Beschluss vom Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken - 5 W 42/06 - 14

Tenor

1.

Auf die weitere Beschwerde der Antragstellerin werden der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 22.9.2005 - 7 I T 6/05 - und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Saarbrücken vom 6.4.2005 - 11 AR 764/04 - aufgehoben.

2.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Saarbrücken zurückverwiesen.

3.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Gründe

I.

Am 30.9.2004 wurde gemäß Anmeldung vom 23.9.2004 die Fa. Baustoffe L. KG in das Handelsregister eingetragen. An dieser Gesellschaft sind beteiligt Herr A. L. als Komplementär und Herr R. L. als Kommanditist. Zum 30.12.2004 wurde die bisher unter dem Namen R. L. eingetragene Einzelfirma im Handelsregister gelöscht.

Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 1.3.2005 änderte die Fa. Baustoffe L. KG ihre Bezeichnung in "R. L. KG" und beantragte über den Notar Dr. M. K. die Eintragung der geänderten Firmenbezeichnung in das Handelsregister. Mit Zwischenverfügung vom 6.4.2005 lehnte das Amtsgericht unter Hinweis auf § 18 Abs. 2 HGB die Eintragung wegen Gefahr der Irreführung über den persönlich haftenden Gesellschafter ab.

Der hiergegen von dem Notar eingelegten Beschwerde hat das Amtsgericht Saarbrücken nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 22.9.2005 die Beschwerde zurückgewiesen und hierzu ausgeführt, dass die geänderte Firmenbezeichnung gegen das Irreführungsverbot des § 18 Abs. 2 HGB verstoße. Zwar brauche nach der Handelsrechtsreform von 1998 die Firma der KG nicht mehr die Namen der persönlich haftenden Gesellschafter zu enthalten. Allerdings berge die Angabe einer existierenden Person, die nicht mit dem persönlich haftenden Gesellschafter identisch sei, regelmäßig die Gefahr einer Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise dahingehend, dass Herr R. L. als persönlich haftender Gesellschafter die Geschicke der Gesellschaft leite.

Hiergegen hat der Notar Dr. K. mit am 3.2.2006 eingegangenem Schriftsatz weitere Beschwerde eingelegt. Er rügt, dass das Landgericht eine generelle Irreführungsgefahr bejaht habe, obwohl spätestens mit Ablauf der Übergangsfrist in Art. 38 EGHGB am 31.3.2003 sich die Verkehrskreise auf die Abschaffung des § 19 Abs. 4 HGB a.F. eingestellt hätten, hiervon jedenfalls nach Ablauf von 7 Jahren seit Inkrafttreten der Änderungen des Firmenrechts auszugehen sei. Soweit das Landgericht anderer Auffassung gewesen sei, sei es verpflichtet gewesen, eine Stellungnahme der IHK bzw. des DIHK einzuholen. Zum Vorliegen einer konkreten Irreführungsgefahr seien keine Feststellungen getroffen worden.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach Maßgabe der §§ 27 ff FGG zulässig und hat in der Sache Erfolg. Mit unzutreffender Begründung haben Amts- und Landgericht die Eintragung der Beschwerdeführerin unter Hinweis auf § 18 Abs. 2 HGB abgelehnt.

Nach der Liberalisierung des Firmenrechts durch das 1998 in Kraft getretene Handelsrechtsreformgesetz können (weiterhin) Personen- und Sachfirmen, aber auch Fantasie- oder Mischfirmen gebildet werden, die nicht dem Unternehmensgegenstand und den Namen der sie führenden Personen entlehnt sind. Die Firma muss nur zur Kennzeichnung der Gesellschaft geeignet sein und hinreichende Unterscheidungskraft zu den Firmen anderer Unternehmen besitzen. Begrenzt wird die freie Wahl allein durch das Irreführungsverbot aus § 18 Abs. 2 HGB. Nach der Neufassung dieser Vorschrift sind firmenrechtlich unzulässig alle Angaben, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse - die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sein müssen - irrezuführen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 3 HGB muss die Firma bei einer Kommanditgesellschaft die Bezeichnung "Kommanditgesellschaft" oder eine allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung aufweisen. Sie muss nicht mehr notwendiger Weise den Namen wenigstens eines persönlich haftenden Gesellschafters enthalten. Die Vorschrift des § 19 Abs. 2 HGB a.F., die dies verlangte, ist ersatzlos entfallen; ebenso ist das ergänzende ausdrückliche Verbot, Namen anderer Personen in die Firma aufzunehmen (§ 19 Abs. 4 HGB a.F.), gestrichen worden (vgl. OLG Stuttgart, BB 2001, 14; Zimmer in: Ebenroth/Boujong/Jost, HGB, Aufl., § 18, Rdnr. 34; Baumbach-Hopt, HGB, 32. Aufl., § 19, Rdnr. 22). Allerdings ist in der Rechtslehre weiterhin umstritten (vgl. die Zusammenstellung in „Firmenbildung bei der KG mit dem Namen eines Kommanditisten“ in DNotI-Report 2004, 43), ob diese Neuregelung daran hindert, jedenfalls die (alleinige) Aufnahme des Namens eines Kommanditisten in die Firma einer KG als irreführend im Sinne des § 18 Abs. 2 HGB zu betrachten. Während einige Stimmen weiterhin von einer berechtigten Erwartung des Geschäftsverkehrs an der Haftungsverlautbarung jedenfalls durch den in der Firma verwendeten Namen eines tatsächlichen Gesellschafters der KG ausgehen (so vor allem Kögel BB 1997, 793; Koller/Roth/Morck, HGB, 5. Aufl., § 18 Rdn 15; Ebenroth/Boujong/Joost/Zimmer, HGB, 2001, § 18 Rdn. 11), sprechen sich vor allem neuere Stellungnahmen für die Zulässigkeit einer solchen Bezeichnung aus (vgl. vor allem MünchKommHGB/Heidinger, 2.Aufl. 2005, § 18 Rdn. 95 ff.; Baumbach/Hopt, HGB, 31.Aufl. 2003, § 19 Rdn. 22). Dem ist zu folgen.

