Urteil vom Oberlandesgericht Naumburg (12. Zivilsenat) - 12 U 12/17

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 20. Dezember 2016 verkündete Einzelrichterurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Halle wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

und beschlossen:

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 70.600,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten um die Bewilligung von Auflassungsvormerkungen.

2

Der Beklagte unterbreitete den Klägern am 6. April 2009 ein von der Notarin D. in E. (UR Nr. 515/2009) beurkundetes Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages betreffend den in den Grundbüchern von B. Blatt 247 und von G. Blatt 46 belegenen Grundbesitz, gegen Zahlung eines Kaufpreises von 353.060,20 € (Bl. 4 ff. Band I d. A.). Dieses Angebot war bis zum 31. Dezember 2028 befristet. Die Kläger übernahmen durch gesonderte Vereinbarung vom 6. April 2009 eine Bürgschaft bzw. den Kapitaldienst für die Finanzierung des Kaufpreises für den Erwerb der Grundstücke durch den Beklagten. Dieser hatte den o.g. Grundbesitz (landwirtschaftliche Nutzflächen) mit Kaufvertrag vom 29. Mai 2008 von der BVVG Bodenverwertungs- und Verwaltungs GmbH gegen einen Kaufpreis von 353.060,20 € erworben, davon 343.494,95 € auf der Grundlage des Ausgleichsleistungsgesetzes (AusglLeistG). In den o.g. Grundbüchern sind Veräußerungsverbote eingetragen mit Rückauflassungsvormerkungen zugunsten der BVVG.

3

Die Kläger leisteten seit Abgabe des notariellen Kaufvertragsangebotes Zahlungen an die Banken. Schließlich verlangten sie in Ansehung der von ihnen übernommenen finanziellen Verpflichtungen von dem Beklagten zur Sicherung ihres Eigentumserwerbs die Bewilligung von Auflassungsvormerkungen in die betreffenden Grundbücher. Dies lehnte der Beklagte ab.

4

Die Kläger waren der Ansicht, dass ihr bedingter Eigentumsumschreibungsanspruch gegenwärtig gefährdet sei, weil der Beklagte beabsichtige, das Vertragsangebot nachzuverhandeln und höhere Forderungen zu stellen. Sie hätten wegen der übernommenen Bürgschaften erhebliche Vorleistung erbracht und würden zudem die Darlehensverpflichtungen des Beklagten begleichen. Bei Nichteintragung der geforderten Auflassungsvormerkung würden ihnen erhebliche Vermögensschäden drohen. Dieser Forderung stehe auch die Regelung in § 10 des notariellen Kaufvertragsangebotes nicht entgegen, wonach die Eintragung einer Auflassungsvormerkung vom Käufer nach Vertragsannahme nicht gewünscht werde. Die darin enthaltene Willenserklärung sei jedenfalls jederzeit revidierbar und aufgrund des Verhaltens des Beklagten nach Abgabe des notariellen Kaufvertragsangebotes auch gerechtfertigt. Die Sicherung eines bedingten bzw. künftigen Anspruchs durch eine Auflassungsvormerkung sei auch möglich, zumal sie das Kaufvertragsangebot nach Ablauf der Karenzzeit jederzeit annehmen könnten. Insofern sei das auf Sicherung eines künftigen Anspruches gerichtete Klagebegehren jedenfalls nicht rechtswidrig. Denn allein mit dem Angebot sei noch keine Veräußerung der mit einem Veräußerungsverbot belasteten Grundstücke verbunden, zumal dies befristet sei. Die Annahme des Kaufvertragsangebotes sei ohnehin erst nach Ablauf der vereinbarten Frist vorgesehen, die in Ansehung der Sperrfrist nach AusglLeistG zum 31. Dezember 2028 vereinbart worden sei. Eine Annahme des Vertragsangebotes nach dem Ablauf der gesetzlichen Sperrfrist könne daher nicht gegen das gesetzliche Veräußerungsverbot verstoßen. Mit dem Klageanspruch werde nichts anderes beabsichtigt, als den bedingten, zukünftigen Auflassungsanspruch der Kläger nach Ablauf der gesetzlichen Sperrfrist zu sichern.

