Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht (1. Zivilsenat) - 1 U 30/18
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 23.03.2018, Az. 5 HKO 52/16, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Itzehoe sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
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Die Klägerin verlangt Zahlung weiteren Werklohnes aufgrund einer Anpassung ihrer Vergütung wegen Fehlens der Geschäftsgrundlage.
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Wegen der Einzelheiten wir auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Eine Geschäftsgrundlage, wie sie von der Klägerin ins Feld geführt werde, lasse sich aus dem Rahmenvertrag nebst der dort in Bezug genommenen Unterlagen nicht ableiten. Aus dem an zweiter Rangstelle angeführten Verhandlungsprotokoll ergebe sich bereits, dass die Preise auf angenommenen 20.000 Stunden pro Jahr basierten, ohne dass dort eine weitere Einschränkung vorgenommen worden sei. Dies gelte auch für die an dritter Rangstelle angeführten Ausschreibungsunterlagen. Der Hinweis, dass es sich lediglich um die Stunden im Bereich Maintenance handeln solle, ergebe sich ausschließlich aus den nachrangig genannten Angeboten der Klägerin. Durch die ihm Rahmenvertrag abgegebene Erklärung sei eindeutig, dass diese Angebote hinter die übrigen Erklärungen zurücktreten sollten. Diese eindeutige Erklärung stehe damit einer Geschäftsgrundlage, wie sie die Klägerin annehme, entgegen. Zwar könne es sein, dass bei der Klägerin ein Missverständnis entstanden sei, sie habe gleichwohl den Rahmenvertrag mit abweichendem Inhalt akzeptiert.
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Die Klägerin habe abweichende mündliche Abreden bzw. einen eindeutigen Hinweis darauf, dass die Klägerin an ihrer Kalkulation festhalten wolle, nicht bewiesen. Soweit der Zeuge P angegeben habe, er habe die Gespräche so verstanden, dass es sich bei den 20.000 Stunden nur um die Maintenance-Arbeiten handele, stehe dies im Widerspruch zur Aussage des Zeugen E, der ebenso glaubhaft das gegenteilige Verständnis der Gespräche geschildert habe. Die Gespräche hätten hiernach zur Auflösung des Widerspruches zwischen Angeboten und Auffassung der Beklagten in deren Sinne geführt. Es sei deutlich gemacht worden, dass ein Partner überwiegend für Stillstandsarbeiten gesucht worden sei.
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Die Klägerin hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Die Annahme von 20.000 Stunden für die Maintenance sei Basis der Kalkulation beider Vertragspartner gewesen. Die Kalkulation des Stundensatzes sei erstrangig in den Vertrag einbezogen worden. Selbst wenn man dies nicht annehmen wollte, sei der offengelegten Kalkulation seitens der Beklagten nicht entgegengetreten worden. Der Rahmenvertrag enthalte auf S. 26 den Kalkulationssatz und den hieraus gewonnenen Stundensatz. Die Annahme, dass die Kalkulationsbasis der Beklagten nachrangig zu anderen Vertragsgrundlagen sei, sei bereits hierdurch widerlegt. Die weiteren Vertragsgrundlagen könnten herangezogen werden, um nachzuvollziehen, wie die Klägerin diesen Stundensatz ermittelt habe. Die Auffassung des Landgerichts bedeute, dass der Stundensatz selbst dann unverändert bleiben müsse, wenn die Beklagte lediglich eine Stunde in der Maintenance abrufen würde, obwohl die Klägerin hierfür Material und Personal im Wert von ca. 1 Mio € vorhalten müsse. Die Regelung in Ziff. 5 des Vertrages zeige zudem, dass die Klägerin auch die indirekten Kosten vergütet bekommen sollte. Entsprechend der Aussage des Zeugen P sei es erforderlich gewesen, eine Stundenanzahl zur Kalkulation des Preises zugrunde zu legen. Da die Klägerin laufend Personal vorzuhalten hatte, könne es sich hierbei nur um die Stundenanzahl der Maintenance handeln. Auch der Zeuge E habe bestätigt, dass ein Partner für Stillstandsarbeiten und Projekte gesucht worden sei, der aber auch ein gewisses Maß an Maintenancearbeiten ausführen sollte, damit die Mitarbeiter auf diese Weise eingearbeitet werden konnten und Erfahrungen sammelten. Der Zeuge E habe zudem nicht sagen können, auf welche Weise er der Angabe in den Angeboten, die 20.000 Stunden seien für die Maintenance beabsichtigt, entgegengetreten sei.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Itzehoe vom 23.03.2018 zur Geschäftsnummer 5 HKO 52/16 zu verurteilen, an sie € 917.283,38 nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 07.06.2016 auf € 423,760,47 sowie auf € 493.522,91 ab dem 11.12.2017 sowie weitere € 5951,90 als Nebenforderung für vorgerichtliche Rechtsanwaltsvergütung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 07.06.2016 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie habe zu keiner Zeit eine angebliche Geschäftsgrundlage akzeptiert oder auch nur hingenommen. Die Beklagte greife die Beweiswürdigung des Landgerichtes nicht in erheblicher Weise an. Soweit Stillstandsarbeiten ausgeführt worden seien, seien die Erlöse als anderweitiger Erwerb anzurechnen.
