Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (12. Zivilsenat) - 12 Wx 74/13
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Wernigerode - Grundbuchamt - vom 21. Oktober 2013 insoweit aufgehoben, als dem Beteiligten aufgegeben wurde, zur Löschung des im Grundbuch von ..., Blatt 987, in Abteilung II Nr. 6 eingetragenen Wohnungsrechts noch einmal einen schriftlichen Antrag einzureichen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Beteiligte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zur Hälfte zu tragen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
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Der Beteiligte ist als Eigentümer des o. g. Grundstücks im Grundbuch von ..., Blatt 987, eingetragen. In Abteilung II Nr. 6 und Nr. 7 sind zugunsten seines inzwischen verstorbenen Vaters, H. J. , ein Wohnungsrecht auf Lebenszeit und eine Vormerkung zur Sicherung des bedingten Anspruchs auf Rückauflassung unter Bezugnahme auf die Bewilligung der Notarin L. aus W. vom 12. März 1998 eingetragen (UR-Nr. 725/98).
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Mit Überlassungsvertrag vom 12. März 1998 (UR-Nr.: 725/1998) hatte der Vater des Beteiligten diesem seinen ideellen Miteigentumsanteil an dem Grundstück übertragen. Der Beteiligte hatte dafür an seine Schwester 50.000 DM zu zahlen und sich ferner verpflichtet, auf schriftliches Verlangen seines Vaters das Grundstück an diesen unentgeltlich zurück zu übertragen, wenn er den Grundbesitz ohne dessen Zustimmung ganz oder teilweise veräußert und/oder belastet oder vor seinem Vater verstirbt und das Grundstück nicht ausschließlich an diesen fällt oder das Konkurs- oder Vergleichsverfahren über das Vermögen des Beteiligten eröffnet oder die Zwangsversteigerung oder Zwangsvollstreckung in das Grundstück betrieben wird. Der noch nicht ausgeübte Rückübertragungsanspruch sollte nicht übertragbar und nicht vererblich sein. Zur Sicherung des Rückübertragungsanspruchs bewilligte der Beteiligte die Eintragung einer Vormerkung mit der Maßgabe, dass zu deren Löschung der Todesnachweis genügen sollte. Die Eintragung wurde auch vollzogen.
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Mit Schreiben vom 22. August 2013 beantragte der Beteiligte unter Vorlage einer Sterbeurkunde seines Vaters vom 04. Februar 2013, die in Abteilung II Nr. 6 und Nr. 7 eingetragenen Rechte im Grundbuch zu löschen. Das Amtsgericht Wernigerode - Grundbuchamt hat dem Beteiligten mit Zwischenverfügung vom 21. Oktober 2013 darauf hingewiesen, dass nach dem Inhalt der vorgelegten notariellen Urkunde der Notarin L. zwar zur Löschung der Rückauflassungsvormerkung ein Todesnachweis genüge, allerdings beziehe sich das nur auf den noch nicht ausgeübten Rückübertragungsanspruch. Deshalb werde er gebeten, die Zustimmung der Erben (Erbschein nach seinem Vater in Ausfertigung und Löschungsbewilligung nebst beglaubigten Unterschriften) beizubringen. Das Wohnungsrecht könne zwar gelöscht werden, allerdings wäre hierzu nochmals ein schriftlicher Antrag notwendig.
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Gegen diese Zwischenverfügung richtet sich der vom Beteiligten mit Telefax vom 5. Dezember 2013 eingelegte „Widerspruch“. Zur Begründung hat diese ausgeführt, dass er einen Antrag auf Löschung „beider Sachen“ gestellt habe. Somit könne das Wohnrecht auf jeden Fall gelöscht werden. Dass der „noch nicht ausgeübte Rückübertragungsanspruch“ nicht gelöscht werden könne, sei aus seiner Sicht nicht richtig, weil im Notarvertrag etwas anderes stehe. Sein Vater sei im Januar gestorben, seine Stiefmutter sei gerne bereit, an Eides statt zu versichern, dass der Verstorbene keinen Antrag gestellt habe.
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Mit Verfügung vom 17. Dezember 2013 hat das Amtsgericht Wernigerode - Grundbuchamt - der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
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1. Der als Beschwerde zu wertende Widerspruch des Beteiligten ist zulässig (§§ 18 Abs. 1, 71 Abs. 1 und 73 GBO). Dabei ist nicht erheblich, dass das Telefax, mit dem das Rechtsmittel eingelegt wurde, nicht unterschrieben ist. Denn die Regelung des § 73 Abs. 2 GBO bezweckt lediglich, die Person des Beschwerdeführers und seinen Willen zur Anfechtung der Entscheidung festzustellen. Lässt sich beides aus dem Schriftstück - wie hier - zweifelsfrei feststellen, so ist das Fehlen einer Unterschrift unschädlich (z. B. OLG Frankfurt, Rpfleger 1975, 306).
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2. Die Beschwerde ist - teilweise - auch begründet. Denn auch das Grundbuchamt geht in seiner Zwischenverfügung (zutreffend) davon aus, dass das Wohnungsrecht gelöscht werden kann. Soweit es dafür erneut einen schriftlichen Antrag für notwendig erachtet, handelt es sich dabei allerdings um eine überflüssige Förmelei. Denn der Beteiligte hatte die Löschung bereits mit Schreiben vom 22. August 2013 beantragt.
