Urteil vom Oberlandesgericht Naumburg (1. Zivilsenat) - 1 U 52/12 (Hs), 1 U 52/12

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28.3.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau (3 O 95/11) abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,-- Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Gebührenstufe bis 320.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Parteien sowie eine D. N.V. und ein Herr S. E. sind mit unterschiedlicher Kapitalbeteiligung (Anlage K 2) Kommanditisten der B. GmbH & Co. KG (i.F. KG). Komplementärin ist die B. Verwaltungs-GmbH (i.F. GmbH). In § 7 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages (Anlage K 1) heißt es u.a.:

2

(3) Besteht ein für die Existenz des Unternehmens unabweisbares Bedürfnis auf Kapitalerhöhung, so ist jeder Gesellschafter verpflichtet, an etwaigen Kapitalerhöhungsbeschlüssen mitzuwirken, und zwar auch in solchen Fällen, in denen ein Gesellschafter nicht im Stande ist, die für die Durchführung der Kapitalerhöhung notwendigen Mittel einzuschießen. …

3

In § 8 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages heißt es:

4

(1) Zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft ist die Komplementärin allein berechtigt und verpflichtet.

5

In § 12 des Gesellschaftsvertrages heißt es u.a.:

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(1) Über die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung, gleichviel ob sie in förmlicher Versammlung oder im Umlaufverfahren gefasst worden sind, ist eine Niederschrift auszufertigen, …

7

Unstreitig haben die Klägerin und die Beklagte der KG in der Vergangenheit Darlehen über 441.117,07 Euro bzw. 882.294,14 Euro zur Verfügung gestellt. Am 12.3.2008 wurde in persönlicher Anwesenheit der 4 Kommanditisten (bzw. von deren Vertretern) ein Schriftstück mit folgendem Inhalt erstellt (Anlage K 3):

8

Gesellschafterversammlung der B.  GmbH & Co. KG

12.März 2008 in F.

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TOP 1:                 Anwesenheit, Beschlussfähigkeit

10

11

TOP 2:                 Rückzahlung Gesellschafterdarlehen

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Es wird beschlossen, die bestehenden Darlehen der Gesellschafterfirmen zum 30.3.08 inkl. Zinsen zurückzuzahlen.

13

Hierfür wird die von der Sparkasse K. angebotene Finanzierung durch die Gesellschaft in Anspruch genommen.

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In Anbetracht des noch bestehenden, nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrages bestätigen die Gesellschafter, dass Sie für den Fall einer drohenden Zahlungsunfähigkeit die rückgezahlten Darlehen in voller Höhe wieder zur Verfügung stellen.

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F.,                 12.03.08

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Unterschriftsleiste

17

In der Folgezeit wurden die Darlehensbeträge von 441.117,07 Euro bzw. 882.294,14 Euro von der KG an die Parteien zurückgezahlt. Mit Schreiben vom 8.2.2010 (Anlage K 5) und 10.3.2010 (Anlage K 6) forderte die KG, vertreten durch den Geschäftsführer der Komplementär GmbH (G.) die Beklagte auf, die zurückgezahlten Darlehensbeträge der Gesellschaft wieder zur Verfügung zustellen. Mit Schreiben vom 27.1.2011 wiederholten die Rechtsanwälte der Klägerin diese Forderung (Anlage K 7). Während die Klägerin den vollen Betrag von 441.117,07 Euro wieder an die Gesellschaft ausgezahlt hat, hat die Beklagte im März 2010 nur insgesamt 585.000,-- Euro zurückgezahlt. Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin im eigenen Namen die Zahlung des Differenzbetrages von

18

Darlehensbetrag        

882.294,14 Euro

./. Rückzahlung

558.000,00 Euro

        

297.294,14 Euro

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an die KG geltend.

20

Die Klägerin ist der Ansicht, dass sich die Beklagte mit dem Schriftstück vom 8.3.2008 unmittelbar gegenüber (auch) der Klägerin zur Zahlung (an die Gesellschaft) verpflichtet habe. Hilfsweise beruft sie sich hinsichtlich ihrer Klagebefugnis auf die Rechtsfigur der actio pro socio. Die inhaltlichen Voraussetzungen der Vereinbarung lägen vor. Sowohl im Jahre 2010 als auch Anfang 2011 hätten bei der KG die Voraussetzungen der Zahlungsunfähigkeit vorgelegen.

