Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (12. Zivilsenat) - 12 Wx 52/15

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Haldensleben - Grundbuchamt - vom 30. September 2015 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Vollzug des Antrages auf Berichtigung des Grundbuchs nicht aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses vom 30. September 2015 zu verweigern.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 5.000,00 €.

Gründe

I.

1

Als Eigentümer des im Grundbuch von H. Blatt ... verzeichneten Grundstücks ist seit dem 8. Dezember 1955 eingetragen der G. Verband für das Land ... .... .

2

Der Beteiligte hat mit Schreiben vom 22. April 2015 unter Hinweis darauf, dass sein früherer Name G. Verband für das Land ... ... laute, die Berichtigung des Grundbuchs Blatt ... beantragt.

3

Mit Zwischenverfügung vom 21. Juli 2015 hat das Grundbuchamt den Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Eintragung ein Hindernis entgegenstehe, zu dessen formgerechter Behebung eine Frist von zwei Monaten gesetzt werde. Der Beteiligte sei nicht Rechtsnachfolger des eingetragenen Grundstückseigentümers, da die Voraussetzungen von § 22 Vereinigungsgesetz DDR i.V.m. Art. 231 § 2 EGBGB nicht vorlägen. Seine Satzung sei erst am 20. September 1992 errichtet und eine Registrierung bei dem Kreisgericht nicht erfolgt. Auf die anschließende Übersendung zusätzlicher Unterlagen hat das Grundbuchamt mit weiterer Zwischenverfügung vom 29. Juli 2015 den Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Eintragung ein Hindernis entgegen stehe, zu dessen formgerechter Behebung eine Frist von zwei Monaten gesetzt werde. Erforderlich sei eine Kopie der zur Anmeldung im Vereinsregister vorgelegten Satzung.

4

Nachdem der Beteiligte mitgeteilt hatte, dass im Jahre 1990 keine Satzung vorgelegt worden sei, hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 30. September 2015 den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung der Rechtsnachfolge von dem G. Verband für das Land ... ... zu dem Beteiligten nicht vorlägen. Eine Registrierung im Vereinigungsregister binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des Vereinigungsgesetzes vom 21. Februar 1990 sei nicht erfolgt. Die Registrierung sei nicht durch Aushändigung der Urkunde, sondern erst mit Eintragung im Vereinigungsregister des Kreisgerichts Magdeburg am 7. November 1990 erfolgt. Das zur Registrierung vorzulegende Statut gebe es nicht. Der Nachweis einer Rechtsnachfolgeklausel habe nicht geführt werden können.

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Hiergegen hat der Beteiligte mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2015 Beschwerde eingelegt mit der Begründung, dass auf Nachfrage des Landesarchivs das Zentrale Registergericht in Stendal ihn als Rechtsnachfolger des oben genannten Grundstücks bestätigt habe.

6

Das Grundbuchamt half der Beschwerde durch Beschluss vom 21. Oktober 2015 nicht ab und legte das Verfahren dem Oberlandesgericht – Beschwerdesenat – zur Entscheidung vor. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die richterliche Anordnung der Registrierung und Aushändigung einer Urkunde über diese zum Erhalt der Rechtsfähigkeit nicht genüge. Durch die Nichteinhaltung der Frist habe der G. Verband für das Land ... ... seine Rechtsfähigkeit verloren. Am 7. November 1990 sei bei dem Kreisgericht unter Nr. VR 406 ein neu gegründeter Verein eingetragen worden, und zwar solange kein Nachweis über den Willen der Mitglieder zur Fortführung des Vereins als Rechtsnachfolger erbracht sei.

7

Der Senat hat die Registerakte VR 31279 des Zentralen Registergerichts bei dem Amtsgericht Stendal beigezogen.

II.

8

Die Beschwerde des Beteiligten ist nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im übrigen zulässig.

9

Sie ist auch in der Sache begründet und führt zur Aufhebung des Beschlusses vom 30. September 2015. Die Voraussetzungen für die beantragte Berichtigung des Eigentümers des im Grundbuch von H. Blatt ... verzeichneten Grundstücks liegen vor.