II.
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Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
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Die Klägerin kann keine Anpassung des Verrechnungssatzes für die von ihr erbrachten Leistungen verlangen.
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1. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus der Auslegung des Vertrages, die vorrangig vorzunehmen ist, da das, was nach dem Vertragstext zum Vertragsinhalt gehört, nicht Geschäftsgrundlage sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 1991 – V ZR 191/90 –, Rn. 16, juris).
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a) Der Wortlaut des Rahmenvertrages nebst der in Bezug genommenen Vertragsgrundlagen ist zunächst dahingehend eindeutig, dass die Kalkulation des Stundensatzes von 20.000 Arbeitsstunden pro Jahr ausgeht, ohne dass eine Einschränkung dahin erfolgt wäre, dass es sich hierbei nur um die Wartungsarbeiten handelt. In Ziff. 2.1. des Vertrages wird an zweiter Stelle auf das Verhandlungsprotokoll vom 24.01.2013 Bezug genommen. Dieses (Anlage K4 AB I) führt auf S. 14 zur „Preisstellung“ aus: „Die Preise basieren auf einem Stundenaufwand von ca. 20.000 Stunden pro Jahr.“ Auch der Wortlaut dieser Anlage erfasst damit als Grundlage der Kalkulation 20.000 Stunden für alle erwarteten Arbeitsleistungen der Klägerin.
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b) Der Umstand, dass sich die Angebote der Klägerin erst an vorletzter und letzter Stelle der Vertragsgrundlagen finden, führt, wie das in Ziff. 2.1 genannte Rangverhältnis, zu dem eindeutigen Schluss, dass der dortige Bezug der 20.000 Stunden nur zu Wartungsarbeiten hinter das Verhandlungsprotokoll und die dort genannte Erwartung von insgesamt 20.000 Stunden pro Jahr für alle Arbeiten zurücktreten soll. Dies gilt auch für das Verhältnis zu den Ausschreibungsunterlagen vom 21.12.2012 (Anlage B1, AB II), die an dritter Stelle der Vertragsgrundlagen genannt sind, und ebenfalls von Arbeitsstunden für die gesamten Leistungen ausgehen.
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c) Auch aus weiteren vertraglichen Regelungen ergibt sich das von der Klägerin angenommene Auslegungsergebnis nicht. Zwar ist unter Ziff. 5. des Rahmenvertrages (S. 26) der seitens der Klägerin kalkulierte Stundensatz in seine einzelnen Bestandteile aufgegliedert. Die hierbei zugrunde gelegte jährliche Stundenanzahl ergibt sich hieraus aber nicht. Zudem dient die Aufschlüsselung gemäß der Einleitung der Ziff. 5. des Vertrages dem Ziel, die anfallenden indirekten Kosten kontinuierlich zu senken und Transparenz zu schaffen. Dass hierdurch die angenommene Gesamtstundenzahl oder gar, wie von der Klägerin angenommen, der Zusammenhang dieser Kalkulationsgrundlage mit dem Personal- und Materialeinsatz derart Vertragsbestandteil wurde, dass er zu der erstrebten Erhöhung des Stundensatzes bei Abnahme von weniger als 20.000 Stunden Wartungsarbeiten führt, ist nicht ersichtlich. Vielmehr geht es um die längerfristige Anpassung. Ein vertragliches Recht der Klägerin, ihre Stundenkalkulation während der Vertragslaufzeit zu verändern, ergibt sich hieraus nicht. Vielmehr wird ausdrücklich angeführt, dass dem Auftraggeber, mithin der Beklagten, ein Recht zur Überprüfung zusteht. Auch der Sinn und Zweck geht in Richtung der langfristigen Überprüfung und Zusammenarbeit, nicht dahin, eine bestimmte Erwartung des Umfanges von Wartungsarbeiten zu überprüfen.