5

Darüber hinaus waren die Kläger der Auffassung, dass sie die zwischen den Parteien im Jahre 2007 abgeschlossenen landwirtschaftlichen Pachtverträge nicht verletzt hätten. Jedenfalls könne der Beklagte darauf den Widerruf seines Kaufvertragsangebotes nicht stützen. Ihre Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag (Bürgschaftsverpflichtung, Freistellung) vom 6. April 2009 und aus dem Bewirtschaftungsvertrag vom 1. Juli 2007 hätten sie vollständig erfüllt. Der Bewirtschaftungsvertrag und der Darlehensvertrag stünden zudem in keinem rechtlichen Zusammenhang mit dem notariell abgegebenen Kaufvertragsangebot des Beklagten. Selbst wenn dieser die Vereinbarungen zur Bewirtschaftung der Flächen habe kündigen können, habe dies keine Auswirkungen auf das Kaufvertragsangebot vom 6. April 2009, da dieses ausdrücklich unwiderruflich abgegeben worden sei. Durch dieses Angebot werde der Beklagte auch nicht sittenwidrig übervorteilt und es verstoße auch nicht gegen gesetzliche Bestimmungen.

6

Die Kläger haben beantragt:

7

Der Beklagte wird verurteilt, die Eintragung einer Auflassungsvormerkung in den Grundbüchern von

8

1. B. , Blatt 247, bezogen auf die Grundstücke laufende Nummer 23 bis 94 des Bestandsverzeichnisses sowie

9

2. G. , Blatt 46, bezogen auf die Grundstücke laufende Nummer 13 bis 37 des Bestandsverzeichnisses

10

zu bewilligen.

11

Darüber hinaus haben sie beantragt,

12

die Widerklage des Beklagten abzuweisen.

13

Der Beklagte hat beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Darüber hinaus hat er widerklagend beantragt,

16

festzustellen, dass den Klägern und Widerbeklagten keine Ansprüche aus dem notariellen Kaufangebot des Beklagten und Widerklägers vom 6. April 2009 (UR-Nr. 515/2009 der Notarin R. D. in E. ) zustehen.

17

Der Beklagte war der Ansicht, dass es für den Anspruch auf Bewilligung einer Auflassungsvormerkung schon an einer Rechtsgrundlage fehle. Das Kaufangebot sei sittenwidrig, verstoße gegen die Bestimmungen des Ausgleichsleistungsgesetzes und zwinge ihn faktisch dazu, den von der BVVG gewährten und weit unter Marktpreis liegenden Kaufpreis an die nach dem Ausgleichsleistungsgesetz nicht privilegierten Kläger weiterzugeben. Gerade im Zusammenhang mit dem Bewirtschaftungsvertrag vom 1. Juli 2007 zeige sich die mit dem Kaufvertragsangebot vom 6. April 2009 beabsichtigte Umgehung des gesetzlichen Verbotes. Das Angebot verstoße auch insoweit gegen das gesetzliche Veräußerungsverbot, als sich dessen einseitige Bindungswirkung auch auf die Zeit nach dem Auslaufen der Sperrfrist am 1. Dezember 2028 erstrecke, nämlich bis zum 31. Dezember 2028. Es sei den Klägern zu keiner Zeit verwehrt, das Angebot anzunehmen, was gegen das Veräußerungsverbot des Ausgleichsleistungsgesetzes verstoße.

