Urteil vom Oberlandesgericht Naumburg (5. Zivilsenat) - 5 U 144/15

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 20. August 2015 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v. H. des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn das beklagte Land nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt 22.291,32 €.

Gründe

I.

1

Die Klägerin verlangt die Zahlung eines Betrages von 22.291,32 € an die Insolvenzmasse.

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Wegen der im ersten Rechtszug festgestellten Tatsachen und der durch die Parteien gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bd. I, Bl. 203 f. d. A.) Bezug genommen.

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Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

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Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Rechtsschutzinteresse. Der vorherigen Inanspruchnahme des Geschäftsführers der Schuldnerin auf die Zahlung des nunmehr von dem Beklagten verlangten Betrages durch die Klägerin habe es nicht bedurft. Die Rückzahlung der von der Schuldnerin erhaltenen Beträge über insgesamt 22.291,32 € könne die Klägerin von dem Beklagten jedoch nicht gemäß § 133 Abs. 1 InsO beanspruchen. Der Wirksamkeit der Anfechtung stehe die Tatsache entgegen, dass die Beklagte die einzelnen Zahlungen nicht aufgrund von Rechtshandlungen der Schuldnerin i. S. v. § 129 InsO erhalten habe. Die durch die Schuldnerin an mehrere ihrer Geschäftspartner gerichtete Aufforderung, Zahlungen auf Konten zu leisten, auf die sich die seitens des Beklagten ausgebrachte Pfändung erstreckt habe, stelle keine Rechtshandlung i. S. v. § 129 InsO dar. Auch soweit es die Schuldnerin unterlassen habe, über die von Pfändungen erfassten Konten hinaus weitere Konten zu eröffnen und ihre Geschäftspartner auf die Möglichkeit der Erfüllung bestehender Verbindlichkeiten im Wege der Einzahlung auf dieselben zu verweisen, liege in diesem Verhalten ebenfalls keine Rechtshandlung.

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Wegen weitergehender Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bd. I, Bl. 204 - 207 d. A.) Bezug genommen.

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Die Klägerin, der das erstinstanzliche Urteil am 24. August 2015 zugestellt worden ist, hat gegen die Entscheidung am 23. September 2015 Berufung eingelegt, die sie am 19. Oktober 2015 begründet hat.

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Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter.

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Sie meint, entgegen der durch das Landgericht vertretenen Auffassung seien die angefochtenen Zahlungen durch Rechtshandlungen der Schuldnerin veranlasst worden. Soweit das Landgericht seine Entscheidung auf die Urteile des Bundesgerichtshofes vom 19. September 2013, Geschäftsnummer: IX ZR 4/13, und vom 16. Januar 2014, Geschäftsnummer: IX ZR 31/12, gestützt habe, widerspiegele das angefochtene Urteil eine unzutreffende Anwendung der durch den Bundesgerichtshof in den vorgenannten Entscheidungen formulierten Grundsätze auf den entschiedenen Sachverhalt. Die Auskehr von Teilen der durch den Beklagten gepfändeten Kontoguthaben an diesen sei auf das Handeln der Schuldnerin zurückzuführen, weil diese durch die nach dem Wirksamwerden der Pfändung veranlasste Rechnungslegung für die Erfüllung der seitens des Beklagten geltend gemachten Forderungen Sorge getragen habe. Insoweit vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen.

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Sie beantragt,

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das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr 22.291,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. August 2013 und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 532,20 € zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

13

Unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens verteidigt er das angefochtene Urteil.

II.