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d) Entgegen der Auffassung der Klägerin lassen sich keine Anhaltspunkte dafür finden, dass mit der Aufnahme der Kalkulation des Stundensatzes, die sich ebenso in einem ihrer Angebote findet, ihre einseitige Annahme, diese basiere auf 20.000 Stunden für Maintenance und darüber hinausgehende Stillstandsarbeiten, erstrangiger Vertragsbestandteil würde. Aufgrund des oben beschriebenen Kontextes der Regelung und des Umstandes, dass im Rahmenvertrag keine Unterscheidung zwischen verschiedenen Arbeiten erfolgt, liegt vielmehr das Gegenteil nahe. Somit ergeben sich auch keine Widersprüche im Zusammenhang mit der Rangfolge der in Ziff. 2.1 genannten Vertragsgrundlagen, da aus den ausdrücklich nachrangigen Angeboten der Klägerin lediglich die Aufschlüsselung des Stundensatzes übernommen und in den Rahmenvertrag und den Kontext der aus dem vorrangigen Verhandlungsprotokoll zu entnehmenden Erstreckung der avisierten Stundenanzahl auf Wartung, Stillstände und Projekte gestellt wird.
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e) Für die vom Senat vorgenommene Auslegung spricht auch, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung bereits einige Monate auf dem Gelände der Beklagten Arbeiten ausgeführt hatte und aus Art und Umfang der beauftragten Arbeiten absehen konnte, dass die zu erwartenden Arbeitsstunden allein 20.000 Stunden in der Maintenence nicht erreichen würden. Insoweit wird auf die unstreitig gebliebenen Darlegungen im Schriftsatz der Beklagten vom 23.09.2016, dort S. 11, Bl. 54 d.A., Bezug genommen. Der schlichte Hinweis der Klägerin, sie sei davon ausgegangen, dass es sich hierbei um Anlaufschwierigkeiten gehandelt habe, ist angesichts der von ihr vorgetragenen Bedeutung der Stundenzahl für ihre Kalkulation nicht überzeugend.
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f) Die Klägerin lässt bei ihren Ausführungen zur Auslegung und Geschäftsgrundlage zudem außer Acht, dass es noch eine dritte Auftragsart gab, für die Stunden zu erwarten waren, nämlich Projekte. Da diese ebenfalls vom Rahmenvertrag umfasst waren, liegt ein weiterer Umstand vor, der die Annahme der Klägerin, die Stundenangabe sei nur auf Wartungsarbeiten beschränkt, widerlegt.
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g) Ein anderes Auslegungsergebnis ergibt sich schließlich nicht aus dem im Rahmenvertrag angegebenen Auftragswert. Wieso sich aus dessen Angabe eine Verteilung der voraussichtlichen Arbeitsstunden auf verschiedene Arbeitstypen ergeben soll, erschließt sich nicht, er stellt vielmehr erkennbar eine Schätzung innerhalb eines Rahmenvertrages dar und kann sich genauso gut auf alle in diesem Zusammenhang erwarteten Stunden beziehen.
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2. Auch unter dem Gesichtspunkt des Fehlens der Geschäftsgrundlage hat die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte.