21

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie bestreitet der Klägerin die Klagebefugnis. Bei dem Schriftstück vom 8.3.2008 handele es sich nicht um einen Vertrag zwischen den Gesellschaftern der KG, sondern um das Protokoll einer an diesem Tag durchgeführten Gesellschafterversammlung. Geltend gemacht werden könne der Anspruch daher allenfalls von der Gesellschaft. Der Anspruch sei aber auch unbegründet, weil der Beschluss nicht so gemeint gewesen sei, dass die Zahlung auch bei dauerhafter Zahlungsfähigkeit und Überschuldung der KG habe erfolgen sollen.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien und der in erster Instanz gestellten Anträge wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil.

23

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin sei klagebefugt. Dabei könne dahinstehen, ob in der Vereinbarung vom 12.3.2008 eine Vereinbarung direkt zwischen den Gesellschaftern zu sehen sei, sodass der Klägerin ein eigener Anspruch zustehe. Jedenfalls aber lägen die Voraussetzungen einer actio pro socio vor. Die Klage sei auch materiell begründet, weil die Voraussetzungen von TOP2 erfüllt seien.

24

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung: Entgegen der Ansicht des Landgerichts handele es sich bei der Vereinbarung vom 12.3.2008 nicht um einen Vertrag direkt zwischen den Gesellschaftern, sondern um den Beschluss einer Gesellschafterversammlung. Dafür spreche bereits die äußere Aufmachung des Schriftstücks und der Umstand, dass daran nicht nur die Parteien, sondern alle 4 Gesellschafter beteiligt gewesen seien. Das Landgericht habe insoweit auch verkannt, dass für die Klagebefugnis die Klägerin die Beweislast trage. Die Klage sei daher allenfalls unter den Voraussetzungen einer actio pro socio zulässig. Es lägen aber bereits die materiellen Voraussetzungen von TOP 2 nicht vor. Die Beklagte bestreite, dass im Zeitpunkt der Anforderung der Darlehensbeträge eine drohende Zahlungsunfähigkeit bei der KG vorgelegen habe. Dazu fehle jeder Vortrag der Klägerin. Voraussetzung von TOP 2 sei zudem gewesen, dass die Rückzahlung der Darlehensbeträge die Insolvenzreife der KG überwinde. Die Gesellschafter hätten nicht nur die drohende Zahlungsunfähigkeit, sondern jede Krise der Gesellschaft überwinden wollen. Davon könne aber keine Rede sein, weil die KG auch überschuldet gewesen sei. Hilfsweise erhebe sie die Einrede des eigenen Vermögensverfalls. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 2.7.2012.

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Die Beklagte beantragt,

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das am 28.3.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau (3 O 95/11) abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

27

Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

29

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus erster Instanz. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungserwiderung vom 17.8.2012 (Bl. 115 ff.).

30

Der Senat hat den Parteien mit Beschluss vom 11.10.2012 einen rechtlichen Hinweis erteilt (Bl. 131/132). Im Hinblick auf eine mögliche Klagebefugnis aus dem Gesichtspunkt einer actio pro socio hat die Klägerin im Schriftsatz vom 8.11.2012 neu vorgetragen, dass ihr Prozessbevollmächtigter vor dem Prozess mit dem Geschäftsführer der Komplementär GmbH der KG (G.) persönlich und telefonisch gesprochen habe. Bereits in ihrem ersten Gespräch habe der Geschäftsführer erklärt, dass er nicht bereit sei, für die GmbH & Co. KG eine Klage auf Darlehensgewährung gegen die Beklagte zu führen. Eine Klage gegen einen der Gesellschafter stelle einen außergewöhnlichen Geschäftsvorfall dar, den er ohne vorherigen Gesellschafterbeschluss nicht veranlassen werde. Einen solchen Beschluss werde es aber im Hinblick auf die Mehrheitsverhältnisse nicht geben. Er - der Geschäftsführer - wolle sich ohne Gesellschafterbeschluss gegenüber der Gesellschaft nicht schadensersatzpflichtig machen. Die drohende Insolvenz sei zudem durch die Zahlung der Klägerin abgewendet worden. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 18.12.2012 bestritten, dass der Geschäftsführer der Komplementär GmbH eine Klageerhebung gegen sie aus vorgenannten Gründen verweigert habe. Im Termin vom 20.12.2012 wurde die Klägerin im Hinblick auf ihr neues Vorbringen in der Berufungsinstanz und insbesondere im Schriftsatz vom 8.11.2012 auf § 531 Abs. 2 ZPO hingewiesen. Ihr wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

II.

