Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (12. Zivilsenat) - 12 W 31/15

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Halle vom 9. Februar 2015 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert beträgt bis zu 500,00 €.

Gründe

I.

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Die Parteien trafen in dem am 8. Januar 2014 durch das Landgericht Halle festgestellten Vergleich eine Kostenregelung, wonach die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des selbständigen Beweisverfahrens, Geschäftszeichen 5 OH 21/01, und des Vergleichs die Klägerin zu 2/7 und die Beklagte zu 5/7 tragen.

2

Die Klägerin stellte mit Schriftsatz vom 18. Juli 2014 Kostenausgleichungsantrag. Dabei machte sie gerichtliche und außergerichtliche Kosten für das selbständige Beweisverfahren und für das streitige Verfahren in Höhe von insgesamt 17.307,64 € geltend. Die Beklagte stellte mit Schriftsatz vom 21. November 2014 ihrerseits Kostenausgleichungsantrag. Dabei machte sie gerichtliche und außergerichtliche Kosten für das selbständige Beweisverfahren und für das streitige Verfahren in Höhe von insgesamt 11.054,65 € geltend. Darin enthalten waren Rechtsanwaltsgebühren für das selbständige Beweisverfahren (Leistungszeitraum 24. Oktober 2001 bis 4. März 2011) gemäß Kostenrechnung der Kanzlei G. vom 8. März 2011, bei denen ein 10 %-iger Gebührenabzug nicht vorgenommen worden war. Mit Schriftsatz vom 5. Januar 2015 ergänzte die Klägerin ihren Kostenausgleichungsantrag um den Verdienstausfall der Frau B., Geschäftsführerin der I. GmbH - ihrer Verwalterin - im Umfang von 569,50 €, resultierend aus vier Ortsterminen in W. am 2./8./9./10. Oktober 2002, einem Mediationstermin vor dem Landgericht Halle am 2. September 2011 und zwei Terminen zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Halle am 22. Oktober 2012 und am 19.Februar 2013.

3

Das Landgericht Halle - Rechtspflegerin - beschloss unter dem 9. Februar 2015, dass die aufgrund des Vergleichs des Landgerichts Halle vom 8. Januar 2014 im Wege der Verrechnung von der Beklagten an die Klägerin auszugleichenden Kosten festgesetzt werden auf 10.528,18 € nebst Zinsen. Zur Begründung der im Beschwerdeverfahren noch relevanten Punkte führte das Landgericht aus, dass hinsichtlich der auf Beklagtenseite geltend gemachten Rechnung des Rechtsanwalts G. kein 10 %-iger Gebührenabschlag zu erfolgen habe. Der ausschlaggebende Sitz der Beklagten sei im Mahnbescheid mit Braunschweig angegeben. Verdienstausfall der Frau B. sei nicht zu berücksichtigen. Diese sei Geschäftsführerin der Klägerin. Der Geschäftsführer einer GmbH versäume keine Arbeitszeit, weil die gerichtliche Durchsetzung der unternehmerischen Betätigung diene.

4

Gegen den ihr am 24. Februar 2015 zugestellten Beschluss legte die Klägerin mit einem am 10. März 2015 bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde ein, mit der sie sich gegen die mangelnde Berücksichtigung des Verdienstausfalls der Frau B. wandte. Die Verwalterin sei nicht kraft Gesetzes berufen, Ansprüche des Verbandes gerichtlich geltend zu machen; die Situation sei nicht vergleichbar mit den Geschäftsführern einer GmbH. Außerdem wandte sie sich gegen die Versagung eines 10 %-igen Abschlags hinsichtlich der geltend gemachten Rechnung der Kanzlei G.. Es komme darauf an, dass der Antrag im selbständigen Beweisverfahren an die Niederlassung der Beklagten in Magdeburg gerichtet gewesen sei. Das Rubrum des Gerichts im selbständigen Beweisverfahren weise den Sitz der Beklagten mit einer zustellungsfähigen Anschrift in Magdeburg aus.

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Das Landgericht half der sofortigen Beschwerde durch den Beschluss vom 26. März 2015 nicht ab und legte das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.