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a) Gemäß § 313 Abs. 1 BGB kann die Anpassung des Vertrages verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zu seiner Grundlage geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, sofern der betroffenen Vertragspartei ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden kann. Nach. Abs. 2 der Vorschrift steht es einer Veränderung der Umstände gleich, wenn sich wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, als falsch herausstellen. Lediglich um diese zweite Variante aus § 313 Abs. 2 BGB, mithin das Fehlen der Geschäftsgrundlage, kann es vorliegend gehen, da sich nicht die tatsächlichen Umstände geändert haben, sondern sich vielmehr nach ihrem Vortrag Vorstellungen der Klägerin über den Umfang ihrer Beauftragung als von vorneherein falsch herausgestellt haben.
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b) § 313 Abs. 2 BGB betrifft einerseits Fälle des gemeinschaftlichen Irrtums über einen für die Willensbildung wesentlichen Umstand. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind andererseits Geschäftsgrundlage auch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen, für die eine Vertragspartei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2012 – XII ZR 47/09 –, Rn. 16, juris). Diese einseitigen Erwartungen, die für ihre Willensbildung maßgeblich waren, werden aber nur dann zur Geschäftsgrundlage, wenn sie in den gemeinschaftlichen Geschäftswillen beider Parteien aufgenommen worden sind. Dafür genügt es nicht, dass die Partei ihre Erwartungen bei den Vertragsverhandlungen der anderen Partei mitgeteilt hat. Entscheidend ist vielmehr, ob das Verhalten des anderen Teils als bloße Kenntnisnahme oder nach Treu und Glauben als Einverständnis und Aufnahme der Erwartung in die gemeinsame Grundlage des Geschäftswillens zu werten ist (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 313 Rn. 9 m. w. N.). Für die Voraussetzung, dass ein Umstand entsprechend den obigen Voraussetzungen zur Geschäftsgrundlage geworden ist, ist nach den allgemeinen Beweislastregeln die Klägerin beweisbelastet.
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c) § 313 BGB findet auch in der vorliegenden Konstellation, in der der zwischen den Parteien bestehende Vertrag bis zur einvernehmlichen Beendigung erfüllt worden ist, Anwendung. Zwar ist § 313 BGB bei vollständig erfüllten Verträgen grundsätzlich nicht anwendbar; da die Zumutbarkeit aber ein entscheidendes Kriterium ist, kann ausnahmsweise eine Anpassung infrage kommen, wenn die Geschäftsgrundlage von Beginn an gefehlt hat (BGH, Urteil vom 15. November 2000 – VIII ZR 324/99 –, Rn. 33, juris).
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d) Vorliegend ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Angabe der Stundenmenge nur in Bezug auf Wartungsarbeiten in ihren Geschäftswillen aufgenommen hat.
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(1) Hierzu reicht zunächst die Entgegennahme der Angebote der Klägerin vom 18. und 28.01.2013 (Anlage K2 und K5, AB I) durch die Beklagte oder deren Erhebung zu Vertragsbestandteilen nicht aus. Denn die Beklagte hat auf das Angebot vom 18.01.2013 hin das Verhandlungsprotokoll vom 24.01. erstellt, in dem sich eine Differenzierung bei der Stundenzahl nicht findet. Auch das Angebot vom 24.01. hat in der Folge nur zum Rahmenvertrag geführt, der - wie dargestellt - ebenfalls keine solche Differenzierung enthält. Der Anschein, der aus dieser Abfolge abzuleiten ist, ist vielmehr der einer bloßen Entgegennahme dieser Angebotsvarianten und in der Folge der Dokumentation einer anderen Regelung. Die Beklagte ist somit der behaupteten Erwartung der Klägerin zum Stundenumfang sogar entgegengetreten.
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(2) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Klägerin der Beweis nicht gelungen, dass die Beklagte auf andere Weise den Umfang der Instandsetzungsarbeiten zur Geschäftsgrundlage erhoben hat. Die Aussage des Zeugen P ist insoweit bereits unergiebig geblieben. Dieser hat bekundet (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.01.2018, Bl. 175 ff. d.A.), dass die Beklagte vor allem einen Partner für Stillstandsarbeiten gesucht habe. Es sei mehrfach 20.000 Stunden Instandsetzungsarbeiten Thema gewesen, damit dies durchführbar gewesen sei. Nähere Angaben dazu, in welcher Form dies „Thema“ gewesen sei, machte der Zeuge nicht. Er sagte sodann aus, er habe sich aus der Mail vom 09.01.2013 die Maintenancearbeiten herausgesucht und sich dann gedacht, 20.000 Stunden fielen für den kleineren Partner bestimmt ab. Dies sei ihm plausibel erschienen und entsprechend so angeboten worden. Insoweit sei auch das Folgeangebot, das lediglich Sonderwünsche in anderen Bereichen betraf, unverändert geblieben. Er habe sodann nichts Abweichendes gehört und sei davon ausgegangen, dass dies Vertragsgrundlage geworden sei.