31

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel der Beklagten hat Erfolg.

32

Es kann im Grundsatz der Ansicht des Landgerichts nicht gefolgt werden, dass die Klägerin für einen Anspruch klagebefugt sein könnte, sodass die Klage bereits unzulässig ist. Der Gesellschafterbeschluss vom 12.3.2008 stellt keinen Vertrag zwischen den Gesellschaftern dar, der jeden von ihnen berechtigen würde, auf Leistung an die Gesellschaft zu klagen (1). Ob im Hinblick auf den neuen Vortrag in der Berufungsinstanz die Voraussetzungen für eine Klagebefugnis aus dem Gesichtspunkt einer actio pro socio dargelegt sind, kann im Ergebnis dahinstehen, weil dieser neue Vortrag im Berufungsverfahren gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen ist (2).

33

(1) In der Vereinbarung vom 12.3.2008 liegt kein Vertrag zwischen den 4 Gesellschaftern, der jedem von ihnen ein eigenes Forderungsrecht (auf Leistung an die Gesellschaft) gibt. Dagegen sprechen bereits die äußeren Umstände (dazu: BB S. 3).

34

-

die Vereinbarung ist mit Gesellschafterversammlung überschrieben;

35

-

es erfolgt eine Gliederung nach Tagesordnungspunkten, wie dies für Gesellschafterbeschlüsse üblich ist;

36

-

in TOP 1 werden ausdrücklich Feststellungen zur formalen Rechtmäßigkeit der Abhaltung der Gesellschafterversammlung getroffen;

37

-

TOP 2 ist überschrieben mit Rückzahlung Gesellschafterdarlehen;

38

-

TOP 2 beginnt mit der Formulierung: Es wird beschlossen

39

-

das Protokoll entspricht der Form des unter I. auszugsweise zitierten § 12 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages

40

Diese äußeren Gesichtspunkte sprechen eindeutig dafür, dass die Gesellschafter einen Beschluss in Bezug auf die Gesellschaft treffen wollten und nicht eine Vereinbarung zwischen ihnen, aus der dann auch die Klagebefugnis im eigenen Namen folgen könnte. Selbst wenn man dem Ansatz der Klägerin (Schriftsatz vom 2.10.2012, S. 2) folgte, dass über die Gewährung eines Darlehens an die Gesellschaft durch einen Gesellschafter nicht durch (Mehrheits-)beschluss hätte abgestimmt werden können (was in der Sache auch nicht erfolgte), könnte Begünstigter einer vertraglichen Vereinbarung nur die Gesellschaft selbst sein. Zwar mag die Ansicht der Klägerin grundsätzlich zutreffend sein, dass mit einem Gesellschafterbeschluss nur über Sozialansprüche entschieden werden kann und es mag weiter die Ansicht zutreffend sein, dass die Verpflichtung zur Gewährung eines Darlehens durch einen Dritten oder einen Gesellschafter nicht zu den Sozialansprüchen zu rechnen ist. Es muss aber berücksichtigt werden, dass sich die Gesellschafter einer KG im Gesellschaftsvertrag zur Erbringung von Kapitalleistungen an die Gesellschaft verpflichten können. In einem solchen Fall ist anzunehmen, dass die Verpflichtung zu einer solchen Leistung auch dann gesellschaftlicher Art ist und den Bedingungen des Gesellschaftsverhältnisses unterliegen sollen, wenn sie nicht als echte Kommanditeinlage geschuldet werden, sondern - wie vorliegend - als Darlehen (BGH Urteil vom 28.11.1977 - II ZR 235/75 - [z.B. BGHZ 70, 61, 63]; K. Schmidt Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. § 20 II [S. 571]). Es handelt sich dann zwar nicht um (echte) Sozialansprüche, sie werden aber wie solche behandelt. Es ist nicht ersichtlich, warum die Fälle unterschiedlich behandelt werden sollen, wenn die Verpflichtung zur Darlehensgewährung einerseits im Gesellschaftsvertrag geregelt wird oder andererseits später durch einen förmlichen und einstimmigen Beschluss der Gesellschafter. Aber selbst dann, wenn man - mit der Klägerin - in dem Beschluss vom 8.3.2008 einen Vertrag zwischen den Gesellschaftern sehen würde, könnte man allenfalls einen Vertrag zugunsten Dritter (dazu im Gesellschaftsrecht: BGH Urteil vom 15.3.2010 - II ZR 4/09 - [NJW 2010, 3718f.]) annehmen, der wiederum nur der Gesellschaft ein Forderungsrecht geben würde. Es ist nicht ersichtlich, welchen Sicherungszweck es haben sollte, dass sich die Gesellschafter untereinander verpflichteten. Da die Gesellschaft die Darlehen zur Abwendung der Insolvenz benötigte, sollte ihr auch die Möglichkeit gegeben werden, den Anspruch gegen den einzelnen Gesellschafter geltend zu machen.