II.

6

Über die sofortige Beschwerde war gemäß § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO durch den Einzelrichter zu entscheiden, da die angefochtene Entscheidung von einer Rechtspflegerin erlassen worden ist. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 11 Abs. 1, 21 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig.

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Die sofortige Beschwerde ist in der Sache allerdings unbegründet.

8

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Rechtsanwaltsgebühren der Kanzlei G. für das selbständige Beweisverfahren entsprechend Kostenrechnung vom 8. März 2011 ohne eine Ermäßigung um 10 % gemäß Anlage I Kapitel III, Sachgebiet A, Abschnitt III, Maßgabe Nr. 26 lit. a) Satz 2 des Einigungsvertrages berücksichtigt. Maßgeblich ist der Sitz der Beklagten im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 ZPO zum Zeitpunkt der Auftragserteilung. Dieser war unstrittig in Braunschweig. Dass gegen die Beklagte, wie geschehen, unter ihrer Niederlassung in Magdeburg ein selbständiges Beweisverfahren geführt werden konnte, weil dort gemäß § 21 ZPO ein weiterer Gerichtsstand begründet war, ist ohne Einfluss auf die geltend gemachte Gebührenermäßigung.

9

Außerdem hat das Landgericht im Ergebnis zutreffend keinen Verdienstausfall der Geschäftsführerin der Verwaltergesellschaft (I. GmbH Immobilien-Hausverwaltung) der Klägerin berücksichtigt. Zwar kann grundsätzlich einer juristischen Person gemäß § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. §§ 20, 22 JVEG eine Entschädigung für Zeitversäumnis jedenfalls dann zugebilligt werden, wenn das Gericht zu einem Verhandlungstermin das persönliche Erscheinen eines ihrer Organe oder eines sachkundigen Mitarbeiters angeordnet und die Partei eine solche Person zu dem Termin entsandt hat. Die Aufgabe des gesetzlichen Vertreters einer juristischen Person ist es nämlich in erster Linie, die Erzielung des erstrebten Unternehmensgewinns durch entsprechende Betätigung im Rahmen des Gegenstands zu fördern, nicht aber Unternehmensgewinne dadurch zu verdienen, dass ein Prozess geführt wird (z.B. BGH, MDR 2009, 230). Dieser Grundsatz ist allerdings nicht auf den vorliegenden Fall eines WEG-Verwalters zu übertragen. Hier ist die I. GmbH Immobilien-Hausverwaltung als Verwalterin der klagenden Wohnungseigentumsgemeinschaft zwar im Zweifel auch deren Vertreterin, die ihrerseits durch die Geschäftsführerin B. vertreten wird. Der maßgebliche Unterschied zu dem Vertreter einer juristischen Person im Sinne eines Wirtschaftsunternehmens liegt aber darin, dass es der Verwalter einer Wohnungseigentumsgemeinschaft während der Wahrnehmung gerichtlicher Termine gerade nicht versäumt, an sich vorrangige Aufgaben zum Nutzen der vertretenen WEG zu erfüllen. Jedenfalls eine Gesellschaft, die gegen monatliche Entgelte für eine - hier nicht bekannte - Mehrzahl von Immobilien gewerblich die Hausverwaltung durch Vertrag übernimmt, wird zwar anstreben, ihren vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen und damit auch ihre gesetzlichen Befugnisse nach § 27 WEG für die jeweilige betroffene Wohnungseigentumsgemeinschaft wahrzunehmen, wozu es auch stets gehört, erforderlichenfalls nach Ermächtigung der Wohnungseigentümer gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG außergerichtlich und gerichtlich Ansprüche geltend zu machen. Diese Tätigkeit ist aber mit der Vergütung für die Verwaltertätigkeit abgegolten. Der Wohnungseigentumsgemeinschaft entstehen keine Kosten und auch sonst keine Nachteile dadurch, dass die Geschäftsführerin der Verwalterin Gerichtstermine wahrnimmt.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Festsetzung des Beschwerdewerts aus §§ 47, 48 GKG, § 3 ZPO.


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