18

Darüber hinaus hätten die Kläger auch gegen die ihnen obliegenden Verpflichtungen aus dem Bewirtschaftungsvertrag vom 1. Juli 2007 verstoßen, was auch in einem schiedsgerichtlichen Verfahren festgestellt worden sei. Demzufolge habe er sich von diesem Vertrag lösen können. Der Bewirtschaftungsvertrag stehe in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Kaufvertragsangebot. Denn ohne den Bewirtschaftungsvertrag wäre das Kaufvertragsangebot gar nicht umsetzbar. Er sei daher auch berechtigt gewesen, sich von diesem Angebot durch Rücktritt zu lösen.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts der ersten Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

20

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und auf die Widerklage festgestellt, dass den Klägern aus dem notariellen Kaufangebot vom 6. April 2009 keine Ansprüche zustehen.

21

Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dass das notarielle Kaufvertragsangebot vom 6. April 2009 unwirksam sei und den Klägern nicht als Grundlage für die Durchsetzung des Bewilligungsanspruches auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch dienen könne. Denn es verstoße gegen ein gesetzliches Verbot. Den Parteien sei schon bei Abgabe der auf das Grundstückskaufangebot gerichteten Erklärung bewusst gewesen, dass der Vertrag vor Ablauf der gesetzlichen Sperrfrist gegen das Verbot aus § 3 Abs. 10 des Ausgleichsleistungsgesetzes verstoße und damit unwirksam sei. Die nunmehr verlangte dingliche Belastung sei daher nicht zulässig, jedenfalls nicht ohne Zustimmung der BVVG und vor Ablauf der gesetzlichen Sperrfrist (1. Dezember 2028). Damit sei ein Verbot der dinglichen Belastung eines solchen Grundstücks vor Ablauf der Sperrfrist verbunden. Dies hätten die Parteien auch schon bei Abfassung des Kaufangebotes bemerkt. Denn in § 10 heiße es ausdrücklich, dass der Käufer (die hiesigen Kläger) die Eintragung einer Auflassungsvormerkung nach Abgabe des notariellen Kaufvertragsangebotes "nicht wünschen". Ein Sinneswandel der Kläger ändere jedoch nichts daran, dass eine dingliche Belastung nicht möglich sei, bevor nicht die Sperrfrist abgelaufen sei.

22

Außerdem sei das Grundstückserwerbsangebot auch sittenwidrig, weil es ausdrücklich der Umgehung eines gesetzlichen Verbotes diene, mit dem die Weitergabe ehemaliger Bodenreformgrundstücke an nicht in der Landwirtschaft tätige Personen vermieden werden solle. Darüber hinaus stelle das Kaufvertragsangebot eine Umgehung des gesetzlichen Verbotes dar, weil die Kläger es als Käufer jederzeit annehmen könnten.

23

Darüber hinaus hätten die Kläger gegen Verpflichtungen aus dem Bewirtschaftungsvertrag vom 1. Juli 2007 verstoßen, indem sie nicht hinreichend gegenüber dem Beklagten Rechenschaft gelegt hätten. Das Grundstückskaufangebot stehe auch in wirtschaftlichem und rechtlichem Zusammenhang mit dem Bewirtschaftungsvertrag vom 1. Juli 2007. Denn auf der Grundlage des Bewirtschaftungsvertrages hätten sich die Kläger im Zusammenwirken mit dem Beklagten die von ihnen bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen für die Zukunft sichern wollen und zwar zu Eigentum. Wenn der Bewirtschaftungsvertrag durch Kündigung beendet werden könne, liege es nahe, dass sich der Beklagte dann auch von dem Grundstückskaufvertragsangebot müsse lösen können.

24

Der mit der Widerklage verfolgte Anspruch auf Feststellung des Nichtbestehens von Ansprüchen der Kläger aus dem Grundstückskaufvertragsangebot vom 6. April 2009 sei dagegen in vollem Umfange begründet. Denn den Klägern stünden aus den vorgenannten rechtlichen Erwägungen heraus keinerlei Ansprüche aus dem gegen ein gesetzliches Verbot verstoßenden Grundstückskaufangebot vom 6. April 2009 zu.

