Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (1. Zivilsenat) - 1 W 7/16

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Magdeburg vom 26. Februar 2016 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Kläger hat aus seinem Vermögen 1.481,51 EUR an die Landeskasse zu zahlen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

I.

1

Dem Kläger wurde auf seinen Antrag vom März 2014 durch Beschluss vom 16.7.2014 Prozesskostenhilfe ohne Festsetzung von Zahlungen bewilligt. Gegenstand war seine auf Rückgängigmachung eines Motorradkaufs gerichtete Rechtsverfolgung. Zur Finanzierung des Erwerbs hatte sich der Kläger einen Privatkredit der Sparkasse mit bestimmter Laufzeit einräumen lassen. Die Parteien einigten sich im Verlaufe des Rechtsstreits in einem am 4.8.2015 vom Gericht festgestellten Vergleich auf die Zahlung von 15.000 EUR durch den Beklagten an den Kläger Zug um Zug gegen Rückübereignung des Motorrades. Das Geld hat der Kläger zwischenzeitlich erhalten.

2

Die Rechtspflegerin kündigte daraufhin eine Änderung der Bewilligung und aus dem Vermögen des Klägers aufzubringenden Beträge an. Der Kläger berief sich dementgegen auf die Tilgung des Sparkassenkredites im Umfang restlicher 10.918,49 EUR sowie die Rückzahlung eines Darlehens seiner Großeltern für den Führerscheinerwerb in Höhe von 3.200 EUR.

3

Mit Beschluss vom 26.2.2016 hat die Rechtspflegerin aus dem durch die Rechtsverfolgung erlangten Betrag eine Zahlung von 5.002,77 EUR festgesetzt. Gegen diese, seinem Prozessbevollmächtigten am 2.3.2016 zugestellte Entscheidung wendet sich der Kläger mit der am 7.3.2016 eingegangenen sofortigen Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

II.

4

Die nach §§ 11 I; 20 I Nr. 4 Bst. c); 3 Nr. 3 Bst. a) RPflG und §§ 127 II S. 2, 3; 567 I Nr. 1; 569 I S. 1, 2, II ZPO zulässige und gemäß § 568 S. 1 ZPO von einem Mitglied des Beschwerdegerichts als Einzelrichter zu entscheidende sofortige Beschwerde des Klägers hat in der Sache zum Teil Erfolg. Die Rechtspflegerin hat zutreffend eine Zahlung aus dem vom Kläger durch die Rechtsverfolgung erlangten Vermögen festgesetzt, allerdings in einer dem Kläger nicht zuzumutenden Höhe (§§ 120 I S. 1, II; 115 III; 120a I S. 1, 4, III S. 1 ZPO i.V.m. § 40 EGZPO). Tatsächlich muss der Kläger nur 1.481,51 EUR einsetzen.

5

Gemäß § 115 III ZPO hat die Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wird, ihr Vermögen im zumutbaren Umfang einzusetzen. Die insoweit aufzubringenden Beträge setzt das Gericht mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe fest (§ 120 I S. 1 ZPO). Diese Entscheidung soll geändert werden, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgeblichen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb von vier Jahren nach der Beendigung des Verfahrens wesentlich verändert haben (§ 120a I S. 1, 4 ZPO). Beim Vorliegen dieser Voraussetzungen ist dem Gericht kein Ermessen mehr eingeräumt (BT-Drs. 17/11472 S. 33). Insbesondere wenn auf Grund eines im Prozess geschlossenen Vergleichs der Partei größere Geldzahlungen zufließen, kann und soll sie sich an den Prozesskosten beteiligen (§ 120a III S. 1, 2 ZPO; BT-Drs. 17/11472 S. 34). Berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten stehen dem nur entgegen, soweit sie bereits bestanden, als der Rechtsstreit anhängig wurde (BGH, Beschluss vom 18.7.2007 – XII ZA 11/07; OLG Koblenz MDR 2015, 1204, 1205). Hierauf beruft sich der Kläger teilweise zu Recht.

6

Da nach dem geschlossenen Vergleich das Motorrad Zug um Zug an den Beklagten zu übereignen und damit auch herauszugeben war, flossen dem Kläger bei wirtschaftlicher Betrachtung keine 15.000 EUR zu, sondern nur der Betrag, welcher nach Abzug der mit dem Fahrzeug verbundenen Verbindlichkeiten als Vermögensvorteil verblieb, also 4.081,51 EUR. Das Motorrad war finanziert und der Kläger hat, wie von ihm belegt, die Restschuld von 10.918,49 EUR aus dem vom Beklagten erhaltenen Betrag getilgt. Auch diesen Betrag für die Prozesskosten einzusetzen, kann dem Kläger nicht zugemutet werden, selbst wenn er das Darlehen freiwillig vorzeitig abgelöst haben sollte (vgl. zur ansonsten einem Einsatz des Vermögens nicht entgegen stehenden vorzeitigen Tilgung Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 115 Rdn. 46, 65a). Das Motorrad hat zu keinem Zeitpunkt „unbelastet“ zum Vermögen des Klägers gehört.

7

Darüber hinaus ist dem Kläger auch im Rahmen des § 120a ZPO nach §§ 115 III 2; 120a III S. 3 ZPO i.V.m. § 90 II Nr. 9 SGB XII ein kleinerer Geldbetrag von 2.600 EUR zu belassen (BT-Drs. 17/11472 S. 34; Zöller/Geimer, § 115 Rdn. 57; Reichling, in: BeckOK-ZPO, Stand: 1.12.2015, § 115 Rdn. 80).

8

Der Restbetrag von 1.481,51 EUR steht allerdings als einsetzbares Vermögen zur Verfügung. Soweit der Kläger auf eine ausgeglichene Verbindlichkeit von 3.200 EUR gegenüber seinen Großeltern verweist, so blieb diese im ersten Prozesskostenhilfeantrag, insbesondere in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 25.2.2014 unerwähnt. Auch aus der vorgelegten Erklärung der Großeltern vom 14.12.2015 ergibt sich nicht, dass es sich um eine fällige, schon zu Beginn des Rechtsstreits berücksichtigungsfähige Verbindlichkeit handelte. Nur eine solche durfte der Kläger zu Lasten seines einsetzbaren Vermögens in Kenntnis der aus § 120a ZPO folgenden Abänderungsmöglichkeit aus der Vergleichssumme erfüllen (BGH a.a.O.; OLG Koblenz a.a.O.; Reichling, § 120a Rdn. 18).

III.

9

Die Auslagenentscheidung folgt aus § 127 IV ZPO.


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