertragswesentliche Bedeutung zukommen. Eine vertragswesentliche Nebenabrede zu Um- und Ausbauarbeiten kann nicht nur bei einer Flächenvergrößerung oder bei einem verlorenen Baukostenzuschuss vorliegen (BGH, a.a.O., Rn. 31). Lediglich in Fällen, in denen es sich um eine bloße Ausgestaltung bereits getroffener Vereinbarungen handelt, durch welche die zunächst in allgemeinerer Form getroffenen Vereinbarungen konkretisiert, inhaltlich aber nicht verändert werden, wird eine vertragsunwesentliche Nebenabrede zu sehen sein, die dem Schriftformerfordernis des § 550 BGB nicht genügen muss (Niederstetter NZM 2017, 550).

b) Gemessen an diesen Grundsätzen haben die Parteien bereits bei Wahrunterstellung des Sachvortrags des Klägers, in jedem Fall aber auf Grundlage des Sachvortrags der Beklagten bezüglich der Verschattung der Fenster eine wesentliche Abrede getroffen, die der Schriftform bedurft hätte. Die vermieteten Räumlichkeiten verfügen über 66 Fenster - teilweise oder überwiegend - mit Oberlichtern. Diese konnten bis zum Jahr 2015 durch Außenrollos verschattet werden. Im Rahmen von Erhaltungsmaßnahmen im Jahr 2015 an der Fassade und an den Fenstern ließ der Kläger sämtliche Außenrollos entfernen. Dies erfolgte unstreitig wegen der mit einer Erneuerung der Rollos verbundenen erheblichen Kosten, die der Kläger nicht bereit war zu tragen.

Nach dem Vortrag des Klägers vereinbarte er mit dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1, dass er Innenrollos anbringen werde, wo dieser es wünsche. In der Folge seien nur im Bereich der Ausdauergeräte - auf Wunsch des Geschäftsführers der Beklagten zu 1 - Innenrollos angebracht worden.

Damit haben die Vertragsparteien die vertraglichen Vereinbarungen zur Instandhaltung und Instandsetzung in § 12 des Mietvertrages vom 10.09./11.09.2008 in wesentlichen Punkten abgeändert. Nach § 12 Abs. 3 des Mietvertrages ist der Mieter zur Erhaltung von Einrichtungen innerhalb des Mietbereiches, zu denen ausdrücklich auch Sonnenschutzeinrichtungen gehören, verpflichtet. Damit traf die Erhaltungspflicht bezüglich der Außenrollos den Vermieter. Nach dem Vortrag des Klägers verzichtete die Beklagte zu 1 auf eine Instandsetzung der Außenrollos. Im Gegenzug brachte der Kläger nur in einem kleineren Teilbereich Innenrollos an. Für einen Erwerber war nicht erkennbar, ob und inwieweit ein Anspruch der Mieterin auf Anbringung von Außenrollos oder auf Anbringung weiterer Innenrollos besteht. Dabei liegt es nahe, dass das Fehlen von Sonnenschutzeinrichtungen an heißen Tagen den Gebrauch der Mieträume zum vertraglich vereinbarten Zweck erheblich einschränken kann. Sowohl wegen der erheblichen Auswirkung auf den vertragsgemäßen Gebrauch als auch wegen der - jedenfalls nach Einschätzung des Klägers selbst - mit der Anbringung von Außenrollos verbundenen erheblichen Kosten handelt es sich um für die Parteien wesentliche Vereinbarungen. Ohne diese behauptete und im einzelnen bestrittene Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 kann die Mieterin gegenüber einem Erwerber bezüglich der Außenrollos sowohl Erfüllung, also Herstellung des vertragsgemäßen Zustands verlangen als auch Gewährleistungsrechte geltend machen.