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(2) Die Voraussetzungen für eine Klagebefugnis aus dem Gesichtspunkt einer actio pro socio könnten allenfalls im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin in der Berufungsinstanz als dargelegt angesehen werden. Nicht gefolgt werden kann der Ansicht der Klägerin, dass einem Gesellschafter immer neben der Gesellschaft ein Klagerecht zustehen kann. Die actio pro socio ist nur ein Hilfsrecht (Grundsatz der Subsidiarität). Dies folgt aus dem Vorrang der gesellschaftsrechtlichen Organisation: Für die Geltendmachung der Sozialforderungen der - hier - KG sind deren Organe berufen. Nur wenn diese das Recht nicht geltend machen können oder trotz eines entsprechenden Begehrens des Gesellschafters nicht geltend machen wollen, ist Raum für die actio pro socio (MK-HGB/K. Schmidt § 105, Rn. 201; MK-BGB/ Ulmer, 5. Aufl., § 705, Rn. 211). Auch den von der Klägerin zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (z.B.)

42

- BGH Urteil vom 27.6.1957 - II ZR 15/56 - [BGHZ 25, 47, 49]

- BGH Urteil vom 13.5.1985 - II ZR 170/84 - [NJW 1985, 2830]

- BGH Urteil vom 30.10.1987 - V ZR 174/86 - [BGHZ 102, 152, 155]

43

kann Gegenteiliges nicht entnommen werden. Der Bundesgerichtshof betont stets, dass eine actio pro socio nur dann in Betracht kommt, wenn ein Gesellschafter an der Geltendmachung einer Forderung der Gesellschaft ein berechtigtes Interesse hat und die anderen Gesellschafter dies aus gesellschaftswidrigen Gründen verweigern. Ein Klagerecht des einzelnen Gesellschafters steht mithin gerade nicht gleichberechtigt neben dem Klagerecht der Gesellschaft.