25

Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Sie sind der Ansicht, dass das Landgericht übersehe habe, dass das Kaufvertragsangebot mit dem vereinbarten Inhalt vor dem 1. Dezember 2028 nicht rechtswirksam angenommen werden könne. Es sei gerade nicht auf den Abschluss eines Vertrages gerichtet gewesen, der nach den Vorgaben des Ausgleichsleistungsgesetzes rechtwidrig wäre.

26

Das Landgericht verkenne zudem das Rechtsinstitut einer Auflassungsvormerkung. Diese stelle keine "Belastung" des Grundstücks dar, sondern sei insbesondere dazu bestimmt, noch nicht bestehende künftige Eigentumsübertragungsansprüche des Auflassungsvormerkungsberechtigten zu sichern. Um einen solchen Anspruch handele es sich auch im vorliegenden Fall. Dieser dürfe durch Auflassungsvormerkung gesichert werden, bevor er materiell-rechtlich überhaupt entstehe. Die Tatsache, dass derzeit eine Annahme des Angebotes aus Rechtsgründen nicht zulässig sei, ändere nichts daran, dass sich der Beklagte mit der Abgabe dieses Angebotes jedenfalls für die Zeit ab 1. Dezember 2028 habe binden wollen. Nur ab diesem Zeitpunkt könne das Angebot daher von den Klägern angenommen werden. Dies führe sodann zu dem künftigen, aufschiebend bedingten Eigentumsübertragungsanspruch der Kläger, der durch die Auflassungsvormerkung gesichert werden solle. Auch eine Verletzung der gesetzlichen Intention der Regelung des § 3 Abs. 10 AusglLeistG könne nicht festgestellt werden, da die Parteien ja ausdrücklich die Wirksamkeit des Angebots auf die Zeit nach der Sperrfrist ab 1. Dezember 2028 vereinbart hätten.

27

Außerdem sei eine "Kündigung" des Vertragsangebotes vor Ablauf der Annahmefrist nicht möglich, auch nicht im Hinblick auf den am 1. Juli 2007 abgeschlossenen Bewirtschaftungsvertrag. Es sei nicht ersichtlich, warum der zwei Jahre vor dem notariellen Kaufangebot abgeschlossene Bewirtschaftungsvertrag darauf Auswirkungen haben könne. Rechte und Verpflichtungen aus dem Bewirtschaftungsvertrag stünden nicht im Zusammenhang mit dem Vertragsangebot und den sich hieraus - nach Annahme - ergebenden wechselseitigen Rechten und Verpflichtungen. Insbesondere nehme das Vertragsangebot keinen Bezug auf den Bewirtschaftungsvertrag. Ein Zusammenhang beider Vertragswerke könne daher auch nicht nachträglich konstruiert werden. Überdies habe der Beklagte die streitgegenständlichen Grundstücke selbst erst durch Kaufvertrag vom 29. Mai 2008 erworben. Erst nach diesem Erwerb habe er das Vertragsangebot auf Erwerb der streitgegenständlichen Flächen unterbreiten können. Darüber hinaus sei der Bewirtschaftungsvertrag bereits gekündigt und abgewickelt. Die von ihnen bestrittene Vertragsverletzung habe also keine rechtlichen Auswirkungen auf das notariell beurkundete Vertragsangebot.

28

Der Beklagte habe zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bewirtschaftungsvertrages in 2007 Bioerzeugnisse hergestellt und zur weiteren Bewirtschaftung der übertragenen Flächen gar nicht mehr in der Lage gewesen. Die Bewirtschaftungsverträge hätten also mit dem zwei Jahre später abgegebenen Vertragsangebot rechtlich nichts zu tun.

29

Hinsichtlich des auf die Widerklage ergangenen Feststellungsurteils fehle dem Beklagten das Feststellungsinteresse, weil sie - die Kläger - sich nie auf irgendwelche Rechte aus dem Vertragsangebot vor Ablauf des 1. Dezember 2028 berufen hätten.