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Somit wird deutlich, dass die Annahme, bei den angenommenen 20.000 Stunden handele es sich nur um die Instandsetzungsarbeiten, nicht seitens der Beklagten verursacht wurde, sondern vom Mitarbeiter der Klägerin, der dies für sich als plausibel ansah. Auch die hierzu übersandte Mail vom 09.01.2013 (Anlage K3, AB I) weist gesondert die Stillstandsarbeiten, im Übrigen aber in einer Anlage die gesamten in den Vorjahren erbrachten N3-Stunden aus. Der Beklagten zuzuordnende Verhaltensweisen, die die Annahmen rechtfertigen würden, die Beklagte würde die Auffassung der Klägerin in ihre Vorstellungen zur Geschäftsgrundlage übernehmen, ergeben sich hieraus nicht. Dies gilt auch für die Folgezeit, in der der Zeuge lediglich geschildert hat, er habe nichts Weiteres gehört. Gemäß den o. g. Voraussetzungen reicht dies ebenso wenig für Ansprüche der Klägerin wie die Aussage des Zeugen E, er habe sich, nachdem die Klägerin ihr Angebot abweichend von der Ausschreibung erstellt habe, vielleicht der Vorstellung der Klägerin nicht ausreichend energisch entgegengestellt.
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(3) Soweit die Klägerin schließlich darauf abstellt, die Beklagte habe ihr Vorgaben zur Personalgestellung gemacht und auch im Rahmen des sog. One-Pagers (Anlage K9, AB II) zur Arbeitszeit derartige Vorgaben niedergelegt, die eine Kalkulation ohne 20.000 Stunden allein in der Maintenence nicht auskömmlich sein lassen würden, führt dies nicht zur Annahme einer entsprechenden Geschäftsgrundlage. Es mag sein, dass die Klägerin auf dieser Basis und mit diesen Vorstellungen kalkuliert hat. Dass die Beklagte dies aber erkennen und darauf schließen musste, dass die Klägerin die Stundenangabe nur zusätzlich zu den Stillstandsarbeiten verstanden habe, und schließlich sich noch so verhalten hat, dass die Klägerin annehmen durfte, auch die Beklagte mache dies zur Geschäftsgrundlage, liegt fern. Dies gilt - analog zu den Überlegungen zur Vertragsauslegung - auch für den im Rahmenvertrag unter Ziff. 1.3 angegebenen Auftragswert.
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e) Schließlich hat die Klägerin zu den weiteren Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 u. 2 BGB nicht ausreichend vorgetragen. Denn Ansprüche wegen Wegfalls oder Fehlens der Geschäftsgrundlage bestehen nur dann, wenn der Partei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Die Klägerin hat zwar umfänglich zum Umfang des von ihr nach ihrem Verständnis vorzuhaltenden Personal und Material, die eine Verdreifachung des Stundensatzes erforderlich machen sollten, vorgetragen. Eine Anpassung erfolgt jedoch nur dann, wenn das Festhalten am Vertrag zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen würde (Palandt, a. a. O., § 313 Rn. 24 m. w. N.). Eine solche Härte ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin, die in den streitgegenständlichen Jahren immerhin jährlich insgesamt mehr als 20.000 Stunden für die Beklagte ableistete, nicht.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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4. Die Revision war nicht zuzulassen. Entgegen der Auffassung der Klägerin war nicht über grundlegende Fragen der Rangfolge von Vertragsgrundlagen zu entscheiden, die Entscheidung beschränkt sich vielmehr auf Auslegungsfragen im vorliegenden Einzelfall. Die zugrundeliegenden Rechtsfragen sind obergerichtlich geklärt.
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