c) Der Schriftformmangel ist nicht durch den Nachtrag 5 vom 30.11.2015 geheilt worden. Grundsätzlich können die Mietvertragsparteien die Schriftform einvernehmlich mit Rückwirkung nachholen. Erforderlich ist aber ein Nachtrag, der den ursprünglichen Mangel heilt (Schweitzer in Guhling/Günier, Gewerberaummiete, 2. Aufl., § 550 BGB Rn. 97). In dem Nachtrag 5 vom 30.11.2015 haben die Parteien keinerlei Regelungen über die Pflicht zu Installation oder Erhaltung von Verschattungsanlagen getroffen.

d) Abweichend vom Hinweis des Senates vom 27.05.2019 ist die Kündigung der Beklagten zu 1 aber nicht schon deshalb wirksam, weil der Kläger die Beklagte zu 1 zur Kündigung aufgefordert hat. Denn in seinem Schreiben vom 05.07.2016 hat der Kläger der Beklagten zu 1 eine eindeutige Frist für die einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses gesetzt. Der Kläger hat darauf hingewiesen, dass er einen weiteren Mietinteressenten habe. Sollte eine Einigung innerhalb der Frist nicht zustande kommen, werde er die Beklagte zu 1 bis zum vertraglich vereinbarten Ende in Anspruch nehmen.

Auf die Wirksamkeit weiterer, späterer Kündigungen kommt es nicht an, da das Mietverhältnis jedenfalls schon durch die Kündigung vom 29.09.2016 beendet worden ist.

III.

1. Die Entscheidung des Landgerichts war deshalb abzuändern, soweit der Feststellungsantrag des Klägers auch für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 30.06.2017 abgewiesen worden ist. Soweit der Kläger darüber hinaus auch die Feststellung des Bestehens des Mietverhältnisses mit der Beklagten zu 1 über den 30.06.2017 hinaus bis zum 31.12.2025 begehrt, ist die Berufung unbegründet.

2. Die Bedingung, unter die der Kläger die subjektive Klageerweiterung gestellt hat, ist nicht eingetreten, obwohl die Klage gegen die Beklagte zu 1 teilweise abgewiesen wird. Denn der Kläger wollte erkennbar den Hilfsantrag nur für den Fall stellen, dass das Gericht von einem Parteiwechsel im Mietvertrag zum 01.01.2016 ausgeht. Der Hilfsantrag ist gleichwohl als unzulässig zu verwerfen. Da die subjektive Klagehäufung nur unbedingt erklärt werden kann, ist sie bezüglich der Urteilsformel und der Kosten als erhoben zu behandeln.

3. Die Kostenentscheidung für den Rechtsstreit beruht auf den §§ 91, 92, 97, 101 ZPO. Bei dem Feststellungsantrag, der insgesamt nach der Klagebegründung und dem Nachtrag 5 vom 30.11.2015 einen Zeitraum von 10 Jahren betrifft, obsiegt der Kläger teilweise für einen anteiligen Zeitraum von 18 Monaten. Die Kosten sind entsprechend zu quoteln. Die - unzulässige - Klage gegen den Beklagten zu 2 wirkt sich kostenmäßig nur insoweit aus, als der Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 zu tragen hat.

Die Kosten der ersten Instanz waren an den geänderten Ausspruch über den Antrag des Klägers anzupassen.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

5. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht vorliegen. Es handelt sich um eine Entscheidung in einem Einzelfall, die keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft.

6. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt € 74.470,20. Bei einer Klage auf Feststellung des Bestehens eines Mietverhältnisses richtet sich der Streitwert nach § 41 Abs. 1 GKG. Bei einer positiven Feststellungsklage ist kein Abschlag zu machen (BeckOK KostR/Schindler, 30. Ed. 1.6.2020, GKG § 41 Rn. 10). Abzustellen ist auf die Miete mit MwSt. und ohne Vorauszahlungen auf die Betriebskosten (12 × € 6.205,85). Bei dem nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen abänderbaren Streitwert der ersten Instanz war noch der Zahlungsantrag samt Feststellungsantrag bezüglich des Schimmelschadens (insgsamt € 7.000,00) hinzuzurechnen.

Verkündet am 06.08.2020

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