10

Der Beteiligte, also der am 6. Juli 1993 in das Vereinsregister eingetragene Verein G. Verband ... e. V., ist identisch mit dem G. Verband für das Land ... . ... Das Amtsgericht Dessau – Vereinsregister – hat dies nach eingehender Prüfung wiederholt festgestellt. So hat es am 16. Juni 1998 von Amts wegen in der lfd. Nr. 4 des Vereinsregisters zu dem Verein G. Verband ... ... e. V. (ursprünglich VR 406 bei dem Amtsgericht Magdeburg, sodann VR 279 bei dem Amtsgericht Dessau und schließlich VR 31279 bei dem Zentralen Registergericht Stendal) ausdrücklich folgendes festgestellt:

11

"Der Verein wurde am 14. November 1911 unter dem Namen "G. Verein für die Provinz ... ... " im Vereinsregister Nr. 108 des Amtsgerichts Magdeburg eingetragen. Der Name wurde später geändert in "G. Verein für das Land ... ", dann in "G. Verband für das Land ... ... e.V.".

12

Der Senat schließt sich dieser Bewertung des Registergerichts nach eingehender Prüfung der beigezogenen Registerakte VR 31279 des Amtsgerichts Stendal an. Nach der Durchsicht der dort vorgelegten diversen Vereins- und Registerunterlagen hat der Senat keinen Zweifel daran, dass im Wege der bloßen Namensänderung durch die am 20. September 1992 verabschiedete Satzung aus dem G. Verband für das Land ... ... der G. Verband ... e. V. geworden ist. Die Satzung des Beteiligten nimmt in § 1 Bezug auf seine Gründungsgeschichte, insbesondere auf seine Gründung 1909 und seine Eintragung in das Vereinsregister 1911. Dies entspricht ausweislich Vereinsregister den Gründungsdaten des als Eigentümer in das Grundbuch eingetragenen Vereins G. Verband für das Land ... ... Daraus kann eindeutig auf eine Kontinuität des Vereins geschlossen werden.

13

Dabei kann auch dahinstehen, ob die seit dem 3. Dezember 1955 als Eigentümerin eingetragene und am 15. März 1976 staatlich anerkannte rechtsfähige Vereinigung G. Verband für das Land ... ... ihre Rechtsfähigkeit dadurch verloren hat, dass es zu keiner wirksamen Registrierung nach dem Vereinigungsgesetz/DDR vom 21. Februar 1990 gekommen ist, weil die Eintragung in das Vereinsregister nicht innerhalb der bis zum 21. August 1990 laufenden Sechsmonatsfrist und ohne Vorlage eines Statuts (Satzung) erfolgt ist. Selbst wenn der Verein G Verband für das Land ... ... hierdurch erst einmal seine Rechtsfähigkeit verloren haben sollte, hat dies doch keine Auflösung des Vereins bewirkt. Vielmehr hat er vorerst eine nicht rechtsfähige Vereinigung im Sinne von §§ 16 ff. Vereinigungsgesetz/DDR gebildet, deren Mitglieder in ihrem Zusammenschluss Träger von Rechten und Pflichten sein konnten. Das entspricht dem Vereinsrecht des BGB, wonach ein Verein in der Zeit zwischen Gründung und der Eintragung im Vereinsregister die Rechtsstellung eines nicht rechtsfähigen Vereins hat. Der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik ließ die rechtliche Existenz des Vereins unberührt. Fehlte dem Verein – wie vorliegend - die Rechtsfähigkeit noch, dann galt für ihn ab dem 3. Oktober 1990 über Art. 231 § 2 Abs. 4 EGBGB die Bestimmung des § 54 BGB über nicht rechtsfähige Vereine. Die nachfolgende Eintragung in das Vereinsregister änderte als solche an der Identität des Vereins nichts. Vielmehr gingen die Rechte und Pflichten auf den dann eingetragenen Verein über, ohne dass es besonderer Übertragungsakte bedurft hätte (z.B. BGH, MDR 1999, 493; vgl. auch Rauscher, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, Rdn. 33 zu Art. 231 § 2 EGBGB; Reuter, in: Münchener Kommentar, BGB, 4. Aufl., Rdn. 5 zu Art. 231 § 2 EGBGB).

III.

14

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil die Beteiligten mit ihrer Beschwerde obsiegt haben und Gebühren und Auslagen insoweit nicht erhoben werden (§ 25 Abs. 1 GNotKG).

15

Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 79 Abs. 1, 61 Abs. 1, Abs. 2, 36 Abs. 1, Abs. 3 GNotKG.

gez. Dr. Fichtner              gez. Wiedemann              gez. Krogull


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