14

Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen nach §§ 517, 519, 520 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

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Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

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Zu Recht ist das Landgericht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat die Klägerin das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Rechtsschutzinteresse. Ansprüche nach §§ 130 ff. InsO und aus § 64 Satz 1 GmbHG bestehen grundsätzlich nebeneinander (Hirte/Ede in Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 129, Rn. 55). Die Klägerin ist nicht gehalten, den gegenüber dem Beklagten auf § 133 Abs. 1 InsO gestützten Anspruch zunächst gegen die vormaligen Geschäftsführer der Schuldnerin zu verfolgen. Das Anfechtungsrecht gegen den Leistungsempfänger aus § 133 Abs. 1 InsO und der Ersatzanspruch gegen den für die Weggabe der Leistung verantwortlichen Geschäftsführer aus § 64 Satz 1 GmbHG dienen gleichermaßen ausschließlich dem Zweck, eine vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetretene Schmälerung der Insolvenzmasse zu Gunsten der Insolvenzgläubiger auszugleichen. Bei ihrer Entscheidung über die Ausübung eines möglichen Anfechtungsrechtes hatte sich die Klägerin allein von dem Interesse der Insolvenzgläubiger leiten zu lassen (BGH, Urteil vom 18. Dezember 1995, Az.: II ZR 277/94, zitiert nach juris, Rn. 8). Jedenfalls solange der Erfolg einer gegen die vormaligen Geschäftsführer der Schuldnerin gerichteten Zwangsvollstreckung ungewiss ist und die Masseverkürzung fortbesteht, ist die Klägerin nicht daran gehindert, statt der vormaligen Geschäftsführer der Schuldnerin den Beklagten auf die Rückgewähr der aufgrund anfechtbarer Rechtshandlungen erlangten Zahlungen in Anspruch zu nehmen (OLG Oldenburg, Urteil vom 10. Mai 2004, Az.: 15 U 13/04, zitiert nach juris, Rn. 21).

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Die Klage ist indes nicht begründet.

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Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf die Zahlung des Betrages von 22.291,32 € aus §§ 143 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO nicht zu.

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Die durch den Beklagten im Zeitraum vom 5. Januar bis zum 12. September 2011 von den seinerzeit bei der Stadtsparkasse ... und bei der Volksbank ... eG bestehenden Konten der Schuldnerin im Wege der Pfändung erlangten Zahlungen über insgesamt 22.291,32 € beruhten nicht auf nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbaren Rechtshandlungen.

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Der Beklagte hat die durch die Klägerin angefochtenen Zahlungen nicht aufgrund von Rechtshandlungen der Schuldnerin erlangt. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Schuldnerin gezielt für eine Auffüllung ihrer bei der Stadtsparkasse ... und bei der Volksbank ... eG bestehenden Konten, die der Beklagte zuvor gepfändet hatte, Sorge getragen hat und die Befriedigung des Beklagten dadurch erst ermöglicht wurde.

21

Die Regelung des § 133 Abs. 1 InsO setzt als Rechtshandlung ein willensgeleitetes, verantwortungsgesteuertes Handeln des Schuldners voraus. Der Schuldner muss darüber entscheiden können, ob er eine Leistung erbringt oder verweigert (BGH, Urteil vom 19. September 2013, Az.: IX ZR 4/13, zitiert nach juris, Rn. 9, m. w. Nachw.). Grundsätzlich fehlt es an einer solchen Schuldnerhandlung, wenn ein Gläubiger eine Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt. Anfechtbar ist eine im Rahmen oder aus Anlass der Zwangsvollstreckung erfolgte Vermögensverlagerung jedoch dann, wenn dazu zumindest auch eine Rechtshandlung des Schuldners beigetragen hat, mag diese auch unter dem Druck oder zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt sein. Fördert ein Schuldner aktiv eine Vollstreckungsmaßnahme des Gläubigers, rechtfertigt dieser Umstand die Bewertung der Vollstreckungsmaßnahme als Rechtshandlung des Schuldners (BGH, a.a.O., mit zahlr. weit. Nachw.). Hat der Schuldner allerdings nur noch die Wahl, die geforderte Zahlung sofort zu leisten oder die Vollstreckung zu dulden, ist jede Möglichkeit zu einem selbstbestimmten Handeln ausgeschlossen; in einem solchen Fall fehlt es an einer willensgeleiteten Rechtshandlung des Schuldners (BGH, Urteil vom 3. Februar 2011, Az.: IX ZR 213/09, zitiert nach juris, Rn. 5, mit zahlr. weit. Nachw.).