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Soweit das Grundbuchamt dem Beteiligten aufgegeben hat, die Zustimmung der Erben beizubringen, ist die Zwischenverfügung hingegen nicht zu beanstanden. Denn zur Löschung einer im Grundbuch eingetragenen Auflassungsvormerkung bedarf es einer Bewilligung des Betroffenen nach § 19 GBO oder eines Unrichtigkeitsnachweises nach § 22 Abs. 1 GBO (z. B. OLG Köln, FGPrax 2010, 14 m. w. N.). Eine Löschungsbewilligung des eingetragenen Berechtigten oder seiner Erben liegt hier nicht vor. Diese Bewilligung ist hier auch nicht ausnahmsweise nach § 22 Abs. 1 GBO wegen nachgewiesener Unrichtigkeit entbehrlich. Denn der Nachweis der Unrichtigkeit obliegt dem Beteiligten, und zwar ohne Rücksicht darauf, wie sich die Beweislast in einem über einen Berichtigungsanspruch nach § 894 BGB geführten Rechtsstreit verteilen würde (z. B. BayObLG, FGPrax 2002, 151). Daran sind strenge Anforderungen zu stellen. Ein gewisser, auch höherer Grad von Wahrscheinlichkeit genügt hierfür nicht (z. B. BayObLG, FGPrax 2002, 151). Die Löschung einer Auflassungsvormerkung im Wege der Berichtigung ist nur möglich, wenn der Antragsteller in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise und in der Form des § 29 GBO nachweist, dass jede Möglichkeit des Fortbestehens des gesicherten Anspruchs ausgeschlossen ist (z. B. OLG Köln, FGPrax 2010, 14). Im vorliegenden Fall genügt hierfür allein der Nachweis des Todes des eingetragenen Berechtigten nicht. Zwar ist die Unrichtigkeit des Grundbuchs in Bezug auf eine Vormerkung auch dann nachgewiesen, wenn feststeht, dass ein durch sie gesicherte Anspruch nicht oder jedenfalls nicht mehr besteht, weil die Vormerkung als Sicherungsmittel in ihrem Bestand von dem eines gesicherten Anspruchs abhängt (z. B. OLG Köln, a. a. O.). Allerdings kommt eine Löschung der Vormerkung allein aufgrund des Nachweises des Todes dann nicht in Betracht, wenn nicht auszuschließen ist, dass mit der Vormerkung auch die Sicherung der Erben des Berechtigten für den Fall beabsichtigt worden sein könnte, dass der Übereignungsanspruch zu Lebzeiten des Berechtigten entstanden und geltend gemacht worden, aber bis zum Tod des Berechtigten noch nicht durchgesetzt worden war (z. B. OLG Köln, a. a. O., m. w. N.). Dies ist hier der Fall. Denn ausweislich der notariellen Urkunde soll der noch nicht ausgeübte Rückübertragungsanspruch höchstpersönlich, nicht übertragbar und nicht vererblich sein. In diesem Fall bedarf es dann aber des Nachweises, dass die Voraussetzungen der Übereignung an den Vormerkungsberechtigten bzw. seiner Erben nicht zu Lebzeiten des Berechtigten eingetreten ist.
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Selbst wenn Letzteres festgestellt würde, genügt dies zum Nachweis des Erlöschens des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs und damit zum Nachweis einer hierdurch verursachten Unrichtigkeit der Eintragung dieser Vormerkung deshalb nicht, weil infolge der in der Rechtsprechung bejahten Möglichkeit des „Aufladens“ einer Vormerkung mit anderen Ansprüchen nicht ausgeschlossen werden kann, dass die in dem Grundbuch eingetragene Vormerkung inzwischen einen Anspruch sichert, dessen Bestehen durch den Tod des Berechtigten nicht berührt wird, sondern der mit seinem Tod auf seine Erben übergegangen ist (z. B. BGHZ 143, 175 ff.). Auch wenn sich in den Grundakten kein Hinweis auf einen solchen Austausch finden sollte, lässt sich darauf nicht die erforderliche Gewissheit gründen, dass er nicht erfolgt ist. Denn zum einen knüpfen die Vermutungen des § 891 BGB nur an das Grundbuch selbst, nicht jedoch an die Grundakten an. Zudem ist ein Hinweis auf eine Änderung des vorgemerkten Anspruchs nach der Rechtsprechung zwar angezeigt, aber nicht Voraussetzung der Wirksamkeit eines Austausches des Schuldgrundes der Vormerkung, sodass aus dem Fehlen eines solchen Hinweises nicht mit der im Interesse der Grundbuchwahrheit gebotenen Sicherheit darauf geschlossen werden kann, dass ein Auswechseln des Schuldgrundes auch nicht erfolgt ist (z. B. BGH, NJW 2008, 578, 580).
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Aus § 23 Abs. 1 GBO folgt nichts anderes, weil es sich bei der in Rede stehenden Vormerkung selbst nicht um ein Recht handelt, das auf Lebenszeit des Berechtigten beschränkt ist (z. B. OLG Köln, a. a. O.). Vielmehr ist die Vormerkung lediglich zu dem gesicherten schuldrechtlichen Anspruch akzessorisch, der indes ausgewechselt werden kann.
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Das Grundbuchamt hat somit zu Recht das in seiner Zwischenverfügung bezeichnete Eintragungshindernis betreffend die erstrebte Löschung der Vormerkung angenommen. Einziges Mittel zur Behebung dieses Hindernisses ist (weil der eingetragene Berechtigte verstorben ist und die Bewilligung somit nicht mehr teilen kann) eine Löschungsbewilligung seiner Erben. Dabei bedarf es zugleich des Nachweises in der Form des § 29 Abs. 1 GBO, dass diejenigen, die diese Bewilligung erteilen, auch tatsächlich die Erben des Eingetragenen sind.
III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG.
- 13
Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.
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