30

Die Kläger beantragen,

31

das Urteil aufzuheben und der erstinstanzlichen Klage gemäß Schriftsatz vom 31. Juli 2015, Seite 2, stattzugegeben sowie die Widerklage des Beklagten gemäß Schriftsatz vom 6. Juli 2016 abzuweisen.

32

Der Beklagte beantragt,

33

die Berufung zurückzuweisen.

34

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.

II.

35

Die Berufung der Kläger ist nicht begründet.

36

Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einem Rechtsfehler (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO), noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine abweichende Beurteilung.

37

Allerdings scheidet eine Auflassungsvormerkung zu Gunsten der Kläger entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht bereits deshalb aus, weil das Angebot des Beklagten auf Abschluss eines Kaufvertrages vom 6. April 2009 (Bl. 4 Band I d. A.) wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB nichtig wäre.

38

Zwar unterliegt der streitgegenständliche Grundbesitz den Einschränkungen des § 3 Abs. 10 Satz 1, Satz 10 AusglLeistG, wonach er von dem Beklagten bis zum Ablauf von 15 Jahren nach der Eintragung eines Veräußerungsverbots in das Grundbuch, hier bis zum 1. Dezember 2023, nicht ohne Genehmigung der Privatisierungsstelle veräußert werden kann. Dabei ist die Fassung des Ausgleichsleistungsgesetzes anzuwenden, die es durch das Flächenerwerbsänderungsgesetz vom 3. Juli 2009 (BGBl. I S. 1688) erhalten hat, die gemäß § 7 AusglLeistG auch für Altverträge gilt (Veräußerungsverbot nur noch für 15 Jahre statt für 20 Jahre). Denn § 3 Abs. 10 AusglLeistG enthält nur ein relatives Veräußerungsverbot im Sinne von § 135 BGB (z. B. BGH, NJW-RR 2008, 760; Reese, in: Fiebig/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Rdn. 216 zu § 3 AusglLeistG). Dieses ist nach herrschender Meinung im Sinne eines „Verfügungsverbotes“ zu verstehen. Erforderlich ist somit, dass eine Verfügung gegen ein gesetzliches Veräußerungsverbot verstößt. Verfügung ist jedes privatrechtliche Rechtsgeschäft, durch das ein Recht unmittelbar begründet, aufgehoben, übertragen oder sonst inhaltlich verändert wird. Die Bestimmung des § 135 BGB gilt nur für Verfügungsgeschäfte. Verpflichtungsgeschäfte hingegen - auch über Gegenstände, die einem gesetzlichen Veräußerungsverbot im Sinne der Vorschrift unterfallen - werden davon nicht erfasst (Wendtland, in: BeckOK BGB, Rdn. 2 und 4 zu § 135 BGB). Insoweit unterliegt das Verpflichtungsgeschäft in Gestalt eines Grundstückskaufvertrages ebenso wenig einem Veräußerungsverbot nach § 135 BGB, wie das Angebot des Beklagten vom 6. April 2009 auf Abschluss eines solchen Vertrages.

39

Die Annahme eines lediglich relativen Veräußerungsverbotes verbietet es auch, die vorliegende Gestaltung als sittenwidrige Umgehung des gesetzlichen Verbots anzusehen. Auf der Grundlage einer Einordnung des gesetzlichen Veräußerungsverbotes in § 3 Abs. 10 AusglLeistG wäre es den Klägern unbenommen gewesen, das Kaufvertragsangebot des Beklagten anzunehmen. Im Übrigen wird durch den von den Parteien vereinbarten Vertragsinhalt auch nicht der Zweck des § 3 Abs. 10 AusglLeistG ausgehebelt. Denn diese Bestimmung soll Spekulationskäufe verhindern. Der Erwerber soll die verbilligt erworbenen Flächen innerhalb eines langen Zeitraums von - nach nunmehr geltender Rechtslage - 15 Jahren nach dem Erwerb nicht zum Verkehrswert veräußern und dadurch die Differenz zwischen dem verbilligten Kaufpreis und dem Verkehrswert realisieren können (z. B. Kimme, offene Vermögensfragen, Rdn. 212 zu § 3 AusglLeistG). Ein solcher Spekulationsgewinn ist hier aber nicht erkennbar. Denn der Beklagte hatte angeboten, das Grundstück zu demselben - verbilligten - Kaufpreis an die Kläger zu verkaufen, zu dem er es selbst von der BVVG erworben hatte.