22

Ausgehend von den vorstehend dargelegten Grundsätzen hat der Beklagte Befriedigung nicht aufgrund von Rechtshandlungen der Schuldnerin erlangt. Die durch den Beklagten im Wege der Forderungspfändung an den beiden Bankkonten der Schuldnerin erwirkten Pfandrechte sind mangels Rechtshandlungen der Schuldnerin nicht gemäß § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar (BGH, Urteil vom 19. September 2013, Az.: IX ZR 4/13, zitiert nach juris, Rn. 10, m. w. Nachw.).

23

Die durch den Beklagten am 5. Januar, 15. April und 12. September 2011 jeweils nach widerrufener Aussetzung der Pfändungs- und Einziehungsverfügungen im Wege der Pfändung erlangten Beträge über insgesamt 22.291,32 € sind nicht auf Rechtshandlungen der Schuldnerin zurückzuführen, weil der Beklagte dieselben im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt hat. Einer erfolgreichen Pfändung der Beträge standen keine tatsächlichen Hindernisse entgegen. Die Schuldnerin konnte sich seinerzeit nur zwischen einer sofortigen Zahlung oder der Duldung der Zwangsvollstreckung entscheiden (BGH, Urteil vom 3. Februar 2011, Az.: IX ZR 213/09, zitiert nach juris, Rn. 6).

24

Dass die Schuldnerin die Pfandrechte dadurch werthaltig gemacht hat, dass sie die Einzahlung von Beträgen durch mehrere ihrer Gläubiger auf die der Pfändung unterliegenden Konten gezielt gefördert hat mit der Folge, dass eine Bewertung der Zahlungen an den Beklagten als Rechtshandlungen der Schuldnerin gerechtfertigt sein könnte (BGH, a.a.O., Rn. 12, m. w. Nachw.), lässt sich nicht feststellen.

25

Hinsichtlich des durch den Beklagten am 5. Januar 2011 von dem bei der Stadtsparkasse ... bestehenden Konto erlangten Betrages von 9.839,97 € ist nicht ersichtlich, dass die Schuldnerin durch die Rechnungslegung gegenüber A. S. und B. G. dafür Sorge getragen hat, dass deren Zahlungen gezielt auf das betreffende Konto geleitet wurden und der Beklagte deshalb hinsichtlich seiner gegenüber der Schuldnerin bestehenden Forderung teilweise Befriedigung erlangen konnte. Die Behauptung der Klägerin, die Schuldnerin habe in den betreffenden Rechnungen ausschließlich ihr seinerzeit bei der Stadtsparkasse ... bestehendes Konto angegeben, hat der Beklagte in zulässiger Weise nach § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen bestritten, denn er hat weder an der Erteilung der Rechnungen mitgewirkt noch wurden ihm dieselben vorgerichtlich zur Kenntnis gegeben. Auf das Bestreiten des Beklagten hat die Klägerin ihren Tatsachenvortrag zu Einzelheiten der Ausgestaltung der Rechnungen nicht substantiiert. Insbesondere hat sie dieselben nicht zu den Akten eingereicht. Zudem weisen jedenfalls später gelegte Rechnungen (Bd. I, Bl. 50 f. d. A.) dieses Konto überhaupt nicht aus.

26

Die Rechnungslegungen, die zur Auffüllung der gepfändeten Konten führten, erfolgten zudem zu Zeiten, in denen die Schuldnerin über die Konten verfügen konnte, weil der Beklagte seine Pfändungen ausgesetzt hatte. Deshalb lag es für die Schuldnerin keineswegs nahe, dass die aufgrund dieser Rechnungen zu leistenden Zahlungen dem Beklagten zugute kommen würden.

