Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht (14. Zivilsenat) - 14 U 71/06

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31. März 2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe (Az.: 6 O 298/05) geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

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Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß §§ 313 a Abs. 1 S. 1, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

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Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

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Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von jeweils 2.900,00 € aus § 241 Abs. 1 BGB. Denn der hierfür beweispflichtige Kläger hat nicht zu beweisen vermocht, dass zwischen ihm und den Beklagten eine Vereinbarung dahingehend geschlossen wurde, dass von den Beklagten für die von ihm erbrachte Tätigkeit im Rahmen der Entmietung des Objekts A. ein Entgelt von jeweils 2.900,00 € gezahlt werden sollte.

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Eine solche Vereinbarung folgt nicht aus den von den Beklagten am 18. Juni 2005 unterzeichneten Erklärungen. Es handelt sich hierbei zwar um unterschriebene Privaturkunden, die nach § 416 ZPO grundsätzlich den vollen Beweis dafür begründen, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben wurden. Zwischen den Parteien ist auch nicht streitig, dass die Beklagten die von dem Kläger vorbereiteten Erklärungen an diesem Tag unterzeichnet haben. Die Beweiskraft dieser von den Beklagten unterzeichneten Urkunden ist allerdings gemäß § 419 ZPO in Bezug auf die darin enthaltene Zahlungsverpflichtung für die Tätigkeit des Klägers im Rahmen des Mietaufhebungsvertrages mit den Mietern B. ganz aufgehoben. Nach § 419 ZPO kann die Beweiskraft von Urkunden, die Streichungen, Radierungen, Einschaltungen oder sonstige äußere Mängel aufweisen, ganz oder teilweise aufgehoben oder gemindert sein. Ob und gegebenenfalls inwieweit dies der Fall ist, hat das Gericht nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO zu entscheiden (Baumbach/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 419 Rnr. 3; BGH NJW 1980, 893). Es handelt sich bei dem in die Erklärung handschriftlich eingefügten Text „den Mietaufhebungsvertrag“ um eine Einschaltung im Sinne von § 419 ZPO. Eine Einschaltung wird nach allgemeiner Auffassung als eine äußerlich erkennbare Einfügung in den Text der Urkunde definiert (BGH NJW 1966, 1657; Baumbach/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 419 Rnr. 3). Es ist für eine solche Einschaltung nicht erforderlich, dass feststeht, dass die Urkunde nachträglich verändert wurde. Es genügt vielmehr bereits, wenn dies nach dem Erscheinungsbild der Urkunde nur möglich ist (BGH NJW-RR 1987, 1151; BGH NJW 1980, 893; BGH NJW 1966, 1657). Der genannte handschriftliche Zusatz stellt eine erkennbare Abänderung des ansonsten weitgehend maschinenschriftlichen Textes dar. Er ist auch nicht in das Schriftbild eingefügt, sondern befindet sich unter dem maschinenschriftlichen Text. Es erscheint daher zumindest möglich, dass der Zusatz - wie von den Beklagten behauptet wird - nachträglich nach der Unterzeichnung in den Text eingefügt worden sein kann. Soweit das Landgericht unter Bezugnahme auf die im Urteil genannte Kommentierung (Zöller/Geimer, ZPO, § 419 Rn. 1) das Vorliegen einer Einschaltung i.S.v. § 419 ZPO verneint hat, so trifft dies nicht zu. Denn die zitierte Kommentarstelle scheint sich eher auf die zuvor in der Kommentierung genannten notariellen Urkunden zu beziehen, nicht jedoch auf Privaturkunden. Der Wechsel zwischen Maschinen- und Handschrift stellt zwar nicht zwangsläufig eine Einschaltung dar, etwa dann nicht, wenn Raum für handschriftliche Einfügungen freigelassen wurde (Wieczorek, ZPO, 2. Aufl., § 419 A III). So liegt es hier aber gerade nicht, weil der maschinenschriftlich vorformulierte Text solche bewusst freigehaltenen Passagen lediglich insoweit enthält, als es um die Einfügung des Objekts und die Höhe der Maklercourtage geht. Die tatsächlich durchgeführte Streichung und der eingefügte Zusatz „den Mietaufhebungsvertrag“ waren dagegen erkennbar nicht vorgesehen.

