Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (1. Strafsenat) - 1 Ws 343/12

Tenor

Die Beschwerde des Angeklagten gegen die Entscheidung der Vorsitzenden der 5. (großen) Strafkammer des Landgerichts Stendal vom 11. Juli 2012 wird verworfen.

Gründe

1

Gegen den am 07. März 2012 festgenommenen und am 22. Juni 2012 aus der Untersuchungshaft entlassenen Angeklagten findet seit dem 13. April 2012 vor der 5. großen Strafkammer des Landgerichts Stendal die Hauptverhandlung statt.

2

Mit Schriftsatz vom 05. Juli 2012 hat der Verteidiger, Rechtsanwalt K., beantragt, ihn als weiteren Pflichtverteidiger für den Angeklagten zu bestellen.

3

Diesen Antrag hat die Vorsitzende der 5. Strafkammer mit Bescheid vom 11. Juli 2012 zurückgewiesen.

4

Der hiergegen gerichteten Beschwerde des Verteidigers hat die Vorsitzende nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

5

Das Rechtsmittel bleibt erfolglos.

6

Das Rechtsmittel ist zwar zulässig; in der Sache ist es jedoch unbegründet.

7

Unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung (vgl. NStZ-RR 1996, 41) geht der Senat mit der herrschenden Meinung ( zum Stand vgl. Meyer-Goßner 55. Auflage, § 141 Rn 10 a) inzwischen davon aus, dass die Ablehnung der Bestellung eines Verteidigers während laufender Hauptverhandlung keine der Urteilsfällung vorausgehende Entscheidung i. S. d. § 305 Satz 1 StPO darstellt, mithin stets nach § 304 Abs. 1 StPO anfechtbar ist.

8

Der Senat hat allerdings die von dem Verteidiger im eigenen Namen eingelegte Beschwerde („lege ich“) gemäß § 300 StPO als Beschwerde des Angeklagten ausgelegt, da der abgelehnte Verteidiger kein eigenes Beschwerderecht hat (OLG Köln, NStZ 2010, 653; Meyer-Goßner aaO).

9

Die Beschwerde ist indessen unbegründet.

10

Bei der Bestellung eines weiteren Pflichtverteidigers handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die nur darauf überprüft werden kann, ob der Vorsitzende die Grenzen seines Beurteilungsspielraumes eingehalten hat (Meyer-Goßner, 55. Aufl., § 141 Rn 9 mwN.).

11

Eine Überschreitung ist nicht erkennbar.

12

Die Bestellung eines weiteren Pflichtverteidigers kommt nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht. Hierfür muss ein unabweisbares Bedürfnis bestehen (OLG Köln, NStZ-RR 2007, 244). Allein der Umfang des Verfahrens oder rechtliche Schwierigkeiten, wie sie hier aufgeführt sind, reichen dazu nicht aus. Erforderlich ist, dass ohne Bestellung eines weiteren Verteidigers eine ordnungsgemäße Verteidigung des Angeklagten nicht gewährleistet ist, die nur bei arbeitsteiligem Zusammenwirken zweier Verteidiger möglich erscheint. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Dabei ist auch zu berücksichtigen dass Rechtsanwalt K. mit Schriftsatz vom 13. Juni 2012 unter Beifügung einer Vollmacht vom 07. Juni 2012 angezeigt hat, dass er den Angeklagten weiterhin vertritt, dem Angeklagten mithin zwei Verteidiger zur Verfügung stehen.


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