27

Die Pfändung des Kontos bei der Stadtsparkasse ... wurde am 30. November 2010 ausgesetzt und die Rechnungen der Schuldnerin, die den Überweisungen auf dieses Konto zugrunde lagen, stammen nach den Angaben der Klägerin vom 30. November, 14. Dezember und 16. Dezember 2010. Die Zahlung auf die möglicherweise noch vor Bekanntwerden der Aussetzung gelegte Rechnung vom 30. November 2010 wurde am 29. Dezember 2010, also mehrere Wochen nach der Aussetzungsverfügung und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem die Schuldnerin auf das Konto zugreifen konnte, durch die Geschäftsführerin der Schuldnerin geleistet. Die Rechnungen, mit denen die Zahlungen auf das Konto bei der Volksbank Magdeburg veranlasst wurden, stellte die Schuldnerin am 29. und 30. März 2011 aus (Bd. I, Bl. 50 f. d. A.), nachdem die Pfändung dieses Kontos am 9. März 2011 ausgesetzt worden war.

28

Die Klägerin bestreitet zwar die Aussetzung der Pfändungen und den Zugang der Aussetzungsverfügungen, dies aber offenbar mit Nichtwissen, weil sie zugleich mitgeteilt hat, noch keine Gelegenheit gefunden zu haben, den ihr am 23. November 2015, also mehr als zwei Wochen vor dem Senatstermin (§ 132 Abs. 1 ZPO) zugegangenen schriftsätzlichen Vortrag des Beklagten zu der Aussetzung zu überprüfen. Es kann offen bleiben, ob dieses Bestreiten überhaupt zulässig ist (§ 138 Abs. 3 und 4 ZPO), denn der Senat ist nach dem gesamten Inhalt der Verhandlungen (§ 286 Abs. 1 ZPO) davon überzeugt, dass die Aussetzungen am 30. November 2010 und am 9. März 2011 verfügt und den betroffenen Geldinstituten bekannt gemacht wurden und dass auch die Schuldnerin bei Ausstellung der Rechnungen und der Zahlung ihrer Geschäftsführerin auf das Konto bei der Sparkasse davon wusste. Zum einen hat der Beklagte Ablichtungen der Aussetzungsverfügungen vorgelegt (Bd. II Bl. 89 und 92 d. A.). Nichts deutet darauf hin, dass diesen Ablichtungen keine tatsächlich erlassenen Verfügungen zugrunde liegen. Beide Verfügungen tragen Ausgangsvermerke, wobei auf der Verfügung vom 9. März 2011 sogar eine persönliche Übergabe am selben Tage bescheinigt wurde. Gründe für die Vermutung, dass diese behördlichen Vermerke womöglich falsch sind, bestehen nicht. Zudem ergibt sich aus den von der Klägerin vorgelegten Kontoauszügen, dass die betroffenen Geldinstitute nach den Aussetzungen Zahlungen von den Konten an Dritte zugelassen haben. Ferner hat der Beklagte Ablichtungen von Schreiben zu den Akten gegeben, mit denen der Schuldnerin die Aussetzungsverfügungen bekannt gemacht wurden (Bd. II Bl. 90 f. und 93 f. d. A.). Diese sind in gleicher Weise mit Ausgangsvermerken, hinsichtlich der Verfügung vom 9. März 2011 wiederum durch persönliche Übergabe versehen. Auch insoweit hat der Senat keinen Zweifel daran, dass damit das tatsächliche Geschehen zutreffend wiedergegeben wurde. Der Schuldnerin kann außerdem kaum verborgen geblieben sein, dass die Geldinstitute nach den Aussetzungen wieder Verfügungen zu Gunsten Dritter zuließen.

29

Dass die Schuldnerin davon abgesehen hat, zusätzlich zu ihren gepfändeten Konten ein neues Konto zu eröffnen oder ihre Geschäftspartner anzuweisen, zu Barzahlungen überzugehen, mit der Folge, dass ein der Rechtshandlung nach § 133 Abs. 1 InsO gleichgestelltes Unterlassen (§ 129 Abs. 2 InsO) vorliegen könnte (BGH, Urteil vom 16. Januar 2014, Az.: IX ZR 31/12, zitiert nach juris, Rn. 11), lässt sich ebenfalls nicht feststellen.

