Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (2. Strafsenat) - 2 Rv 105/16

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 16. August 2016 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

– soweit der Angeklagte wegen Betruges in zwei Fällen und wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht verurteilt worden ist,

– im Gesamtstrafenausspruch.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht, Betruges in 2 Fällen, Diebstahls und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Halberstadt vom 8. Mai 2015 zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Verurteilung wegen Verstoßes gegen die Weisungen während der Führungsaufsicht kann keinen Bestand haben, da es insoweit an den erforderlichen Feststellungen fehlt. Die Strafkammer hat festgestellt:

3

„Der Angeklagte stand in dem Verfahren zum Aktenzeichen 8 Ls 915 Js 73172/06 nach seiner Haftentlassung am 17. Oktober 2013 und einer Entscheidung des Landgerichts Halle vom 4. November 2010 (7 StVK 511/10) bis zum 11. Juni 2015 unter Führungsaufsicht, was ihm bewusst war. In dem Wissen um die ihm erteilten Weisungen zu Ziffern 4 a), b), d) und e) verstieß er gegen diese beharrlich, indem er sich nicht unverzüglich bei der zuständigen Bewährungshilfe und Führungsaufsichtsstelle gemeldet hat, den Wechsel des Wohnorts der Führungsaufsichtsstelle und dem Bewährungshelfer nicht angezeigt, sich bei dem Bewährungshelfer nicht gemeldet und sich nicht mindestens einmal monatlich bei der Suchtberatungsstelle im Diakoniekrankenhaus E. vorgestellt hat. Die Führungsaufsichtsstelle hat Strafantrag gestellt.“

4

Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht nicht.

5

Der objektive Tatbestand des § 145a Satz 1 StGB setzt voraus, dass der Angeklagte während der Führungsaufsicht gegen eine bestimmte Weisung der in § 68b Abs. 1 StGB bezeichneten Art verstößt und dadurch den Zweck der Maßregel gefährdet. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal dieser Strafnorm ist, dass die Weisung rechtsfehlerfrei ist. Weisungen, die von vornherein unzulässig oder nicht hinreichend bestimmt sind oder an die Lebensführung des Verurteilten unzumutbare Anforderungen stellen (§ 68b Abs. 3 StGB), können die Strafbarkeit nach § 145a Satz 1 StGB hingegen nicht begründen. Um eine Überprüfung insoweit zu ermöglichen, muss der Beschluss über die Führungsaufsicht jedenfalls auszugsweise wiedergegeben werden (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2016, 2 StR 512/15, juris). Hieran fehlt es. Das angegriffene Urteil gibt die Weisungen im Einzelnen nicht wieder. Ausführungen zu Bestimmtheit, Zulässigkeit und Zumutbarkeit der Weisungen fehlen.

6

Weiterhin sind die Tathandlungen nicht hinreichend dargestellt, denn neben dem Weisungsverstoß ist Voraussetzung für die Strafbarkeit nach § 145a StGB, dass der Täter durch den Verstoß gegen die Weisung den Zweck der Maßregel gefährdet hat. Dabei handelt es sich um ein Tatbestandsmerkmal des § 145a StGB, worauf sich auch der Vorsatz beziehen muss.

7

So wird in den Feststellungen z.B. lediglich aufgeführt, dass sich der Angeklagte nicht „unverzüglich bei der zuständigen Bewährungshilfe und Führungsaufsichtsstelle gemeldet hat“. Nicht deutlich wird, ob sich der Angeklagte überhaupt bei den genannten Stellen gemeldet hat und ob eine Einwirkung auf den Angeklagten nicht möglich war. Ferner geht aus den Feststellung nicht hervor, wann und wohin der Angeklagte seinen Wohnort gewechselt hat und ob er sich überhaupt bei der Suchtberatungsstelle im Diakoniekrankenhaus E. vorgestellt hat.

8

Den Urteilsfeststellungen ist darüber hinaus nicht zu entnehmen, dass durch den Weisungsverstoß der Zweck der Maßregel, nämlich die Verhinderung weiterer Straftaten, konkret gefährdet wurde. Eine Gefährdung des Maßregelzwecks liegt vor, wenn die Gefahr weiterer Straftaten durch den Weisungsverstoß vergrößert wird bzw. der Verstoß die Wahrscheinlichkeit straffreien Verhaltens verringert. Ausreichend kann sein, dass eine Überwachung oder Einwirkung aufgrund des unbekannten Aufenthalts des Angeklagten durch staatliche Stellen nicht mehr gegeben war (vgl. Fischer, StGB, § 145a Rn. 8). In dieser Hinsicht wurde jedoch nichts festgestellt.

9

2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeten Betruges in zwei Fällen kann ebenfalls nicht bestehen bleiben.

10

Die Strafkammer hat dazu festgestellt:

11

„Der Angeklagte tankte am 2. August 2014 um ca. 01.20 Uhr wie ein zahlungswilliger und –fähiger Kunde bei der Total-Station I., A. Weg 2, Benzin Super zum Preis von 59,39 €, obwohl er aufgrund seiner Einkommens- und Vermögenslage von vornherein wusste oder mindestens billigend in Kauf nahm, dass er den fälligen Kaufpreis vereinbarungsgemäß nicht zahlen kann, was er zum Schaden des Verkäufers tatsächlich auch nicht tat.

12

Der Angeklagte tankte am 21. November 2014 gegen 05:40 Uhr wie ein zahlungswilliger und -fähiger Kunde bei der Total-Station I., A. Weg 2 sein Fahrzeug mit Benzin Super zum Preis von 62,64 €, obwohl er aufgrund seiner Einkommens- und Vermögenslage von vornherein wusste oder zumindest billigend in Kauf nahm, den fälligen Kaufpreis nicht vereinbarungsgemäß zahlen zu können, was er zum Schaden des Verkäufers tatsächlich auch nicht tat.“

13

Die Feststellungen tragen die Verurteilung wegen vollendeten Betruges nicht. Der Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB verlangt, dass der Täter durch (zumindest konkludentes) Vortäuschen seiner Zahlungsbereitschaft bei dem Kassenpersonal einen Irrtum hervorruft, der anschließend zu der schädigenden Vermögensverfügung (Einverständnis mit dem Tankvorgang) führt. Mangels Irrtumserregung liegt jedoch kein vollendeter Betrug vor, wenn das Betanken des Fahrzeugs vom Kassenpersonal überhaupt nicht bemerkt wird. In einem solchen Fall ist vielmehr regelmäßig von versuchtem Betrug auszugehen, wenn das Bestreben des Täters von Anfang an darauf gerichtet war, das Benzin unter Vortäuschung einer nicht vorhandenen Zahlungsbereitschaft an sich zu bringen, ohne den Kaufpreis zu entrichten (BGH, Urteil vom 5. Mai 1983 – 4 StR 121/83, NJW 1983, 2827; Beschluss vom 19. Dezember 2012, 4 StR 497/12, StV 2013, 511 m.w.N.).

14

Die Kammer hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Tankvorgang von Angestellten der Tankstelle bemerkt wurde. Da solche Feststellungen in einer neuen Hauptverhandlung in Betracht kommen, konnte der Senat den Schuldspruch nicht selbst auf versuchten Betrug in zwei Fällen abändern.

15

gez. Henss

gez. Becker

gez. Wiederhold

Vorsitzender Richter
am Oberlandesgericht

Richter
      am Oberlandesgericht      

Richterin
am Amtsgericht


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