40

Die begehrte Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu Gunsten der Kläger unterliegt auch keinem relativen Verbot nach § 135 BGB. Die Sperre des § 3 Abs. 10 Satz 1 AusglLeistG steht nämlich nur der Übereignung von Grundstücken entgegen, die nach dem Ausgleichsleistungsgesetz verbilligt erworben worden sind. Andere Verfügungen als Übereignungen werden von dem Verbot hingegen nicht erfasst. Für solche Verfügungen soll nach § 4 Abs. 3 AusglLeistG i. V. m. § 12 Abs. 3 Flächenerwerbsverordnung (FlErwV) in den Kaufverträgen vielmehr ein Zustimmungsvorbehalt vereinbart werden. Die von Ausgleichsleistungsgesetz und Flächenerwerbsverordnung dem Bereich der Vereinbarung zugewiesene Frage der Belastung ist aber einer dinglichen Wirkung nicht zugänglich (z. B. BGH, NJW-RR 2008, 760). Insofern ist zwar in § 9 Abs. 2 des Kaufvertrages des Beklagten mit der BVVG vom 29. Mai 2008 (Bl. 41 Band I d. A.) ein Verbot jeder anderweitigen Verfügung über den Kaufgegenstand ohne Zustimmung der Verkäuferin während der Dauer des gesetzlichen Veräußerungsverbotes vereinbart worden. Eine dingliche Wirkung hat diese Regelung aber nicht.

41

Der aus dem notariellen Kaufangebot vom 6. April 2009 folgende künftige Auflassungsanspruch ist nach § 883 Abs. 1 Satz 2 BGB auch vormerkungsfähig. Künftige Ansprüche können Vormerkungsschutz jedenfalls dann genießen, wenn bereits der Rechtsboden für ihre Entstehung durch ein rechtsverbindliches Angebot soweit vorbereitet ist, dass die Entstehung des Anspruchs nur noch vom Willen des künftigen Berechtigten abhängt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein unwiderrufliches formgültiges Verkaufsangebot abgegeben wurde (z. B. BGH, NJW 1981; NJW 2002, 213). Hier ist durch die Abgabe des formgültigen Verkaufsangebotes vom 6. April 2009 der Rechtsboden für den künftigen Anspruch vorbereitet. Der Beklagten ist nach § 145 BGB an sein Angebot gebunden, so dass es grundsätzlich nicht widerrufen werden kann. Lösungsmöglichkeiten hat sich der Beklagte in seinem Angebot nicht vorbehalten. Die Entstehung des Anspruchs hängt also grundsätzlich allein von der Entscheidung der Kläger ab, das Angebot des Beklagten anzunehmen.