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Im Insolvenzanfechtungsrecht ist eine Gleichstellung der Unterlassung mit einer Rechtshandlung nur gerechtfertigt, wenn diese auf einer Willensbetätigung beruht, mithin bewusst und gewollt erfolgt (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2005, Az.: IX ZR 190/02, zitiert nach juris, Rn. 19, BGH, Urteil vom 16. Januar 2014, Az.: IX ZR 31/12, zitiert nach juris, jeweils m. w. Nachw.). Eine bloße Unachtsamkeit oder Vergesslichkeit genügt nicht. Der Schuldner muss das Gebotene in dem Bewusstsein unterlassen haben, dass sein Nichthandeln irgendwelche Rechtsfolgen auslöst. Dabei müssen sich die Vorstellungen des Schuldners nicht auf eine konkrete Rechtsfolge beziehen oder rechtlich zutreffend sein; es genügt, wenn aus einer Situation, die naheliegender Weise zu einer Gläubigerbenachteiligung führen kann, bewusst keine Konsequenzen gezogen werden (BGH, Urteil vom 16. Januar 2014, Az.: IX ZR 31/12, a.a.O., m. w. Nachw.). Bei der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO ergibt sich aus deren subjektiven Voraussetzungen die weitergehende Anforderung, dass die gebotene Handlung bewusst und wenigstens unter Inkaufnahme der Gläubigerbenachteiligung unterlassen worden sein muss. Die untätige Hinnahme von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen muss daher gerade in der Vorstellung und mit dem Willen erfolgen, dass durch das Unterlassen einer möglichen Handlung die anstehende Vermögensverlagerung auf den vollstreckenden Gläubiger gefördert wird. Für ein entsprechend zielgerichtetes Unterlassen reicht es nicht aus, dass der Schuldner die Bevorzugung eines einzelnen Gläubigers lediglich geschehen lässt. Vielmehr muss er andere Handlungsmöglichkeiten zum Schutz der Gläubigergesamtheit in Erwägung gezogen und muss hiervon bewusst im Interesse einzelner Gläubiger abgesehen haben. Dieses Bewusstsein kann vorhanden sein, wenn von der Geltendmachung bestehender Erstattungsansprüche kein Gebrauch gemacht wird oder erfolgversprechende Rechtsbehelfsmöglichkeiten gegen eine rechtswidrige Vollstreckung nicht genutzt werden (BGH, a.a.O., Rn. 13, m. w. Nachw.). Aktive Maßnahmen zur Vereitelung von rechtmäßigen Vollstreckungsmaßnahmen obliegen dem Schuldner hingegen nicht.

31

Dass die Schuldnerin geleitet von der Zielstellung, die Befriedigung des Beklagten zu ermöglichen, davon abgesehen hat, ein neues Konto zu eröffnen und ihre Geschäftspartner darauf zu verweisen, Zahlungen auf dieses nicht der Pfändung unterliegende Konto zu leisten, hat die Klägerin nicht dargelegt.

32

Da Gründe, auf die eine Erinnerung gegen die Pfändung mit Erfolg hätte gestützt werden können, weder dargetan worden noch ersichtlich sind, kommt auch ein anfechtungsrechtlich erhebliches prozessuales Unterlassen nicht in Betracht (BGH, a.a.O., Rn. 15).

33

Da die durch die Klägerin angefochtenen Zahlungen nicht auf Rechtshandlungen der Schuldnerin beruhten, bedarf es für die Entscheidung des Rechtsstreites keiner Beurteilung des Vorliegens der weiteren in § 133 Abs. 1 InsO geregelten Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung.

34

Die Unbegründetheit der Hauptforderung hat zur Folge, dass die Klägerin von dem Beklagten weder nach §§ 280 Abs. 1 und Abs. 2, 286 BGB den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 532,20 € noch Zinsen gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 Abs. 1 BGB beanspruchen kann.

III.

35

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhten auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

36

Gegen dieses Urteil hat der Senat die Revision nicht gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zuge- lassen, weil der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und es einer Entscheidung durch das Revisionsgericht weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bedarf (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

V.

37

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes des Berufungsverfahrens folgt aus den §§ 39 Abs. 1, 43 Abs. 1, 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO.


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