Urteil vom Oberlandesgericht Naumburg - 2 Rv 80/17

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Halle vom 21. März 2017

- in den Tatfeststellungen dahingehend abgeändert, dass der zweite Halbsatz des ersten Satzes der Tatfeststellungen "und sich aus dem Erlös eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und gewisser Dauer zu verschaffen." entfällt,

- im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an Personen unter 18 Jahren schuldig ist,

- im Strafausspruch aufgehoben.

Bei der Liste der angewendeten Vorschriften entfällt § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Abteilung – Schöffengericht – des Amtsgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an Personen unter 18 Jahren unter Einbeziehung einer rechtskräftigen Geldstrafe von 40 Tagessätzen zur Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Die unbeschränkt erhobene Sachrüge ist teilweise vereinzelt worden.

II.

2

Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist es unbegründet.

3

Die Tatfeststellungen des Urteils sind mit Ausnahme der Annahme von Gewerbsmäßigkeit nicht zu beanstanden. Das Amtsgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten, der die Tat im Wesentlichen bestritten hat, mit einer stringenten und überzeugenden Beweiswürdigung begründet, die allgemeine Sachrüge hat insoweit auch keine Beanstandungen vorgebracht.

4

Indes hat die Annahme von gewerbsmäßiger Abgabe keinen Bestand. Das Amtsgericht hat zur Tat festgestellt:

5

"Der Angeklagte begab sich am 13.08.2015 auf den Marktplatz in H., um dort Betäubungsmittel an diverse Betäubungsmittelkonsumenten, auch Jugendliche, zu verkaufen und sich aus dem Erlös eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und gewisser Dauer zu verschaffen. Zu diesem Zwecke führte er in zwei Zigarettenschachteln mindestens 5,5 Gramm Marihuana, welches er bereits in mindestens sechs Verkaufseinheiten mit jeweils 0,8 bis 1 Gramm Marihuana vorportioniert hatte, bei sich. Gegen 17:00 Uhr gingen die 15-jährigen Zeugen J. M., Q. B. und L. H. auf den Angeklagten zu und fragten diesen nach Betäubungsmitteln. Der Angeklagte führte die Zeugen in Kenntnis ihres offensichtlich jugendlichen Alters hinter die Marktkirche und verkaufte ihnen ein Klemmtütchen mit ca. 1 Gramm Marihuana zum Kaufpreis von 10,00 €."

6

Dies rechtfertigt die Annahme von Gewerbsmäßigkeit nicht. Zwar weist die Generalstaatsanwaltschaft zu Recht daraufhin, dass bereits eine Tat Gewerbsmäßigkeit begründen kann, wenn sie auf einem auf Wiederholung gerichteten Willen beruht (Weber, BtMG, 4. Auflage, Rdnr. 1964 zu § 29). Dies setzt aber voraus, dass der Täter weitere Taten beabsichtigt und sich damit eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und gewisser Dauer verschaffen will. So liegt der Fall hier nicht: Der Angeklagte führte sechs Verkaufseinheiten von jeweils 0,8 bis 1 Gramm Marihuana mit sich. Dies legt nahe, dass die Verkäufe am Tattage abgewickelt werden sollten, anders wäre es nicht zu erklären, dass er die sechs Verkaufseinheiten bei sich führte. Verkaufsaktivitäten an einem einzigen Tage erfüllen aber nicht das Merkmal der gewissen Dauer. Ebenso wenig wollte sich der Angeklagte eine Einnahmequelle "von einigem Umfang" verschaffen. Hätte er alle sechs Verkaufseinheiten zu je zehn Euro veräußert, hätte er maximal 60 Euro Gewinn erzielt. Ein Gewinn von 60 Euro ist aber keine Einnahmequelle von einigem Umfang. Der Senat schließt aus, dass eine neue Verhandlung Feststellungen dahingehend ergeben könnte, dass der Angeklagte bereits vor dem 13. August 2015 mit Betäubungsmitten Handel getrieben hatte oder beabsichtigte, dies auch nach dem 13. August 2015 zu tun. Er hat den Schuldspruch deswegen abgeändert. Die Änderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich.

7

Für das weitere Verfahren bemerkt der Senat: Nachdem der THC-Gehalt der sichergestellten Betäubungsmittel nicht festgestellt worden ist, was angesichts der Tatsache, dass dem Angeklagten ein Verbrechen zur Last liegt, erstaunlich ist, wird das neu entscheidende Gericht insoweit eine Schätzung vorzunehmen haben.


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