Schon nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 Nr. 3 HGB und in dem vorauszusetzenden Bewusstsein der Änderungen des deutschen Firmenrechts darf sich der Geschäftsverkehr nicht mehr darauf verlassen, dass der Namensbestandteil der Firma einer KG geeignet ist, den persönlich haftenden Gesellschafter zu identifizieren. Wenn Sach- oder gar namensähnliche Fantasiebezeichnungen zur Firmierung einer KG grundsätzlich zulässig sind, so ist das zur Identifikation geeignete Band zwischen dem Namen und den Haftungsverhältnissen offenkundig gelöst. Wenn es der gesetzgeberischen Konzeption entspricht, den Haftungserwartungen des Geschäftsverkehrs nur noch dadurch gerecht zu werden, dass eine Gesellschaft als „Kommanditgesellschaft“ zu erkennen ist, dann kann nicht über das Irreführungsverbot mittelbar doch auf die Klarstellung der persönlichen Haftung eines Gesellschafters hingewirkt werden.

Soweit nach altem Recht und nach Inkrafttreten des Handelsrechtsreformgesetzes im Jahre 1998 jedenfalls noch bis zum Ablauf der in Art. 38 EGHGB angeordneten Übergangszeit, also bis zum 31.3.2003, die Aufnahme des Namens des Kommanditisten als zur Irreführung über die Person des Komplementärs und damit über die Haftungsverhältnisse geeignet angesehen wurde, kann dies nur bis zum Ablauf dieser Frist gelten. Denn nach dieser Übergangszeit, die ausreichend lang bemessen ist, muss der Geschäftsverkehr den Wegfall des § 19 IV HGB a.F. zur Kenntnis nehmen (vgl. Baumbach-Hopt, aaO) und kann folglich die Hinzufügung eines Namens - hier des (existenten) Kommanditisten - nicht (mehr) zwangsläufig dahin verstehen, dass es sich bei dem Genannten um den persönlich haftenden Gesellschafter handelt (offen gelassen OLG Stuttgart, aaO). Das gilt umso mehr, als bekannt ist, dass verschiedene Registergerichte ihre Praxis umgestellt haben und die Verwendung des Namens eines Kommanditisten für zulässig erachten (Kögel, Rpfleger 2000, 255, 258).

Für eine Anwendung des Irreführungsverbots besteht auch kein Schutzbedürfnis, weil die Bezeichnung "Kommanditgesellschaft" oder eine allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung hinreichend Aufschluss darüber gibt, dass es sich um eine Personenhandelsgesellschaft mit einem persönlich haftenden Gesellschafter handelt. Da gemäß § 125 a HGB n.F. alle Personenhandelsgesellschaften auf Geschäftsbriefen regelmäßig neben der Rechtsform zumindest den Ort der Handelsniederlassung beziehungsweise den Sitz der Gesellschaft, das Registergericht und die Handelsregisternummer anzugeben haben, können die Unternehmensträger und die Gesellschaftsstruktur sowie die persönlich haftenden Gesellschafter der Kommanditgesellschaft problemlos durch einen Blick in das Handelsregister ermittelt werden.

Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Das Amtsgericht wird unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über den vorliegenden Antrag zu befinden haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 131 Abs. 1 S. 2 KostO.

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