42

Dem Anspruch der Kläger auf Bewilligung der Auflassungsvormerkung steht auch nicht entgegen, dass sich in § 10 des Kaufvertrages die Erklärung findet: "Die Eintragung einer Eigentumsübertragungsvormerkung wird vom Käufer nach Vertragsannahme nicht gewünscht.". Ein uneingeschränkt verbindlicher Verzicht auf eine Vormerkung kann darin nicht gesehen werden. Denn sonst hätten die Parteien eine deutlichere Formulierung wählen müssen, um zum Ausdruck zu bringen, dass sie einig sind, dass keine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen wird. Die Wahl des Wortes "wünschen" zeigt vielmehr, dass die Erwerber ihre Absichten durchaus noch ändern können. Hinzu kommt, dass die verwendete Erklärung in § 10 des Kaufvertrages gerade keine Regelungen der Parteien untereinander enthält, sondern Erklärungen im Verhältnis zur Notarin. Dort finden sich Bestätigungen über bestimmte, von der Notarin erteilte Belehrungen und Erklärungen sowie Anordnungen bzgl. Vollmacht und Auftrag an die Notarin zur Durchführung der Urkunde. Insofern hat die Erklärung über den "Wunsch" der Erwerber auch eher den Charakter, dass sich die Notarin hat bestätigen lassen, dass sie keine Vormerkung eintragen lassen soll.

43

Der Beklagte hat sein Angebot vom 6. April 2009 allerdings durch Schreiben vom 17. Dezember 2015 widerrufen (Bl. 91 Band I d. A.), wozu er auch berechtigt war. Denn dem Antragenden kann bei langer Bindungsdauer wie bei einem Dauerschuldverhältnis analog § 314 BGB ein Recht zum Widerruf aus wichtigem Grund zustehen, wenn sich die maßgeblichen Umstände in unvorhersehbarer Weise so erheblich geändert haben, dass dem Offerenten ein Festhalten an dem Angebot unzumutbar wäre (z. B. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1991, 311; OLG Stuttgart, OLGR 2007, 691; Backmann, in: JurisPK-BGB, Rdn. 118 zu § 145 BGB).

44

Nach diesen Grundsätzen bestand für den Beklagten ein wichtiger Grund zum Widerruf seines Angebotes. Die Kläger haben nicht nur, wie das Schiedsgericht in seinem Teilurteil vom 22. August 2016 (Bl. 190 Band I d. A.) festgestellt hat, fortwährend gegen ihre Verpflichtung zur Auskunft und Abrechnung aus dem Vertrag über die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen vom 1. Juli 2007 (Bl. 93 Band I d. A.) verstoßen. Ein wichtiger Grund folgt insbesondere aus der Art und Weise, wie sie ihre Zahlungspflichten gegenüber dem Beklagten erledigt haben.

45

Zeitgleich mit dem Kaufangebot des Beklagten hatten sich die Kläger mit Darlehensvertrag vom 6. April 2009 verpflichtet (Bl. 20 Band I d. A.), den Zins- und Tilgungsdienst gegenüber den Darlehensgebern des Beklagten zu übernehmen, was mit dem Kaufpreis für das angebotene Grundstück im Ergebnis verrechnet werden sollte. Dieser Verpflichtung sind sie zwar vordergründig nachgekommen, da sie die Raten gegenüber der D. Bank (150.529,53 €) und der V. Bank eG (77.057,12 €) unstreitig bezahlt haben. Allerdings ist dieser Zins- und Tilgungsdienst jahrelang ausschließlich aus den Erträgen der ihnen von dem Beklagten zur Nutzung überlassenen landwirtschaftlichen Flächen bestritten worden. Die Kläger waren aber nach § 4 des Bewirtschaftungsvertrages zur ordnungsgemäßen Erfassung und Ablieferung der auf den Schlägen des Beklagten geernteten Erntegutes verpflichtet. Auch wenn dies nicht ausdrücklich in dem Bewirtschaftungsvertrag geregelt war, sind die Parteien in jahrelanger Übung faktisch übereinstimmend davon ausgegangen, dass die Kläger nicht das Erntegut abliefern sollten, sondern grundsätzlich zur Auskehr des Erlöses verpflichtet waren (nach Abzug der Vergütung (inkl. Gewinn) für Maschinen und Arbeitskräfte und des Aufwandes für Betriebsmittel). Für die Dauer von zumindest fünf Jahren ist es allerdings zu keiner Auszahlung der Erlöse an den Beklagten gekommen. Stattdessen sind mit den auf einem Verrechnungskonto "S. -W. " (Kto.-Nr. ... ) bei der V. Bank eG bestehenden Guthaben unwidersprochen die anstehenden Zins- und Tilgungsleistungen gegenüber den Banken des Beklagten bezahlt worden.