44

Die Klägerin muss somit darlegen und beweisen, dass die - hier - handelnde Komplementär GmbH der KG aus sachwidrigen Gründen nicht bereit ist, die Forderung gegen die Beklagte geltend zu machen. Diesen Vortrag mag sie in der Berufungsinstanz (insbesondere Schriftsatz vom 8.11.2012) gehalten haben. Dieser in der Berufungsinstanz neue Vortrag ist aber gemäß § 531 Abs. 2 BGB nicht zuzulassen, nachdem ihn die Beklagte mit Schriftsatz vom 18.12.2012 ausdrücklich bestritten hat. Neuer Sachvortrag in der Berufungsinstanz ist grundsätzlich nur noch dann möglich, wenn einer der Ausnahmetatbestände von § 531 Abs. 2 ZPO vorliegt (oder der neue Sachvortrag unstreitig ist). Dies kann nicht angenommen werden. Die Problematik einer actio pro socio war bereits Gegenstand der Erörterung in erster Instanz. Zwar geht die Klägerin in erster Linie davon aus, dass ihr ein eigenständiges Klagerecht zusteht, weil es sich bei dem Beschluss vom 8.3.2008 um einen verpflichtenden Vertrag zwischen den Gesellschaftern handele. Hilfsweise hat sie sich aber bereits in erster Instanz auf die actio pro socio berufen, allerdings ohne Vortrag zu deren tatsächlichen Voraussetzungen. Sie ist vielmehr im Schriftsatz vom 29.2.2012 (Bl. 62) allein der (in der Berufungsinstanz wiederholten) Ansicht, dass dem Gesellschafter immer gleichberechtigt neben der Gesellschaft ein Klagerecht zustehen kann. Dem kann aus den vorgenannten Gründen nicht gefolgt werden. Mit der Ladungsverfügung (Bl. 111) wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass es an Vortrag dazu fehlt, dass die Gesellschaft die Forderung nicht geltend machen kann oder will. In der Berufungserwiderung findet sich insoweit allein der Satz (Bl. 118), dass der Geschäftsführer der Komplementär GmbH zur Klageerhebung ohne Gesellschafterbeschluss nicht bereit gewesen sei, ergänzt durch die Aussage des Prozessbevollmächtigten im Termin vom 24.9.2012, auch deshalb nicht, weil die Beklagte mit Schadensersatz gedroht habe (dazu: Beschluss vom 11.10.2012 [Bl. 134]). Letztere Bemerkung erfolgte so beiläufig, dass nicht einmal festgestellt werden konnte, ob damit eine konkrete Aussage im Hinblick auf den vorliegenden Prozess gemacht werden sollte oder eine allgemeine Aussage zu abstrakten Voraussetzungen einer actio pro socio (dazu: Beschluss vom 11.10.2012 [a.a.O.]). Hinreichend konkretisiert hat die Klägerin ihren Vortrag erst im Schriftsatz vom 8.11.2012 (Bl. 148/149). Im Schriftsatz vom 18.12.2012 hat die Beklagte die Behauptung der Klägerin ausdrücklich bestritten (Bl. 161/162). Aber selbst wenn man auf den (nicht hinreichend substanziierten) Inhalt der Berufungserwiderung abstellen würde, war der Vortrag der Weigerung der Geltendmachung der Forderung durch den Geschäftsführer der Komplementär GmbH bezogen auf die Berufungsinstanz neu i.S.v. § 531 Abs. 2 ZPO. Die Beklagte hatte schon in der Klageerwiderung (S. 7 a.E. [Bl. 27]) vorgetragen, dass es zur Klagebefugnis aus dem Gesichtspunkt einer actio pro socio an einer entsprechenden Begründung durch die Klägerin fehle. Darauf hat die Klägerin dann nur mit dem bereits genannten Schriftsatz vom 29.2.2012 erwidert. Die Frage der Klagebefugnis aus dem Gesichtspunkt einer actio pro socio, war damit Gegenstand der schriftsätzlichen Erörterung in erster Instanz. Die Zulassungsgründe aus § 531 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO können damit nicht vorliegen. Im Hinblick auf § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ist zu berücksichtigen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Schriftsatz vom 8.11.2012 ausdrücklich vorträgt, dass ihm Standpunkt und Haltung des Geschäftsführers der Komplementär GmbH zu einer Klageerhebung gegen die Beklagte bereits vor Erhebung der vorliegenden Klage bekannt waren, weil er den Sachverhalt mit dem Geschäftsführer persönlich und fernmündlich erörtert habe. Eine Erklärung dafür, warum der entsprechende Vortrag nicht in erster Instanz gehalten wurde, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Termin vom 20.12.2012 nicht gegeben, obgleich die Zulassungsproblematik ausdrücklich erörtert worden ist. Nachlässigkeit i.S.v. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO setzt (einfache) Fahrlässigkeit voraus. Da die Klägerin keine Erklärung abgegeben hat, kann man allenfalls noch an einen Rechtsirrtum denken (dazu: Zöller/Heßler ZPO, 29. Aufl., § 531, Rn. 32), soweit die Klägerin im Schriftsatz vom 29.2.2012 (wohl) die Ansicht vertreten will, dass der Gesellschafter immer auch neben der Gesellschaft klagebefugt ist (und es gesonderten weiteren Vortrages damit nicht bedurfte). In der Erörterung der Problematik in der Berufungsinstanz hat der Prozessbevollmächtigte indes erklärt, dass er sich (auf die seiner Meinung nach großzügigerer [insbesondere: BGHZ 25, 47]) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stütze und dem restriktiveren Ansatz der Literatur nicht folge. Unabhängig davon ob es insoweit tatsächlich überhaupt grundsätzliche Gegensätze im Ansatz gibt (s.o.), müsste daraus entnommen werden, dass es der Klägerin bekannt war, dass es unterschiedliche rechtliche Ansätze zu den tatbestandlichen Voraussetzungen eine actio pro socio gibt. Dann aber könnte sich die Klägerin (§ 85 Abs. 2 ZPO) im Rahmen von § 531 Abs. 2 ZPO auch nicht auf einen Rechtsirrtum ihres Prozessbevollmächtigten berufen. Ist der neue Vortrag zum Standpunkt des Geschäftsführers der Komplementär GmbH zu einer Klageerhebung gegen die Beklagte gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, kann auch nicht festgestellt werden, dass der Klägerin eine Klagebefugnis aus dem Gesichtspunkt einer actio pro socio zusteht. Auf die Berufung der Beklagten ist die Klage abzuweisen.

45

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

46

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

47

Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 543 ZPO nicht vorliegen.


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