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Das Vorliegen dieser Einschaltung führt hier dazu, die Beweiskraft der Urkunde nicht nur als gemindert, sondern als gänzlich aufgehoben anzusehen. Dies folgt einerseits daraus, dass es sich bei der Einschaltung um den entscheidenden Passus der Urkunde handelt, aus dem der Zahlungsanspruch des Klägers folgt, andererseits aber insbesondere auch aus dem Schriftbild der handschriftlichen Einfügung. Denn während die handschriftliche Einfügung in der von der Beklagten zu 1) unterzeichneten Erklärung sich etwa mittig zwischen den maschinenschriftlich geschriebenen Zeilen, nämlich dem eigentlichen Text und der Zeile „Unterschriften“ befindet, so ist dieser wortgleiche Zusatz in der von dem Beklagten zu 2) unterzeichneten Erklärung erkennbar näher unter die darüber stehende maschinenschriftliche Zeile gerückt. Eine mögliche Erklärung hierfür könnte sein, dass sich die Unterschriften der Beklagten bereits vor der Einfügung dieser Textzeile auf der Urkunde befunden haben. In der von dem Beklagten zu 2) unterzeichneten Erklärung findet sich darüber hinaus ein Bogen in dem Wort „Mietaufhebungsvertrag“, der ebenfalls dadurch entstanden sein kann, dass einzelne Buchstaben der Unterschrift des Beklagten zu 2) ein gerades Einfügen dieses handschriftlichen Zusatzes nicht mehr zuließen.

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Da somit den von den Beklagten unterzeichneten Urkunden keine Beweiskraft zukommt, was durch das Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme bestätigt worden ist, trifft den Kläger die volle Beweislast für die von ihm behauptete Vereinbarung mit den Beklagten, dass diese ihm für seine Tätigkeit im Rahmen der „Entmietung“ des Objekts ein Entgelt von jeweils 2.900,00 € schuldeten. Der Kläger hat für diese behauptete Vereinbarung über die Vorlage der Urkunden hinaus jedoch keinen Beweis anzutreten vermocht. Allein aufgrund seines eigenen Vortrages in der mündlichen Verhandlung vom 01. September 2006, er habe mit den Beklagten zuvor besprochen, dass er für diese Tätigkeit eine Vergütung in dieser Höhe haben müsse, und diese seien damit einverstanden gewesen, konnte der Senat nicht die volle Überzeugung davon gewinnen, dass eine solche Vereinbarung zwischen den Parteien tatsächlich getroffen wurde. Denn die ebenfalls persönlich gehörten Beklagten haben eine solche Vereinbarung nicht bestätigt. Die Zeugin C. hat darüber hinaus in ihrer Vernehmung bekundet, sie habe sich für den Beklagten zu 2) um die Angelegenheit mit dem Hausverkauf gekümmert. Der Kläger habe ihr gegenüber in einem Telefongespräch ausdrücklich erklärt, dass im Zusammenhang mit dem Mietaufhebungsvertrag auf die Beklagten keine weiteren Kosten zukommen würden. Dies steht zwar nicht zwingend einer späteren Einigung der Parteien selbst entgegen, stellt jedoch ein Indiz dar, das gegen eine solche Vereinbarung der Parteien spricht. Da insoweit die sichere Feststellung nicht getroffen werden konnte, dass die von dem Kläger behauptete Vereinbarung zwischen den Parteien zustande gekommen ist, ist er insoweit beweisfällig geblieben und war mit seiner Klage abzuweisen.

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Dem Kläger steht auch kein Anspruch aus den unterzeichneten Urkunden zu, wenn man dem Vortrag der Beklagten folgend den Zusatz über den Mietaufhebungsvertrag hinwegdenkt. Denn eine - nachträgliche - Vereinbarung über eine von den Beklagten eigentlich nicht geschuldete Maklercourtage kann der Kläger auch nicht hilfsweise behaupten wollen. Einen solchen Sachverhalt kann es aus seiner Sicht nicht geben, hätte er dann doch nachträglich die Urkunden verfälscht.

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Nach alledem hatte die Berufung der Beklagten Erfolg.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.


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