46

In dem allgemeinen Bestreiten der Kläger, sie hätten die im Jahre 2007 mit dem Beklagten abgeschlossenen Wirtschaftsverträge nicht verletzt, liegt kein erhebliches Eingehen auf den erheblichen Vortrag des Beklagten hierzu. Gleiches gilt, soweit die Kläger der Ansicht waren, dass dem vom Beklagten im vorliegenden Verfahren eingereichten Schriftsatz vom 2. Juni 2015 aus dem Schiedsgerichtsverfahren zum Gegenstand ihres Sachvortrags sei. Mit diesem Schriftsatz (Bl. 115 Band I d. A.) sind sie dem Vortrag des Beklagten ebenfalls nicht erheblich entgegen getreten. Im Gegenteil, die Kläger räumen darin ein, dass auf das für den Beklagten eingerichtete Verrechnungskonto die betrieblichen Erträge geflossen sind, dass von diesem Konto aber auch die Darlehen des Beklagten bedient worden sind. Die Kläger haben große Teile des Kaufpreises für die Grundstücke also mit finanziellen Mitteln bezahlt, die dem Beklagten aus einem anderen Grunde (aus dem Bewirtschaftungsvertrag) zustanden.

47

Dem erklärten Widerruf des Vertragsangebots steht auch nicht entgegen, dass die fraglichen Zahlungen der Kläger an die Kreditinstitute schon mehrere Jahre zurückliegen. Denn es ist unwidersprochen geblieben, dass der Beklagte erst im Rahmen des Schiedsverfahrens (eingeleitet im April 2015) Kenntnis darüber erhalten hat, mit welchen Mitteln die Kläger dem geschuldeten Zins- und Tilgungsdienst gegenüber den Banken nachgekommen sind. Auf dieser Grundlage war es jedenfalls vertretbar, darauf mit dem Widerruf des Vertragsangebotes zu reagieren. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Kläger erst im Rahmen eines Schiedsverfahrens auf Auskunft verklagt werden mussten, damit der Beklagte überhaupt Kenntnis über die Ergebnisse des Bewirtschaftungsvertrages bekam. Auch dies stellt eine erhebliche Beeinträchtigung seiner finanziellen Interessen dar, was zudem eine enge Verknüpfung zwischen dem Bewirtschaftungsvertrag, dem Darlehensvertrag und dem Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages zeigt. In einer Gesamtschau des Verhaltens der Kläger rechtfertigt sich nach Ansicht des Senats jedenfalls die Bewertung, dass dem Beklagten ein Festhalten an dem Kaufvertragsangebot nicht mehr zumutbar war.

48

Hinsichtlich der Widerklage ist die Berufung ebenfalls nicht begründet. Denn es bestehen keine Zweifel an der Zulässigkeit des Feststellungsantrages. Die Kläger haben aus dem streitigen Kaufvertragsangebot nicht nur abgeleitet, die Eintragung von Auflassungsvormerkungen verlangen zu können, sondern sie haben darüber hinaus die Ansicht vertreten, dass sie das Angebot nach Ablauf der Sperrfrist auch annehmen können, um Eigentum an den Grundstücken zu erlangen. Daraus folgt ohne weiteres ein Feststellungsinteresse des Beklagten.

49

In der Sache ist die begehrte Feststellung zu Recht getroffen worden. Ist nämlich das Angebot des Beklagten auf Abschluss eines Kaufvertrages vom 6. April 2009 wirksam widerrufen, stehen den Klägern aus dem Kaufvertragsangebot auch keine Rechte mehr zu.

III.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Entscheidung über die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO.

51

gez. Trojan               gez. Krogull               gez. Dr. Fichtner


Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen